Tagebuch 11
von Hans-Joachim Heyer
21.9. - 8.10.2002

 

Stichwörter: Weltfrieden - Buddhismus - Spiel und Wirklichkeit - Wem gehören Texte? - Spiel des Lebens - Vorbilder - Warum ich Zeitung lese - Selbsterkenntnis, Lebensphilosophie - Form folgt Funktion

21.9.2002: Weltfrieden: Ich hatte gestern Gelegenheit, mit einem Buddhisten der Linie Nichiren Daishonins zu diskutieren. Der Buddhist erklärte, daß seine Organisation unter der Führung des Japaners Daisaku Ikeda für den Weltfrieden arbeite. Als Anerkennung für sein unermüdliches Wirken (das Schreiben von über 300 Büchern, Vorträge, Organisationsarbeit) habe Ikeda inzwischen mehr als 120 Ehrendoktortitel erhalten.

Ich sagte, ich könne mir einen Weltfrieden nicht richtig vorstellen, weil ich nun mal dualistisch denke: Ich erachte Geist und Materie als zwei antagonistische Prinzipien, die zwar aufeinander wirken, sich jedoch nicht vermischen. "Frieden in der Materie" sei für mich eine Vermischung der polaren Gegensätze zu einer undifferenzierten Sauce, an die ich leider nicht glauben könne.

Die materielle Welt sei eine Schöpfung des Geistes. Da die Materie nicht (wie) Geist, sondern möglichst unabhängig vom Geist sein soll (man will eine möglichst echte Außenwelt, die der Seele Widerstand leistet und eine Stütze bietet, gleichwie ein Baum totes Holz als Stützgewebe braucht, um zu wachsen, keine Traumwelt, die sich jederzeit den eigenen Vorstellungen anpaßt und dem Geist keinen Widerstand leistet, also Geist bleibt), mußten die Seelen der Materie durchweg andere Gesetze geben, als die, nach welchen Geist arbeitet. Es darf keine Durchmischung geben. Kein materielles Gesetz darf identisch mit einem spirituellen sein, sonst vermischen sich die Systeme und werden zu eins. Daher der dualistische Antagonismus der Gesetze.

In der geistigen Welt gelten Einheit, Liebe und Überfluß, in der materiellen Welt Vielheit von Teilen, Auseinandersetzung, Krieg und Mangel: Kampf um Ressourcen.

Im Menschen, der Körper und Geist ist, kommen beide gegensätzlichen Systeme zusammen. Der Mensch muß diesen Widerspruch in sich aushalten und mehr: fruchtbar machen wie der wachsende Baum. Erfolgreich tut das jener Mensch, den ich Edelmann (Edelmann.html) nenne.

Der Edelmann kämpft mit dem Schwert und mit dem Wort für den Frieden auf höherem Niveau. Er achtet den "Feind", und jeder Kampf ist ein Opfer an die materielle Welt. Der Edelmann würde seinen Feind nie in Dummheit halten - wie es die Herren der Welt heute tun - sondern dessen Seele nach Kräften fördern, bis sie ebenbürtig ist. Dann erst wird er in Anerkennung der Gesetzmäßigkeiten der Materie sich dem irdischen Kampf um Ressourcen stellen und kämpfen. Der Edelmann ringt um die intelligenteste Verquickung von Geist und Materie. Er ist kein Blümchenesoteriker, kein Gutmensch mit eingefrorenem Lächeln im Gesicht. Er ist der edle Ritter mit großem Herzen und scharfem Schwert, wie wir ihn in alten Romanen finden können.

Der Buddhist war freilich anderer Meinung. Sein Engagement und das der Soka Gakkai ziele auf umfassende Kommunikation auf allen Ebenen (persönlich bis international) ab, denn Unfriede stamme aus Kommunikationsmangel und Mißverständnissen. Ich brachte daraufhin meine Hoffnung, er möge recht haben, zum Ausdruck, aber meine "Befürchtung" sei immer noch, daß sich dieser Weltfrieden nicht in der Materie realisieren lasse.

