Tagebuch
3
von Hans-Joachim Heyer
30.5. - 16.6.2002
Stichwörter: Heimatgefühl - Deutschland - große Menschen: Inkarnationen
der Volksseele? - Rechtschreibreform - neuer Horizont - Spiderman - Fluglärm
oder die Wiederbefreundung mit der Welt - Sprachpflege - Zukunft des Internetzes
30.5.2002: Mein neukreiertes Ich-Modell, nach welchem ich nicht mehr nur mein Körper, sondern meine gesamte materielle Umwelt, wie ich sie erlebe, "bin" (d.h. die sichtbare Umwelt ist ein Ausdruck, ein Bild, meiner Seele) hat eine interessante Folgeerscheinung, die ich schon seit ein paar Wochen ansatzweise erlebte, die jedoch erst gestern in voller Kraft in mein Bewußtsein durchbrach. Während eines Spaziergangs mit einem Freund, der mir von seinen Auswanderungsplänen erzählte, wurde mir plötzlich unvermittelt klar, daß sowas für mich nicht infrage kam. Ich erlebte mich als Verkörperung meiner Heimat. Der Begriff "Heimat" erfüllte mich mit neuer, vorher nie als so wichtig empfundenen Bedeutung! Ich fühlte mich als Manifestation des Geistes meiner Heimat. In mir war meine Heimat zu Bewußtsein gekommen.
"Was ist deine Heimat?" fragte mich der Freund. Spontan sagte ich: "Die deutsche Sprache, die Landschaft, in welcher die Deutschsprachigen leben." Plötzlich wurde mir klar, warum ich mich mit Fremdsprachen so schwer tat seit meiner Schulzeit. Da war schon etwas in "mir", das unbehelligt bleiben wollte von mehr Fremdeinflüssen, als ich integrieren konnte. Ich erlebte, was ich noch nie erlebt hatte: eine Liebe zu Deutschland, zu deutscher Kultur, Sprache, Philosophie, Dichtung und Volkscharakter! Ich vermochte etwas Zusammengehöriges, etwas Einheitliches wahrzunehmen. "Ja, es gibt eine deutsche Seele, und ich bin eine ihrer Manifestationen."
Wir kamen an einer Bushaltestelle vorbei, wo Jugendliche auf dem Bordstein saßen und rauchten. Auch sie erkannte ich als Manifestationen dieser großen Seele: Ihr Unterschied zu mir war nur, daß sie es nicht wußten. So war jedenfalls mein Eindruck.
Mein Freund hielt von alledem gar nichts. Er sagte, das sei alles Quatsch. Die deutsche Seele könne ihm gestohlen bleiben. Sie sei kein Geist, eher ein Ungeist. Die deutsche Mentalität sei zum Kotzen: egoistisch, ohne Spiritualität, oberflächlich, ganz dem Kapitalismus und dem ekelhaften Positivismus verfallen. Er ziehe es vor, in Indien zu leben. In Indien könne man an jeder Straßenecke jemanden finden, mit dem man über ein religiöses Thema sprechen könne. Dort gebe es viele Suchende. In Deutschland habe er niemanden; in Indien habe er viele Freunde und es sei ihm leicht gefallen, sich in ein soziales Netz zu integrieren. "Hier bin ich ein arbeitsloser Outlaw. Dort bin ich ein reicher Weißer!" Dort sei die Toleranz Andern gegenüber sehr viel größer. Wenn dort jemand aus religiösen Gründen nackt durch die Innenstadt wandle, würde man ihn als Heiligen verehren; hier würde man ihn einsperren. Indien beherbergt Dutzende großer Meister. In Deutschland gäbe es bloß Hausmeister, die für Friedhofsruhe sorgen würden, nicht fürs Leben.
Ich vermochte gar nicht richtig zuzuhören. Nur ein Gedanke war mir bei seinem Reden präsent: Da redet ein Deutscher gegen Deutsche. Er ist die Manifestation eines Widerspruchs, eines Irrtums, einer zerrissenen Seele. Kann es Weisheit sein, so gegen sich selbst Partei zu nehmen? Als Teil der deutschen Seele zeigt er mir ihre Krankheit. Ja, die Seele der Deutschen scheint zerrissen zu sein. Aber "zerrissen" heißt, daß die Teile alle noch unter dem Oberbegriff "Deutsch" firmieren: daß die Teile zusammengehören.
