Webtagebuch 6

 

Mindestlohn in Deutschland
Der Theaterkampf

Ich lehne mich auf, darum bin ich
Ursachen der Massenarbeitslosigkeit
Halbjahresbilanz

80 Millionen Verschwender
Was ist gerecht?
Der Einzelkämpfer
Kein Wort sie wollen lassen stahn

Fluten bitte anderswo

Mindestlohn in Deutschland
von Hanjoheyer @ 2006-03-21 - 18:56:01
In der ZEIT vom 9.3.06 finden wir zwei Plädoyers, eines für die Einführung von Mindestlöhnen, eines dagegen.

Gustav Horn, Leiter des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (MK) in Düsseldorf, erklärt plausibel, daß eine Einführung von Mindestlöhnen angesichts sinkender Macht der Gewerkschaften, die keine Flächentrifverträge mehr durchsetzen können, Gebot der Stunde seien. Sie wirken der Schwächung der Lohnverhandlungsposition ersetzbarer Arbeitskräfte entgegen. Ohne Mindestlohn setze eine Lohnspirale nach unten ein, ausgelöst durch das Argument, daß der Arbeitgeber jedem Arbeitsuchenden sagen kann: "Wir finden immer einen, der für noch weniger Geld zu arbeiten bereit ist".

Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, vertritt die Gegenposition. Er meint, Mindestlöhne würden dazu führen, daß die Arbeitsplätze vernichtet werden, obwohl Arbeitsplätze Werte an sich darstellen. Zitat: "Besser working poor als nur poor"! Der Arbeiter, der unter Sozialhilfeniveau arbeite, sei "lebenszufriedener", als jener, der nicht arbeite und ALG 2 kassiere. Außerdem widerspreche eine existenzsichernde Vollzeitbeschäftigung "der bisherigen Arbeitsmarktreform, nach welcher Löhne auch unterhalb des Sozialhilfeniveaus zumutbar sind."

Mein Kommentar: Selten las ich derartigen Schwachsinn wie den von Herrn Hüther!

1. Wenn die Arbeitgeber lieber die billigen Arbeitsplätze auflösen, statt anständige Löhne zu zahlen, besteht für sie in Wahrheit ja gar kein Bedarf an diesen Arbeitsplätzen. Dann gehts ja auch ganz ohne! Also: Wenn er einen Arbeitsplatz schafft, dann muß das auch einen Grund haben, und zwar den, Geld damit zu verdienen. Wenn er Menschen vollzeit arbeiten läßt, ihnen jedoch das Existenzminimum nicht gönnt, verstößt er gegen die Menschenrechte und gehört in den Knast!**

Das Argument, Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze, ist definitiv falsch.

2. Billigjobs sind Knochenarbeit. In diesem Bereich wird ausschließlich gegen Geld gearbeitet und nie zum Vergnügen, lieber Herr Hüther! Lieber nur poor als working poor! Das verlangt mein Stolz!!!

3. Wenn die Arbeitsmarktreform Löhne unter Sozialhilfeniveau gestattet, gehört die Reform auf den Müll. Sie darf nicht als Argument gegen Mindestlöhne herangezogen werden.

4. Ich finde, die Debatte geht am eigentlichen Thema vorbei. Meiner Meinung nach haben wir eine Zweiklassengesellschaft. Es gibt die untere Klasse der Sklaven. Das sind jene, denen von jedem mit Arbeit verdienten Euro ein hoher Prozentsatz an Steuern abgezogen wird. Von dem Rest kann er sich dann Lebensmittel kaufen, für die er dann weitere Steuern - zB Mehrwertsteuern - zahlen muß. Da es genug Sklaven gibt, kann man die überflüssigen getrost ihrem Schicksal überlassen, indem man ihnen Löhne unterhalb des Existenzminimums bezahlt und sich sein schlechtes Gewissen (Moral) damit ausredet, er arbeite ja freiwillig. Ich verweise auf meine ETHIK-Seite, wo ich einen Arbeitgeber zitiere, der den Begriff "Gerechtigkeit" definiert: Gerechtigkeit herrsche, wenn Angebot und Nachfrage sich treffen. Wenn also ein Hungernder sein Haus gegen ein Brot verscherbelt, ist das gerecht.

Dann gibt es die zweite Klasse, die Edelsklaven. Ein Edelsklave zahlt keine Steuern. Wenn ein Edelsklave im Ausland eine Firma aufmacht, kann er die Investitionskosten von den Gewinnen seiner inländischen Firmen abziehen. Auf diese Weise kann er seine Gewinne immer auf Null reduzieren und wird trotzdem immer reicher. Selbstverständlich hat er seinen Reichtum nicht selbst erarbeitet; das tun die Menschen 2. Klasse. Läuft die neue Firma, werden die inländischen Firmen wg. Überkapazitäten geschlossen und die Arbeiter entlassen oder, da es keine Mindestlöhne geben wird, werden sie aus Spaß an der Freud (s.o.) für die Kapitalvermehrung ihrer superreichen Herren schuften.

Warum ich die Bosse lieber Edelsklaven als Bosse nenne? Nun, es ist eine alte Weisheit, daß man für alles am Ende doch bezahlen muß. Sie sind Edelsklaven, weil sie sich völlig in dieses Sklavensystem hineinentwickeln. Dabei verlieren sie ihre Moral. Und die Wahrheit "Entweder du bist moralisch oder du bist nicht!" * wird sie vernichten.

* Die Begründung für diese Behauptung ist in meiner HP nachzulesen.