23.9.2002: Antwort des Buddhisten: Es gibt im Buddhismus Nichiren Daishonins ein Wort, das "Kosen Rufu" heißt. Es wird oft mit "Weltfrieden" übersetzt, was nicht falsch ist, aber schnell zu Mißverständnissen führt. Was der Buddhismus damit genau meint, ist folgendes:
Ein Grundprinzip im Buddhismus N. D.s ist die Achtung und Respekt vor dem Leben. Jede Art von Leben ist kostbar. Es gibt eine Aussage, die sinngemäß etwa so lautet: "Einen einzigen Tag zu leben ist mehr wert als alle Schätze des Universums zusammen."
Und alle schlechten Taten, die man ausübt, führen auf ein Mangel an Respekt vor dem Leben zurück, entweder vor dem eigenen Leben oder vor dem Leben anderer. Und jeder Mensch, ohne Ausnahme von Herkunft, gesellschaftlichem Status, Intelligenz, Geschlecht, Religion etc., besitzt das Potential, unglaubliches Glück sich aufbauen zu können, egal in welcher Situation und wo er sich befindet. Er muß also nicht studiert oder viel Geld haben oder sehr intelligent sein um ein glückliches Leben zu führen.
Der nächste Gedankenschritt auf dem Respekt vor dem Leben basierend, ist der, daß das Zusammenleben der Menschen friedlich verläuft. Also ist es wichtig, Frieden zu schaffen in seiner Umgebung. Und da das natürlich für alle Menschen gilt, ist der nächste Schritt der, daß dies natürlich auf der ganzen Welt geschaffen werden soll. Aber wie stellt sich das der Buddhismus Nichiren Daishonins vor?
"Kosen Rufu" meint hier (Welt)-Frieden zu schaffen auf der Basis von Dialog von Mensch zu Mensch. Eine ganz besondere Beziehung zu schaffen zu anderen Menschen, eine "Herz-zu-Herz" Beziehung, wo man aus dem Herzen heraus versteht, was der andere gesagt hat. Das ist natürlich sehr schwierig. Es ist auch nicht vorgegeben, wie man es zu tun hat. Es gibt keine Verbote und Gebote im Buddhismus N.D.s. Der Buddhismus sagt nur, daß jeder Mensch die Weisheit besitzt, das Beste aus seiner eigenen Situation herauszuholen, er muß diese Weisheit nur in sich finden. Und hier wird konkret gesagt, wie man es macht: Durch das Rezitieren eines Mantras. Aber das ist ein anderes Thema.

Das folgende Bsp. verdeutlicht und zeigt, was ich meine und was für Formen eine solche Tat, die auf einen Glauben basiert, annehmen kann (Randbemerkung: die Soka Gakkai ist eine Laienorganisation, deren Aktivitäten auf dem Glauben des Buddhismus Nichiren Daishonins basiert.):

Ein farbiges Mitglied in der Organisation hat einmal eine Erfahrung erzählt (In welchem europäischen Land und Stadt er wohnt, ist mir leider nicht mehr bekannt):
Er ist eines Tages in seiner Stadt auf eine Gruppe von Skinheads gestoßen und hat sich daraufhin mit denen unterhalten. Er hat es geschafft, mit dieser Gruppe von Menschen ein gutes Gespräch aufzubauen und hat sich mit der Gruppe auch angefreundet. Er hat es geschafft, durch Offenheit und Herzlichkeit eine durchaus positive Beziehung aufzubauen zwischen Menschen, die eigentlich "verfeindet" sind. Dies ist zwar sehr ungewöhnlich, aber durchaus möglich.
Dies wäre ein Bsp. für eine "Herz-zu-Herz" Beziehung.

25.9.2002: Anarchie heute: In der Anarchisten - HP "Anarchie heute" http://www.anarchie.de/main-58.html finden wir unter "Links": "Schule für Lebenskunst: Hans-Joachim Heyer - Ein Erleuchteter? Ein Spinner? Ein Abzocker? Wer weiß? Auf jeden Fall sehr viel zu lesen und teilweise recht interessant und anregend."

Diese Einschätzung gefällt mir! Ich habe es also so weit gebracht, daß man mich kaum noch in eine Schublade stecken kann. Ich werde für die gewohnte Rationalität unsichtbar: beste Voraussetzung zum Erobern neuer Dimensionen! (In "Politik4.html#0924" zitierte und kommentierte ich einen Anarchie-Artikel).

Das Spiel und die Wirklichkeit: Es ist heutzutage allgemeine Gewohnheit, anzunehmen, daß Texte unabhängig von ihrem Schöpfer existieren. Diese Annahme, bzw. Denkweise ist Teil der entzauberten Welt. In Wahrheit - und die Welt ist in Wahrheit zauberhaft - sind Texte immer Teil des Autors und verlassen diesen nie. Aus diesem Grund kann man meine Texte nicht lesen, ohne eine persönliche Beziehung zu mir zu haben. Wer auch nur einen meiner hier niedergelegten Gedanken versteht, hat sich real, also geistig - von Seele zu Seele - mit mir verbunden.* Wer sich auf mich einläßt, hört auf, Spiele zu spielen. Sämtliche Energien werden nicht mehr in wirkungslose leere Beschäftigungen gelenkt: kein Spiel mehr mit Karten, kein Schach, kein Komputerspiel, kein unverbindliches Lesen oder Schreiben von Texten. Wer in reale Existenz tritt und sich nicht mehr mit Ersatz und Pseudoexistenz begnügt, weiß, daß jede Tat und jeder Gedanke Energien erzeugt und Bewußtsein Energien lenkt, die ihn selber real gestalten. Ein mich finanziell unterstützender Kunde fragte mich einmal, warum ich ihm seit einer Woche keinen Brief mehr geschrieben habe.

