Tagebuch 5
von Hans-Joachim Heyer

8.7. - 14.7.2002


Stichwörter: Doch keine Willensfreiheit? - Evolutionstheorie als "Allestheorie" unwissenschaftlich - Über Meme - Universum nicht verstehbar? Überzeugungskraft - Ken Wilber & Berdjajew - weißes Rauschen - Mythos Deutschland - Glückseligkeit - Das Fremde ist leidvoll - Alle Menschen tun stets ihr Bestes!

8.7.2002: Kampf um Freiheit: Mit einem Chemiker, der in einer Forschungsabteilung der Chemieindustrie arbeitet, hatte ich ein sehr interessantes Gespräch, das letztlich von der Willensfreiheit des Menschen handelte. Der Chemiker legte plausibel dar, daß zu Beginn des Universums zuerst unbewußte, vernetzte Prozesse stattgefunden haben müssen und dann erst in einem weiteren Schritt aus diesen Prozessen sowas wie Bewußtsein entstanden sein müsse. Oder anders und noch einfacher ausgedrückt: Aus unbewußten Prozessen müsse Bewußtsein entstanden sein, nicht umgekehrt. Da die unbewußten Prozesse primär sind und Bewußtsein sekundär, müsse Bewußtsein ein wirkungsloses Epiphänomen sein. Mit anderen Worten: Es gebe keinen freien Willen.

Ich vermochte diesem Schluß nichts entgegenzusetzen, obwohl ich es gern getan hätte, zumal er nicht in meine Philosophie paßt. Nach einer Weile des Nachdenkens fiel mir dann folgendes ein: Wir reden über die Möglichkeit von freiem Willen in einer deterministischen Welt, d.h. wir schließen: Wenn die Welt deterministisch ("mechanisch") ist, könne es keinen freien Willen geben. Nehmen wir also an, wir seien solche unfrei "denkenden" Wesen, die ihren mechanischen Zustand erkannt haben und richtig beschreiben können. Außerdem haben wir die Vorstellung von etwas, das vollständig außerhalb unseres Horizonts liegt: die Vorstellung von freiem Willen. Wir als mechanische Wesen haben eine Vorstellung einer "höheren" Existenz jenseits des Mechanischen - jenseits der Beschränkung durch physikalische Gesetze. Da wir uns ein höheres Leben vorstellen können, könnten wir es als unsere Aufgabe betrachten, genau dieses zu erreichen.
Wir wären in diesem Szenario in der Situation des "Commander Data" der Startrek-Serie, einem Maschinenwesen, das sich danach sehnt, Mensch zu sein. Ist es generell unmöglich, daß in einem deterministischen Universum "Freiheit" entsteht? Wir können es nicht wissen! Wir können es bloß hoffen und alles tun, um wenigstens die Möglichkeit, den Determinismus zu knacken und frei zu werden, zuzulassen. Selbst wenn wir nicht frei sind, so können wir doch um Freiheit kämpfen, indem wir uns eine Theorie des Freien Willens erfinden und danach zu leben trachten. Erst wenn wir uns mit unserer (nicht bewiesenen) Unfreiheit abfinden und deterministische Theorien leben, sind wir hoffnungslos und zur Unfreiheit verdammt. Wir sollten es geradezu als unsere Heilige Pflicht betrachten, unsere Ideen von Freiheit in diesem (möglicherweise) deterministischen Universum zu realisieren. Vielleicht ist es die Aufgabe, die das Universum an uns Menschen gestellt hat, eine tote Welt mit Leben zu erfüllen, indem wir das Leben erfinden.