Mir fiel ein, daß er einmal sagte, in Indien sei alles "sehr": sehr groß, sehr heiß, sehr viel Regen, sehr trocken, sehr gewalttätig, sehr friedlich, sehr religiös, sehr kapitalistisch, sehr arm, sehr reich. Alles das gäbe es dort. In Deutschland hingegen sei alles bloß mittelmäßig. Vielleicht zieht es seine individuelle Seele nach Indien, weil in seiner Seele ebenfalls alles "sehr" ist. Ich weiß es nicht. Mir fiel ein, daß er an anderen Tagen viel "Negatives" über Indien erzählt hatte: Daß sie alles verlottern lassen würden: Ihre Straßen, Kanalisationen, Hotels, Museen, die ehemals schönen Parks. Alles Erbschaften aus englischer Kolonialzeit. "Seit die Engländer weg sind, wird dort nichts mehr gemacht. Alles zerfällt!" Vielleicht ziehen Gegensätze Gegensätze an.
Ich möchte mehr herausfinden über die Seele der Deutschen. Ich will nicht einfach behaupten, daß mein Erlebnis mich nicht getrogen hat. Aber ich will dessen Echtheit für möglich halten. Gibt es einen deutschen Volksmythos? Einen Geist, der Deutschland als Idee zusammenhält? Ich möchte es erforschen.
3.6.2002: In einer
Diskussion mit einem andern Freund versuchte ich obiges Erlebnis zu verstehen.
Wir kamen zu dem Ergebnis, daß sich dieses Erlebnis vorbereitet hatte,
zB als ich vor ein paar Monaten eine kurze Zeit lang Ahnenforschung betrieb
- wahrscheinlich von dem Gefühl motiviert, als Seele Teil einer Überseele,
hier der Ahnen, später der Deutschen insgesamt, zu sein. Wahrscheinlich
handelte es sich um ein allgemeines Erlebnis des Eingebettetseins in etwas Größeres,
welches ich irrtümlich als Volksseele interpretierte. Es stellt sich nun
die Frage, mit welchem besseren Begriff ich dieses Größere bezeichnen
soll.
Ein weiteres Mal hatte ich dieses Gefühl, als mir während einer Diskussion
mit ersterem Freund (siehe ganz oben) klar wurde, daß "große
Menschen" Inkarnationen von Volksseelen sind. Hier das Zitat aus "Briefkasten
5, Antwort zu einem Brief vom 10.4.2002":
"Eben
bei Handke las ich: "Seltsam aber?: der alte Pöbel als Wiedergänger
wurde uns sichtbar allein an seiner, einzig an seiner Person - als der neue
Pöbel zeigte sich keinerlei Menschenmenge mehr, nur sie, die sich untereinander
>die Führenden< nannten." Diese Passage erinnerte mich an eine
Aussage eines historisch bewanderten Freundes, der festgestellt zu haben glaubte,
daß Hitler und Napoleon, aber auch Goethe und Kant, Verkörperungen
von Volksseelen seien. In sogenannten "großen Männern"
wird die Seele eines Volkes oder eines Staates, bewußt. Ich stimmte zu
und ergänzte, es gebe Frauen und Männer, die sich der Tatsache bewußt
werden und andere, die sich dieser Tatsache nicht bewußt werden. Das ist
der Unterschied zwischen einem Hitler, einem Goethe und dem "Pöbel".
Selbstverständlich sei jedermann Verkörperung seines Volkes. Ich auch!
Und da ich es weiß, ändert sich doch eben Einiges. Denn das Volk
ist dumpf (Handke, S. 109: "Vom jeweiligen Volk kam, wie eh und je?, nicht
so recht nach außen, was es dachte, und einzig ein Gott hätte es
dann sagen können?") oder eben ein Zauberer oder ein "großer
Mann".) und tut infolgedessen Anderes, als ein bewußter Mensch: Er
kann in das Chaos Samen pflanzen - zaubern eben."