Meine Antwort: "Meine gesamte HP ist, meine fast täglich fortgeführten Tagebücher und dergleichen sind doch ausschließlich für euch paar mich unterstützenden Freunde, Kunden, bzw. Schüler, geschrieben. Die Nichtzahler sind doch allesamt nur unverbindliche, notwendig oberflächliche Leser. Bei denen sind Denken und Sein noch meilenweit voneinander getrennt (gleichwie bei bei den Naturwissenschaftlern, siehe *). Sie lesen meine HP, aber das Gelesene dringt nicht in ihre Seelen, da sie mit dem Gelernten bloß spielen und es damit nicht an sich heranlassen. Sie bleiben selber unverändert, und das Gelesenen ist bloß abstraktes Oberflächengekräusel. Sie wissen nicht, daß ich das bin, was sie lesen. Wenn sie nicht zahlen, helfen sie mir nicht, und da gegenseitige Hilfe Grundprinzip des Meister-Schüler-Verhältnisses ist, bleibt ihr Lesen ein unverbindliches - entzaubertes - Spiel mit Pseudogedanken! Erst wenn sie mich real unterstützen, kann ich auch sie real unterstützen. Es geht, wie gesagt, um eine reale Aufnahme einer Beziehung zwischen mir und dem Leser. Ich kann gar nicht anders, als an die schreiben, die mein geistiges Netz mittragen - die Teil dieses magischen Netzes sind und an ihm mitstricken."

Vielleicht wird mein Anliegen deutlich, wenn ich hier aus einem Brief an mich zitiere. Jemand schrieb: "Von vornherein möchte ich klären, daß ich kein zahlender Schüler bin oder sein werde." Der junge Mann ist Student und braucht all sein Geld, um sein Studium zu finanzieren. Sein Briefwechsel mit mir soll ihm offensichtlich bloßer Zeitvertreib sein. Das Studium soll ihn real verwandeln - in einen Ingenieur; der Briefwechsel mit mir soll unverbindlich, unwirksam, bloß unterhaltend, bleiben (selbstverständlich würde er das bestreiten). So geht das nicht. Ich verschwende meine Zeit nicht mit konsumgierigen Spielern oder Pseudoesoterikern, die gern esoterisch träumen und sich real mit allen Mitteln auf ein Leben als Funktion vorbereiten.

Ich schrieb: "Wenn dir die Suche nach dem Sinn deines Lebens, nach der Wiederverzauberung der Welt und/oder nach Freiheit und Wachstum deiner Seele wirklich wichtig ist, und du glaubst, daß ich dir dabei helfen kann, dann mußt du auch mir helfen. Anders findet reale Kommunikation jenseits der Spielerei nicht statt!! Wenn du schon nicht auf mich hörst, wenn ich von dir Geld haben will - dann wirst du erst recht nicht auf mich hören, wenn ich wirklich wichtige, existentielle Fragen deines Lebens behandle. Wenn du glaubst, ich würde dich ausbeuten, auf deine Kosten leben wollen, dann sei ganz gewiß: du versuchst gerade das Gegenteil!! Wenn du glaubst, ich würde dich ausnutzen, während du mich bezahlst - dann hat es keinen Zweck, auch nur noch eine einzige Silbe miteinander auszutauschen. Dann mußt du gehen und ich vergeude keine Zeit."