Ungeachtet der Zugeständnisse, die ich dem Chemiker gemacht habe, glaube ich nicht an die gängige Theorie, daß zuerst ein physikalisches Universum entstanden sei und auf der Oberfläche mindestens eines Planeten biologisches Leben. Nein, diese Vorstellung ist wenig plausibel. Das ganz oben geschilderte Szenario ist nur plausibel unter der Annahme, daß die deterministischen Prozesse unmittelbar Geist sind und in einem sekundären Schritt "Bewußtsein" erzeugten, welches dann materielle Welten "träumt". Von der Erkenntnis, daß Physik ein mentales Modell ist, habe ich mich nicht verabschiedet! Man kann meinen Dissenz mit dem Chemiker auch darauf hin zusammenfassen, daß ich es für möglich halte, daß intelligente Wesen gegen die Evolution kämpfen - während der Chemiker diesen Kampf als Teil der Evolution betrachtet. Er sagt: Alles Kämpfen ist Teil der Evolution. Es gibt prinzipiell kein Entrinnen.
Mein Einwand: Wenn es sich bei der Evolutionstheorie um eine Theorie handelt, die alles umfaßt, ist es keine Theorie! Theorien, die alles erklären wollen - wie zB psychologische Theorien, sind unwissenschaftlich. Es sind Religionen (Mythen). Psychologen haben beispielsweise eine Erklärung dafür, daß aus einem Menschen, der in krimineller Umgebung aufgewachsen ist, kriminell wird, aber sie haben auch eine Erklärung, wenn aus diesem Menschen kein Krimineller wird! Sowas nennt man Alltheorien: sie "erklären" alles und das Gegenteil - und erklären in Wahrheit gar nichts! Ähnlich die Evolutionstheorie: Sie hat eine Erklärung für die Existenz eines jeden Lebewesens, aber wenn eine Spezies ausstirbt, kann sie auch das erklären. Und immer lautet die Erklärung gleich: angepaßt an einen Lebensraum oder nichtangepaßt! Das erklärt natürlich gar nichts! Und wenn die Wissenschaft nur die physikalische Welt betrachtet (also die Erscheinungswelt), müssen sich natürlich alle Lebewesen den physikalischen Gesetzen beugen: Die Evolutionstheorie kann fliegende Elefanten (und den freien Willen) ausschließen, weil es sowas physikalisch nicht geben kann. Man hat ja im Vorfeld schon den Untersuchungsbereich eingeschränkt. Würde ein Elefant doch fliegen oder würde ein Wesen doch über einen freien Willen verfügen, würden beide aus der Evolutionstheorie und der physikalischen Welt herausfallen und man würde sie als "Halluzination" erklären.

Ich ende bei meinen Überlegungen wieder da, wo ich immer wieder ende: Alle Wissenschaften sind methodisch. Und es spricht nichts dafür, daß eine methodische Wissensgewinnung ALLES Wissen gewinnen kann. Im Gegenteil: Eine Methode schließt immer etwas aus! Nämlich das, was nicht methodisch oder mit anderen Methoden erschlossen werden kann. Freier Wille und das Leben schlechthin lassen sich grundsätzlich nicht methodisch erschließen. Und das heißt dann nicht, daß es das nicht gäbe! Wir haben die logische Möglichkeit und das Recht, zu hoffen, daß wir uns mit Freiheitstheorien echte Freiheit schaffen können.

Wo ist Dr. Wetter? Diese Frage ist noch nicht ausreichend beantwortet, aber angesichts der oben kurz angesprochenen These vom Primat des Geistes vor der Materie ist Dr. Wetter beschreibbar als "Mem". Ein Mem ist ein Gedankenkomplex, der allein durch die Tatsache, daß er gedacht wurde, im geistigen Universum existiert. Indem ich ein Mem definiert und mir vorgestellt habe, können andere Menschen, die davon hören oder lesen, eine gleiche oder ähnliche Vorstellung davon in ihrem Geist erzeugen, d.h. das Mem kann sich vermehren. Es kann für den Menschen so überzeugend werden, daß er sich von dessen Vorstellung feiwillig nicht mehr trennen kann. Das Mem kann fast eigenständig immer komplexer werden, sich auf verändernde äußere Umstände anpassen, wachsen, sich vermehren, autonom - ein eigenständiges, bewußtes, Geistwesen - werden.
Hier eine offizielle Definition von "Mem", die ich im Internet in http://www.knowledgemedia.org/netacademy/glossary.nsf/kw_id_all/696 fand:
"Beispiele für Meme sind Melodien, Gedanken, Schlagworte, Kleidermoden, die Art, Töpfe zu machen oder Bögen zu bauen. So wie Gene sich im Genpool vermehren, indem sie sich mit Hilfe von Spermien und Eizelle von Körper zu Körper fortbewegen, verbreiten sich Meme im Mempool, indem sie von Gehirn zu Gehirn überspringen, vermittelt durch einen Prozess, den man im weitesten Sinn als Imitation bezeichnen kann. - Wenn jemand ein fruchtbares Mem in meinen Geist einpflanzt, so setzt er mir im wahrsten Sinne des Wortes einen Parasiten ins Gehirn und macht es genau auf die gleiche Weise zu einem Vehikel für die Verbreitung des Mems, wie ein Virus dies mit dem genetischen Mechanismus einer Wirtszelle tut ... Und dies ist nicht einfach nur eine Redeweise - das Mem etwa für den 'Glaube an das Leben nach dem Tod' ist tatsächlich viele Millionen Male physikalisch verwirklicht, nämlich als eine bestimmte Struktur in den Nervensystemen von Menschen überall auf der Welt" ( zit. aus: [Richard Dawkins: Meme, die neuen Replikatoren, in: Das egoistische Gen, Heidelberg 1994, S. 304]

