Webtagebuch 7
(29.4.-31.5.06)

 

Ich will nicht fertig werden
Nur nicht über Sinn reden
Die Selbstverzwergung der Politik
Die Bombe Mensch
Kritisches von den NachDenkSeiten
Kombilohn oder Mindestlohn
Ruhe vor dem großen Sturm
Wir haben keine andere Wah
l
Politik aus dem Museum
Die unbekannte Macht
Cleverle und Hoffnungslose

Ich will nicht fertig werden

von Hanjoheyer @ 2006-04-29 - 11:26:36
Untertitel: Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Regierung des Präsidenten Bush? Wallace Shawn bringt die "Dreigroschenoper" an den Broadway zurück von Peter Kümmel

Shawn staunte nicht schlecht, daß er sogar von den teuren Plätzen des Theaters her Applaus für das Stück bekam. "Das wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen", sagt er. "Ein interessanter Augenblick in unserer Geschichte. Leute, die sich für reich hielten, begreifen, daß die Regierung nur für die Superreichen arbeitet. Sie merken, für wen dieses Land gemacht ist."

"Wallace Shawn ist ein wütender Mann. Die Menschen? "Potentiell unberechenbare Mörder." Die USA? "Gegründet durch Völkermord an den Indiandern." Amerikanische Kultur? "Ein System der Hirnwäsche." Er selbst? "Abgesehen von hellsichtigen Momenten der Wut einfach ein Idiot, der sich ein schönes Leben macht."
Aber es gibt keinen höflicheren, skrupulöseren Mann als ihn. Es ist, als litt er am Zwiespalt, der sein Dasein prägt: Er lebt angenehm, aber er hat unangenehme Gedanken. Er ist Bürger eines reichen Landes, aber ihn brennt die Not der Dritten Welt...."

Mein Kommentar: Wenn ich Texte wie diesen lese, frage ich mich immer wieder, wie die einzelnen Aussagen zusammenhängen und was sie bedeuten. Wie hängen Gehirnwäsche, Zwiespalt, potentielle Mörder, Völkermord, Reichtum und Armut zusammen? Und die wichtigste Frage: Was ist der nichtgehirngewasche Mensch? Welche Eigenschaften und Fähigkeiten mag er haben? Warum haben die Herren der Welt dermaßen Angst vor dem ganzen, unmanipulieren Menschen, sodaß sie den größten Teil ihres monetären Reichtums einsetzen, um die Massen gehirnzuwaschen?

Nun, die letzte Frage ist am leichtesten zu beantworten. Ohne Verdummung und Versklavung der Massen können die Herren der Welt da oben ihre Machtpositionen (und den Erhalt oder gar die Steigerung ihres Reichums) nicht halten. Die Investition zahlt sich aus. Da die Herren der Welt immer wieder Heere von Soldaten brauchen, müssen sie stets darauf bedacht sein, die Gehirnwäsche so zu gestalten, daß das Volk die Eigenschaft des chaosverbreitenden, aber berechenbaren (!) potentiellen Mörders hat. Völkermord muß jederzeit möglich sein. Sonst kann ein Bush weder mit Krieg drohen, noch ihn ausführen. Um aus freien Menschen Sklaven zu machen, muß man die alte Herrscherregel anwenden: "Teile und herrsche!"

Die Seele des Menschen muß zuerst geteilt, zerrissen, werden, denn erst der im Zwiespalt Lebende ist bereitet, zum Sklaven gemacht zu werden. Von Kindesbeinen an lernen die künftigen Sklaven, daß sie Nichtse sind: Staubkörner in einem sinnlosen Universum, ohne Geist, ohne Ziel, ohne Gott. Naturwissenschaft und Kapitalismus sind die besten Mittel, um die Menschen ihrer Seele, also sich selbst, vergessen zu machen. Der Naturwissenschaftsgeprägte sieht sich als Nachfahre von Affen. Herzlichen Glückwunsch! Derzeit wird diesem Affennachfahren bewiesen, er habe weder Willensfreiheit noch Bewußtsein. Die Summe all solcher Desinformationen bildet aus dem wahren Ich eines (ewig seeligen!) Menschen das Ego: das mechanische, sterbliche, falsche "Ich". Für ein Ego gibt es keine Möglichkeit, aus eigener Kraft der Sklaverei zu entkommen. Das Ego ist ein falsches Bewußtsein, ein Sklavenbewußtsein. Um das Sklavenbwußtsein zu stabilisieren, muß es permanent mit falschen Informationen gefüttert werden. Hierzu dienen beispielsweise Dreckblatt BILD, Dreckblatt BamS und Opium fürs Volk namens "Glotze". Aber auch privat finanzierte Elite-Unis.

Siehe: www.hanjoheyer.de/HerrenderWelt.html ("Herren der Welt") und www.hanjoheyer.de/tb26.html (unten: "Opium fürs Volk")

www.hanjoheyer.de/tb25.html Ein paar Hinweise zur Antwort auf die Frage, was der nichthirngewasche Mensch sei. Man lese die Seite vom Beginn an mit besonderem Hinweis diesen Absatz:

"Der längst nicht mehr lebende Soziologe Arnold Gehlen, der neuerdings im Zuge der geistigen Restauration gern zitiert wird, glaubte noch ganz unbefangen, man rücke in die Elite auf durch „Selbstzucht, Selbstkontrolle, Distanz zu sich und irgendeine Vorstellung, wie man über sich hinauswächst“."

Nur nicht über Sinn reden

von Hanjoheyer @ 2006-05-02 - 10:53:44
http://www.zeit.de/2006/18/B-Interdisziplinaritt_xml?page=all

Stets wird »Interdisziplinarität« gefordert. Doch in der Praxis trennen Geistes- und Naturwissenschaftler Welten. Ein Erfahrungsbericht Von Harald Welzer

Seit einem Vierteljahrhundert wird sie auf beinahe jeder akademischen Festveranstaltung beschworen: die Interdisziplinarität. ...

... Die Volkswagenstiftung hat vor einigen Jahren ein Förderprogramm aufgelegt, das vor allem Geisteswissenschaftler dazu ermutigen wollte, sich mit Medizinern, Ingenieuren oder Neurowissenschaftlern zusammenzutun, um »Schlüsselthemen« wie Gedächtnis, Bewusstsein, Willen und so weiter interdisziplinär zu erforschen. Dieses Programm, gedacht als Angriff auf den disziplinären Separatfrieden, führte in dem Fall, von dem hier berichtet werden soll, zu einer engen Kooperation zwischen einem Neurophysiologen – Hans Markowitsch von der Universität Bielefeld – und mir als Sozialpsychologen. In unserem Projekt zur Entwicklung des autobiografischen Gedächtnisses arbeiteten junge Kolleginnen und Kollegen aus der Literaturwissenschaft, der Neuropsychologie und der Soziologie zusammen.

... Wer hätte sich je Gedanken darüber gemacht, dass die disziplinären Vorstellungen von einer »wissenschaftlichen Veröffentlichung« so voneinander abweichen, dass es fast unmöglich ist, gemeinsam einen Text zu verfassen?

... Erving Goffman hat schon Recht gehabt, als er bemerkte, dass Wissenschaft auf magischem Denken beruht. Man muss die richtigen Beschwörungsformeln sprechen, Laborkittel tragen und Fördergelder ausgeben – dann kommt am Ende etwas heraus, was wie »Wissenschaft« aussieht.

Nun, all das lässt sich mit zusammengebissenen Zähnen überstehen, und wenn es um die Forschungsarbeit selbst geht, ist die Sache schon etwas einfacher. Die Grundregel, die vor dem gemeinsamen Betreten eines Forschungsfeldes strikt beherzigt werden muss, lautet: Nie über Grundsätzliches sprechen – keine erkenntnistheoretischen, begrifflichen, keine im weitesten Sinn philosophischen Probleme aufwerfen. Interdisziplinarität funktioniert nur pragmatisch, in der exakten Definition eines gemeinsam erschließbaren Gegenstandsbereichs und in der Abstimmung erprobter Instrumente und Methoden.

Da der Forschungsgegenstand »autobiografisches Gedächtnis« ein Bewusstseinsphänomen ist, waren für uns Fragen danach, was Bewusstsein, Willensfreiheit, Sinn und Ähnliches sind, ausdrücklich No-go-Areas. Unter Beachtung solcher Grundregeln war die Entwicklung eines gemeinsamen Zugangs relativ einfach. Wenn man schlicht davon ausgeht, dass nur Menschen autobiografisch erinnern können, dass diese Form des Erinnerns gelernt werden muss und dass dieses Gedächtnis eine biologische Basis hat, aber aus kulturellen Inhalten besteht, landen wir bei der »biosozialen Entwicklung des Gedächtnisses«, bei etwas also, das aus sich heraus nur interdisziplinär erschlossen werden kann.

Mein Kommentar: Die Philosophie ist die Mutter aller Einzelwissenschaften. Sie stellt nachwievor die Verbindung der Einzelwissenschaften untereinander her. Um Interdisziplinarität herzustellen, ist es deshalb erforderlich, die die Einzelwissenschaften umfassende Philosophie zu diskutieren und dann das Verhältnis der jeweiligen Einzelwissenschaft zu dieser Philosophie herauszuarbeiten.

Die Philosophie ist die übergeordnete Metaebene, wohingegen die Einzelwissenschaften untergeordnete Ebenen repräsentieren. Sie ist übergeordnet, weil sie weniger methodischen Einschränkungen unterworfen ist. Die Wissenschaft kann nur Wissenschaft machen. Sonst nichts. Die Philosophie aber kann über Wissenschaft und über sich selbst reflektieren. Sie kann die Wissenschaftsmethoden untersuchen und gegebenenfalls neue Methodiken entwickeln.

Was die Volkswagenstiftung nun aber will, ist genau das nicht! Sie will Interdisziplinarität ohne Einbindung in die höhere Ebene. Sie will die Verbindungen der Disziplinen innerhalb der Ebene der Einzelwissenschaften - und das ist nun unmöglich! Ein Tohuwabohu der Einzelwissenschaftssprachen ist die Folge. Und genau das ist von der Volkswagenstiftung beabsichtigt. Gäbe es diese künstlich gestiftete Verwirrung nicht, käme möglicherweise der eine oder andere Wissenschaftler auf die richtige Erkenntnis dessen, was er da für ein teuflisch Ding macht, und diese Erkenntnis wollen die Profiteure des System dann doch lieber nicht!

Von Seiten der modernen Philosophie ist freilich nichts, aber auch gar nichts, zu erhoffen! Welzer schreibt, die Geisteswissenschaften seien notorisch von Minderwertigkeitskomplexen geplagt. Ich sage: Mit Recht! Sie sind minderwertig! Sie sind es, weil sie Wissenschaft sein wollen, es aber nicht können und nicht sein dürfen. Wer die Philosophie auf die niedere Ebene der Naturwissenschaften transferiert, macht sie - und sich selbst, bzw. seine Zunft - minderwertig.

Als Beispiel möge folgendes Interview einer solchen "modernen Philosophin" (sie nennt sich "Neurophilosophin" dienen, die glaubt, ihrer Minderwertigkeitskomplexe herr geworden zu sein, indem sie sich auf die Illusion versteift, Wissenschaft zu machen, und als Wissenschaftlerin schaut sie arrogant auf die Zunft rückständiger, zurückgebliebener Philosopohen zurück, ohne zu bemerken, welchen Schwachsinn sie verzapft.