* Das Genaue Gegenteil versucht die Naturwissenschaft: Sie produziert Texte, die mit dem Autor nichts zu tun haben sollen (außer der Angabe der Autorschaft vor oder nach dem wiss. Artikel, die seine Karriere befördert, wenn der Text samt Name häufig zitiert wird). Die Ablösung des Autors vom wissenschaftlichen Text ist nötig, damit andere Autoren ihn prüfen und weiterschreiben können. Erst dadurch konnte die Wissenschaft zu einem gemeinschaftlichen, weltumspannenden Projekt werden, in welchem Daten, die hier gelten, dort ebenfalls gültig sind.
Philosophische Texte sind nicht von der Person ablösbar. Sie sind nicht von anderen Personen prüfbar, es sei denn, der Leser läßt sich wirklich auf diesen Text ein und läßt sich von ihm verwandeln!
Aufgrund ihrer Prägung vom Geist der Wissenschaft haben die Menschen vergessen, daß ihre Texte sie nie wirklich verlassen. Sie glauben, daß das möglich sei. Aber sie und die Wissenschaft irren: Aus Intersubjektivität wird nie Objektivität. In Wahrheit haben sich alle, die glauben, Fremddaten prüfen und weiterverwenden zu können, vom Wissenschaftssystem verwandeln lassen und sind zum Sklaven des Systems geworden. Sie haben ihre eingeborene Philosophie verraten zugunsten einer Fremdphilosophie, die sie freilich nicht als solche erkennen, sondern als Wissenschaft. Die Wissenschaftler - als Menschen - haben sich zum nackten Namenszug unter ihrer wissenschaftlichen Arbeit, die sich von ihnen abgelöst hat, reduzieren lassen. Meine Texte sind mein "aufgeblähter" Namenszug; sie sind Meme, die als Teil meiner Seele in meiner Absicht in der Welt des Geistes agieren.

28.9.2002: Spiel des Lebens: Alle Spiele, seien es Schach, Reversi oder Komputerspiele, haben für mich ihren Reiz verloren, seit ich das große Spiel - das ganz große - kennengelernt habe: das Spiel des Lebens, das Spiel mit mir selber. Er handelt sich um ein Verwandlungsspiel. Ich lasse mich auf etwas ein und lasse mich verwandeln und ich ich bringe Andere dazu, sich auf mich einzulassen und verwandle diese und lasse mich zugleich von ihnen verwandeln. Das Ganze geschieht nicht ohne eine gewisse Kontrolle. Ich bin von einem Vermögen beseelt - ich nenne es die KUNST * - welches fremdgeistige Einflüsse in Seelennahrung ** umwandelt. Fremdes verwandelt mich nicht mehr im Sinne des Fremden, sondern es wird uminterpretiert in seeleneigene Substanz, die mich nicht verbiegt, sondern mich wachsen läßt. Das beste KUNST-Stück gelang mit mit der Wissenschaft: ohne sie (in mir) zu zerstören - wie ich es bei fast allen Blümchenesoterikern feststellte - baute ich sie als Untersystem in meine Philosophie ein. Beide stehen nun nicht mehr im Widerspruch zueinander, sondern eins ist Teil des andern. Da Philosophie die Wissenschaft erklären kann, nicht aber die Wissenschaft die Philosophie, ist die Philosophie das größere System. Und sie ist kein abstraktes System (wie mir oft vorgeworfen wird: "alles Konzepte!"), sondern meine Lebenswelt, in der ich lebe. Meine aufgeschriebene Philosophie ist nicht das, was ich denke, sondern was ich erlebe: mein spiel, meine KUNST! Das ist ein großer Unterschied!

Eben schickte mir Oliver P. folgende Geschichte per E-Brief:

"Auf dem Land hat es seit langer Zeit nicht geregnet. Alles war ausgedörrt. Schließlich beschlossen die Leute, den Regenmacher zu holen. Eine Abordnung machte sich auf den Weg in die weit entfernte Stadt, wo der Regenmacher lebte, und die Abgesandten baten ihn dringend darum, so schnell wie möglich zu kommen und Regen für ihre ausgedörrten Felder zu machen. Der Regenmacher, ein weiser, alter Mann, sagte zu, allerdings unter der Bedingung, daß man ihm eine kleine Hütte irgendwo draußen auf dem Lande gäbe. Dort wollte er sich für drei Tage zurückziehen. Essen und Trinken brauche er nicht. Nach drei Tagen wolle er sehen, was er machen könne. Seine Bedingungen wurden erfüllt. Am Abend des dritten Tages goß es in Strömen und eine begeisterte Menschenmenge pilgerte zur Hütte des Regenmachers.
"Was hast du bloß gemacht?" wollten die Leute wissen. "Sag' es uns."

"Es war ganz einfach", antwortete der Regenmacher. "Drei Tage lang habe ich nur mich selber in Ordnung gebracht. Denn ich weiß: wenn in mir alles in Ordnung ist, dann ist auch die ganze Welt in Ordnung, und die Dürre muß dem Regen weichen".

Das ist das Spiel des Lebens, und die KUNST zeigte sich hier in der Kunst des Regenmachens. Der Unterschied zwischen früher und heute (es handelt sich um eine sehr alte Geschichte) ist der, daß die Menschen früher den Regenmacher als Ursache des Regens erkennen konnten und der heutige Mensch das nicht kann, da er grundsätzlich (aufgrund falschen kausalen Denkens, das notwendig in widersprüchliche, lähmende Teufelskreise (unendliche Regression) mündet) Erscheinungen als Ursache ermittelt. Die Seele des modernen Menschen hat sich als Ursache vergessen: sie hat ihre Zaubermacht verloren, sich der falschen Kausalität ausgeliefert und Selbstmord begangen.