** (29.3.: Gestern wurde in einem TV-Polit- und Wirtchaftsmagazin ein Friseurmeister interviewt, der sagte, wenn er an Vollzeitkräfte mehr als 3,10 Euro (die genaue Zahl habe ich nicht in Erinnerung) zahlen müßte, also wenn er den derzeit diskutierten Mindestlohn, der das materielle Überleben einer Familie garantiere, zahlen müßte, dann müßte er einige Friseusen entlassen.
Pustekuchen! Warum entläßt er sie denn nicht gleich? Dann würde er sofort mehr verdienen! Also: Entweder er hat genug Kundschaft und er braucht sie, oder er hat nicht genug Kundschaft, und er braucht sie nicht!
Sein Argument, er müsse bei Lohnsteigerung die Preise erhöhen und würde daraufhin Kunden verlieren, stimmt nicht. Der arme Mann hat bereits die wirtschaftliche Abwärtsspirale in seinem Kopf. Hätten die Bonzen ihn und seine Kollegen anders programmiert, würde er denken: "Wenn ich hohe Löhne zahle, können die Arbeiter auch höhere Preise zahlen. Kein Verlust an Kunden! Die Abwärtsspirale wird sein und alle anderen Geschäfte vernichten; eine Aufwärtsspirale würde den Kapitalismus retten. Welche "Logik" ist also besser?

Trackback von:Ulysses Streitzüge [Besucher]
Britannia Rules the Wages
Großbritannien erhöht den gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet 7,28 Euro auf 7,71 Euro (5,35 Pfund). Der “National Minimum Wage” wurde 1999 von der Labour-Regierung eingeführt und seither regelmäßig angehoben.
Geschadet hat&#821...

Kowalski [Besucher]

22.03.06 @ 18:33
Hi Jo,

Exzellente Analyse!

Die grässliche Wortwahl des Herrn Hüther ['Besser working poor als nur poor'] zeigt vor allem eines: Der Mann kann nicht mehr Deutsch sprechen; also kann er auch nicht mehr klar denken! Das Bilden von Assoziationsketten durch den Gebrauch von Schlagwörtern und Anglizismen ('working poor') ist ein sicheres Indiz für Denkunfähigkeit (ideologische Verblödung)! Es ist unglaublich, dass so eine Gestalt ein 'Leiter' ist; ein exzellentes Beispiel übrigens für das, was ich unter 'Irrer' verstehe! Das infernalische Menschenbild das sich hinter diesen verblödeten Schlagwörtern ('working poor') verbirgt, ist erschreckend. 'Lebenszufriedenheit' in einen Zusammenhang mit Arbeit zu bringen, die so schlecht bezahlt ist, dass sie das Existenzminimum ('unter Sozialhilfeniveau') nicht sichert, ist absurd.

Das erinnert mich an einen anderen Irrsinn, den ich neulich hörte, als jemand sagte, dass Menschen aus der 3. Welt aufgrund ihrer Armut (!) immer glücklich seien.

Beste Grüsse,

Kowalski

Hallo Kowalski,

ja, dieser Hüther hat eine verirrte "Intelligenz". Ich schrieb heute an Chris (siehe seinen Kommentar vom 21.3. in "Die Frau, die den Staat abschafft) u.a. folgendes:

"Genaugenommen weiß man erst dann etwas, wenn man es auch zu tun vermag. Diese vielen Irrtümer, denen ausgerechnet viele sog. "Intellektuelle" erliegen, sind Folgen von Kopfgeburten, die nicht vom eigenen Handeln geprüft wurden.
Echte Philosophen gibt es so wenige, weil die meisten Menschen nicht in der Lage sind, abstakte Gedankenkomplexe in den praktischen Lebensvollzug zu übernehmen. Wie lebt man zB den Radikalen Konstruktivismus? Es gibt 1000 Möglichkeiten, zu irren, wenn man ihn bloß im Hirn herumwälzt. Aber wenn man ihn zu leben trachtet, stellen sich die Irrwege (des Denkens) schnell heraus."

Der Theaterkampf
von Hanjoheyer @ 2006-03-24 - 11:47:38
http://www.zeit.de/2006/12/Verfremdung

Hier der für mich relevante Ausschnitt des lesenswerten Artikels:

Wo ist das »Heilige« im profanen Reich des Geldes?

In dieser Furcht liegt die menschenwürdige Abwehr von Dekonstruktion und Beliebigkeit. Gleichwohl wird man das Gefühl nicht los, die Theaterleute würden stellvertretend gestraft, weil man den eigentlichen Grund des Unbehagens nicht fassen will: die Realität, in der wir leben. Wenn man sich schon im Fernsehen dem Weltbürgerkrieg nicht mehr entziehen kann, dem Anblick in die Luft gesprengter Körper, dann scheint Gewalt auf der Bühne schier unerträglich, als Frevel der Wiederholung und Ausbeutung des Schreckens. Ähnliches gilt für die Bilder verschlingende Öffentlichkeit, für die mediale Vampirgesellschaft. Sie macht die Fantasie zur Beute, sie ökonomisiert, vernutzt und verflüssigt, was ihr in die Hände fällt, und es gibt nichts, was nicht in ihren Verwertungskreislauf eingespeist werden könnte. Wenn beispielsweise die PR-Kampagne »Du bist Deutschland« Beethovens Musik zur marktradikalen Umrüstung der Nation einsetzt, wenn sie das Holocaust-Denkmal für den Wertschöpfungspatriotismus missbraucht – dann scheint alles möglich und nichts mehr »heilig«.

Dieser symbolische Kapitalismus ist der ideale Nährboden für das Bedürfnis nach dem »Heiligen« einer neuen Kunstreligion, die vom Schmutz der Welt nicht mehr befleckt und von den Furien des Verschwindens nicht mehr gehetzt ist. Niemand hat dieses Verlangen, wenngleich wider Willen, treffender zum Ausdruck gebracht als Bundespräsident Horst Köhler. Auf der einen Seite geht ihm die ökonomische Deregulierung der Gesellschaft nicht schnell genug, auf der anderen Seite verlangt er von den Künstlern, sie sollten in artiger Werktreue endlich Schutzzonen um die heiligen Klassiker errichten. Köhlers hilfloser Traum ist mit Händen zu greifen: Es muss etwas geben, das jenem ökonomischen Denken entzogen bleibt, das er selbst befördert. Deshalb feiert er »die Kultur« als das Heilige im profanen Reich des Geldes – als symbolische Deckungsreserve in der kapitalistischen Kältezone, als Fels im Meer der wirtschaftlichen Unsicherheit.