(Vielen Dank an NN für den Link und seinen Kommentar!) http://www.information-philosophie.de/philosophie/neurophilosophie.html :

Frage: Könnte es nicht sein, dass sozial gestörtes Verhalten mehr und mehr auf Hirnschäden zurückgeführt wird?

Patricia Churchland: Darin besteht in der Tat eine Gefahr. Die Frage der sozialen Gerechtigkeit wird komplizierter werden, wenn wir mehr über die Zusammenhänge zwischen Hirnschäden und asozialem Verhalten wissen. Man muss aber sehen, dass selbst die Tatsache, dass das Gehirn eine kausale Maschine ist und damit unser Verhalten letztlich steuert, das asoziale Verhalten des Einzelnen nicht entschuldigt.

Frage: Warum nicht?

Churchland: Ich stimme Ihnen zwar zu, dass bestimmte Hirnschäden ein solches Verhalten erklären könnten. Das Problem der Verantwortung wird man in solchen Fällen diskutieren müssen. Doch man muss auch sehen, dass solche Erkenntnisse uns vielleicht ermöglichen, eine Heilung zu finden. Vor Hunderten vor Jahren hat man Personen mit Chorea Huntington verbrannt, da man überzeugt war, sie seien von Dämonen besessen. Heute tun wir das nicht mehr, denn wir wissen, dass sie krank sind. Wir überdenken unsere Moral ständig, und das Wissen der Hirnforschung wird zu dieser Diskussion beitragen.

NN: Churchland stellt eine vollkommen unlogische Behauptung auf und bleibt die Begründung schuldig.

Behauptung 1: Das Gehirn ist eine kausale Maschine.

Behauptung 2: Die Tatsache, dass das Gehirn eine kausale Maschine ist, entschuldigt nicht asoziales Verhalten.

Frage: Warum nicht?

Antwort: ??? (Ich stimme Ihnen zu, dass bestimmte Hirnschäden ein solches Verhalten erklären könnten.)

NN: So wie ich das sehe, sagt C., dass das Gehirn eine kausale Maschine ist. Wenn das also so ist, dann muss gerade deshalb jedes Verhalten KAUSAL erklärt werden können. Und wenn jedes Verhalten KAUSAL erklärt werden kann, dann stellt sich die Frage nach dem freien Willen und der persönlichen Verantwortung des (asozialen) Verhaltens gar nicht. Ich muss mein Verhalten nicht entschuldigen, weil mein ‚Ich’ ein Epiphänomenon (oder Illusion) einer KAUSALEN Maschine ist. Ob das anderen KAUSALEN Maschinen (Menschengehirnen) gefällt oder nicht, aber was ich mache, das steht ‚Jenseits von Gut und Böse’, denn ich mache ja nur das, was eine KAUSALE Maschine mir vorschreibt. Ich bin der Sklave einer KAUSALEN Maschine. Warum ich deshalb SCHULD haben sollte, wenn diese KAUSALE Maschine mir (!) vorschreibt, was ich zu tun habe, ist mir ein Rätsel!

Dieser perfiden Logik ihrer eigenen Philosophie versucht C. natürlich unbedingt auszweichen.

Frage: Werden die Erkenntnisse über das Gehirn es dereinst auch möglich machen, Gehirne und damit Menschen zu kontrollieren?

Churchland: Absolut!

NN: Na bitte!

Heyer: Dieses Interview zeigt, wie sehr Churchland durch die Babylonische Sprachverwirrung verrückt geworden ist. Weil sie die Philosophie auf die Ebene der Naturwissenschaft heruntergezogen hat, geht ihr der Maßstab für vernünftiges Denken verloren. In einem ZEIT-Interview, mit dem Titel "Erben des Geistes"

http://www.zeit.de/archiv/1998/28/199828.interview_church.xml?page=all

sagt sie: "Meine Nachbarn, die Farmer sind, denken im allgemeinen sehr viel rationaler als viele Bewußtseinsforscher." Natürlich sieht sie sich von ihrer Kritik an der altehrwürdigen klassischen Philosophie ausgenommen. Ist sie jedoch nicht! Sie muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß sie die Ebenen nicht auseinanderhalten kann und demzufolge einer grundtiefen geistigen Verwirrung anheimgefallen ist.

Am 29.4. schrieb ich in "Ich will nicht fertig werden "

"Die Summe all solcher Desinformationen bildet aus dem wahren Ich eines (ewig seeligen!) Menschen das Ego: das mechanische, sterbliche, falsche "Ich". Für ein Ego gibt es keine Möglichkeit, aus eigener Kraft der Sklaverei zu entkommen. Das Ego ist ein falsches Bewußtsein, ein Sklavenbewußtsein. Um das Sklavenbwußtsein zu stabilisieren, muß es permanent mit falschen Informationen gefüttert werden. Hierzu dienen beispielsweise Dreckblatt BILD, Dreckblatt BamS und Opium fürs Volk namens "Glotze". Aber auch privat finanzierte Elite-Unis."

Da haben wir wieder eine hübsche Verbindung herausgearbeitet. Unserer Universitätsprofessorin (University of California, San Diego) geht es darum, das Gehirn der Menschen so zu waschen, daß es zu dem wird, was sie vorgibt, daß es das bereits sei: ein Sklavengehirn. Sie möchte, daß die Menschen glauben, kausale Maschinen zu sein. Und sie will, daß sie nicht merken, daß sie mit diesem Glauben aller Menschenwürde verlustiggehen: als bewußtlose, willenslose Roboterzombies sollen sie ihre tumbe Arbeit tun. Deshalb tut sie so, als ob sie aufgrund ihrer "sauberen wissenschaftlichen Tätigkeit" Verläßliches über Bewußtsein, Willensfreiheit und Moral sagen könnte. Kann sie jedoch nicht. Sie traut sich nicht, zu sagen, daß eine kausale Maschine keine Verantwortung für ihr Tun hat. Also verbreitet sie Wischiwaschi. Bei BLD-Lesern mag sie damit ankommen, aber bei Menschen, die noch über Bewußtseinsreste verfügen, kann sie mit ihrem Sermon keinen Eindruck schinden.

Die Selbstverzwergung der Politik

von Hanjoheyer @ 2006-05-03 - 10:20:16
http://www.zeit.de/2006/18/Verzwergung?page=all

... Bis in die achtziger Jahre hinein war die Welt für die reichen Industrienationen wie gemacht. Ein Drittel der Menschheit war eingesperrt, ein Drittel war abgehängt. Sie taugten als berechenbare Feinde, billige Lieferanten und willige Konsumenten. Ernsthafte Konkurrenz kam nicht auf. Das ließ die reichen Länder wachsen und gedeihen, fast automatisch. Nur die Entdeckung der Ökologie und das Overkill-Potenzial der Russen störten die Ruhe des westlichen Wirtschaftens etwas.

Binnen zweier Jahrzehnte hat sich die Lage komplett geändert. Indien, China und Lateinamerika entwickeln sich zu einer ökonomischen Konkurrenz, dass dem Westen Hören und Sehen vergeht. Im Grunde könnten von diesem Aufschwung der anderen alle profitieren. Zwei Faktoren verhindern das. Zum einen trat an die Stelle des berechenbaren, territorial begrenzten Feindes ein neuer unberechenbarer, global agierender, der islamistische Terror. Indirekt wird so nicht nur der wirtschaftliche Erfolg der Asiaten zu einem Stressfaktor für den Westen, sondern auch der wirtschaftliche Misserfolg der Araber.

Zum Zweiten wird das globale Wachstum begrenzt durch die knapper werdenden Ressourcen und durch den Klimawandel. Die Destabilisierung der Erdatmosphäre hat schon begonnen. Dadurch fallen die Folgekosten der Erwärmung schon früher an, und die ebenfalls kostenintensive Prävention wird unausweichlich. Diese Tendenzen werden sich noch verschärfen, weil die Weltbevölkerung vorerst weiter wächst. Mit Ausnahme der Industrieländer, dort sinkt die Zahl der Menschen. Das wiederum führt bei uns zu einem dauerhaften Wachstumsproblem und/oder zu massivem Migrationsdruck.

All das bewirkt den relativen Niedergang des Westens. ...

... Darum hat es seit 2003 zwei Großversuche gegeben, die Politik so radikal zu verändern, wie die Probleme eben radikal sind – die Agenda 2010 von Gerhard Schröder und den Leipziger Parteitag von Angela Merkel mit Gesundheitsprämie und radikaler Steuerreform. Beide Versuche mit dem Großen und Radikalen sind politisch gescheitert. Strategisch stehen damit weder der vermeintliche Neoliberalismus, der nie gesiegt hatte und nun geschlagen ist , noch der Neo-Keynesianismus, der ebenfalls nie ganz durchgeführt wurde, als Option zur Verfügung.

Mein Kommentar: Den "relativen Niedergang des Westens" wird es nur dann geben, wenn er weiterhin die Zeichen der Zeit falsch interpretiert, bzw. neue Probleme mit alten Lösungen zu behandeln versucht. Der Westen kann sich gegen die Konkurrenz aus dem Osten nicht behaupten, wenn er sich an die mangelhafte Einhaltung der Menschenrechte, an Zahlung von Hungerlöhnen und die rücksichtslose Naturzerstörung der neuen Konkurrenz anzupassen oder sie gar zu unterbieten versucht - was einem Rückwärtswettrennen gleichkäme. Wenn das Ziel weiterhin vorne liegt, hat ein Rückwärtsrennen keinen Sinn (aber wer stellt heute noch die Sinnfrage? - siehe den Eintrag von gestern).

Was also wäre die richtige Lösung der neuen Problematik? - Nun, richtig wäre es, die Schwächen eines unkontrollierten Kapitalismusses, wie er sich in der heranwachsenden Konkurrenz aus dem Osten breit macht, mittels einer intelligenten Politik, zu der derzeit weder China noch Indien fähig sind, zu beheben. Wir dürfen unsere Politik weder "selbstverzwergen", noch ganz abschaffen - siehe meinen Eintrag vom 9.3.06 "Die Frau, die den Staat abschafft" - sondern im Gegenteil: Sie muß ihrer Pflicht, Gesellschaft und Wirtschaft zu steuern, wieder in vollem Umfang nachkommen. Darin liegt die Chance des Westens!

Zwei große Probleme stehen an: die Klimakatastrophe und die Ölknappheit. Beide Probleme lassen sich lösen, indem wir unsere Abhängigkeit vom Öl und die Energieverschwendung drastisch mindern und neue Energiequellen erschließen (siehe Eintrag vom 31.3: "80 Millionen Verschwender").

Vor ein paar Tagen las ich in der ZEIT*, daß Deutschland derzeit von der Ölverteuerung sogar profitiere, weil unsere Industrie die Energie effizienter einsetze, als die Konkurrenz zB aus Amerika. Da die Konkurrenz aufgrund laxer Umweltschutzgesetze in der Produktion Maschinen verwendet, die ein Vielfaches der Energie verbrauchen, als moderne deutsche Maschinen, erntet die deutsche Industrie heute den Lohn für Umweltschutzmaßnahmen, die gegen ihren Willen von der Rot-Grünen Koalition politisch durchgesetzt wurden.

Diese Erfolgsgeschichte könnte fortgeführt werden. Wenn wir heute im großen Stil Blockheizkraftwerke, energiesparende Passivhäuser, alternative Energien wie Windräder und Sonnenkollektoren in einem politisch gesteuerten und industriell durchgeführten Kraftakt duchsetzen würden, bräuchte Deutschland die ausländische Konkurrenz der Billiganbieter nicht zu fürchten (siehe auch meinen Eintrag vom 17.2.06 "Wirtschaft und Vernunft").