Ich, der ich die KUNST beherrsche, kann tote Seelen wiedererwecken. Wie ich das mache, steht in meinem Ermessen und wird von mir verantwortet. Mein Spiel des Lebens ist, so habe ich es mir erdacht, gegen das Realste, was Menschen haben - Geld - ihnen das Realste, was ich zu geben habe - Seele - einzutauschen. Nichts fällt den Menschen schwerer, als Geld für Seele oder Liebe zu geben, weil Geld aufgrund ihres Selbsthasses wichtig, aber böse ist. In einem Jahr Diskussion mit vielen Menschen stellte ich fest, daß ich als Gegenleistung für meine Lebenshilfe durchaus Sachgüter entgegennehmen durfte, ohne den Widerspruch und die Verunglimpfung der Diskutanten zu riskieren. Wörtlich aus einem Brief: "Du darfst alles nehmen: Dienstleistungen, Sachspenden. Aber kein Geld! Geld gegen Wahrheit - das ist ein Widerspruch an sich! Wenn du das verlangst, bist auch du bloß ein Scharlatan!" Klare Aussagen wie diese brachten mich auf die richtige Fährte. Seitdem nehme ich nur noch Geld. Weil es das Gehaßteste und das Heiligste des modernen Menschen ist. Wie könnte es anders sein? Dem Menschen aus Erde (Joh.3.31) muß das Heiligste das Gehaßteste sein, denn er will ja Unabhängigkeit und ist vom Geld abhängig. Also haßt er Geld, obwohl es sein Wichtigtes ist! Dieser wahnsinnige seelenmordende Widerspruch kann nur auf meine Weise und von mir (und ein paar wenigen anderen Eingeweihten) behoben werden: gegen bare Münze, versteht sich!

* "KUNST": Gib dieses Wort in "Herren der Welt" als Suchbegriff ein (taucht in dieser Seite achtmal auf) und vergleiche.
** "Seelennahrung": Siehe "Wiederverz2.html" und "Tagebuch5.html" und "Gehirn.html" und gib dort den Suchbegriff "Nahrung" ein.

Vorbilder: Jemand schrieb mir über seine stumpfsinnig gewordenen Eltern: wie sie tagein, tagaus blöde vor dem Fernseher hocken, alkoholisiert, aggressiv, ständig streitend um Nichtigkeiten. Ich schrieb zurück: "Sie zeigen dir an ihrem Leben, was aus dir wird, wenn du ihnen glaubst.- Und sie tun alles, daß du ihnen glaubst!!!"

Neuer Zähler: Ich habe auf die Startseite einen weiteren Zähler installiert, da der alte in letzter Zeit öfter mal ausfiel.

3.10.2002: Neue Zähler: Ich habe begonnen, nun auch auf allen anderen Seiten der HP Zähler zu installieren - vorerst nur auf "Neuerungen" und dieser Seite "TB 11". Falls die Betreiber nichts dagegen einwenden, werde ich, sobald ich die ID-Nummern für die drei Zähler habe, nach und nach alle anderen Seiten bestücken und die Reload-Sperre auf 6 Stunden setzen. Da sie momentan auf 90 Minuten steht und ich wegen fehlenden ID-Nummern nichts daran ändern kann, muß ich noch warten, ehe ich die neuen Zähler noch einmal auf Null setze.

4.10.2002: Warum ich Zeitung lese: Ich gebe zu, früher fast nie Zeitung gelesen zu haben: ca. 47 Jahre Beinahe-Abstinenz! Und dann bezog eine neue Mitbewohnerin unserer Studenten-WG die FAZ. Sie bezahlte die Zeitung, ich las sie. Es war die optimale Arbeitsteilung. (Sie hatte die Zeitung bloß abonniert, weil ihr Prof. es den Studenten "nahegelegt" hatte: Man müsse sich mehrere Zeitungen halten - ein paar deutsche, ein paar ausländische, um immer up-to-date zu sein. (Die Studenten sollen sich also regelmäßig updaten: Was für den Heimkomputer gut ist, kann für den Studenten nicht schlecht sein.) Offensichtlich hatte der Prof. nur das Abonnieren gefordert, nicht aber das Lesen. Das überließ die Studentin dann doch lieber mir. Aber jeden Tag zwei Zentimeter Zeitung lesen war auch mir unmöglich. Es gibt ja noch Anderes, zum Beispiel das Leben! Also mußte ich eine Auswahl treffen. Die FAZ war mit Abstand die beste Zeitung. Und innerhalb der FAZ das Feuilleton. So kam ich dazu, ausschließlich FAZ-Feuilletons zu lesen. Da ich mir das langsame Lesen nicht abgewöhnen wollte, wurde der Stapel ungelesener Feuilletons immer dicker. Hier kam die Vorsehung ins Spiel: Die Studentin verließ uns nach ein paar Monaten, und es erwies sich als segensvoll, daß ich nun ausreichend bevorratet war. Nachdem der Vorrat abgetragen war, schickte mir ein "mitleidsvoller" Leser zwei dicke Stapel SZ-Feuilletons zu meiner Verwendung.