Vielleicht hat das Bedürfnis nach einer neuen Kunstreligion, soweit es einen Teil der intellektuellen und politischen Elite befallen hat, noch einen anderen Grund: Es mildert die deprimierende Erfahrung, dass sich die Kernkrisen des Landes nicht mehr bewältigen lassen. Was immer man unternimmt, sie sind auf unverschämte Weise resistent gegen politische Steuerung. Die Regierung wechselt, die Krise bleibt. Und welche Illusion ist nicht der Enttäuschung zum Opfer gefallen: Der Abbau des Sozialstaates befördert nicht die Entstehung neuer Arbeitsplätze. Die Pisa-Studien zeigen Deutschland auf dem Weg in die Bildungsklassengesellschaft. Vom Traum der »Berliner Republik« blieb ein Haushaltsloch. Aus dem zügigen Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses wurde der übereilte Abriss des Palastes der Republik. Die Zukunft scheint abgewohnt; sie ist keine Projektionsfläche mehr für kollektive Wünsche. Am Ende des Tunnels wartet nur mehr die sinnstiftende Kunst und nimmt die Enttäuschten in Empfang.

Mein Kommentar: "Köhlers hilfloser Traum"!

Wieso hilflos? Wieso Traum? Die Antwort, einem Köhler unmöglich zu finden, fällt mir leicht. Es gibt keinen Sinn um Unsinn!
Eben schrieb ich einem Kommentator meines Beitrages "Die Frau, die den Staat abschafft", der sich "Märchen" nennt, folgendes:

"Hallo Märchen,
ich fürchte, du lebst noch ganz im Materialismus, also in der Erscheinungs- oder Schattenwelt. In jener Welt ist nichts, absolut NICHTS, echt! Du brauchst (in der Erscheinungswelt) nicht weiterzusuchen. Wenn du wirklich echte SUBSTANZ willst, Sinn, Bedeutung, dann mußt die die Ebene der Erscheinungswelt verlassen und - wie Kowalski formulierte - dir die vertikale Dimension erarbeiten, um Verbindung mit dem Geistigen aufzunehmen."

Köhlers Universum ist flach. Flach wie die Oberfläche einer Leinwand. Die Figuren im Film sind nicht in der Lage, die Leinwand oder den Filmprojektor zu sehen. Beide sind nicht von seiner Welt.
In Köhlers Welt gibt es keinen Sinn, nur Unsinn. Im "profanen Reich des Geldes" gibt es kein Heiliges! Zwar mahnt Köhler an (und suggeriert das Vorhandensein von Sinn), die Deregulierung der Gesellschaft (=Wirtschaft!?) müsse beschleunigt werden, doch alles Deregulierte ist ohne Regel, ohne Sinn; ist Chaos, Freibeuterei, Untergang der Kultur! Wozu eine Deregulierung dienen soll, vermag er nicht zu sagen. Es gibt keinen Grund, denn Gründe brauchen Regeln.

Vor dem Schwindel der Grundlosigkeit hat Köhler freilich Angst.

Die Kunst ist in seinen Augen etwas, welches der Verzweckung zur Kapitalvermehrung möglichweise noch nicht zum Opfer gefallen ist und dem Menschen möglicherweise noch einen Halt geben kann. Irrtum, mein Kleiner! Wenn ein Van Gogh 97 Millionen einbringt, ist auch Kunst eine Ware. Ich will dir ein Geheimnis verraten: Nichts, gar nichts von Van Gogh war Kunst. Allein Van Gogh selbst war und wird immer Kunst sein. Und ein Köhler wird nie erfahren, was ich meine.

Köhler präsentiert den seelenlosen Anteil der Deutschen. Er präsentiert das Verlorene, das Rettungslose, die Welt ohne Glaube, ohne Liebe, ohne Hoffnung.

Warum scheitern sämtliche Versuche, die "Kernkrisen" zu bewältigen? Ich will es verraten: Weil die Welt der Kapitalisten flach ist, aber die Puzzlesteine, aus denen sie ihr Weltbild zusammensetzen wollen, lassen sich nur dann stimmig zusammenfügen, wenn man sie zu einer Kugel fügt. Köhlers (und Merkels) Denken fehlt die entsprechende Dimension.

Köhlers Welt ist flach, weil er selber flach ist. Am 21.3. schrieb ich: "Entweder man ist moralisch oder man ist nicht". Moral - das ist die Dimension, die man braucht, um eine Kugel bilden zu können. Aus der dritten Dimension betrachtet ist die flache Welt leicht überschaubar und leicht zu begreifen. Für Köhler ist sie ein undurchdringlicher Sumpf. Kein Wunder, das alles, was aus Politikermündern kommt, Schlamm ist.

Köhler ist nicht. Er ist ein Schatten. Er ist ohne eigene Existenz. Seine einst lebendige Seele ist zum toten Mechanismus geronnen. Nun exorziert er das letzte Leben aus sich und seiner Welt, mahnt Deregulierung, Beschleunigung, an. Doch das einzige, was er beschleunigt, ist sein eigener Untergang.

Apropos "Beschleunigter Untergang": Hierzu fand ich eben:
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=5&idart=1532

Schattenmenschen haben nun einmal keine Möglichkeit, zu denken. Sie sind immer und immer Sachzwängen ausgesetzt, die jedes Denken verhindern. Selbstverständlich weiß ein Steinbrück oder ein Köhler oder eine Merkel, daß alles, was sie tun, falsch ist, aber - und nur das zählt - sie KÖNNEN das Richtige, das Rettende nicht tun!!