Wenn wir erst mal die Mem-Theorie verstanden haben, fällt es uns leicht, auch uns selber als Meme zu begreifen. Wir selber sind Gedankenkomplexe, die durch das geistige Universum geistern, Gedankenkomplexe, die ausschließlich durch ihren Glauben beieinandergehalten werden: Alles, was nach unsem Selbstmodell zu uns gehört, gehört memetisch, kybernetisch, geistig/seelisch zu uns - ist Teil von uns. Was wir Andern zuschreiben, tritt uns gegenüber. So Dr. Wetter. Indem ich ihn erfand, schuf ich ein Gegenüber, mit dem ich mich anders unterhalten konnte, als hätte ich Selbstgespräche geführt. Das zeigt, daß Dr. Wetter eine gewisse Autonomie bereits erreicht hat.
(11.7.2002:) Wer glaubt, er sei real und Dr. Wetter nicht, ist also von einem Mem infiziert, das ihm genau dieses vorgaukelt und an dem er nichts zu ändern imstande ist, da er die Gaukelei für real hält. Da ich Herr meiner Meme bin, habe ich die Möglichkeit, Meme als das zu erkennen, was sie sind und kann ihren Realitätsstatus verändern.
Weiteres siehe bei "Magie" - Erschaffung von Dämonen.

Kampf um Freiheit - Fortsetzung: Mir ist heute Nacht klargeworden, daß ich gestern von einem Rückfall in meine vorphilosophische Denkweise, als ich noch wissenschaftlich dachte, berichtete. Es mag daran gelegen haben, daß ich den Chemiker seit meiner Kindheit kenne und mit ihm schon früher Gespräche dieser Art geführt hatte. Wir waren sozusagen in "alte Muster" zurückgefallen. - Wie dem auch sei: Heute sehe ich die Sache mit der Willensfreiheit so, daß es nichts einbringt, mit Hilfe einer für den Untersuchungsgegenstand ("Willensfreiheit") untauglichen Methode etwas erklären zu wollen. Dann landet man regelmäßig in der Sackgasse, die so aussieht, daß am Ende die "Erkenntnis" steht, daß es den besagten Gegenstand gar nicht gebe.

Nein, wenn freier Wille existiert, ist das Universum nicht verstehbar. Nie können wir wissen, was alles gewollt wird und wie sich diese Kräfte austoben. Castanedas Don Juan hatte, wenn ich mich recht erinnere, recht, als er sagte, daß das Universum immer ein Geheimnis bleibe. Wir können es nie verstehen. Was wir können, sei bestenfalls, uns selbst verstehen zu lernen und unsere Fähigkeiten zu erweitern.
Um uns herum ist das Kuddelmuddel, die unberechenbare Welt, die uns straft, wenn wir sie in die Zwangsjacke unserer Systeme stecken: wenn wir die Welt "flurbereinigen". Nur in uns ist Ordnung und Klarheit, wenn wir gut sind. Und mit unserer Intelligenz können wir es lernen, mit dem Kuddelmuddel einigermaßen zurechtzukommen. Unsere Maxime sei: nicht Wahrheit suchen, sondern neue Fähigkeiten lernen. Wenn ich's genau betrachte, fahre ich schon lange auf dieser Schiene, ohne es explizit so genau gedacht und gesagt zu haben: Das Projekt der Wiederverzauberung der Welt ist jenes, das (wissenschaftliche) Verstehenwollen aufzugeben und das Zaubern zu lernen. Das hatte ich gestern - und die Tage davor - ganz einfach vergessen! (Kein Wunder, hatte ich doch ab dem 19.6. bis zum 7.7. an den Folgen eines Sonnenstichs (kein Heuschnupfen, s. Tagebuch 4) zu leiden. Mit angekokeltem Gehirn denkt es sich nun mal schlecht.)