Was ich am 10.4. noch dachte, erlebte ich dann am 29.5.2002.
4.6.2002: Heute deute
ich dieses Gefühl, das ich hatte, eins mit der Seele der Deutschen zu sein,
als einen Versuch meiner Seele, eine andersartige Erscheinungswelt "für
mich" zu kreieren: Für eine kurze Zeit gab meine Seele die Theorie,
Individuum zu sein, auf und bildete sich die Welttheorie einer "Volksseele",
welche "ich" dann tatsächlich erlebte als dieses Gefühl
meiner Liebe zur deutschen Kultur. ICH löste mich auf in einen kollektiven
Geist - allerdings nicht für lange Zeit. Nach ein paar Stunden war ich
wieder fast derselbe wie vorher: eine individuelle Seele.
Die Frucht dieses Erlebnisses ist, so sehe ich dies heute, das Erlebnis, daß
meine Seele, wenn sie will, neue Erlebniswelten für mich kreieren kann.
Sie kann Theorien - die jeweils als Bedingung für Abbildungsprozesse sind
- regelrecht ausprobieren. Warum kann nur meine Seele das? Weil ich es zulasse!
Weil ich nicht sofort in Panik verfalle, wenn meine Seele mal herumspinnt und
etwas Neues ausprobiert.
War alles Täuschung? Illusion? Irrealität? - Nein! Es war eine zeitweise
Realität. Eine zeitlang war ich nicht Ich allein, sondern auch Teil einer
Kollektivseele.
6.6.2002: Was ist
von diesem Gefühl, Teil der "Deutschen Seele" zu sein, übrig
geblieben? Das Gefühl ist weg, aber eine Erkenntnis ist geblieben: Die
Erkenntnis, daß ein kollektiver Geist, der von der deutschen Sprache definiert
und zusammengehalten wird, in mir ein bewußtes Sprachrohr gefunden
hat. Ich bin und bleibe diesem kollektiven Geist verbunden, und da ich ihn wahrnehme,
bin ich verantwortlich. Eines meiner wichtigen Anliegen wird sein, die zerstörerischen
Angriffe der amerikanischen Sprache auf die unsere zurückzuweisen. Als
Erstes wies ich die Rechtschreibreform, den zweiten großen Schlag der
Anglophilen auf die deutsche Sprache, der die deutsche Rechtschreibung erfolgreich
zerstört, zurück.
Ich betrachte mich hier selber als Opfer. Ich habe zwar ein Diplom in der Tasche,
aber ich habe in der Schule nie richtig Deutsch gelernt. Mein Abitur schaffte
ich als halber Analphabet. Die Umerziehung meiner Lehrer trug in meiner Generation
erste Früchte (zuerst mußten die Lehrer umerzogen werden). Heutzutage
gibt es nicht einmal mehr ein deutsches Wort für "Homepage".
Die meisten meiner Uni-Professoren hatten mindestens ein Jahr in den USA verbracht
und sich dort wohl ihre Befehle abgeholt, die sie auch ausführen, falls
sie Karriere machen wollen. Und was sie verbreiten, ist der Schwindel, die USA
seien Europa 30 Jahre voraus; wenn wir unsere Zukunft sehen wollen, müssen
wir nach Amerika schauen. Ständig verlangen sie (in den Studienfächern
Philosophie, Soziologie und Politologie, die ich belegte) die Lektüre amerikanischer
Texte, und wenn ich mir die Mühe machte, fand ich nur manipulatives pseudoempirisches
Geschwätz. Nicht nur die US-Politik ist eine Tyrannis, auch ihre Philosophie:
eine Tyrannei der "Intelligenz" und "Ethik" des Geldes.
Werte sind nur noch Geldwerte. Intelligenz und Ethik des Geldes läßt
man alles steuern, nicht nur Finanzströme, sondern auch Wissenschaft und
Philosophie. So züchtet man Sklaven. Lothar Reschkes Tagebuch von gestern
(http://www.reschke.de/nichts/n_020605.htm)
beschreibt diesen Typus Mensch glänzend.