Sie handeln wie Nichtdenkende - also denken sie nicht.

Der oben zitierte Essay endet mit: "...dann müsste eigentlich ein Höllengelächter ausbrechen." - So ist es! Man muß die Politiker und die Wirtschaftsbosse - ich nannte sie Edelsklaven - als Witzfiguren betrachten. Dann kommt man leichter durchs Leben...

Welchen Rat würde ich unserer politischen und wirtschaftlichen Führung, wenn sie mich fragen würde, was allerdings unvorstellbar ist, geben? - Nun, ich würde mit ihnen herausarbeiten, welche Zukunft aus ihrem Verhalten resultiert. Und dann würde ich sie fragen, welche Zukunft, welche Utopie, sie anstreben. In welcher Welt sie leben wollen.

Außerdem würde ich ihnen zeigen, daß ihre Welt, wie sie sie kennen, in eine höherdimensionale Realität eingebettet ist. Ich würde ihnen erklären, was Religion wirklich ist, würde ihnen zeigen, daß Steuerung immer von oben kommt und nie von unten. Oben wird gesteuert, was sich unten entwickelt. Kreativität, Innovation, kommt von oben, also aus einer Sphäre, die der Wissenschaft (und erst recht der Wirtschaft) unzugänglich ist. Ich würde ihnen etwas von Energie erzählen, von geistiger Energie, und ich würde ihnen zeigen, wie man Energie in Dinge stecken kann, um sie zu beleben und Energie abziehen kann, um zu töten (zum Mechanismus zu machen). Ich würde sie wiederbeleben, wiederverzaubern, was sonst?

Kowalski [Besucher]

24.03.06 @ 14:26
[Jo]: Ich will dir ein Geheimnis verraten: Nichts, gar nichts von Van Gogh war Kunst. Allein Van Gogh selbst war und wird immer Kunst sein. Und ein Köhler wird nie erfahren, was ich meine.

# Alberto Giacometti (1901 - 1966) stellte einmal die Frage, was man aus einem brennenden Haus retten sollte: das unschätzbar wertvolle Kunstwerk oder eine einfache Katze. Er entschied die Frage zu Gunsten der Katze!

Er selbst ein Künstler, dessen Werke mittlerweile auch Millionen Euro kosten, meinte über seine eigenen Kunstwerke, dass sie ihn nicht interessierten. Er sei allein an dem inneren Prozess interessiert, der dem Schaffen des Kunstwerkes vorausgeht!

Und dann haben wir auch noch Marcel Duchamp und Joseph Beuys, die sich auf ihre Weise der Kommerzialisierung der Kunst zu entziehen versuchten, indem sie das Kunstwerk bewusst profanisierten. Eine Kloschüssel oder eine Fettecke als Kunstwerk, das würde jetzt bestimmt keiner mehr kaufen, so dachten sie, doch weit gefehlt! Ihre 'Kunstwerke' kosten Unsummen, bis in die Millionen und sie werden als grosse Künstler gefeiert, obwohl ihre eigentliche Botschaft darin bestand, dass die Kunst tot sei, denn in der modernen Gesellschaft sei jeder ein Künstler und deshalb sei niemand ein Künstler.

Beste Grüsse,

Kowalski

Ich lehne mich auf, darum bin ich
von Hanjoheyer @ 2006-03-25 - 11:17:44
In dieser Hommage von Fritz J. Raddatz an Siegfried Lenz trat für mich folgender Absatz hervor:

"Wo Herrschende ein gutes Gewissen zur Schau stellen, da geschieht es auf dem Grab einer freien Literatur. "Unsere Herrschenden, ob Bankbosse oder der dubiose Präsident Bush, haben ein geradezu peinigend gutes Gewissen; rein - wie Hochhuth einmal schrieb -, weil nie benutzt."

Da ich gestern über einen Präsidenten, nämlich Horst Köhler, schrieb, möchte ich diesen Gedanken mit dem gestern Geschriebenen in Beziehung setzen.

Ich verbinde "Gewissen" mit der jeweiligen persönlichen Weltanschauung der betreffenden Person. Bush & Co. sind m.E. gewissenlos, weil sie eine Weltanschauung haben, die ihre Handlungen in einem positiven Licht erscheinen läßt. Diese Herren haben am Maßstab ihrer Weltanschauung ein reines Gewissen.

Ich halte Bush und Köhler für intelligent genug, daß sie einsehen, daß sie nicht gegen ihr Gewissen handeln dürfen. Gewissenlos sind sie sicherlich nur am Maßstab des Weltbildes der Bürgerlichen, also der Opfer ihrer seit Jahrhunderten andauernden systematischen Manipulationen. Ich gehe davon aus, daß sich unsere Präsidenden DIESES Bürger-Gewissen (in meinen schärfer formulierten Essays nenne ich es Sklavenmoral) nicht zu eigen gemacht haben.

Bush und Köhler sind Kriegs- und Wirtschaftspräsidenten. Sie sind davon überzeugt, daß ihre Kriege gut sind und daß die Spielregeln der Wirtschaft als Naturgesetz taugen.

Beide irren.

Ich könnte nun fordern, daß solche stupiden Herren in die Wüste geschickt werden sollten, aber weit gefehlt: Ich werde es nicht tun, denn sie sind ein Spiegel des Bewußtseins der Massen. Wäre die US-Bevölkerung nicht selbst kriegerisch, - wäre sie nicht bereit, ihre Söhne aufgrund ihrer maßlosen Verschwendungssucht in organisierten Raubzügen zu opfern, - kein Präsident würde es wagen, sich öffentlich "Warpresident" zu bezeichnen.