Ich sehe den hochverschuldeten Mann, dem alles, was er hatte, wegverpfändet wurde, der vom Lohn seiner Arbeit nie mehr etwas zu sehen bekommt, der aufgibt, seine Freunde verliert und sich betrinkt. Fehlt ihm der Freiheitsgrad, einfach seine Sachen, die er noch hat, zu verscherbeln und mit dem illegal gewordenen Geld (, das er zwar mit ehrlicher Arbeit verdient hat, aber auf das Andere Anspruch erheben,) einen Ashram in Indien aufzusuchen und dort glücklich bis zum Ende seiner Tage zu leben? Warum kann er sich nicht entschließen, sich der Zwangsjacke zu entledigen? Klar, alle staatlichen Institutionen wollen ihn am Neuanfang hindern, aber sie können es nicht wirklich verhindern! Mit dem Projekt der Globalisierung der Wirtschaft sollen Neuanfänge verhindert werden. Der arme Mann soll auch in Indien Schulden haben. Daran arbeiten die Bauherrn der Welt und daran werden sie scheitern, so sicher wie das Amen in der Kirche! Warum könnte ich nach Indien verschwinden und dieser Mann nicht? - Weil ich einen Freiheitsgrad mehr habe. Und über mir sind Menschen mit noch mehr Freiheitsgraden, denn das Universum ist multidimensional, ein undifferenziertes Rauschen - und nur durch Willensentscheidungen träumen Myriaden von Seelen ihre materiellen Welten in das Rauschen hinein. Und je mehr Fertigkeiten eine Seele gewonnen hat, desto komplexer ist die Welt, in der die Seele lebt.

Freier Wille existiert. Ohne ihn gäbe es niemanden und nichts, das sich Gedanken machen könnte, ob es ihn nun gibt oder nicht. Nur Wesen mit freiem Willen können sich Gedanken darüber machen, ob es Willensfreiheit gibt. Ohne Willensfreiheit gibt es weder Bewußtheit, noch Leben, Wahrnehmung, Gefühle, Subjekt-Objekt-Trennung, Wissenschaft, Evolution, Sprache usw. Ohne Willensfreiheit gäbe es vielleicht ein Universum, aber es gäbe niemanden, der es sehen und davon wissen könnte. Das Universum wäre dann, als wäre es nicht.