8.6.2002: Ich war wieder etwas häufiger unter Menschen gewesen. Und bei jedem, mit dem ich Umgang hatte, wurde mir aufs Neue bewußt, warum ich sie kenne und warum sie mich kennen. Wir (er)kennen uns gegenseitig aufgrund konstanter Merkmale: unserer starren Masken, die wir mit uns herumtragen. Der eine Freund war wieder so gut gelaunt wie eh und je; der andere redete wie immer von seinem Hobby und der dritte von seinem Leiden. Was ich erlebte, waren im Grunde alles Wiederholungen. Wiederholungen von Klischees, Masken, Gefühlen, Verhaltensweisen, Worten, Gesten und und und. Alles schon 1000 mal erlebt. Und ich verhielt mich nicht anders. Also kannten mich die Freunde und alle waren zufrieden. Die Welt war in Ordnung.
Würde mir das nicht auffallen, wäre ich kein Magier. Ich bin imstande, zeitweise meine Maske abzulegen. Manchmal ist es nötig, das in Gegenwart anderer Menschen zu tun. Sie reagieren oft mit einem irritierten Gefühl der Angst oder Aggression. Ein neuer Freund hatte mich besucht. Er hatte mir erzählt, daß die Welt von Grund auf schlecht sei: "Die ganze beschissene Welt ist im Arsch! Alles ist Lüge und Korruption, Lug und Betrug und Verbrechen!" Ich sah, daß der Freund an seine Grenzen gestoßen und seine Energie blockiert war. Er brauchte - und wollte - eine Grenzerfahrung und eine Grenzerweiterung. Aus diesem Grund war er hier. Nicht aus dem Grund, den er für seinen Besuch ursprünglich vorgab.
Ich fühlte mich aufgefordert
und berechtigt, die starre Maske abzulegen und damit die mechanische Welt aufzuknacken.
Für einen Moment legte ich meinen Glauben an Ordnungen ab und löste
alle Gewißheiten auf. Ich erzählte dem Freund in klaren, knappen
Worten meine Philosophie (wie sie in wesentlich ausführlicheren, aber auch
umständlicheren Konstruktionen zB in "Weltfabrik",
"Wahrtraum", "Zeitnetz",
"Mythos", "Mythos2",
"Magie", "Herren
der Welt", "Edelmann", "Gehirn")
zu finden sind - um ein paar Texte (in zufälliger Reihenfolge) zu erwähnen,
bei deren Lektüre man nachempfinden kann, worüber ich sprach) - wie
ich entdeckte, daß alles in Schule, Beruf und Universität Gelernte
"Bockmist" sei (was ihm leicht fiel, nachzuvollziehen).
Ich erzählte, wie ich gelernt hatte, das Chaos (die Leere) zu finden und
zu meistern: erzählte, wie ich entdeckte, daß ich eine Seele "habe"
- daß ich nur existiere - wenn ich eine "Seelentheorie" habe,
die eine Seele und ein Ich samt Leib definiert, damit dieses Ich wiederum die
Seele definieren kann. Ich erzählte etwa vier Stunden, bis ich den ekstatischen,
magischen "Zustand" der totalen Schöpferkraft (so erlebe ich
das) erlangt hatte. Die Maske des Freundes löste sich ebenfalls auf. Sie
hatte im Feuer gemeinsamer Bewußtheit keinen Bestand. Einen Moment waren
wir im "Nichts und Alles". Und als er wieder mit seiner Maske erwachte,
war das Wunder geschehen: Ein neuer Horizont war aufgetan. Selbstverständlich
hatte der Freund keine Erinnerung an das Erlebnis. Wie auch? Aber er wird schon
merken, daß er Neues erlebt, Neues denkt, sich freier fühlt - und
daß die Welt kein Sauhaufen ist. Und ich bin glücklich, weil ich
Magie erlebte. Ich erlebe sie zwar immer, aber nur selten mit so viel Kraft.
9.6.2002:
Spiderman: Gestern war ich mit Freunden im Kino: "Spiderman".