(Ergänzung am 4.5.: ZEIT-Artikel von Christiane Grefe "Ganz von gestern": Die Autorin zählt ebenfalls die alternativen Energielieferanten auf (Ergänzt mit Erdwärme und Biomasse) und weist darauf hin, daß es die Atomlobby ist, die die die Etablierung dieser Methoden der Energiegewinnung zu verhindern trachtet. Dabei sei die Atomenergie "zu teuer, riskant und veraltet". "Gerechnet hat sie sich noch nie. Was soll daran vernünftig sein?", fragt sie.)

Der wirtschaftliche Gewinn, der entsteht, wenn wir uns an den Ölverteilungskriegen nicht beteiligen müssen, ist enorm. (Die USA verprassen jährlich 300000000000 Dollar in ihre Rüstung, bloß um ihre horrende Ölverschwendung ein paar weitere Jahre aufrechtzuerhalten). Um Energie-Autarkie zu erreichen, müßten freilich sämtliche Hausdächer mit Sonnenkollektoren bestückt und alle Häuser zu Passivhäusern umgebaut werden. Außerdem könnten entlang der Autobahnen noch jede Menge Windkraftwerke gebaut werden. Das kurbelt die Baubranche an und macht Deutschland "zukunftsfähig"!

Man muß sich vor Augen halten, was der Welt in den nächsten Jahrzehnten blüht! Wer auf die kommenden Katastrophen am besten vorbereitet ist, wird auch im ökonomischen Wettrennen die Nase vorn haben. China und Indien tun so gut wie nichts für den Umweltschutz. Wenn erst mal die großen Dürren und Überschwemmungen, die Hurrikane und Krankheiten (allein durch Schwächung des Immunsystems) grassieren, werden die diese Katastrophen verursachenden Industrien immense Probleme bekommen. Sie werden Schadensersatz zahlen müssen. Sie werden modernisieren müssen, und Deutschland, das diese Neuerungen bereits durchgeführt hat, kann wirtschaftlich prosperieren. Von der Vorbildwirkung mal ganz zu schweigen.

Mit einem Wort: Aufgrund kommender Katastrophen durch industrielle Vergiftung und Ausbeutung von Mensch und Natur werden die heute noch industriell stark wachsenden Nationen wie Indien und China einen grandiosen wirtschaftlichen Einbruch erleben. Unmöglich auch, daß in Indien und China jeder zweite Bürger ein Auto haben wird wie es derzeit in Europa und den USA der Fall ist. Der deutschen Autoindustrie täte es gut, wenn sie sofort das 3-Liter-Auto auf den Markt drücken würde - gefördert durch entsprechende Gesetzgebung des Staates! Es geht nicht an, daß zB der VW - "Lupo" ein Flop bleibt (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/VW_Lupo )! Außerdem sollten sofort neue Autos entwickelt werden, die mit Strom, statt mit Benzin fahren. In Tankstellen muß man leere Batterien im Nu gegen volle umtauschen können. Auf dem Sektor elektrischer Energiespeicher gibt es noch viel zu erforschen.
Auch der Straßenverkehr kann wesentlich eingeschränkt (und mehr auf die Schiene verlegt) werden. Ich bauche hier im Hunsrück keine Milch aus dem Allgäu, denn wir haben hier die genausogute Hochwaldmilch. Und im Supermarkt müssen keine ägyptischen Kartoffeln feilgeboten werden, denn Erdäpfel wachsen auch bei uns vor der Haustür!

Wichtig: In diesem Artikel von Bernd Ulrich fand ich erstmals das Statement, daß der Neoliberalismus (nun auch im Westen) gescheitert sei! In Südamerika, wo er schon länger praktiziert wurde, ist er inzwischen weitgehend von einer modernen Form des Sozialismus abgelöst, so erfuhr ich in anderen ZEIT-Artikeln, die ich in früheren Einträgen auszugsweise zitierte.

* ZEIT vom 27.4.2006, Wirtschaft: "Trotz allem gute Laune":

Die Europäer, speziell die Deutschen, haben in puncto Energieeffizienz schon viel geleistet. Die hiesige Wirtschaft braucht heute nur noch rund halb so viel Energie wie 1970, um eine Einheit des Bruttoinlandsprodukts herzustellen. Jetzt erntet die Industrie die Früchte dieser Anstrengung.

Deutschlands Exporte. Der Anteil importierter Energie an den Produktionskosten ist so maßvoll, dass die aktuelle Preishausse die Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährdet. Für Deutschland mit seinen vergleichsweise niedrigen Lohnstückkosten heißt das vor allem, dass die Exportbranche die Hauptstütze der Konjunktur bleibt und weiter für Wachstum sorgen kann.

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http://www.zeit.de/2006/21/McKinsey_21?page=all

<em><strong>Zwecks verdeckter Recherche bewarb sich die Journalistin Julia Friedrichs bei McKinsey, einer mächtigen, aber zugeknöpften Beraterfirma. Ein halbes Jahr dauerte das bizarre Auswahlverfahren, in dem sie Menschenbild, Größenwahn und Verführungskünste des Unternehmens kennen lernte </strong>

... Er ist Direktor im Londoner Büro. Er zeigt ein Video, in dem Spieler mit weißen und schwarzen Shirts einen Basketball hin- und herpassen. »Zählt, wie oft die Weißen den Ball spielen«, fordert uns John auf. Ich zähle die Pässe, ein komischer Gorilla läuft durchs Bild, ich zähle weiter. Danach will John wissen, wie oft der Ball gepasst wurde. Dreizehn, vierzehn, siebzehn Mal? Wir sind uns nicht einig. John sagt, dass die Realität für jeden eben anders sei. Ein wahrer Führer müsse in der Lage sein, für seine Gefolgschaft die Realität zu definieren. Dieser Gedanke beschäftigt und erschreckt mich. Werden Führungskräfte wirklich dafür ausgebildet, die Mitarbeiter im Sinne der Firma zu manipulieren, gar zu täuschen? Rät McKinsey den Vorständen, so vorzugehen? Vielleicht bin ich naiv. John ist derweil schon beim Kern seiner Vorführung. »Wer hat im Film einen Gorilla gesehen?«, will er wissen. Ich melde mich. Die meisten aber lassen die Hand unten. John freut sich. Dieser Test würde beweisen, dass wir ihn in diesem Moment als Führer akzeptiert hätten. Er hätte uns angewiesen, auf die Pässe zu achten. Die meisten seien gefolgt. »Leadership is about seeing the gorilla«, wiederholt John mehrmals. Führer würden die Aufmerksamkeit ihrer Mitarbeiter auf bestimmte Aufgaben lenken können, selbst aber gleichzeitig das wirklich Wichtige, den Gorilla, sehen. Diese Veranstaltung verwirrt mich immer mehr. Johns Weisheiten finde ich bedenklich und banal zugleich. Aber seine Vorführung wirkt: Viele meiner Kollegen werden in den nächsten Tagen begeistert von der Gorillageschichte erzählen.
</em>

<strong>Mein Kommentar:</strong> Unglaublich, welche Art Mensch da auserwählt wird, Unternehmen und sogar die Politik zu beraten! Mir fiel beim Lesen dieses Artikels der Spruch eines Freundes ein, der (sinngemäß) über Konzernbosse sagte:

"Nur Genies können Genies <strong>neben oder gar über sich </strong>ertragen. Zweitklassige dulden niemanden neben sich, sie wollen nur Drittklassige <strong>unter sich </strong>haben und vor Genies haben sie derart Angst, daß sie sie zuerst feuern, selbst wenn die Firma dadurch pleite geht."

Es sind Zweit- und Drittklassige, die so hochnäsig von Gewinnern und Verlierern sprechen.

Die Berater von Mc Kinsey sind anscheinend bloß zweit- oder drittklassig. Die erschreckte Autorin hat das Angebot von Mc Kinsey zum Glück (für sie) abgelehnt, aber es gab ja genug andere Bewerber, die nicht erschreckt waren von der Borniertheit* der Mc Kinsey - Leute und nun Firmen und Politiker "beraten" dürfen.

Wenn eine Firma künftigen "Eliten" Urlaubsreisen, teure Hotels und Partys, sowie hohe Gehälter spendiert, im Test hingegen bloß Fragen stellt, die auch ein Neuntkläßler beantworten kann, um ihnen ein Überlegenheitsgefühl zu geben, ist klar, daß hier manipuliert wird. Echte Überlegenheit hat derartige Verführung nicht nötig. <strong>Die Autorin hat nicht nur den Affen in der Filmvorführung gesehen, sondern auch den Affen Mc Kinsey. </strong>

Das Auswahlverfahren erinnerte mich auch an jene für diese Fernseh-Quiz-Sendungen a la Jörg Pilawa http://www.daserste.de/quiz/ . Ich hatte einem Freund über mein Staunen über die abgrundtiefe Dummheit der meisten Kandidaten berichtet. Da beantwortete beispielsweise letztens ein Student, der in der Schule sogar einen Mathe-Leistungskurs erfolgreich absolviert hatte, die Frage, was <strong>nicht</strong> zur Dreiecksberechnung gehöre, falsch! Zur Wahl standen, soweit ich mich richtig erinnere:
a. Sinus
b. Tangens
c. Cosinus
d. Limes

Der Freund erklärte, es habe sich herausgestellt, daß die Einschaltquoten solcher Sendungen nur dann hoch seien, wenn die Kandidaten blöde seien. Dann könnten sich die Zuschauer gebildet fühlen, was ihnen derart schmeichele, daß sie solche Sendungen immer wieder gern konsumieren würden. Wären die Kandidaten hingegen intelligent, müßten auch die Fragen niveauvoller sein. Der Zuschauer würde nur noch Bahnhof verstehen und diese Sendung künftig meiden.
Er ergänzte: Die Kandidaten müssen vor der Sendung einen Intelligenztest bestreiten. Alle strengen sich furchbar an, um den Test zu bestehen - und ins Quiz kommen dann jene, die bewiesen haben, daß sie Nieten sind und nur Müll im Kopf haben.

Mc Kinsey will keine unabhängigen Denker, weil diese sich nie und nimmer der Unternehmensphilosophie einfügen würden. Und die Fernsehquizmaster wollen dem Volk nicht den Genuß der Bildung schmackhaft machen, sondern wollen zu seiner Verblödung beitragen.

Ausgewählt nach Tests werden nicht immer die, die am besten abgeschnitten haben.

* <strong>Nachtrag:</strong> Nachdem in nun in der ZEIT die vielen Leserkommentare gelesen habe, sehe ich mich zu folgender Ergänzung angeregt: Insider berichten, die Mc Kinsey-Berater (und die Roland Bergers &amp; Co.) seien nichts als Abzocker, da sie gar nicht die Möglichkeit hätten, sich eingehend in die Abläufe einer Firma einzuarbeiten. Sie seien bloß großspurig auftretende Blender, die das als "Expertise" abliefern, was die Firmenmanager ihnen zuvor "gesteckt" haben, und das seien dann meist unangenehme Entscheidungen wie Mitarbeiterentlassungen. Die Firmenmanager könnten sich durch diese Nachaußenverlagerung unangenehmer Entscheidungen eine moralisch reine Weste erhalten. Außerdem erhoffen sich die Firmen von den Beratern, daß sie ihr Wissen über andere Firmen in die Beratungen einfließen lassen. Das sei eine Art Spionage.