11.7.2002 Überzeugungskraft 2: Mich fasziniert diese Steuerungkraft immer mehr. Aus Dissonanzen gewinne ich Energie; mit Überzeugungskraft lenke ich sie und gewinne da, wo ich will, Bewußtheit. Ein Jahr lang gewann ich die meiste Energie aus der sog. "Gelddiskussion". Nachdem ich meine Schule für Lebenskunst zu meinem bezahlten Beruf gemacht hatte, spendeten selbst meine besten Freunde mir Energie, indem sie mir vorwarfen, das sei ein goßer Fehler. Ich fühlte mich existentiell bedroht, denn ich konnte inzwischen nichts anderes mehr, also mußte ich tun, was ich mich zu tun entschlossen hatte. Das wußten die Freunde nicht. Sie kannten mich noch als Vermessungsingenieur. Im Erkennen meiner Lebensaufgabe verlor ich alle anderen Interessen und Fähigkeiten. Maximale Freiheit erlebte ich als die bedingungslose Hingabe an die höheren Mächte, die Schirmherren der Welt: Ich tu in Freiheit, was ich tun muß. Die Angriffe, die ich erlebte, waren Manifestationen meines Unterschiedes zu den anderen Menschen. Dann griff mich ein weiterer Mensch an - Lothar - ausgerechnet jener, dem ich am ehesten zugetraut hatte, mich zu verstehen. Das brachte einen erheblichen Energieschub, den ich schon wesentlich geschickter kanalisierte, als den der Gelddiskussion. Ich lernte, die Energie zu speichern, bis sie knisterte. (vergleiche Lothars Erlebnisse beim Feuerlauf, geschildert in http://www.reschke.de/wirkgilde/erleucht.htm, wo die Energie der Angst benutzt wurde, um selbst Naturgesetze auszuhebeln. Nichts anderes erlebte ich--> Dann, im Verlaufe einer Vorlesung an der Uni, (empirisch betrachtet saß ich bewegungslos mit Pokerface auf meinem Stuhl und tat gar nichts,) fand sie im Dozenten einen Resonanzkörper, und dieser begann zu dozieren, was ich zuvor geschrieben hatte und was er dazu Konstruktives beizutragen hatte (er machte mich tatsächlich auf ein paar Fehler in meiner HP aufmerksam). Er hatte meine HP nicht gelesen - er kennt sie nicht - und doch hatte er unbewußt Bezug auf alle Themen genommen, die mir aktuell wichtig waren! Das war freilich nichts Neues. Ich erlebe sowas schon seit Jahren bei unterschiedlichsten Leuten. Neu ist allein die Tatsache, daß ich nun weiß, warum (nicht: wie) es geschieht und daß ich es ein wenig lenken kann. Ich werde in meiner HP nichts mehr über diese Kraft schreiben, denn das stößt einfach allzuviele Menschen vor den Kopf. Ich weiß nun, warum die großen Weisen alle schweigen. Ihr Reden wäre ein Affront allen Egos gegenüber, die glauben, selber zu denken. Egos können es nicht ertragen, zu erkennen, daß sie nicht denken, sondern gedacht werden. Also enthält der Weise ihnen diese Erkenntnis vor. Ich schreibe es auf, weil alle Wahrheit wenigstens ein einziges Mal aufgeschrieben werden muß - entsprechend meines Gedichtes "Gesetz der Macht", in welchem es heißt: "Es ist die heilige Pflicht der Mächtigen, zu verbergen die Wahrheit unter einem Berg aus Nichtigkeiten." Dieser Pflicht bin ich nachgekommen. Und es ist nicht meine Pflicht, mich zu wiederholen, und es ist im Besonderen nicht meine Pflicht, die Wahrheit meiner Erkenntnisse so plausibel darzulegen, daß auch der letzte Skeptiker (Skeptiker (nicht Kritiker!) glauben nix; sie sind trockene Blätter im Wind) sich gezwungen sieht, mir zu glauben. Im Gegenteil: Es ist meine Pflicht, es allen Unwilligen möglichst leicht zu machen, mich auszulachen und mich für verrückt zu halten. Ich akzeptiere, daß nicht jeder reif für Erkenntnisse dieser Art ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund schreibe ich sehr viel Text in meine HP. Fast täglich erhalte ich Post des Inhalts, meine Texte seien zu lang; man könne sie nicht lesen! Wundervoll. Ziel erreicht. Es ist gut, daß nicht jedermann seine Überzeugungskraft dermaßen machtvoll anzuwenden lernt. Es gibt zu viele unreine, unreife Seelen, die nur Böses damit anstellen würden, wenn sie es könnten. Leute, die kurze Texte lesen wollen, wollen nicht überzeugt, sondern verwirrt werden. Sie machten die Erfahrung, daß lange (und gute!) Texte überzeugen und kurze immer überreden und überrumpeln. Sie wollen aber nicht überzeugt werden, denn sie wollen sich nicht ändern. Sie wollen dieselben bleiben und wollen nur ihren Hunger nach platten Sensationen vorübergehend stillen. Prototyp der Kurztextleser ist der BILD-Leser. Er will so lange Müll schlucken und sich innerlich vergiften, bis er jede Überzeugungskraft verloren hat. Dann ist er ungefährlich - Herdentier statt Löwe, denn er ahnt, wenn er seine zerstörte Seelenstruktur überzeugend ausbreiten könnte und würde, würde er den Untergang seiner selbst und seiner Mitmenschen verursachen; er würde zum Despoten werden. Leute lesen BILD, um sich zu schwächen. Als Schwache haben sie keine Verantwortung und können das "Weideglück der Herde" (Nietzsche) genießen. Sie haben Angst vor den großen Seelenkräften (die Griechen nannten sie Tyrannen (bitte nicht mit Despoten verwechseln!)). Keine Angst braucht man nur zu haben, wenn man diese Energien sinnvoll zu lenken vermag. Ich hoffe, ich bin dieser Macht ( = Kraft + Steuerungsfähigkeit) würdig.