Wäre die deutsche Bevölkerung nicht derart auf individuellen materiellen Wohlstand, zur Not auch auf Kosten des Nachbarn, fixiert, könnte kein Köhler daherkommen und sagen, die Wirtschaft sei Basis allen Wohlstandes, und Wirtschaft = Konzerne. Und wenn wir die Konzerne machen lassen, was sie wollen, kann das nur gut für uns sein. Irgendwie hofft der deutsche Spießer ja doch, daß er vom Erfolg der ungehemmten Gier der Bosse auch etwas abbekommt. Seit das deutsche Volk keinen Glauben mehr hat außer dem an die Wirtschaft, hat es genau den richtigen Repräsentanten. Unsere Politiker lügen, weil das Volk Lügen und nichts als Lügen hören und lesen will. Der Erfolg von BILD ist mir der sicherste Beweis.

Solange BILD in Deutschland erfolgreich ist, setze ich keinen Pfifferling auf eine positive Zukunft unseres Landes. Ich möchte es noch einmal ganz deutlich sagen: Alle BILD-Leser sind dumm, daß es kracht!

In der ZEIT stand neulich, wer mehr über Geschichte wissen will, muß auf Guido Knopps Fernsehmachwerke verzichten. Ich ergänze: Wer ein bißchen weiser, ein bißchen intelligenter werden will, muß auf BILD verzichten.

Nachtrag: ein Fund in SPIEGELonline ( http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,407816,00.html ):

Köhler wirbt für deutschen Kongo-Einsatz

"Bundespräsident Köhler schaltet sich in den Streit um einen möglichen Bundeswehr-Einsatz im Kongo ein. Er findet, Deutschland müsse beim Aufbau von Demokratie in Afrika helfen. Der Chef des Bundeswehrverbands findet, dieses Argument sei "dummes Zeug".

Was der General nicht sagte: Es geht darum, daß sich die deutsche Bevölkerung an derartige Einsätze gewöhnt.


Ursachen der Massenarbeitslosigkeit
von Hanjoheyer @ 2006-03-28 - 13:43:23
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=8&idart=44

Ich möchte diesen lesenswerten Artikel ergänzen.

Der Artikel besagt, die Ursache der Massenarbeitslosigkeit sei nicht auf den Produktivitätszuwachs in der Wirtschaft zurückzuführen wie viele Märchenerzähler in Presse und Fernsehen immer wieder behaupten. Als Beispiele führen sie Konzernstatistiken an, aus denen hervorgeht, wieviele Autos von wie vielen Arbeitern in welcher Zeit gebaut werden. Heute baue ein Arbeiter das Vielfache an Autos wie vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten. Da die Verkaufszahlen nicht mit der Produktivitätssteigerung mithalten können, werden Arbeitskräfte entlassen. Das ist richtig. Das ist logisch. Aber das ist trotzdem falsch, wenn man es auf den Staat als Ganzes extrapoliert.

Der Staat ist nämlich mehr als Wirtschaft. Der Staat ist nicht nur ein Wirtschaftssystem, sondern zudem ein Sozialsystem.
Der Artikel besagt, es gebe genug Arbeit, nur werde sie nicht gemacht, und das sei der Grund der Massenarbeitslosigkeit.

Hier endet der o.g. Artikel, und hier beginnt meine Ergänzung.

In "Die Frau, die den Staat abschafft" und vielen anderen Beiträgen diskutiere ich die Tatsache, daß die Konzerne in einem Machtkampf den Staat besiegt haben und nun dabei sind, den Staat zu privatisieren oder mit anderen Worten: ihn auszuschlachten.

Alles, was über das Konzerngeflecht hinausgeht, wird ignoriert. Diese Ignoranz wird via Schulen, Universitäten und Massenmedien in die Köpfe der Menschen gepflanzt. Nur wenige Menschen sind noch imstande, zu sehen, was über das Wirtschaftssystem hinausgeht. Die andern "sehen ein", daß alles, was sich nicht wirtschaftlich rechnet, keine Existenzberechtigung habe. Im o.g. Artikel heißt es:

Fehlt für jene, deren Arbeitsplatz wegrationalisiert wird, zwangsläufig jede Beschäftigungsalternative? Wer so denkt, unterstellt, es gebe nichts mehr zu tun, unsere Bedürfnisse seien befriedigt. Zunächst ist daran zu erinnern, dass sich Automaten, Roboter und Computer immer noch nicht selbst produzieren. Auch die Fertigungs-Automaten bei BMW müssen konstruiert, produziert und gewartet werden. Und breite Bevölkerungsschichten haben einen durchaus berechtigten Bedarf. Zum Beispiel an besseren und ruhigeren Wohnungen, an einer besseren Ausbildung ihrer Kinder. Viele Familien mit Kindern müssen scharf kalkulieren; sie schränken sich ein, beim Essen , bei der Kleidung; ein hoher Prozentsatz verzichtet noch immer auf die Ferien, auf das in der meinungsführenden Schicht übliche abendliche Ausgehen sowieso. Es ist eine für die gehobene Mittelschicht typische Unterstellung, von den breiten Massen anzunehmen, ihr Bedarf sei gedeckt. Doch es gibt auch jenseits des Konsums Bedürfnisse. Wie wenige Beispiele zeigen: Für die Infrastruktur vieler unserer Städte wird nur das Notwendigste getan, Schwimmbäder werden geschlossen; die Klassenstärken in den Schulen werden größer statt kleiner; die Bäche am Oberlauf des Rheins müssten renaturiert werden, wenn man Bonn und Köln vor weiteren Überschwemmungen schützen wollte - um nur einige Beispiele zu nennen. Die Arbeit geht wirklich nicht aus.