Jetzt endlich zum "Warum": Im täglichen Leben wird man pausenlos mit fremden Gedanken konfrontiert. Schon die Busfahrt zur Uni oder in die Innenstadt zum Einkaufen zieht mich in die öde Welt der Städteplaner, Straßenbauingenieure (von denen ich selber mal einer war; ich hatte Neubaugebiete und Straßen geplant und deren Bau geleitet) und Architekten, deren Phantasielosigkeit jeden wachen Geist zermürben will. In den Vorlesungssälen und Seminarräumen geht es dann weiter: Auch hier wird massiv das Denken diszipliniert, reduziert, gesteuert - und manchmal ausnahmsweise auch gefördert. Um diesem Druck fremder Geister gewachsen zu sein, darf ich mich nicht zurückziehen oder mich von ihm unbewußt gängeln lassen, sondern muß mir eine Fähigkeit zulegen, mir diese Einflüsse bewußt zu machen und zu beherrschen, indem ich sie für mich uminterpretiere: in geistige Nahrung verwandele. Dies gelingt mir, indem ich alles, was mir widerfährt, am Maßstab meiner eigenen Philosophie messe. Fremde Gedanken werden umgearbeitet zu eigenen Gedanken. So bleibt in mir die Ordnung erhalten, während die Menschen um mich herum im Chaos versinken. Sie können keine eigene Ordnung herstellen. Sie verlieren alle Waffen, um sich gegen Manipulationen zu wehren. Sie werden Teil des großen Stromes des Zeitgeistes. Die Ordnung, die sie finden, ist nicht die ihre, sondern die des großen Zeitgeistes. Allein ich bin immun, ich, der ich immer nur meinen eigenen Mythos lebe.

Dieses angstfreie Leben beschert mir ungeheure Kräfte, die ich intelligent nutzen möchte. Die Seele will sich ausdehnen. Sie will neue Dimensionen, neue Wachheitsgrade erobern. Und ich fand, daß diese Selbstermächtigung mit riesigen Risiken verbunden ist. Ohne Selbstdisziplin und Verantwortungsbewußtsein scheitert die Bewußtseinserweiterung. Existenzvergrößerung bedeutet mehr Verantwortung und mehr Ethik, kurz: die Realisation des "Kategorischen Imperativs": "Lebe so, als ob die Regeln, die du dir gegeben hast, die Regeln für alle anderen Menschen sein könnten." Meine Selbstgesetzgebung ist meine Autonomie. Sie erhebt mich in die Existenz (Entweder bin ich moralisch oder ich bin nicht!"). Die Erweiterung meiner Gesetze auf alles ist notwendig, da die materielle Außenwelt ein Spiegel meiner Seele ist. Also muß ich die Außenwelt so behandeln, als ob auch sie meinen Gesetzen unterworfen wäre. Diese Weltbehandlung ist ja das, was mich vor dem Versinken in Chaos - siehe oben - schützte!
Wie sollte ich meine Kraft einsetzen? Es gab und gibt nur eine Möglichkeit: Da meine Kraft magisch ist, kann sie nur mit oder gegen andere Magie eingesetzt werden. Und diese Fremdmagie ist die (wahre) Politik. Die schwachen Formen der Magie finden wir in den Massenmedien: BILD und Fernsehen. Den Pöbel zu kontrollieren, ist die leichteste Anfänger-Übung. Schwerer ist es, die Intellektuellen zu manipulieren. Dies wird in den Intellektuellenzeitungen gemacht, am raffiniertesten in den Feuilletons der guten und besten Blätter. (Fachzeitschriften wie "nature" oder "Chemie in unserer Zeit" dienen nicht der Manipulation, sondern dienen bereits manipulierten Edelwerkzeugen).