12.7.2002: Unveränderliche Seele? - Teil 2: Zu diesem Thema, das ich schon in "Tagebuch 4" behandelte, fand ich gestern in: Dirk Hübner: "Nikolai Berdjajew kontra Ken Wilber - Von der personalen Wahrheit" http://de.geocities.com/dirkhuebner66/wilberberdjajew.htm folgendes:

"Wilber kontra Berdjajew:" "Statische kontra dynamische Geistinterpretation."
"Doch in dieser „Philosophie“ (Ken Wilbers) rangiert ein sogenannter „absoluter GEIST“ bzw. eine sogenannte „absolute Wahrheit“ vor dem Persönlichkeitsprinzip, was ich nicht akzeptieren kann. Ich zweifle die Existenz eines „absoluten GEISTES“ bzw. einer „absoluten Wahrheit“ grundlegend an und werde im Laufe meiner Auseinandersetzung Wilbers statische Auffassung von einem „absoluten GEIST“ durch das dynamische Persönlichkeitsprinzip (Berdjajews) zu widerlegen versuchen."

Diese Sätze zeigen nur stellvertretend und sehr knapp, was Dirk Hübner in seinem langen Aufsatz (oder handelt es sich bereits um ein Buch?) behandelt. Wer kann, lese diesen Mammuttext! Es geht dort natürlich um noch viel, viel mehr, als das angesprochene Thema "Statik kontra Dynamik" - um sehr Wichtiges, wie ich bereits gesehen habe. Ich habe zwar erst ein Viertel oder Drittel gelesen, bin aber hellauf begeistert und werde mich gleich wieder ranmachen...

Was Berdjajew "Freiheit" nennt, heißt bei mir "weißes Rauschen" oder "Gebrodel in der ewigen Allgegenwart". "Ohne Freiheit gäbe es gar keine Zeit!" heißt bei mir etwa so, wie ich oben in "Kampf um Freiheit" geschrieben hatte:
"Und über mir sind Menschen mit noch mehr Freiheitsgraden, denn das Universum ist multidimensional, ein undifferenziertes Rauschen - und nur durch Willensentscheidungen träumen Myriaden von Seelen ihre materiellen Welten in das Rauschen hinein. Und je mehr Fertigkeiten eine Seele gewonnen hat, desto komplexer ist die Welt, in der die Seele lebt."
An anderer Stelle schrieb ich, daß die lineare Zeit (neben dem 3-D-Raum) ein "Apriori" (Voraussetzung, Rahmenbedingung) für ein mentales ("physikalisches") Modell sei, das sich die brodelnde Seele als Voraussetzung für ihre Weltkreationen erschafft.

"Beide Aspekte, jenseitige Bewegtheit und diesseitige Bewegung, stehen in unmittelbarer Beziehung zueinander." Sowas steht auch in meiner HP: Die Seele ist sich bewegender Geist, jenes allgegenwärtige, ewige Gebrodel, jene Prozesse, die in sich selbst zurücklaufen und Vergangenes und Gegenwärtiges zur Einheit verschmelzen. Diese Seele "träumt" materielle Welten mit linearem Zeitpfeil, wobei die Vergangenheit eine Projektion aus der Allgegenwart ist. Die physikalische Zeit ist Teil eines mentalen Modells, wie Neurobiologen sagen, oder ein Konstrukt der Seele, wie ich sage...

Dirk Hübner schreibt: "Nebenbei bemerkt ist die authentische Offenbarung vollkommen subjektiv (im nichtpsychologischen Sinne) und gerade deshalb vollkommen real, weil alle wahrhaftige Realität geistiger Art ist. Die sogenannte „objektive Realität“ dagegen ist niemals als solche direkt subjektiv wahrnehmbar, sie läßt sich nur subjektiv-objektivierend berechnen und erforschen. Der Begriff „objektiv“ deutet vor allem darauf hin, daß sich die Welt in einer von subjektiven Einflüssen befreiten Weise allgemeingültig beschreiben ließe. Mit dieser Problematik beschäftige ich mich eingehender im 5. Teil dieser Auseinandersetzung. Die terminologische Verbindung der Worte „objektiv“ und „Realität“ halte ich, beim genaueren Hinsehen, für irreführend, richtiger wäre es, von einer auf die Welt der Subjekt-Objekt-Spaltung bezogenen Objektivation bzw. Objektivierung (Berdjajew) zu sprechen. Letzten Endes ist die Objektivation überhaupt nicht real und konkret faßbar, wie es immer noch behauptet und gelehrt wird. Real existent und konkret ist einzig das Subjekt."