WARUM wird die Arbeit, die gemacht werden müßte, nicht gemacht? Weil der Staat sich infolge der Gehirnwäsche seiner Beamten als Wirtschaftsunternehmen sieht und nicht als Volksgemeinschaft. Der Staat müßte seine Steuereinnahmen dazu verwenden, jene Dinge zu erledigen, an der die Wirtschaft kein Interesse hat oder haben darf.

Die Wirtschaft hat weder an Bildung* der Bürger Interesse, noch an einer sauberen Umwelt. Mit der Ausbeutung der Umwelt läßt sich Geld verdienen, nicht mit Umweltschutz. Mit der Ausbeutung des Menschen läßt sich Geld verdienen, nicht mit dessen Seelenbildung. Krankenhäuser, Krankenversicherungen und Pharmaunternehmen dürfen nicht in Privatbesitz sein, da sie ein Interesse an ihrer eigenen Überflüssigmachung haben MÜSSEN. Kein Wirtschaftsunternehmen will sich selbst abschaffen, aber das Gesundheitswesen soll es wollen; schließlich sollte ein Staat an einem gesunden Volk interessiert sein. Ebensowenig will die Industrie einen kritischen, selbstbewußten Bürger. Die Existenz der Werbeindustrie beweist, daß die Wirtschaft an einem unmündigen, verblödeten BILDlesenden und RTL2-schauenden Konsumenten interessiert ist.

Aus diesen Gründen haben Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Pharma- und Versicherungsunternehmen, Gefängnisse, Armee, Polizei, Regierung, Verwaltung, Naturschutz, Energie- und Verkehrsnetze u.a.m. nichts in Unternehmerhand zu suchen, müssen jedoch von ihr über Steuern finanziert werden.

Folgendes Gesetz müßte gemacht werden: Alle Unternehmen, die im Krieg gegen die Konkurrenz gesiegt haben und es zum Monopolisten gebracht haben, haben sich selbst aus dem kapitalistischen Wettbewerb hinausmanöwriert und werden verstaatlicht.

Wir haben Massenarbeitslosigkeit, weil alles Außerwirtschaftliche vernachlässigt wird.

http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=8&idart=152

Warum wird die deutsche Wirtschaftssituation derart bejammert? Nun, ganz einfach: Die Wirtschaft jammert, um plausibel zu machen, daß sie den Staat nicht finanzieren will. Sie weiß, daß ihre Profite am größten sind, wenn man die Gewinne selbst einstreicht und die Kosten der Allgemeinheit aufbürdet.

* Das PISA-Debakel hat seine Ursache darin, daß die Schulen von Bildung auf Ausbildung umgestellt werden. Der ehemals angestrebte aufgeklärte Bildungsbürger ist nicht der FACHIDIOT, den sich die Industrie wünscht. (Dies ist nicht meine Privatmeinung, sondern ich habs so in der ZEIT gelesen.)

Halbjahresbilanz
von Hanjoheyer @ 2006-03-29 - 13:50:22
Nach gut einem halben Jahr "die-zeit.blog" möchte ich Bilanz ziehen. Was ist die Bewußtseins-Essenz meiner ZEIT-Forschungsreisen?

Mein Leitspruch in www.hanjoheyer.de/Politik.html "Alle Politiker lügen immer" hat sich bestätigt. Die reale Politik ist geheim; was wir in den Massenmedien erfahren, ist tumbe Bühneninszenierung. DIE ZEIT, beileibe kein Massenmedium, erlaubt einen - wenn auch unvollständigen - Blick hinter die Kulissen.

Das sogenannte Aussterben der Deutschen, die Rentenversicherungs- und Arbeitslosenproblematik sowie der Kampf um Erdöl und gegen den Weltterrorismus sind künstlich inszenierte Ablenkungsmanöver.

Die Überalterung des Volkes wird ausschließlich deshalb als Problem in das beim Volk leider nur punktuell erzeugbare Bewußtsein gerufen, um die geplanten Rentenkürzungen und die Privatisierung der Rentenversicherungen zu begründen. In Wahrheit leidet die Welt an Übervölkerung. Die Rentenkassen könnten auf einen Schlag gefüllt werden, wenn die Produktivitätssteigerung sich nicht nur in den Kassen der Konzerne, sondern auch in denen der Arbeiter niederschlagen würde.

Die Arbeitslosenproblematik würde man sofort auflösen können, wenn man den Ausverkauf des Staates stoppen und den nicht in der Produktion steckenden, nun arbeitslosen Bevölkerungsteil, in jene Bereiche "stecken" würde, die nicht privatisiert werden dürfen, also in Umweltschutz, Alten- und Krankenpflege, Kulturbetrieb (siehe Liste des gestrigen Blog-Eintrags).

Der Kampf ums Erdöl wäre sofort beendet, wenn man die Ölkonzerne und andere Energiemonopolisten entmachten und wenn man die alternativen Energien fördern würde. Längst könnte JEDES deutsche Dach Sonnenkollektoren tragen, längst könnten Häuser gebaut sein, die kaum noch geheizt zu werden bräuchten. Sämtliche Privatreisen im Auto, die über 100 km betragen, könnten auf die Schiene (Autoreisezüge) verlagert sein. Die Straßen-Schienenkopplung für Pivatreisen und Gütertransporte könnte könnte jede Menge Energieverschwendung verringern.
Um das durchzusetzen, bräuchte es allerdings mehr und nicht weniger Staat.

Den Weltterrorismus gibt es nicht. Er ist ein Hirngespinst einiger verrückter Politiker, die die Bürgerrechte vor allem im eigenen Lande eingeschränkt wissen wollen.

Die komplette Ausrichtung des menschlichen Bewußtseins auf die Wirtschaft und die komplette Vernachlässigung von Religion und Geisteswissenschaft muß sofort beendet werden. Die komplette Vernutzung des Menschen muß ein Ende haben.