Berücksichtigt man diese wahren (?!) Ziele der Firmen, die Unternehmensberater anheuern, sind die Auswahlkriterien bei den Bewerbungstests allerdings angemessen. Gefordert waren schließlich nicht Kompetenz, also das Elite-sein, sondern bloß elitäres Auftreten, was ohne eine gewisse jugendliche Naivität der Berater kaum zu haben ist.

<strong>- Dieser Eintrag ist noch nicht fertig. Also bitte mit Kommentaren noch etwas warten.</strong>

Die Bombe Mensch
von Hanjoheyer @ 2006-05-14 - 10:32:02
http://www.zeit.de/2006/20/L-Enzensberger?page=all

In diesem Artikel (ZEIT vom 11.5.06, Literatur) kritisiert Sven Hillenkamp Hans-Magnus Enzensbergers Buch "Schreckens Männer - Versuch über den radikalen Verlierer".

Hillenkamp bemängelt, daß Enzensbergers Analyse der Psyche des islamistischen Selbstmordatentäters allzu simpel sei. Die Tatsache, daß die Araber seit 400 Jahren keine einzige Erfindung hervorgebracht haben, sich deshalb als Verlierer sehen, ihren dadurch induzierten Selbsthaß auf die Umwelt projizieren und sich in einem einzigen Akt des Triumpfes und Größenwahns mitsamt ihrer Opfer in die Luft sprengen, greife zu kurz. Hillenkampf zählt eine Menge Gegenargumente auf, die zeigen, daß alles viel komplizierter ist, als Enzensberger glaubt, aber er bietet selbst keine Antwort auf die Frage nach der Motivation der Selbstmordattentäter an.

Meine knappe Zusammenfassung des Artikels stellt eine weitere Verkürzung der Darstellung des Problems und Enzensbergers Lösungsversuchs dar. Auch Hillenkamps Kritik ist hier selbstverständlich nur angedeutet.

Ich möchte nun das Wagnis eingehen, meine Antwort zu formulieren:

Meines Erachtens sind die Attentate eine Antwort auf das In-die-Enge-Getriebenseins der Moslems (eigentlich aller Völker) vom materialistischen, also gottlosen, Raubtierkapitalismus. Der kalten, anonymen, sinnlosen Gefräßigkeit dieses Systems, das keine alternativen Lebensentwürfe zuläßt, ist der Westliche Mensch bereits derart zum Opfer gefallen, daß selbst seine Intellektuellen nicht mehr imstande sind, die Ursache ihres Unbehagens, ja ihrer Angst, zu verstehen (bis auf ein paar Ausnahmen) - und auch der durchschnittliche Moslem ist gelähmt angesichts des Monstrums, das Ernst Jünger hellsichtig als die Heraufkunft der "Titanen" erklärt.

Aber offensichtlich (für mich) haben ein paar islamische Geistliche die Situation der Lage erkannt und haben nun den Islam zur Waffe gegen den sogenannten Neoliberalismus umgebaut. Eine winzige Minderheit junger Moslems wird zu Selbstmordattentätern umgeschult, weil die Westliche "titanische" Maschinerie dieser Waffe nichts entgegenzusetzen hat.

(Die im arabischen Raum seit 400 Jahren fehlenden Erfindungen, bei denen es sich freilich stets um technische, "titanische" Erfindungen handelt, sind für die führende Elite der islamischen Geistlichen sicher kein Mangel, der Minderwertigkeitskomplexe hervorruft, sondern ein Beweis der Widerstandskraft ihres Glaubens.)

Zum Thema "Raubtierkapitalismus" fand ich eben ( http://www.zeit.de/2006/20/SPD ):

Direkt oder indirekt aufgekündigt wird der so genannte Washington Consensus, also die Politik, möglichst unbegrenzt freie Märkte einzurichten, Steuern zu senken und öffentliche Güter zu privatisieren. Es geht um Gerechtigkeit, um die Externalisierung von Kosten zulasten der Umwelt (Klima) oder der Nachfahren, um eine neue Runde des Konflikts um erschöpfbare Naturressourcen.

Aha! Und wieso erfahre ich als systematischer Zeitungsleser über diese weltpolitische Entscheidung erst jetzt? Wurde der Washington Consensus in der Öffentlichkeit oder in den Qualitätszeitungen diskutiert?

Kritisches von den NachDenkSeiten
von Hanjoheyer @ 2006-05-15 - 10:33:04
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=7&idart=1696

Hat nun auch die ZEIT ihre Unabhängigkeit verloren?

Am 24.1.06 schrieb ich in http://die-zeit.blog.de/2006/01/24/die_verstorte_gesellschaft~501181#comments einem Kommentar zu "Die verstörte Gesellschaft":

"Es lohnt sich, darauf zu achten, welches Wort von Politikern häufig in den Mund genommen wird. Diesen Wörtern soll der Inhalt ausgetauscht werden.

So liest man in letzter Zeit viel über "Pisa" und die Bildungsmisere. In einer groß angelegten "Excellenz"-Initiative ( http://www.welt.de/data/2005/06/15/732119.html )will man nun die Bildung des Volkes wieder auf Vordermann bringen. In Wahrheit ist das Gegenteil gemeint: Man will keine Bildung; man will sie ersetzen durch reine Berufsausbildung, was das GEGENTEIL von Bildung ist. Also muß die deutsche Universitätslandschaft, die noch auf den Idealen Humboldts fußt, umgekrempelt werden. Die Studenten sollen verdummt werden, und "Bildung" nennen sie das Kind. Heute las ich in den Nachdenkseiten:

"24.01.2006
Die Vernetzung der Bildungspolitik mit privaten Interessen
Auch im Bildungswesen vernetzen sich zunehmend Wirtschaftsverbände, wirtschaftsnahe Stiftungen und PR-Agenturen mit staatlichen Institutionen und liefern die „Reform“- Konzepte und mehr und mehr sogar Bildungsinhalte. Die Zielsetzung ist durchgängig darauf ausgerichtet, interessenbezogenen, wirtschaftsnahe Wertvorstellungen auf das Bildungswesen zu übertragen. Carsten Lenz und Christine Wicht gehen solchen Netzwerken zwischen Wirtschaft und Schule nach und beschäftigen sich mit den Bildungsinhalten, die dabei vermittelt werden sollen. (WL)" ...

Der Unterschied zwischen Bildung und Berufsausbildung ist genausogroß wie zwischen Freien und Sklaven."

Beantwortet wird nun auch meine in "Die verstörte Gesellschaft", wo ich (im Kommentar) meine Verstörung beim Philosophiestudium schildere, gestellte Frage:

"Warum läßt die ZEIT es zu, daß Artikel über Religionen veröffentlicht werden, von Menschen geschrieben, die absolut keine Ahnung vom Geist haben?"

Nun, offensichtlich hat auch die ZEIT einen Auftrag aus der Wirtschaft (über das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)) zu erfüllen.

Zitat aus den NachDenkSeiten: "Das CHE, das nicht nur die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu seinem Kooperationspartner gemacht hat, sondern sich auch zum Weisungsgeber für Bildungsministerien und Parlamenten aufgeschwungen hat, hat nun auch noch eines der wichtigsten Medien des Bildungsbürgertums (Die ZEIT) als Publikationsorgan gewonnen."

Ich erhoffe mir von der ZEIT, sie möge sich gegenüber inhaltlicher Interessen ihrer Geldgeber unabhängig erweisen.

Ergänzung am 16.5.: Ich habe nicht unbedingt etwas gegen die Zusammenarbeit von ZEIT und CHE, aber ich möchte wissen, womit die ZEIT sie begründet. Und ich möchte wissen, wie die Entscheidung der ZEIT, mit CHE zusammenzuarbeiten, zur Äußerung des ZEIT-Redakteurs Bernd Ulrich paßt, der schrieb, der Neoliberalismus sei gescheitert (siehe Eintrag vom 3.5.: "Die Selbstverzwergung der Politik")!

Kombilohn oder Mindestlohn
von Hanjoheyer @ 2006-05-16 - 11:30:20
http://www.zeit.de/2006/20/Kasten_Kombilohn_xml?page=all

Unglaublich, daß die Politik zwischen diesen Alternativen noch streiten muß, liegt doch klar auf der Hand, daß der Kombilohn nichts anderes bedeutet, als Lohnsenkung unter das Existenzminimum und Subvention der Arbeitgeber mit Geldern, die der Steuerzahler, der noch genug verdient, um Steuern zahlen zu müssen, aufbringen muß.

In "Lohnt sich das?" (ZEIT vom 11.5.06: http://www.zeit.de/2006/20/Working_Poor_1_xml?page=all ) sind Beispiele dieser Subvention aufgeführt. Obwohl Politiker immer wieder schwadronieren, "Arbeit soll wieder lohnen!", wird das Gegenteil längst praktiziert. Immer mehr Arbeitsplätze werden, bevor das Kombilohnmodell eingeführt wird, praktisch auf Kombilohnbasis umgestellt, indem die Löhne derart gekürzt werden, daß der Staat Lohnzuschüsse aus der Hartz IV - Kasse zahlen muß.

Man sollte das Kombilohnmodell umbenennen in "Working Poor - Modell". Siehe Eintrag vom 21.3.06 "Mindestlohn in Deutschland" http://die-zeit.blog.de/2006/03/21/ , wo ein Vertreter des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sich erfrecht, Propaganda für das Kombilohnmodell und den "Working Poor" zu machen: "Lieber Working Poor als nur poor".

Leserbrief: Ein Leser schrieb mir, er fände, was ich schreibe, ja "toll, aber was bringt es, sich jeden Tag über die Machenschaften von Politik- und Wirtschaftsbonzen aufzuregen? Damit erreichst du gar nichts!"

Antwort: Richtig! Ich erreiche gar nichts, wenn die Leser nichts tun, um zB diese "tollen" Texte im Internetz weiterzuverbreiten. Wer immer nur passiv konsumiert, selbst aber zu bequem ist, wenigstens zur Verbreitung dessen, was er für wichtig hält, beizutragen, braucht sich nicht zu wundern, wenn über seinen Kopf hinweg entschieden wird und er sich als Opfer fremder Machenschaften wiederfindet.
BILDblog beweist, daß man vieles erreichen kann. Warum kann BILDblog das? Weil BILDblog viele Leser (auch BILD-Leser) hat und für BILD eine echte Gefahr darstellt.
Hätte der ZEITblog mehr Leser und besser noch: freiwillige Mitarbeiter, die auch die ZEIT lesen und (zB im ZEITblog) kommentieren, könnte auch der ZEITblog erreichen, daß die Geldgeber der ZEIT sich nicht mehr wagen, Druck auf die Redaktion auszuüben, wie gestern in "Kritisches von den NachDenkSeiten" demonstriert wurde.

Chris [Besucher]

16.05.06 @ 18:48
> Wer immer nur passiv konsumiert, selbst aber zu bequem ist, wenigstens zur Verbreitung dessen, was er für wichtig hält, beizutragen, braucht sich nicht zu wundern, wenn über seinen Kopf hinweg entschieden wird und er sich als Opfer fremder Machenschaften wiederfindet.

Hallo Jo,

da kann ich dir nur zustimmen. Außer Kowalski, Bhodo und mir scheint es hier keine regelmäßigen Kommentatoren zu geben, und auch bei uns wird es immer weniger. Die meisten anderen verschwinden recht schnell wieder. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, daß es nur so wenige gibt, die so oder ähnlich denken wie wir.