Hier meine Interpretation: Der Held Peter Parker - ein schüchterner junger
Mann, wird durch einen Spinnenbiß genetisch verändert. Er wird von
einem unscheinbaren Wesen, das von den Menschen immer mißachtet, mißbraucht
oder gar verachtet wurde, von innen her grundlegend verwandelt, gleichwie Mystiker
sich verwandeln, indem sie lernen - im Gegensatz zu Wissenschaftlern,
die bleiben, wie sie sind und Wissen nur anhäufen, bis sie zusammenbrechen.
Die lebendig wandelnden freien Spinnen (Spinner!) sollten in die Mühle
der tödlich belastenden Verwissenschaftlichung gezwungen werden, aber es
gelang nur unvollkommen. Eine Spinne entkam und konnte ihre Idee des Lebens
weitertragen - zu Peter Parker. Für mich ist die Spinne Symbol für
etwas Spinnertes, gesund Verrücktes, lebendig Irrationales. Die Spinne
symbolisiert den Magier, der die Welt verzaubert, indem er sich selbst verzaubert.
Die Spinne spinnt Gedankennetze - siehe "Zeitnetz".
Durch die Veränderung wird Peter im Verhältnis zu seinen Mitmenschen
zum Spinner, zum Zauberer.
Doch da, wo das Gute gedeiht, wächst auch das Böse: Harry Osborn.
Er verkörpert die Wissenschaft - den Gegenpol zum Spinner. Ernst Jünger
sah in den Technokraten die Heraufkunft neuer Götter, der Titanen, die
das Leben am Ende ausradieren würden, indem sie es zu imitieren versuchten.
Peter vertrat das irrationale, mystische "spinnerte", verrückte,
magische Leben im Kampf gegen den gesellschaftlichen Druck, sich zum Zombie
reduzieren zu lassen. Wissenschaft spaltet das Leben - wie Jekyl und Hyde oder
wie Osborn, den Menschen und Osborn, das grüne Monster. Das sind die zwei
Gesichter der Wissenschaft. Da das eine nicht lebensfähig ist, ist es eine
tote Abspaltung, eine "Objektivierung" vom Menschen (s. "WissenschaftImBann".)
Der Wissenschaftler kann seine Wissenschaft nicht im Alltag leben: Er ist gezwungen,
Arbeit und Leben zu spalten, schizophren zu werden. Der Wissenschaftler ist
der wahre Verrückte! Er ist der kranke Verrückte. Peter ist der gesunde
Spinner, aber kein kranker Verrückter. Parker kämpft sich gegen den
Druck der Verwissenschaftlichung und Technifizierung (s. Technik)
frei - und entfremdet sich dabei soweit von den normalen Menschen, daß
seine Liebe größer wird, als normale Menschen ertragen können.
So beschließt er, seine geliebte Freundin nicht zu ehelichen, sondern
seiner Verantwortung nachzukommen, denn mit der mystischen Kraft, die man hat,
wächst auch die Verantwortung - so hatte es ihm sein geliebter "Meister"
- sein Mentor und Erzieher - sein Onkel - gesagt.
Ich selbst konnte mich recht leicht mit "Spiderman" identifizieren,
denn auch ich spinne im wahrsten Sinne des Wortes Netze. Lothar Reschke hat
es mir jüngstens mehrfach bestätigt (Netze = Konzepte) - man lese
"Kritik", "Kritik2",
meine Tagebücher und Briefkasten 7 - und
ich selber schrieb, beginnend mit "Zeitnetz" (s.o.) und dann immer
wieder, davon, daß wir unsere Welten konstruieren: spinnen wie eine Spinne
ihre Netze spinnt - auch um Beute darin zu fangen. Auch ich schrieb an verschiedenen
Stellen, was ich in meinen Netzen so alles fange. Und was die sagenhaften Fähigkeiten
des Spiderman anlangt: nun, ich sehe sie als symbolische Darstellung der Fähigkeiten
des Zauberers, der in zunehmender Unabhängigkeit von physikalischen Zwängen
zu agieren lernt: in den Zwischenräumen der von empirisch Denkenden allzu
grob gestrickten materiellen Welt.