30.3.: Oben schrieb ich von Ablenkungsmanövern seitens Politik und Wirtschaft. Ablenkung wovon?

Ablenkung von wahrer Spiritualität! Heute schrieb ich:

"Materie ist für mich (entsprechend Weizsäckers Spruch) Geist, der nicht als Geist erscheint. Insofern kann man von einer "Identitätstheorie" sprechen: beides ist derselbe Geist.

Allerdings muß die Materie, da sie sich vom Geist unterscheiden muß, um als Gegenüber funktionieren zu können, nach anderen Regeln funktionieren, als es der Geist selbst tut. Materie kann demnach kein Spiegel des Geistes sein, die den Geist 1 : 1 spiegelt, sondern muß ihn als Gegensatz spiegeln. Einheit spiegelt sich als Vielheit; Ewigkeit spiegelt sich als Vergänglichkeit, Ewige Gegenwart spiegelt sich als Zeitpfeil, Raumlosigkeit spiegelt sich als Ort im Raum usw..

Erst wenn man dieses "umgekehrte" Spiegeln verstanden hat, kann man aus dem Verhalten der Materie wieder auf das des Geistes schließen.

Wenn nun der Geist den Fehler macht, seine materielle Spiegelung 1 : 1 auf sich zu beziehen, (indem er die Todsünde begeht, zu glauben, was er sieht,) zieht er die falschen Schlüsse, und da die mat. Erscheinung auf den Geist zurückwirken kann, kann sich die Seele völlig umgestalten zur Materie. Sie selbst löst sich auf und wird Materie, ganz Körper. Die Seele stirbt den realen Tod (im Gegensatz zum illusorischen Tod des Leibes); ich glaube in der Bibel heißt er der "Zweite Tod".

Ich will weder ganz Geist, noch ganz Körper sein, sondern eine Dreiheit: Körper, Geist und die (Intelligenz erzeugende) Verbingung beider.

(Ich habe meine Einträge vom 21.3. ("Mindestlohn") und 28.3. ("Ursachen der Massenarbeitslosigkeit") erweitert)

repuhan [Mitglied]
http://remo.puls.googlepages.com
30.03.06 @ 16:51

Ein Großteil unserer heutigen Probleme wäre, mit ein wenig guten Willen und Einsatz in den richtigen Bereichen, tatsächlich zu meistern. Unsere Politiker sind aber leider gedanklich nur in eine Richtung fixiert, dem wirtschaftlichen Wachstum. Anstatt Probleme wirklich zu lösen, werden immer neue Baustellen, für die sie dann auch keinen richtigen Plan haben, aufgerissen.

Hallo Repuhan,

glaubst du wirklich, daß sie keinen Plan haben oder hältst du es wie ich für möglich, daß sie doch Pläne haben, diese nur geheimhalten. Dann wäre ihre Planlosigkeit bloß eine scheinbare, und die vielen Lügen und Widersprüche ihres Tuns wären eine Folge ihres Doppellebens aus realem Handeln und Bühneninszenierung.

Ich behaupte, daß sie in Wahrheit nicht daran DENKEN, für das Wohl des Volkes zu arbeiten.

Früher glaubte ich ja noch, daß sie ausschließlich deshalb im Geheimen arbeiteten, weil sie klug und langfristig und das Volk allzu dumm, kurzsichtig und egoistisch sei, und daß deshalb viele notwendige Maßnahmen unpopulär seien.

Erst seit ich sehe, daß unbedingt Notwendiges (zB Umweltschutz, Energiesparen u.v.a.m.) von Wirtschaft und Politik in keinster Weise angegangen wird, glaube ich nicht mehr an ehrenwerte Ziele dieser "Elite". Heute glaube ich, daß sie einer falschen Philosophie zum Opfer gefallen sind: dem monistischen Materialismus.

jo

80 Millionen Verschwender
von Hanjoheyer @ 2006-03-31 - 12:07:59
ZEIT vom 23.3.:

Der Experte für die Logik von Energiesystemen Nebojsa Nakicenovic, Professor in Wien, erklärte, daß die Versorgung der Industriestaaten mit noch mehr Energie kein einziges Problem löst, sondern ausschließlich das Energiesparen (andernfalls werde nur die Verschwendung verstärkt). Unsere Erz-Kapitalisten wollen davon natürlich nichts wissen, denn der Globale Kapitalismus ist auf Verschwendung angelegt, und da die Spielregeln des Kapitalismus ja angeblich Naturgesetzcharakter haben, kann daran auch nichts geändert werden. Merkel & Co setzen weiterhin auf Verschwendung.

Einschub 10.4.: ZEIT vom 6.4., "Wirtschaft": "Die Zukunft wird vertagt - Auf Angela Merkels Energiegipfel reden die Auguren über sparsameren Energiereinsatz. Doch statt zu handeln, bilden sie eine Arbeitsgruppe." In diesem Artikel geht es darum, daß eine vernünftige Energiepolitik nur darin bestehen kann, die Energieproduktivität zu erhöhen. Aber da dieses Ziel keine Lobby hat, sollte die Regierung diese "Lobyarbeit" selber machen. Mein Kommentar: Leider können die monopolistischen Energieanbieter mit Sparen nicht genug Geld verdienen. Und da die Regierung gegen diese Monopolisten nichts unternehmen kann, passiert auch nichts. -

In "Energie aus dem Eismeer" (ZEIT vom 23.3.) heißt es, die Russen fackeln 30 % (!) ihres Erdgases, das bei der Erdölförderung abfällt, einfach ab, weil man aus geschäftlichen (also rationalen!?) Gründen nicht warten kann, bis auch für das Gas Leitungen gelegt sind. Verschwendung rechnet sich.