Viele Grüße,

Chris

Hallo Chris,
ich glaube, die Politik fährt nun die Ernte ihrer Saat ein. Lange Jahrzehnte hat sie POLITIKVERDROSSENHEIT gesät, indem sie regelmäßig über ihre eigenen Skandale und Korruption berichtete und berichten ließ. Ich erinnere an diese unsäglichen Politiker-TV-Diskussionen, in denen sie sich gegenseitig mit Dreck bewarfen, aber zur Sache nichts sagten. Den Leuten ist nun einfach die Lust vergangen, sich ernsthaft mit Politik zu beschäftigen - und das läßt den Politikern freien Raum, sodaß es kaum ein Bürger merkte, daß die Politiker die Demokratie verraten haben.
jo

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trygvasson [Mitglied]
16.05.06 @ 19:11

Kombilohn - besonders putzig ist doch, dass das nichts anderes ist als ein verkapptes Subventionsmodell.

Und stellt Euch mal vor, wenn die Wirtschaft auf so ein Modell einstiege und Berge von kombi-belohnten Arbeitsplätzen an den Start bringt - wie schnell steht denn dann der Staat mit dem Rücken finanziell an der Wand?

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repuhan [Mitglied]
http://remo.puls.googlepages.com
17.05.06 @ 09:56

Was kommen muß, ist der Mindestlohn. Es ist für mich einfach nicht nachvollziehbar, warum die Politik sich streubt, einen Mindestlohn von 7,50 € einzuführen. Im Gegenzug ist man aber bereit, über einen Kombilohn, die Arbeitgeber von weiteren Zahlungen zu befreien. Auf welcher Seite stehen eigentlich unsere Politiker ?
Im übrigen lohnt es sich immer, aktuelle politische Themen aufzugreifen. Die Blogs werden gelesen und viele Leute machen sich dazu auch ihre Gedanken. Nicht jeder gibt einen Kommentar ab. Doch darauf kommt es doch auch gar nicht an.

Hallo Repuhan und Trygvasson,
den Mindeslohn müssen die Arbeitgeber zahlen; beim Kombilohn zahlen die Arbeitgeber bloß einen Hungerlohn, den die Steuerzahler zum Existenzminimum aufstocken müssen. Daß der Kombilohn überhaupt als Alternative diskutiert wird, beweist, daß nicht die Politik die Wirtschaft kontrolliert, sondern umgekehrt. Die Politiker sind gekauft. Sie haben ihre Macht verkauft. Demokratie futsch!
Man erkennt die Absichten unserer Politiker auch daran, daß zB unser Bundespräsident (!) in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit eine längere Lebensarbeitszeit vom Arbeitnehmer (!) und eine private zusätzliche Rentenversicherung fordert. Der Arbeitnehmer soll also nicht mehr in die staatliche Vorsorge einzahlen, sondern soll zusätzlich (!) die protzigen Wolkenkratzer, die tausenden Angestellten und die Gewinne der privaten Rentenversicherer finanzieren und das Risiko deren (geplanten?) PLEITE tragen. Schön ausgedacht! Und es funktioniert!! Dank der verlogenen Gehirnwäsche des Dreckblatts BILD zum Beispiel.
jo

Bodho [Besucher]
http://www.bewusstseinsbenen.de
28.05.06 @ 11:28
Hallo,

da mich freundlicherweise Chris als ein aktiver Leser "geoutet" hat, möchte ich auch zu der Analyse von Jo und den Kommentaren sagen, dass ich ganz zustimmen kann.

Wenn man nicht endlich anfängt, den Reichen (= gut verdienen und vor Reichtum trotzenden Unternehmen) etwas wegnimmt, dann kann man den Armen (= abhängigen Arbeitnehmern) nichts geben. Die jetzigen politischen/wirtschaftlichen Konstruktionen werden immer anders verpackt, aber der Inhalt ist der gleiche. Also höhere Steuern auf Unternehmen, weniger Schlupflöcher, keine Subventionen! Das bedeutet aber auch, dass der Abwanderung ins Ausland ein Riegel vorgeschoben werden muss.

Mein letzter Absatz begann mit "Wenn man nicht endlich anfängt" - aber wer ist hier "man" ?? Es wäre Aufgabe der Politiker. Und die tun es nicht, weil sie mehr oder weniger Handlanger der Wirtschaft sind. Erst mit dem Rückzug aus der aktiven Politik - siehe z.B. Geissler und Blüm - erlaubt man sich klarere Worte. Würde man diese vorher äußern, würde man abgesägt werden. Jo hat Recht: die richtige Information muss unters Volk gebracht werden. Möge jeder seinen Teil dazu beitragen...

Aber es gibt auch noch etwas anderes zu betrachten:
Abwanderung ins Ausland zu verhindern ist für die deutschen Arbeitnehmer wirtschaftlich gesehen richtig. Aber ist er denn europäisch oder gar auf Weltniveau ethisch vertretbar? Deutschland und fast alle Länder der ersten Welt haben ihren insgesamten Reichtum durch Ausbeutung und Unterdrückung der Dritten Welt geschaffen. Das muss allmählich zurückgezahlt werden. Das scheint bitter, aber ist "Dank" der Globalisierung unvermeidlich. Und aus dieser Sicht hat es auch sein Gutes, wenn Unternehmen versuchen, im Ausland billiger zu produzieren (was aber aus anderer Motivation kommt).

Und weiter meine ich, dass die Ausbeutung der Erde, die globale Verschmutzung, die militärische Aufrüstung und das wachsende Phänomen der Aggression in diesem Zusammenhang betrachtet werden muss.

Welche Komplexität, welche Aufgabe für Titanen !

Beste Grüße - Bodho

Hallo Bodho,
es wäre schön, wenn die Abwanderung "unserer" Unternehmen einen Ausgleich zwischen den armen und reichen Nationen bringen würde. Aber ich fürchte, die Wanderung der Konzerne zu den jeweils ärmsten und damit erpreßbarsten Ländern mit den geringsten Löhnen führt weltweit bloß zur Schwächung der Gewerkschaften, die höhere Löhne duchsetzen wollen. Die Wanderungsbewegung der Konzerne wird die Völker noch mehr verarmen, denn die Armen bleiben arm, und die bis heute reichen Nationen werden arm werden. Ein Überangebot an Arbeitern wird - Globalisierung sei "dank" - eine globale Massenarmut erzeugen.

Hoffnung sehe ich in der Tatsache, daß eine weltweite Massenarmut den Konsum der industriellen Produkte derart einschränken wird, daß die Konzerne nichts mehr verkaufen können. Sie sind auf Massenkonsum angewiesen (Angebot und Nachfrage müssen im Gleichgewicht stehen). Also werden die Konzerne im eigenen Interesse für steigende Löhne sorgen müssen.

Was derzeit läuft, ist eine Ausnutzung einer kurzfristigen Übergangssituation, in der es noch kaufkräftige Massen des sog. Mittelstandes gibt, die man gewinnträchtig in den Ruin treiben kann. Erst wenn der Mittelstand weg ist und die Massenkaufkraft radikal zu sinken droht, werden die Konzerne Lohnsteigerungen wieder zulassen.

In meiner HP ("Aktuelles") schrieb ich gestern über den Washington Consensus. Dieses internationale Abkommen ist zwar gescheitert, aber die Tatsache ihres Vorhandenseins und die Tatsache, daß immerhin ein globales Experiment durchgesetzt werden konnte, läßt stark vermuten, daß es durchsetzungsfähige globale Steuerungsinstanzen gibt, die prinzipiell imstande sind, die auch von mir geforderten Änderungen des globalen Politik- und Wirtschaftssystems durchzusetzen.

Zu den von mir geforderten Änderungen gehört eine weltweite Stärkung der Gewekschaften und eine Abkehr vom Neoliberalismus. Der Staat muß wieder gestärkt werden, damit er die Wirtschaft wieder effektiv regulieren kann. Man hat gelernt, daß eine freie (ungezügelte) Wirtschaft nicht funktioniert, da sie nichts besseres tun kann, als sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. Der Staat muß seine Hoheitspflichten und -rechte zurückbekommen, siehe meine obige Auzählung (Versicherungen, Gesundheitssystem, Infrastruktur, Bildungseinrichtungen usw).

jo

Chris [Besucher]

29.05.06 @ 19:22
Hallo Bhodo und Jo,

könnte es nicht sein, daß die Drohung der Unternehmen, ins Ausland abzuwandern, nur ein Bluff ist, eine leere Drohung? Vor ein paar Wochen las ich in einem ZEIT-Artikel, daß die Kosten für die Unternehmen in Deutschland bereits so niedrig sind, daß die deutsche Wirtschaft einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen Nachbarn haben. Dann wäre es doch eher so, daß Unternehmer aus diesen Ländern nach Deutschland kommen wollten, als umgekehrt. Auch heißt es ja immer, daß Deutschland ein beliebtes Ziel von Investoren sei.

In erster Line geht es ihnen ja wohl darum, den Widerstand in den Köpfen der Deutschen zu brechen, der sie immer noch daran hindert zu tun, was sie wollen.

Chris

Hallo Chris,
vielleicht hast du recht. Erst gestern las ich wieder mal in der ZEIT, daß die Steuerquote für Unternehmen in Deutschland nur noch 20 % (von den Gewinnen, nehme ich mal an) betrage. Sie werde in Europa nur noch von Tschechien mit 19 % unterboten. Allerdings sind in D die Löhne höher als in Osteuropa und Asien.
Die Frage ist, was kann man den "Experten" überhaupt noch glauben? In den NachDenkSeiten las ich heute zB, daß man auch der PISA-Studien kaum glauben könne; unmöglich, daß deutsche Schüler weniger wissen, als US-amerikanische. Ich glaube auch nicht den den Fernsehnachrichten, die heuer von stark wachsendem Konsum in D sprechen und daß die Wirtschaft wieder optimistisch sei. Ich halte das für Zweckpropaganda, um die Regierung zu loben. So wars sicher auch Zweckpropaganda in die andere Richtung, als die Wirtschaft während der Rot-Grünen Regierung über mangelndes Wirtschaftswachstum jammerte, obwohl D Exportweltmeister war.
jo

Rüdi [Besucher]
http://www.hansemark.de/
05.06.06 @ 00:44
"Wenn 'man' endlich anfinge..." Nicht die Politiker müssen anfangen, wir! fangen an. Z. B. mit der Einführung von Regionalgeld. Nur wenn es gelingt, regionale Wirtschaftskreisläufe in Gang zu setzen, werden wir dem Neoliberlismus der Politiker entrinnen können. Ein ganz wichtiger Nebeneffekt wird sein, dass sich die Menschen eines Bezirks, Quartiers, Viertels wieder kennenlernen. Etwas zusammen tun. Die Teilabkoppekulung vom Euro wird auch eine Teilabkoppelung von der offiziellen Politik sein.

Hallo Rüdi,
die Idee mit dem Regionalgeld ist eine gute unterstützenswerte Sache! Viel Erfolg!
jo

Ruhe vor dem großen Sturm
von Hanjoheyer @ 2006-05-18 - 11:50:37
Der US-Währungsexperte Martin Feldstein rechnet mit einer kräftigen Abwertung des Dollar.

Von diesem Interview lernte ich, daß China, Japan und andere Staaten nicht nur deshalb Dollar im großen Stil aufkaufen, um das Handelsbilanzdefizit der USA zu aufrecht zu erhalten, sondern auch, um ihre eigenen Währungen vor Spekulanten zu schützen.