Eigentlich hatte ich vor, in diesem 2. Teil meiner Filminterpretation zu ergänzen,
daß im Film noch der Kampf zwischen Gut und Böse stattfände,
und daß Parker noch lernen müsse, beides zu versöhnen. Ein echter
Magier würde man erst, wenn die Versöhnung beider Pole gelänge.
Nun kam mir ein "Wermutstropfen" in die Quere, der meine schöne
Interpretation zu gefährden drohte. Mir fiel nämlich ein, daß
meine Deutung nicht ganz stimmig sein könne, denn die Spinne wurde im Verlauf
von technisch-wissenschaftlichen Experimenten genetisch manipuliert. Sie steht
also nicht als Vertreterin des rein Natürlichen im Gegensatz zum
wissenschaftlich-technischen System. Sie ist auch Ergebnis der Wissenschaft.
ABER: Sie symbolisiert auch einen Sieg der Natur (der sog. "Zufall"!)
über die Technik, denn durch einen technischen Unfall kommt sie ins Freie
und kann Parker beißen.
Schade um meine Deutung! Ich überlegte schon, ob ich den ganzen Tagebucheintrag
wieder löschen sollte, da kam mir der "rettende" Gedanke: die
Tatsache, daß die Spinne genetisch verändert war, aber auch, daß
Osborn von innen her mittels seines technisch erzeugten Elixiers große
Körperkräfte erlangte, sind beides Symbole genau dieser oben verlangten
Versöhnung der Pole! Sichtbar wurde diese auch in einem beinahe freundschaftlichen
Gespräch zwischen Parker und Osborn, in welchem Osborn auf ihre Ähnlichkeit
hinwies: Sie beide seien die ersten Vertreter machtvoller Übermenschen
mit "Herrenmoral"! Aber Parker lehnte ab mit der Begründung,
daß Osborn ein Mörder sei. Erst nach diesem Gespräch wurden
beide zu Feinden. Osborn entglitt der Kontrolle Parkers und richtete viel Schaden
an, ehe er im Kampf der Giganten unterlag. Moderne Politiker sind hier besser:
Sie "umarmen" den Feind, um ihn zu kontrollieren. Sie täuschen
nach außen hin Freundschaft vor, um hinter den Kulissen den Feind in unschädliche
Gewässer zu manöwrieren. Aber so viel Diplomatie kann man nicht von
einem Film erwarten, der für Jugendliche gedacht ist.
14.6.2002:
Gestank und Fluglärm: Lufthansachef Jürgen Weber antwortete in
der FAZ vom 3.3. auf die Frage, ob er beim Fluglärm in der Nähe seiner
Wohnung schlafen könne: "Flugzeuge sind Musik in meinen Ohren!"
Diese Geschichte bringt mich auf die Idee, einmal darzulegen, wie ich mit Belästigungen
aller Art umgehe. Unweit meines Heimatdorfes steht ein riesiger Schweinestall
für mehr als 200 Schweine. Bei ungünstigem Wind wehte bestialischer
Gestank durch das Dorf. Alle Neudörfler beschwerten sich; die alteingesessenen
Bauern rochen nichts. Auch mir stank der Stall zum Himmel - bis ich auf die
zündende Idee kam: "Warum es nicht machen wie die Bauern?" Ich
freundete mich mit dem Gestank an. Ich lehnte ihn nicht mehr ab. Nachdem es
mir gelungen war, diesen "Selbstbetrug" durchzuführen, stank
es nicht mehr. Mein Vater wollte den"unerträglichen Gestank"
loswerden - ohne Erfolg. Ich wurde das "Unerträglich" los - und
aus Gestank wurde ein leiser Geruch.
War es Selbstbetrug? Ich glaube nicht. Ich glaube, der Gestank war für
die Neubürger nur deshalb unerträglich, weil sie in ihrer Torheit
"Landluft" mit "Blütenduft" gleichsetzten und dann
bitter enttäuscht wurden und sich in einen Haß hineinsteigerten,
der die Empfindlichkeit immer weiter steigerte, bis zur Unerträglichkeit.