Ich lese diese besten Feuilletons, um zu sehen, wo und was gerade manipuliert wird. Zum Teil in meinem Sinne, zum Teil gegen meine eigenen Ambitionen. Hier greife ich ein: verstärkend, duldend, abweisend. Ein paar Wochen nach meinen Eingriffen lese ich die Resultate nach. Ich werde jetzt nicht preisgeben, welche gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen ich auf meine Magie zurückführe. Ich hoffe nur, daß mich die Masse für verrückt hält, das schützt mich, denn was ich schreibe, ist nicht für den Pöbel gedacht, sondern für eine Bewußtseinselite, die die Chance hat, zu verstehen, was ich wirklich mache. Ich denke an T. Leary (HerrenderWelt.html#0906). Er wurde von Aldous Huxley gewarnt: "Versuche nicht, den Pöbel zu erleuchten. Er wird die Macht mißbrauchen - gegen sich selbst und gegen Andere." Aber Leary hörte nicht: Er bekam 4 Jahre Knast. Aldous Huxley, Albert Hoffmann, Stanislaw Grof uvam kamen nicht in den Knast, denn sie gingen nicht in die Öffentlichkeit, sondern schrieben dicke Bücher, die der Pöbel nicht liest. Ab Seite 100 darf man ungestraft Klartext schreiben.

5.10.2002: Selbsterkenntnis: Ab den '80er Jahren wollte ich immer ein Buch schreiben. Der Arbeitstitel lautete immer "Welt und Selbsterkenntnis", weil ich damals schon ahnte - heute weiß ich es - daß beides zusammengehört. Eine von der Welt unabhängige Selbsterkenntnis erschien mir damals schon unmöglich. Wo landet man, wenn man Selbsterkenntnis sucht, indem man alle Fremdeinflüsse aus Natur und Kultur ausmerzt? Was geschieht, wenn man sein authentischstes Eigenstes sucht, indem man alles Fremde, das man in sich findet, bekämpft? Richtig ist, daß alles, was wir von Eltern, Schule, Universität und Beruf lernen, Fremdwissen ist, das uns funktionalisiert und zu Werkzeugen der Zivilisation macht. Aber wer sind wir, wenn wir all dieses Fremdwissen wieder losgeworden sind (ich unterstelle mal, daß wir es loswerden können)? Ich fürchte, wir sind dann nicht mehr, als eine klatschende Hand oder eine Münze, der die Vorderseite fehlt.

Wer alle Bilder aus seiner Seele verbannt, weil Bilder Illusionen, also unwahre Täuschungen, sind: was findet er? Nichts! Nein, um der Fremdbestimmung zu entgehen, dürfen wir nicht das Fremde rausschmeißen und abweisen, sondern müssen es wie Nahrung aufnehmen und in eigene Substanz umwandeln, indem wir es in unsere eigene Lebensphilosophie hineininterpretieren. Und wenn wir einen Nahrungsbrocken nicht verdauen können, müssen wir unsere Philosophie solange erweitern, bis wir groß genug für den Brocken sind. Das ist mein Rezept. Ich weise Natur und Kultur nicht zurück: Ich fresse sie. Indem ich die Welt als Spiegel meiner Seele erkenne und verstehe, habe ich die ganze Welt gefressen und in Seelensubstanz umgewandelt. Man findet bei der Suche nach sich selbst nur, was man zuvor in sich hineingelegt hat. Wer nichts hineinlegt, findet nichts. Ich legte die Welt in mich hinein.

Was ist das: Lebensphilosophie? Es ist das, was ich wirklich glaube. Das herausgefunden zu haben, ist mein Meisterstück (Wahrheit.html). Auf alles andere bilde ich mir nichts ein. Denen, die mich "arrogant" nennen, sei gesagt: Sie, die sich selbst nicht kennen, können sich nicht vorstellen, daß es einen Menschen gibt, der sich vollkommen kennt, und aus dieser ihrer Unfähigkeit schließen sie auf meine Unfähigkeit. Da ich aber meine Unfähigkeit, die sie mir unterstellen, nicht einsehe, muß ich ja wohl anmaßend sein. Denn: Alle Menschen sind ja gleich! Schließlich sagt es das Juristengesetz so, und schließlich leben wir in einer Demokratie, wo Schröders Stimmkreuz nicht mehr wiegt als die von Henriette Mustermann. - Falscher kann man nicht denken: Die Menschen sind nicht gleich, und Gottes Gerechtigkeit ist nicht die von Juristen. Und Schröders Stimme wiegt Millionen mal mehr als die von Henriette. Aber woher soll Henriette die Wahrheit kennen? Nie hat sie Anderes gelernt als Sklavenwissen! Nie wurde sie im Herrschaftswissen unterrichtet. Auch meine Seele steckte voller Sklavenwissen. Wie nur wurde ich frei? Was machte mich frei? Es war die grandiose Idee, meine Lebensphilosophie herauszufinden, dann die Idee, beim Schreiben der Geschichte "Johannes und der alte Mann" einen Mythos zu kreieren, an den ich glauben konnte. Ich erschuf in meiner Fantasie einen spirituellen Meister, und der wurde real und weihte mich ein. Eine Idee wurde Realität. Erst später entdeckte ich, daß es vor mir schon Meister gegeben hatte, die wußten, wie man Welten erschafft. Die Theorie ist die Voraussetzung für die materielle Erscheinung. Das wußten Platon, Kant und Popper. Das weiß ich. Mit "Theorie" sind natürlich nicht die schwächlichen Hypothesen von Doktoranden in der Forschung gemeint. Die hecken ja bloß systemimmanente Theorien aus, nie systembegründende. Nun, darüber können wir bei Thomas Kuhn nachlesen. Es gibt nichts Neues unter dem Himmel...