Das geht mir runter wie Öl! Das hebelt natürlich alle empirischen Wissenschaften aus und stärkt die subjektive Erfahrung gegenüber den durch Objektivationen entstanden Weltmodellen! Die religiöse Hingabe der Naturwissenschaftler an ihre Objektivierungsmethodik entpuppt sich als Selbstverrat, als Selbst- oder Seelenmord. Wer dieser Methodik verfallen ist - also 99,9 % aller Westlichen Menschen - hat sich zum Sklaven degradiert, ohne daß er es weiß. (Ich sag sowas nicht höhnisch oder arrogant, wie mir gestern wieder einer vorwarf, sondern aufrüttelnd, weil ich hoffe, mit scharfen Worten den einen oder andern Schläfer zu wecken.)

13.7.2002: Deutschland: Gestern fragte mich ein Freund, was von meinem Deutschlandpathos (s. Tagebuch 3, alles außer Spiderman) übrig geblieben sei. Meine Antwort war, daß ich das Mem (s. "Wo ist Dr. Wetter? - oben) "Deutschland", verbunden mit dem Mem "Deutsche Sprache" immer noch wahrnehme und bewußt mitgestalte. Ich sei ja nicht der einzige, der deutsch denke und an Deutschland glaube. Aus diesem Grund gäbe es diesen kollektiven Geist, dieses menschengeschaffe Überwesen, von dem wir uns prägen lassen. Ich gebe weiterhin Energie in dieses Wesen hinein und beziehe andere Energie von ihm zurück. Die Folgen sind, daß ich von ihm inspiriert werde, daß ich es inspiriere und daß ich dazu beitrage, daß dieses Wesen klarer ins Sein tritt, denn ich bringe klare, abgrenzende Vorstellungen, die das Wesen definieren, in es hinein. Empirie: Ich lese - natürlich nicht zufällig - in Zeitungen, daß Deutsches Konzernmanagement anders strukturiert sei, als amerikanisches, daß die deutsche Bewußtseinsforschung gegenüber amerikanischer aufhole, daß die Deutschen sich auf ihre Kultur besinnen und wieder deutsche Literatur lesen würde und und und. Ich weiß, daß jetzt einige meiner Leser denken werden, daß ich ganz schön bekloppt sein müsse, wenn ich glaube, daß ich das ausgelöst habe. Ich sage dazu nur, daß ich ganz schön bekloppt sein müßte, wenn ich es ausschließen würde. Wozu die Selbstbeschränkung? Warum hier auf Empirie, die mir ansonsten um die Ohren geschlagen wird, ignorieren? Ich erlebe die Welt subjektiv. Eine objektive Welt gibt es nicht. Also muß ich mein Erleben gegenüber diesem beschissenen objektiven Wissen der Skeptiker, das die Welt und die Seele tötet, aufwerten. Und wenn ich obige Bestätigungen lese, ist das ein subjektives Erlebnis, das mich bestätigt. Basta. Magie kann nur lernen, wer ihre Erfolge zu sehen bereit ist. Ich kenne Leute, die wollen Magie lernen, aber immer wenn sie Erfolg haben, leugnen sie ihn und behaupten nachher, es funktioniere nicht. Sie sagen: "Glück gehabt!" oder "Zufall!" Mit dieser Interpretation haben sie alles Lernen eingestellt. Sie haben sich der Empirie, ja allen Denkens, entsagt - und haben es nicht gemerkt. Zufall als Erklärung anführen, bedeutet, nicht zu erklären und nicht weiterzusuchen. Da es in der Wissenschaft den Zufall notwendig gibt, kann der Philosoph schlußfolgern, daß die Wissenschaft nur vortäuscht, etwas zu erklären. Nur wo es in ihrem System keinen Zufall gibt, kann sie produktiv sein - und siehe da: in der Technik ist sie erfolgreich!