Neue Belästigungen geschahen mir an meinem neuen Wohnsitz direkt unter einer Flugschneise zum FF-Flughafen. Ich freundete mich mit den Tieffliegern an: Sie stören nicht mehr. Der Springbrunnen im Garten meiner Vermieter plätscherte im Sommer die ganze Nacht und störte mich. Auch hier half die Befreundung. Ich höre kein störendes Plätschern mehr. Es plätschert zwar noch, aber es stört nicht mehr.
15.6.2002: Sprache und Rechtschreibung: Ab heute mache ich Ernst mit meiner Sprachpflege: Ich sperre mich gegen alle Versuche, die deutsche Sprache und damit das deutsche Volk zu amerikanisieren. Ich stelle die Rechtschreibung wieder auf die alte um und ersetze überflüssige Anglizismen durch deutsche Wörter. Statt Homepage heißt es nun Heimseite, statt E-Mail E-Brief, statt Internet Internetz, statt Link Verbindung.
Warum? Weil der Einfluß
der US-Kultur auf die anderen Kulturen negativ ist. Vielfalt ginge verloren,
außerdem fruchtbare Konkurrenz. Besonders in einer Welt, welche sprachlich
übers Internetz eng verwoben ist, sind abgegrenzte, autonome Sprachräume
sinnvoll, damit EXPERIMENTE möglich bleiben. Gäbe es nur einen einzigen
Sprachraum, ließen sich kulturelle Experimente nicht abgrenzen. Wäre
die gesamte Welt englischsprachig, würden sich Denkhaltungen, die heute
noch einigermaßen auf den angelsächsischen Sprachraum begrenzt sind,
ungebremst weltweit ausbreiten - und wehe der Menschheit, diese Denkhaltung
würde in eine kulturelle Sackgasse führen!
Ein Professor der hiesigen Universität sagte kürzlich, Deutschland
läge in der Bewußtseinsforschung 30 Jahre hinter den USA zurück,
und er wird nicht müde, den Studenten amerikanische Texte zur Lektüre
vorzulegen. Zum Glück lesen (und verstehen) das nur wenige, und die deutsche
Bewußtseinsforschung hat noch eine Chance, zu beweisen, daß die
US-Forschung die falsche Fährte verfolgt - und daß sie 30
Jahre hinter der deutschen zurückliegt. Wir liegen nämlich vorn; die
USA liegen bloß im Empirismus vorn - und der Empirismus ist für die
Geisteswissenschaften ein Unfall der Geschichte.
Ein Staat wie Deutschland
ist gegliedert in Bundesländer und noch kleinere Verwaltungseinheiten und
Untermachtzentren. Junge Politiker können sich auf Länderebene üben
und profilieren, ehe die besten von ihnen dann zur Bundespolitik wechseln. Neue
Gesetze können zuerst in einem Bundesland getestet werden, ehe sie bei
Erfolg zu Bundesgesetzen erklärt werden. Hätten wir Zentralismus,
gäbe es weder Profilierungs-, noch Testfelder. Eine winzige Führungsriege
würde alle nachwachsenden Talente unterdrücken.
Übertragen wir dieses Szenario auf die Geisteswissenschaften. Dort gibt
es keine Ländergrenzen, sondern nur Sprachgrenzen. Und diese sind genauso
wichtig, wie Landesgrenzen in politischen Systemen. Gäbe es bereits heute
keine Sprachbarriere zwischen den angelsächsischen Staaten und Deutschland,
wären wir schon längst erdrückt von der unsäglichen US-Philosophie.
In den unteren Textabschnitten meiner Arbeit "TraumReal"
habe ich mal so einen (ins Deutsche übersetzten) angelsächsischen
Text von Owen Flanagan einer Kritik unterzogen, nur, um mal zu zeigen,
wo die Unterschiede zwischen angelsächsischer und deutscher Philosophie
liegen. (Die oberen Abschnitte zeigen deutsche Bewußtseinsforschung auf.
LaBerge habe ich nur zitiert, weil ich im Rahmen eines Referates diesen Autor
bringen sollte, aber alles, was ich brachte, hatte der Frankfurter Gestalttheoretiker
Paul Tholey (und andere Deutsche) schon Jahrzehnte vorher herausgefunden. Texte
dieser deutschen Forscher sucht man in heutiger US-dominierter Forschungspublizistik
vergeblich.