Das Handelsbilanzdefizit der USA bedeutet, daß die USA aufgrund des starken Dollar mehr Waren im Ausland kaufen als dort verkaufen. Das stärkt die Exporteinnahmen des Auslands. Mir war die Logik dieser Argumentation immer unklar, denn die Exporteinnahmen sind ja erkauft durch Verluste beim Kauf der schwachen Dollarnoten.

Jetzt erst verstehe ich den Sinn der Dollaraufkäufe. Ein Staat, der viele Dollar besitzt, kann den Ruin der eigenen Währung verhindern. In meiner HP verwies ich mehrfach auf George Soros, der in den 80er Jahren fernöstliche Währungen, aber auch das englische Pfund, ruinierte, indem er langsam, über Jahre hinweg, eine Fremdwährung (mit Dollars) aufkaufte und dann auf einen Schlag wieder verkaufte. Plötzlich war viel zu viel dieser Währung auf dem Markt, sodaß eine riesige Inflation samt Zusammenbruch der Fremd-Wirtschaft ausgelöst wurde. Die sog. "Tigerstaaten" wie Malaysia und die Philippinen gingen alle bankrott.

Jetzt hat zB China jede Menge Dollars aufgekauft. Das stützt einerseits die chinesischen Exporte in die USA, aber auch - und darauf kommt es an - die chinesische Währung vor den Spekulanten. Wenn ein Soros jetzt plötzlich seine gesammelten Yen auf den Markt würfe, könnte China seine Dollars verwenden, soviele Yen zurückzukaufen, daß der Kurs - und die Wirtschaft - einigermaßen stabil bliebe.

Wir haben keine andere Wahl
von Hanjoheyer @ 2006-05-19 - 09:13:02
Interview der ZEIT mit DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche

Was hat uns dieser Konzernchef mitzuteilen? Die Antwort, die sich in diesen 2 ellenlangen Seiten herauskristallisiert, läßt sich mit einem Wort zusammenfassen: "Nichts!" Ich habe selten ein derart nichtssagendes Interview gelesen. Zetsches einzigen "nennenswerten" Aussagen, daß er keine Vision wie seine Vorgänger habe, sondern einfach gute Autos bauen wolle und die, daß er seine Motivation nicht aus dem Scheck ziehe, den er bekomme, glaube ich ihm nicht, denn - der Titel sagt es - "Wir haben keine andere Wahl!"

Die ZEIT sollte den Mut aufbringen, derart mißglücke Interviews nicht zu veröffentlichen. Es gibt sicherlich interessantere Themen und Gesprächspartner.

Politik aus dem Museum
von Hanjoheyer @ 2006-05-26 - 13:26:05
http://www.zeit.de/online/2006/22/presseschau-dgb-mindestlohn?page=all

© ZEIT online 26.5.2006 - 12:36 Uhr

Politik aus dem Museum
"Wer braucht noch den DGB?", fragt die Presse und urteilt: "letztlich politikunfähig". Karsten Polke-Majewski kommentiert das aktuelle Meinungsbild

Mein Kommentar: Falsch! Karsten Polke-Majewski kommentiert nicht das aktuelle Meinungsbild, sondern faßt es kommentarlos zusammen. Sein "Kommentar"

Doch bei 4,6 Millionen Arbeitslosen im Mai und mehr als 30.000 fehlenden Lehrstellen ist die Zeit längst überreif für ein neues Denken.

ist inakzeptabel. Von einem Qualitätsblatt wie der ZEIT erwarte ich zumindest Ansätze dieses geforderten neuen Denkens!


Die unbekannte Macht
von Hanjoheyer @ 2006-05-28 - 17:02:07
http://www.zeit.de/2006/21/Sommer_xml?page=all

Mittelfristig wäre auch denkbar, dass ein Mitglied der neuen Linkspartei ein DGB-Amt übernimmt, schließlich deckt sich die Programmatik keiner anderen Partei so deutlich mit vielen gewerkschaftlichen Positionen.

Wir erinnern uns noch an den Wahlabend des 27.9.05: Unmöglich für Gerhard Schröder auch nur versuchsweise in Erwägung zu ziehen, der LINKS-Partei eine Koalitionsverhandlung anzubieten. Lieber verzichtete er auf das heißgeliebte Kanzleramt, als mit Lafontaine zu reden. Aufgrund dieser Sturheit wurde dann auch CDU-Merkel Kanzlerin.

Das Zitat aus der ZEIT zeigt nun deutlich, WIE weit die SPD sich inzwischen von den Gewerkschaften entfernt hat! Die SPD ist definitiv nicht mehr Links, nicht mal Mitte, sondern sie ist zur reinen Unternehmerpartei auf dem rechten Flügel mutiert; hat womöglich sogar CDU und CSU rechts überholt und darf sich nun anstelle der Republikaner blamieren.

Es tat also not, daß auf dem linken Flügel eine neue Partei gegründet wurde. Und ich erachte es nicht für allzu schlimm, daß über die PDS viele Stasi-Leute dabei sind. Dreck am Stecken haben sie alle, die Politiker. Wichtig ist, was sie am Rednerpult sagen, und augenblicklich gibt es nur zwei Politiker, nämlich Gysi und Lafontaine, die die Wahrheit sagen. Das muß belohnt werden.

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
02.06.06 @ 12:26

lafontaine versäumt keine gelegenheit mit sinnlosen forderungen wählerstimmen zu sammeln. die linkspartei ist mehr mit sich selbst beschäftigt als mit allem anderen. dem wirklich wichtigen widmet sich keine partei. die spd steht wie die cdu für nichts besonderes mehr, weil sie die parteien gleichen wie ein ei dem anderem. kurz: ich kann das meist oben leider nicht teilen.

Hallo Medienjunkie,

welche sinnlosen Forderungen meinen Sie? Ich bitte um ein paar konkrete Beispiele.
Klar, daß die Linkspartei mit sich selbst beschäftigt ist. Sie hat eine schlechte Presse! Das ist schon die ganze Antwort. Die Presse könnte auch jede andere Partei als zerstritten darstellen. Sie als Medienjunkie wissen das - oder nicht?
Schon mal daran gedacht, daß es SPD und CDU auch von Nutzen sein kann, wenn diese Parteien den Wählern so erscheinen, wie Sie sie darstellen? Sind die Wähler enttäuscht und ziehen sich resigniert aus der Politik zurück, können die "da oben" frei aufatmen und machen, was sie wollen.
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
02.06.06 @ 21:58

sinnvoller wäre ein kommentar darunter, dann sieht man ihn auch als leser

das allgemein konzept der linkspartei ist nichts, was ich teilen würde, aber auch nichts, was ich jetzt näher ausführe, da wahlprogramme im allgemeinen zu lang sind. jedenfalls zeigt sich die linkspartei in der öffentlichkeit nur durch protest gegen hartz4, ohne konkrete gegenvorschläge zu nennen. das was die partei vorschlägt kostet meist geld und man weiß nicht woher es kommen soll. freilich ist das bei anderen parteien nicht viel besser.

das zweite halte ich eher für eine verschrörungstheorie.

wichtiges ist der politik nicht wichtig, es wird bei hartz4 gestrichen obwohl es kkeine joobs gibt und eine gescheiterte förderalismusreform wird zur jahrhundertreform erklärt. bildung und forschung steht außen vor. und da die politik ein spiegel der gesellschaft zu sein scheint, wird in blogs auch nur von mindestlohn und kombilohn sowie hartz4 gefaselt. wirklich ehrlich befasst sich niemand mit der sache.

so, das war wie immer bei mir zusammenhangslos und widersprüchlich, ich bitte das zu entschuldigen

Hallo Medienjunkie,
schade, daß Sie Ihre Behauptung nicht begründen wollen. Vielleicht war es zu früh, sie auszusprechen. Die Linkspartei hat sehr wohl konkrete Vorschläge gemacht und hat auch angegeben, wie sie zu finanzieren sind, nämlich durch höhere Besteuerung der Reichen, Bürgergeld und Mindestlohn und Subventionsabbau. Bürgergeld ist bloß eine Vereinfachung des Sozialsystems, das aus der Zusammenlegung vielerlei Lohnnebenkosten, Arbeitslosengeldern, Renten, BaföG, Kindergeld, Versicherungen usw. entsteht und nichts zusätzlich kostet. Kein Kombilohn, da er eine versteckte Subvention der Arbeitgeber und eine reale Lohnsenkung der Arbeiter unter Existenzminimum darstellt. LINKS will den Neolibealismus zurückdrängen, was dem Staat viel Geld bringt, denn Neoliberalismus bedeutet die fin. Austrocknung des Staates.

Ihre Argumtentation ist in der Tat ein Spiegel der Gesellschaft: widersprüchlich, undurchdacht, kenntnisarm und naiv.
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
03.06.06 @ 15:42

auch wenn sie mich wie so oft bei blog.de üblich am ende nochmal persönlich angreifen möchten antworte ich selbstverständlich gerne, auch wenn ich mich nicht als uninformiert bezeichnen möchte.

"höhere Besteuerung der Reichen"

kann auch zum abfluss der gelder ins ausländ führen, eine prgrassive besteuerung, die konsequent durchgeführt wird, reicht meines erachtens aus, wenn die ausnahmebestände wegfallen.

"Mindestlohn"

kann ich bald nicht mehr hören, aber bitte, wens was bringt, aknn man ihn gerne machen, er wird aber auch längst von anderen parteien vorgeschlagen.

"Bürgergeld""
Bürgergeld ist bloß eine Vereinfachung des Sozialsystems, das aus der Zusammenlegung vielerlei Lohnnebenkosten, Arbeitslosengeldern, Renten, BaföG, Kindergeld, Versicherungen usw. entsteht und nichts zusätzlich kostet."

das sagt mir irgendwie nichts, was soll das brignen und wie soll das aussehen?

"Subventionsabbau"

wird auch schon seit jahren von überall gefordert, stattdessen subventioniert man die agrarindustrie, die völlig bedeutungslos werden wird, diese gelder gehören in die bildung und forschung! auch hier wird in absehbarer zeit nichts passieren nehme ich an.

"LINKS will den Neolibealismus zurückdrängen, was dem Staat viel Geld bringt, denn Neoliberalismus bedeutet die fin. Austrocknung des Staates."

der staat muss zurück gedrängt werden. das bedeutet vernünftigen bürokratieabbau. davon reden alle parteien seit jahren, aber es passiert nichts und auch lafontaine und gisy haben dort wo sie in den regierungen waren meines wissens nichts in der richtung gemacht, aber ich mag mich täuschen.