14.7.2002: Warum ich glückselig bin: Gestern Nachmittag - es war ein leichter Nieselregen - traf ich wieder mal Wetter an. Von Unwetter zu sprechen wäre ja auch ein wenig übertrieben! Wir schlenderten durch die Obstplantagen Richtung Autobahn und sahen den dahinbrausenden Autos zu. "Die Karren sind automobil!" meinte Georg. Aber sind es die Leute darin ebenso?" begann er ein Gespräch. "Haben sie neben ihren äußeren Antrieben auch einen inneren?" ergänzte er seine Frage. Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: "Meiner Meinung nach gibt es nur einen wirkungsvollen Antrieb zum Handeln: das Leid, wobei die Angst vor dem Leiden zum Leiden selbst zählt und dieses noch verstärkt. All diese Leute in ihren Autos leiden, und sie brausen dahin, weil sie einen Weg zur Glückseligkeit suchen. Natürlich würde keiner von ihnen das, was ich sagte, bestätigen. Sie würden, wenn man sie fragte, warum sie autofahren, antworten, daß sie in die Ferien fahren oder zum Club oder zur Oma oder zur Arbeit. Vielleicht fahren sie aber auch aus reiner gedanken- und gefühlloser Gewohnheit, vielleicht aber auch aus Lust? Was meinst du?" Ich antwortete: "Die Autofahrer, die sich mies fühlen, fahren, weil sie leiden, jene, die nichts fühlen, fahren aus tumber Gewohnheit und jene, die sich gut fühlen, aus Lust. Wir können nicht in ihre Herzen hineinsehen. Also enthalten wir uns eines Urteils über sie und schauen besser in unsere eigenen Herzen und erzählen, was wir sehen. Ich sehe Glückseligkeit." Georg sah mich befremdet an: "Du nennst dich glückselig? Es gibt auf Erden keine Glückseligkeit! Darf ich dich daran erinnern, daß du erst vor Kurzem sagtest, daß du dir seelisches Wachstum so vorstellst, daß Hindernisse, Probleme, Widerstände dir in den Weg treten, und du mußt sie verstehend in deinen Geist integrieren. Das heißt doch wohl, daß deine geistige Nahrung in Gestalt von Leid auf dich zukommt! Das Fremde ist stets leidvoll, und wenn du nicht verstehst, wird es deine Seele zerreißen. Du kannst also nur durch Leiden lernen und wachsen! Das ist der Skandal, für den ich den Schöpfergott in den Arsch treten würde, wenn ich könnte!"

"He, he - jetzt hol dich mal wieder ein!" bremste ich Georgs Ereiferung. Erstens: Ich bin wie du der Ansicht, daß es auf Erden keine Glückseligkeit gibt. Glückseligkeit ist transzendental, nichtphysikalisch, aber real. Zweitens: Was du Leiden nennst, ist für mich Seelennahrung. Also leide ich nicht. Bedenke, daß Leiden für ein Erleiden steht, für ein passives Erleben. Fremdes löst nur Leid aus, wenn ich passiv bin! Bin ich aktiv, erleide ich nichts! Glückseligkeit ist totale Aktivität. Ich würde mal sagen, du hast dich in eine Opferrolle verrannt, die deiner nicht würdig ist, Herr Dr. Wetter!

"Mich ärgert nun mal Vieles! Ich war gestern auf einer Party, und es kotzte mich an, dieses EGO-Geprotze der Leute miterleben zu müssen. Es war ekelhaft, dieses verlogene "Ich - bin - besser - als - du - Spiel", diese tierische Gebalze um die Frauenzimmer, dieses Gedröhn der Eitelkeiten! Was soll ich da lustvoll oder glückselig integrieren? Mich überkommt da bloß das kalte Grausen, der Ekel und Überdruß am Menschen! Das ist LEIDEN! Und ich hab die Schnauze voll davon!"

"Ich will dir sagen, was du hier lustvoll und glückselig integrieren könntest", antwortete ich. "Du mißt die Leute am falschen Maßstab. Du mißt sie an dem, was sie hätten sein können deiner Meinung nach. Aber du irrst: Sie hätten nichts anderes sein können. Sie tun allesamt das Beste, was sie tun können! Ehe du es nicht schaffst, jede einzelte tierische, balzende, eitle Regung dieser Leute gutzuheißen, hast du sie nicht verstanden und bist selber nicht weiter als sie - bist einer von denen, die du haßt! Finde erst mal heraus, warum sie ihr Tun gut finden. Dann hast du sie verstanden und dann kannst du ihnen zu weiterzuhelfen versuchen. Wenn dir das Verhalten der Leute auch nur ein Stäubchen Ablehnung erzeugt, bist du nicht reif, als ihr Lehrer aufzutreten. Dann brauchst du selber noch Ausbildung! Tut mir Leid, daß ich es dir sagen muß: Auch du bist nicht souverän. Auch du bist kein "Automobil"! Du bist kein Zauberer! Und ergo kein guter Wirtschaftsberater!"

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