Zukunft des Internetzes: "Anbietergebühr" oder neudeutsch "Homepagesteuer"
16.6.2002: Nicht Afghanistan oder China oder gar der internationale Terrorismus sind der Hauptfeind der Herren der Welt, sondern das Internetz. Nicht alles im Internetz ist ihnen gefährlich, sondern allein der investigative Journalismus** und jene privaten Heimseiten, die begründete Meinungen und Philosophien vertreten, die von der institutionalisierten Meinung und der Schulphilosophie abweichen. Die großen Konzerne reißen sich nicht nur um Geld und politischen Einfluß, sondern ganz besonders um Meinungsführerschaft (s. "Berger/Luckmann", Kap. 2 folgende). Die Herren der Welt bestimmen mit ihrer Kontrolle über die ganz großen Geldströme, was und wie die Massenmenschen der Menschenmassen denken. Sie waren damit in der Vergangenheit sehr erfolgreich. Alle Aufklärungsversuche der Massen sind bisher fehlgeschlagen. Doch mit der Heraufkunft des Internetzes ist das Wissens-, Meinungs- und Denkmonopol der Herren der Welt gebrochen! Jedermann kann alles wissen, wenn er genug Grips im Kopf hat!!!
Die Herren der Welt haben ein Problem. Wenn sie könnten, würden sie mal so eben ein paar hundert Millionen Menschen abschlachten, um ihre Macht wiederzugewinnen - aber es würde nicht helfen. Sie haben genau kapiert, daß es überhaupt nichts bringt, zB mich umzulegen. Sie müssen das Problem grundsätzlich lösen. Eine Teillösung habe ich bereits oben vorgestellt: Die Einführung einer Weltsprache. Auch dies bewirkt eine Gedankenreduktion im Sinne der Mächtigen. Aber das reicht nicht. Sie müssen eine Lösung finden, damit Heimseiten wie die meine oder wie die der investigativen Journalisten keine Leser mehr finden.
Die Lösung: Sie ist so altbekannt, daß es kein Verrat ist, sie hier zu verbreiten: Man wird Gebühren einführen. Jeder, der im Internetz etwas veröffentlichen will, wird eine Menge Geld zahlen müssen, und zwar soviel, daß alle "subversiven Elemente", die "geistigen Terrorismus" verüben, sich das nicht mehr leisten können. Wirtschaftskriminelle oder die Mafia haben zwar genug Geld, aber die sind ja in Wahrheit auf Seiten des Kapitalismusses und der Herren der Welt - die sind völlig ungefährlich!
Das Stichwort heißt:
"Anbietergebühren"! Selbstverständlich wird der Massenmensch
keinen Protest erheben, wenn genau diese Gebühren erhoben werden. Ich habe
an diversen Stellen meiner Heimseite genau erklärt, daß der Herdenmensch
IMMER seinen Metzger unterstützt. Die Herren der Welt werden den Beifall
der Herde finden, wenn sie zuerst eine Zensur einführen und dann
die o.g. Gebühren. Zur Eingewöhnung wird die Zensur ausschließlich
Kinderpornographie und Aufrufe zu kriminellen Handlungen wie Mord und zu Rassismus
betreffen. Da ist schließlich (fast) JEDER dafür. Und dann wird es
weitergehen.
Aber die Zensur versagt, wenn man Heimseiten wie zB die meine vernichten will.
Die Herren können ja nicht zugeben, daß ihnen meine Aufrufe zum edlen
Leben ein Dorn im Auge sind. Wer edel lebt, kann kein Sklave sein. Hier versagt
Zensur! Hier hilft die "Anbietergebühr"! - Wir wollen die Tage
zählen, bis sie eingeführt wird.
** Investigativen Journalismus gibt es so gut wie ausschließlich im Internetz und in Büchern mit geringer Auflage - ab Seite 100. Selbst die von mir so häufig zitierten Magazine und Zeitungen wie SPIEGEL, FAZ oder ZEIT betreiben kaum investigativen Journalismus, auch wenn es manchmal den ANSCHEIN hat!!!
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