Hallo Medienjunkie,
zu "angreifen": Sie haben Widersprüche etc. selbst erwähnt in Ihrem Beitrag. Ich hab das bloß bestätigt und etwas ausgeweitet, weil ich mich etwas darüber geärgert habe, daß Sie sich (wie so viele andere) so wenig Mühe gegeben haben.
zu "Abfluß der Gelder": Das ist ja keine Naturkatastrophe, sondern menschengemacht, und das heißt, er kann, wenn der Wille da ist, unterbunden werden. Warum soll Steuerflucht auf hohem Niveau nicht bestraft werden?
zu Bürgergeld: Es könnte viele gesellschaftliche Probleme lösen. Pro Familie bräuchte es nur noch einen Arbeitnehmer geben; die andere Hälfte könnte sich um Kindererziehung kümmern, was die Verwahrlosung der Jugend beenden könnte. Es ist das einzige Mittel, der Massenarbeitslosigkeit Herr zu werden.
zu Subventionsabbau: An der Tatsache, daß es keiner Regierung gelingt, erkennt man die Macht der Lobbys. Die Subventionen für die Landwirtschaft erachte ich für nötig. Besser wäre es natürlich, wir würden weniger Nahrung einführen, was die Preise für Einheimisches auf ein normales Niveau, von dem die Bauern leben können, brächte. Leider wissen die Leute heute nicht mehr, wie wichtig es ist, sich von heimischen Gewächsen zu ernähren.
zu "Staat zurückdrängen": Die Bürokratie entstand, weil ein Heer von Rechtsverdrehern für die Konzerne Gesetzeslücken suchen, um das Gemeinte, den Sinn, der Spielregeln unserer Gesellschaft zu mißbrauchen. Bürokratieabbau bedeutet, den Raubtieren unter den Kapitalisten freien Lauf zu lassen.
Wenn LINKS mal an die Regierung kommt, werden sie natürlich auch korrupt, genau wie die Grünen. Aber solange sie noch Opposition sind, sollten wir sie dafür wählen, daß sie noch die Wahrheit sagen. Wir brauchen Politiker, die die Wahrheit sagen.
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
04.06.06 @ 01:30

1. würden sie mir einen gefallen tun und utner dem beitrag auf "kommentar schreiben" gehen, dann bekomme ich ne mail, wär nett
2. sie haben mich uninformiert genannt, und das würde ich nicht behaupten. nebenbei hatte ich nicht all zuviel zeit, um wissenschaftliche abhandlungen zu schreiben, ich bitte das zu entschuldigen

zum bürgergeld: das war nicht meine frage, ich wollte wissen was es ist und wie es funktionieren soll. die ziele hören sich ja lobenswert und abenteuerlich an. ich hab nur kurz nachgelsen, es scheint mir ja ein kompletter umbruch zu sein, leider finde ich weder nach noch vorteile gegenüber gestellt, daher ist es für mich im moment schwer da was zu zu sagen.

zu Subventionsabbau: ich saß mit offenem mund da, beim lesen. die agrarindustrie wird gefördert udn gefödert und es bringt nichts. und sie wollen das verstärken?? wir sollten eher auf die zukunftsmärkte schauen, billiger als der osten können wir auf diesem gebiet nicht sein. wir sind einfach kein agrarland. deutschland ist ein innovationsland für köpfe, wir müssen subventionen in bildung stecken. das ist das wichtigste in diesem land im moment.

zu "Staat zurückdrängen": bürokratie gibt es überall. als mitarbeiter einer behörde sehe ich tagtäglich wie unflexibel behörden sind, es gibt viel zu viele unsinnige gesetze. mit dem abbau meine ich nicht zwingend arbeitnehmerrechte. ich meine damit vor allem hürden bei der eröffnung eines betriebes. wenn sie mal einen betrieb eröffnen wollten, werden sie die hindernisse kennen. wenn sie auch mal beim arbeitsamt waren, wissen sie ja, was für probleme wir bürger schon wegen komplizierter gesetze haben. da muss dringend was gemacht werden. in wiefern kapitalisten (was für ein verallgemeinerndes wort alleine, das wäre als wenn man arbeitslose allesamt schmarotzer nennt, genauso schlimm) da vorteile haben ist mir ein rätsel. viel mehr werden die kleinen betriebe schikaniert.

Hallo Medienjunkie,
ich habe mich zu dieser Art der Kommentare entschieden, als ich merkte, daß meine Kommentare zu den jeweiligen Briefen oft durch andere Kommentare getrennt wurden und das Ganze unübersichtlich wurde.

Zum Bürgergeld schrieb ich in www.hanjoheyer.de/Bundestagswahl.html Jeder Bürger bekommt in diesen Zeiten struktureller Arbeitslosigkeit ein Grundgehalt von sagen wir mal 1200 Euro monatlich. Damit sind alle möglichen anderen Sozialleistungen und indirekte Steuern wie diue MwSt zusammengefaßt und abgegolten. Arbeitgeber können vom Lohn diesen Betrag abziehen. BG ist also auch für Arbeitgeber interessant. Mehr in besagtem oben genannten Artikel.

Subventionen: Nahrungsmittelerzeugung ist selbstverständlich ein Zukunftsmarkt, denn essen müssen auch künftige Generationen. Die 3. Welt, aus der wir zu Billigstpreisen Nahrung importieren, sodaß die Einheimischen zT hungern müssen (Äthiopien exportiert Getreide!!!) sollen ihre Nahrung für sich behalten. Ohne eigene Landwirtschaft wäre unser Staat ein lebensunfähiges Kunstprodukt. Die Einfuhr verschwendet zudem unnötig Energie. Heute subventionieren wie die Landwirtschaft, weil wir zumindest noch ahnen, daß wir ohne sie ganz vom Boden der Realität abhöben. So gut wie alle Krankheiten kommen daher, daß wir uns zu naturfern ernähren und naturfern leben. Wir haben eine KULTUR zu verteidigen und nicht die Alleinherrschaft des Geldes. Wir sollten möglichst ganz auf einheimische Produkte umstellen.
jo

Bürokratieabbau: hört sich gut an, aber wenns konkret wird, sind alle dagegen. Unserm Nachbarn stand ein Baum zu nahe an der Grenze. Er berief sich auf einen §, der bis auf den cm genau regelt, welche Baumart wie nah an der Grenze stehen darf. Ich schrieb mal für einen Polen einen Brief an eine Behörde und bezeichnete mich darin als sein Rechtsbeistand. Sofort hatte ich eine Anwaltskammer am Hals, die diesen Titel als geschützt ansah und sich auf einen § berief. Ich selbst hatte eigentlich nur gedacht, deutsch zu schreiben. Es gibt offensichtlich kein deutsches Wort für jemanden, der als Laie in Rechtsfragen einem anderen selbstlos hilft, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.
Bürokratieabbau? Nicht solange die Deutschen derart kleinkariert sind und wegen jedem Scheiß sofort zum Rechtsanwalt laufen. Der Bürokratieabbau, von dem Merkel & Co. schwadronieren, ist allerdings ganz was anderes: Da wollen ein paar Konzerne ihr antisoziales Tun legalisieren lassen. Sie wollen keine Steuern zahlen, wollen den Kündigungsschutz und Mutterschutz weghaben, Monopole aufbauen, Hungerlöhne zahlen, Geldgeschenke vom Staat kassieren usw..
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
04.06.06 @ 12:39

zum agrarkram: ok, stecken wir weiter unser aller geld in agrar (darauf sollte man nicht ganz verzichten aber wir sind kein agrarland!) und lassen schulen etc. vergammeln. so hören sich alle ihre konzepte leider an, nach ihnen die sinnflut, konzerne sind böse, bürger sind arm dran, da holen wir wenigstens noch das beste für uns raus. das die bildung in blogs so geringen stellen wert hat, finde ich erschreckend. vllt. sollten sie mal wieder an eine schule gehen, dann sehen sie das übel, und dann werden sie sehe wie deutschlands zukunft aussieht. und auch wenn sie und vllt. ich es nicht mehr erleben, dieses gebiet wird uns irgendwann zum verhängnis werden, wenn wir weiterhin über uns selbst als über die kinder dieses landes reden (was mit mir nicht mehr viel zu tun hat).

"Bürokratieabbau: hört sich gut an, aber wenns konkret wird, sind alle dagegen. Unserm Nachbarn stand ein Baum zu nahe an der Grenze. Er berief sich auf einen §, der bis auf den cm genau regelt, welche Baumart wie nah an der Grenze stehen darf. Ich schrieb mal für einen Polen einen Brief an eine Behörde und bezeichnete mich darin als sein Rechtsbeistand. Sofort hatte ich eine Anwaltskammer am Hals, die diesen Titel als geschützt ansah und sich auf einen § berief. Ich selbst hatte eigentlich nur gedacht, deutsch zu schreiben. Es gibt offensichtlich kein deutsches Wort für jemanden, der als Laie in Rechtsfragen einem anderen selbstlos hilft, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.Bürokratieabbau? Nicht solange die Deutschen derart kleinkariert sind und wegen jedem Scheiß sofort zum Rechtsanwalt laufen."

ich hab nie behauptet, dass ich das für richtig halte und es tun würde. ich hab nur gesagt, es müsste passieren und dafür sind parteien verantwortlich. wo die heute linken in der regierung waren hat sich da auch nicht viel getan denke ich. aber vllt. will man auch einfach nicht, schließlich lassen sich damit keine wählerstimmen gewinnen.

"Der Bürokratieabbau, von dem Merkel & Co. schwadronieren, ist allerdings ganz was anderes: Da wollen ein paar Konzerne ihr antisoziales Tun legalisieren lassen. Sie wollen keine Steuern zahlen, wollen den Kündigungsschutz und Mutterschutz weghaben, Monopole aufbauen, Hungerlöhne zahlen, Geldgeschenke vom Staat kassieren usw.."

es wirklich arg verallgemeinernd was sie von sich geben. danach ist jeder konzern ein halsabschneider der nur an sich denkt und der arme bürger wird geschröpft. sie solllten erstens vor augen halten, wieviele bürger den staat betrügen und zweitens: Nicht jedes unternehmen ist ein großkonzern. manche beschäftigen ein paar mitarbeiter und behandeln sie denke ich auch ganz gut. ich weiß ja nichtwo sie arbeiten aber das hört sich wirklich schlimm an. wenn alle so reden ist es kein wunder, dass in deutschland keiner ein unternehmen eröffnen will. wir sind eine pure neidgesellschaft, wie ich hier wieder sehe.

(tipp-und grammatikfehler bitte ich aus zeitgründen zu entschuldigen)

Hallo Medienjunkie,
wir müssen genau unterscheiden zwischen der Kultur, die wir wollen, und der Wirtschaft. Ferner müssen wir untersuchen, inwiefern die Wirtschaft helfen kann, die kulturellen Ziele zu erreichen. Wo die Wirtschaft gegen die kulturellen Ziele arbeitet, muß sie von der Politik gesteuert werden.
Selbstverständlich ist Deutschland kein Agrarland, aber es ist es auch. In der Vielfalt kultureller Tätigkeiten steckt das stabilisierende Element der Gesellschaft. Es ist ein Irrtum, zu glauben, Landwirtschaft und Bildung seien Antagonisten: Wo Landwirtschaft gefördert wird, muß die Bildung nicht hintanstehen. Wie kommen Sie dazu, hier einen Zusammenhang zu konstruieren?

Ich sage nicht, die Konzerne seien böse. Ich sage, ihre erzwungene neoliberale Ausrichtung ist böse, da dadurch unsere Wahrnehmung der Kultur völlig auf den wirtschaftlichen Aspekt unseres Seins beschränkt wird. Ich sehe diesen Schaden der Verengung auch in Ihren Beiträgen.

Wieso finden Sie die Bildung in Blogs so erschreckend und geben selber zu, Ihren Beitrag mehr oder weniger hingeschludert zu haben?

Wie bringen Sie es unter einen Hut, einerseits zu behaupten, Bürokratieabbau sei nötig und andererseit zu behaupten, Sie hätten nie behauptet, daß Sie ihn für richtig halten? Warum nicht?