7.10.2002: Form folgt Funktion: Mit dieser Formel wird seit 100 Jahren Architektur und Design gemacht. Mit dieser Formel wurde Kunst und Schönheit vernichtet, und in der sogenannten "Kunst am Bau" wurde das Kunstwerk - und mit ihm der Künstler selbst - demonstrativ als ein von sämtlichen Lebensbezügen abgeschnittenes, dem Tode überantwortetes Relikt, definiert. Diese Formel ist keineswegs eine Entdeckung, die man auch noch zur Bestätigung der Evolutionstheorie heranziehen kann, sondern - sofern man sich von ihrer "Richtigkeit" überzeugen läßt, eine Zauberformel zwecks Entzauberung der Welt. Wer auf die Formel hereinfällt, reduziert sich (und als Architekt seine Mitmenschen) zum toten Mechanismus.

Andreas Dorschel hebt mit seinem Buch "Gestaltung. Zur Ästhetik des Brauchbaren" die Gültigkeit dieser Formel auf. Wie die SZ-Buchbesprechung vom 14./15.8. ("Wie streng ist dieses Häuschen") zeigt, gilt auch die Umkehrformel "Funktion folgt Form", wie zB ein als Hammer zweckentfremdeter Schraubenzieher beweist. Dorschel zeigt, daß dieser Schraubenzieher nicht zweckentfremdet wird, sondern daß eine Zweckentdeckung vorliegt. Er zeigt, daß der Versuch, alle Gegenstände vom Ornament zu befreien, das Gegenteil bewirkt: daß alles zum Ornament wird, denn diese Formel ist in Wahrheit Ornamentenbildung. Wenn man bei einem funktionalen Gebilde, zB einem Gebäude, versucht, alle möglichen Funktionen zu ermitteln, findet man kein Ende. Frage: Welche Form folgt diesem Büschel aus stets unendlich vielen Funktionen? Legt man ausschließlich die beabsichtigten Funktionen zugrunde, aus der dann eine Form folgen soll, ermöglicht die Form später trotzdem wieder unendlich viel mehr Funktionen. Aber werden diese vielen anderen Funktionen noch gesehen, wenn man die Absicht des Designers oder Architekten kennt? In der Psyche des Menschen tritt schnell eine Reduktion ein: eine Reduktion der Wahrnehmung auf die vom Architekten beabsichtigte Nutzung. Die Philosophie "Form folgt Funktion" entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Steuerungsversuch menschlichen Denkens und Wahrnehmens durch selbsternannte Welterklärer.

Jetzt weiß ich, warum mir der folgende Witz so gut gefiel: Die Rolltreppe in einem gutbesuchten Kaufhaus ist ausgefallen. Wütend und erschöpft stehen die Kunden seit Stunden auf den Stufen und warten auf die Mechaniker vom Reparaturdienst.

Anmerkung: Ich gab mit dieser Notiz weder den Inhalt Dorsches Buch, noch den der SZ-Rezension korrekt wider. Ich ließ mich vom Artikel lediglich zu eigenen Überlegungen anregen.

8.10.2002: Entfremdung: In (http://www.reschke.de/erkennen/e_entfremdung.htm) zeigt Lothar Reschke, daß unsere Lebensphilosophien nicht sehr weit auseinander liegen können. Meine in "Kritik.html" beginnende Auseinandersetzung mit Lothars Ideen könnte den Eindruck erwecken, es würden sich zwei völlig gegensätzliche Charaktere bekriegen. Das ist nicht der Fall. Nein, meine Differenzen sind zu denen, mit denen ich mich nicht streite, wahrscheinlich sehr viel größer. Ich deute meinen "Streit" mit Lothar als einen auf höchstem Niveau. Und bei dem, was darunter liegt, und das ist sehr viel, herrscht große Übereinstimmung.

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