Selbstverständlich verallgemeinere ich, denn ich will ja nicht punktuelle Probleme der Wirtschaft lösen, sondern allgemeine Fehler des globalen Wirtschafssystems beheben helfen. Ich habe nie behauptet, alle Konzerne seien Halsabschneider; ich behaupte vielmehr, die Konzerne seien aufgrund einer falschen Wirtschaftstheorie (Neoliberalismus) einem halsabschneiderischen System unterworfen und zum Teil gegen den Willen der Bosse zum Halsabschneiden gezwungen.

Wenn alle so reden würden wie ich, würden sich die Politiker und die Wirtschaftsbosse nicht so viele Lügen herausnehmen können, wie sie es gegenwärtig angesichts einer schlecht und falsch informierten und trägen Gesellschaft tun. Der Neid wurde künstlich hochgezüchtet. Er gehört zur Grundausstattung eines "modernen aufgeklären atheistischen Konsumenten" wie ihn der Kapitalismus braucht.

Daß heutzutage die Leute keine Zeit mehr fürs Wesentliche haben, gehört ebenfalls zur Grundausstattung der modernen Konsumenten.
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
05.06.06 @ 12:15

"Wieso finden Sie die Bildung in Blogs so erschreckend und geben selber zu, Ihren Beitrag mehr oder weniger hingeschludert zu haben?"

das musste ja wieder kommen *seufz*
ich hatte keine zeit tippfehler auszumerzen, und ich habe nebenbei ein reales leben, dafür entschuldige ich mich vielmals. es geht um den inhalt und nicht um die form, ich hab noch was anderes zu tun als mit ihnen zu diskutieren und ich tue es trotzdem. vllt. sollten sie sich freuen, das sich jemand mit ihrem text auseinandersetzt und nicht ständig irgendwelche formfehler beklagen. schließlich sind sie auch das einzige blog für den ich bei einer diskussion ständig zurückkommen muss und suchen muss, weil ich keine mail bekomme und sie gegen meinen willen meine kommentare editieren. hab ich mich darüber beschwert? nein, ich akzeptiere es.

"Wie bringen Sie es unter einen Hut, einerseits zu behaupten, Bürokratieabbau sei nötig und andererseit zu behaupten, Sie hätten nie behauptet, daß Sie ihn für richtig halten? Warum nicht?"

ich habe gesagt, ich halte es nicht für richtig, bei jedem mist zum anwalt zu rennen und ich halte den bürokratieabbau von merkel und co. (aka arbeitnehmerrechte beschneiden) nicht für richtig, ich bin natürlich für den abbau von vorschriften für die eröffnung von betrieben etc. man muss nicht den standort jedes lichtschalters festlegen.

Hanjoheyer [Mitglied]
http://www.hanjoheyer.de
05.06.06 @ 21:50

Hallo Medienjunkie,

ich hatte den Eindruck, Sie geben sich nicht nur bei der Form, sondern auch beim Inhalt nicht richtig Mühe. Ich wollte darauf aufmerksam machen, daß eine Diskussion nur dann erfolgreich sein kann, wenn sich alle Beteiligten Mühe geben - bei Form und Inhalt. Und wenn Erfolg da ist, ist auch die Freude groß!
Ein reales Leben wird durch Sorgfalt beim Denken und Schreiben nicht ausgeschlossen.

Wir stimmen in unserer Ablehnung des Verhaltens vieler Mitbürger, bei jedem kleinsten Anlaß die Gerichte anzurufen, überein. Aber der Staat muß auch für diese Streithähne gerüstet sein: Wo Klage erhoben wird, müssen Urteile gefällt werden. Also wächst die Gesetzesflut.

Übrigens: Ich habe Ihre Beiträge nicht editiert.

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
05.06.06 @ 22:46

mit dem editieren meine ich das schreiben darunter. wie gesagt, ich kann damit leben, es stört mich nicht, ihr blog

mühe gebe ich mir sehr wohl, ich schreibe meine meinung und das ist alles, dafür brauche ich 10 min und dann bin ich am ende, viel mehrkann ich da nicht machen.

"Wir stimmen in unserer Ablehnung des Verhaltens vieler Mitbürger, bei jedem kleinsten Anlaß die Gerichte anzurufen, überein. Aber der Staat muß auch für diese Streithähne gerüstet sein: Wo Klage erhoben wird, müssen Urteile gefällt werden. Also wächst die Gesetzesflut."

zum thema nochmal: nach meiner ausbildung, die sicha uch viel mit gesetzen beschäftigte, habe ich gemerkt, dass wenn man in gesetzen zu sehr ins detail geht, immer neue klagegründe geschaffen werden, was wieder zu mehr klagen führt. und bei der vorschiftenabschaffung für unternehmensgründungen dürfte es keine großen klagemöglichkeiten geben. wenn doch, soll das gericht verbindlich entscheiden.

ansonsten sind wir uns einig, denke und hoffe ich

Hanjoheyer [Mitglied]
http://www.hanjoheyer.de
06.06.06 @ 10:46

Hallo Medienjunkie,

zu "... wenn man in gesetzen zu sehr ins detail geht, immer neue klagegründe geschaffen werden..."

Wenn man das begriffen hat, kündigt sich eine revolutionäre Erkenntnis an: Man kann die Welt niemals vollständig mit logischen Formeln abbilden. Man kann menschliches Verhalten nie in §§ fassen; man kann die Welt nie komplett im Physikmodell abbilden oder die Wirtschaft in Wirtschaftsmodellen.
Aus dieser Erkenntnis gewann ich die Einsicht, daß das Gesetzeswerk, die Wirtschaft, die Physik (u.v.a.m.) immer einer intelligenten Steuerung von außerhalb des jeweiligen Systems bedarf, um das in den Griff zu bekommen, was das System selbst nicht zu leisten vermag.
Die Wirtschaft braucht die Kontrolle der Politik! Die Naturwissenschaft braucht die Kontrolle der Metaphysik und die Wirtschaft die der Moral.
Ohne diese intelligenten Kontrollen wachsen sich die Anomalien (die Fehler des Systems) zu Katastrophen aus. Diese Fehler können nur dann verhindert werden, wenn Eingriffe von außen her möglich sind.
jo

MeDiEnJuNkiE [Mitglied]
http://vanilleeis.twoday.net
06.06.06 @ 14:47

Ja, da stimme ich zu und schließe mich ohne weitere Worte an.

Schöne Restwoche!

Chris [Besucher]

06.06.06 @ 18:43
Hallo Jo,

in diesem Zusammenhang ist mit in den letzten Tagen etwas klar geworden, was ich für sehr wichtig halte: Wenn man einmal erkannt hat, daß man moralisches Verhalten niemals in ein völlig abgeschlossenes Gesetzeswerk zwängen kann, kann man zu zwei möglichen Schlußfolgerungen kommen, einer falschen und einer richtigen.

Die falsche ist die, daß es dann gar keine Moral gäbe, und wer das einmal erkannt habe, könne letzlich machen was er will, solange er nur die Möglichkeit dazu hat. Die richtige ist, daß es eine Moral gibt, die ihren Ursprung aber nicht in einem rational geschlossenen Weltbild haben kann, sondern immer von außerhalb kommt. Im alten Testament werden ja z.B. die zehn Gebote von Mose empfangen, aber Mose hat sie sich nicht selbst ausgedacht, sondern sie sind ihm von Gott übermittelt worden.

Die Neoliberalen sind sicherlich auch so weit gekommen, daß sie wissen, daß es kein geschlossenes Gesetzeswerk geben kann, aber sie haben genau die falsche Schlußfolgerung daraus gezogen.

Viele Grüße,
Chris

Hallo Chris,
ich kann dir nur aus ganzem Herzen zustimmen!
dein jo

Cleverle und Hoffnungslose
von Hanjoheyer @ 2006-05-31 - 12:11:30
http://www.zeit.de/online/2006/22/presseschau_lehrstellen

Es fehlen wieder tausende Ausbildungsplätze in Deutschland. Der Wirtschaftsminister will deshalb das Lehrgeld kürzen. Ob's hilft? Steffen Richter kommentiert das aktuelle Meinungsbild

Bis zu 50.000 Lehrstellen werden fehlen. Mit dieser Größenordnung zumindest rechnet die Bundesregierung für das laufende Ausbildungsjahr. Ob diese Zahl so stimmen wird oder womöglich noch viel höher liegt, sei dahingestellt. Auch 50.000 wären schon ein Debakel. Angesichts der aktuellen Hartz-IV-Debatte bemerken die Nürnberger Nachrichten zu Recht, dass der Engpass bei den Lehrstellen ein Thema sei, "das wichtiger ist als die nächste Reform der Arbeitsmarkt-Reform".

Um das Debakel irgendwie abzuwenden, hat sich Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) für eine Kürzung der Lehrlingsgehälter ausgesprochen. Dieser Vorschlag kommt regelmäßig, üblicherweise aus den Reihen der Arbeitgeberverbände. Nur weiß man auch, dass es am Geld alleine nicht liegt, dass zu wenig Ausbildungsplätze angeboten werden - zumal die Kosten für eine Lehrstelle ohnehin recht niedrig sind.

Vorschläge wie der von Herrn Glos beweisen, daß er entweder völlig inkompetent ist oder etwas zu verbergen hat.

Über seine Kompetenz will ich mich hier nicht auslassen; sie spielt bei Sprachrohren der Arbeitgeberseite kaum eine Rolle. Also fragen wir uns, was der Mann wohl zu verbergen hat.

Warum bildet die Industrie nicht mehr genug junge Leute aus? Die neoliberale Antwort ist leicht. Sie hat es nicht mehr nötig. Es kommt sie billiger, wenn sie sich fertig Ausgebildete auf dem internationalen Markt einkauft. Merkel tut sich leicht, an die Arbeitgeber den moralischen Appel zu richten, sie mögen doch ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und Lehrlinge ausbilden. Es ist so leicht, weil sie weiß, das kommt bei den Wählern gut an und hat bei der Industrie keine Konsequenzen.

Was Glos will, ist offensichtlich die Einführung des Kombilohns, ohne das unschöne Wort zu benutzen, weil es bei der Debatte "Mindestlohn oder Kombilohn" durchgefallen ist. Alle haben den Schwindel durchschaut. Aber Glos & Co. wollen den Kombilohn trotzdem. Schließlich haben sie den Wählern versprochen, die Subventionen für Konzerne abzuschaffen. Also müssen diese heimlich durch die Hintertür wieder eingeführt werden, denn welcher Boß will schon auf Staatsgeschenke verzichten?

Also ist es doch ein genialer Schachzug, die Lehrlingslöhne derart zu kürzen, sodaß die Lehrlinge zusätzlich noch Sozialhilfe (man nennt sie heute ja verkomplizierend ALG 2*, denn das Soziale soll ja abgeschafft werden) beanspruchen dürfen/müssen, die dann vom Staat bezahlt wird.

Und schon haben wir Subventionen und Kombilohn, und kein BILD-Leser merkt es.

* http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialhilfe_%28Deutschland%29

[Besucher]

11.06.06 @ 01:41
Good thinking...

Industrie und Handel verzichten immer mehr auf die eigene Ausbildung, da es allemal günstiger ist, den Nachwuchs vom Staat ausbilden zu lassen. Sprich sie stellen nur noch Hochschulabsolventen ein - FH reicht ihnen in den meisten Fällen. Am Beispiel von Lidl kann ich es konkret festmachen. Dort werden ausnahmslos HS-Absolventen als Filialleiter eingestellt. Sicherlich kein Traumjob - aber für einen BWLer sicherlich besser als nichts...

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