Zwar schwadronieren Merkel & Co. täglich von einer Bildungsoffensive; aber in Wahrheit wird Bildung abgebaut. In "Zöllners Lehrgeld" heißt es, daß die Finanzströme in die Universitäten hauptsächlich und zunehmend in ökonomisch verwertbare Forschungen fließen und nicht in die Lehre. Man ist an neuen Produkten interessiert, nicht an gut ausgebildeten Studenten. Selbige Information erhalten wir auch aus "Das Frosch-Syndrom" (ZEIT vom 23.3.). Untertitel: "Deutschland und seine EU-Partner wollen unbedingt in die Bildung investieren - und tun es nicht".

Alles paßt zusammen. Der freie Kapitalismus ist eine Krankheit!

Apropos Krankheit: In "Guten Appetit" heißt es, sämtliche "Forschungsergebnisse", bei denen angeblich die Schädlichkeit diverser natürlicher Substanzen in Nahrungsmitteln nachgewiesen wurde, wurden in neuen Studien widerlegt. "Ballaststoffe schützen nicht vor Dickdarmkrebs, Fettarmes nicht vor Brustkrebs, Obst und Gemüse nicht vor Tumoren in Prostata oder Lunge" usw.. Krank macht jetzt, was man mit Widerwillen esse und gesund sei, was schmeckt. Der Placeboeffekt - eine Verballhornung des Wortes GLAUBE, mit dem kein moderner Mensch mehr etwas anfangen kann - ist das Einzige, was wirklich hilft oder schadet.

Was ist gerecht?
von Hanjoheyer @ 2006-04-03 - 12:42:33
http://www.chrismon.de/cframe-begegn.html

Chrismon, Beilage der ZEIT

Hier diskutiert ein Lügner mit einem Ratlosen. Das Ergebnis: Unsinn!

Im Einzelnen:

Wenn alles weitergeht wie gehabt, kann die deutsche Wirtschaft nicht gegen China konkurrieren und verliert im globalen Wirtschaftskrieg. So könnte man Sinns Lageanalyse auf den Punkt bringen.

Da Sinn von den Superreichen gefördert wird, versucht er zu erreichen, daß die Armen die Wirtschaft konkurrenzfähig halten, damit die Reichen noch reicher werden können, und zwar, indem die Armen als "working poor" (was ja besser als nur "poor" sein soll, hi hi, hi!) für einen Hungerlohn arbeiten sollen.
Von den Gewinnern des Kapitalismus zu verlangen, selbst für ihre Konkurrenzfähigkeit etwas tun, wäre ja bloß gerecht, aber es wäre nicht effizinent und würde gegen Sinns Verständnis des Kapitalismus verstoßen.

Damit es keine Aufstände gibt, soll der Steuerzahler, also die geringerverdienende Mittel- und Unterschicht, den Fehlbetrag zum Existenzminimum der zum Hungerlohn Vollzeitbeschäftigten beisteuern. "Kombilohn" heißt dieses Modell. Der Kombilohn ist ja eine klasse Sache: Der superreiche Arbeitgeber braucht kaum Löhne zu zahlen; der Steuerzahler, also der geringerverdienende "Mittelstand" bezahlt den Rest. Sinn ist der Meinung, man bräuchte den Lohn bloß so gering ansetzen, daß der Mensch billiger als die Maschine werde, und schon sei das Problem der Massenarbeitslosigkeit gelöst. Gerecht sei das zwar nicht - von so einem Lohn kann ein Mensch nicht leben - aber der Kapitalismus sei nun einmal (!) nicht gerecht, sondern nur effizient. Effizient für wen? Natürlich nur für den Superreichen, der sich seinen maßlosen Luxus schamlos von den Habenichtsen erwirtschaften läßt. Der Superreiche braucht für die Konkurrenzfähigkeit nichts zu zahlen; er zahlt keine Steuern, da er seine Investitionskosten, zB für Errichtungen von Fabriken im Ausland, was hierzulande Arbeitsplätze vernichtet, von den Gewinnen der heimischen Fabriken abziehen kann, sodaß die zu versteuernden Gewinne stets Null sind. Auf diese Weise finanziert der gering verdienende Arbeitnehmer seine eigene Abschaffung. Bekommt er Abfindung (wie bei AEG), muß er diese selbstverständlich versteuern. Das ist zwar ungerecht, aber effizient.

Daß Sinn hanebüchenen Unsinn verzapft, liegt auf der Hand. Die Superreichen entziehen dem kapitalistischen System sämtlichen Lebenssaft, das Geld. Sinn vergißt, daß sein ach so heiß geliebter Kapitalismus nur dann funktioniert, wenn das Geld, das sich "oben" ansammelt, wieder nach unten gepumpt wird. Es MUSS wieder unter die Kleinen Leute gebracht werden. Der Kapitalismus kann nur als Kreislaufsystem funktionieren. Und da selbst Adam Smith geschrieben hat, daß Wirtschaft nicht ohne politische Steuerung funktionieren kann, sollte Sinn einsehen, daß die Wirtschaft nie mehr Macht als die Politik, die die Wirtschaft effizient kontrollieren muß, haben darf.

Deshalb müssen alle Konzerne, die zu groß geworden sind und eine Monopolstellung erreicht haben, unbedingt verstaatlicht werden. Außerdem müssen die Reichen zum Steuerzahlen gezwungen werden, und mit diesen Geldern werden jene Institutionen unterhalten, die nicht privatisiert werden dürfen und unter staatlicher Hoheit geführt werden müssen, zB Krankenhäuser, Schulen, Gefängnisse, Zentrale Energieversorger, Versicherungen, Straßen u.v.a.m. - siehe meine vorherigen Beiträge in diesem Blog.

Wenn Leute wie Sinn nicht endlich gestoppt werden, bekommen wir Verhältnisse wie in Frankreich, wo die Jugend aufsteht und die "Elite" in die Schranken zu weisen beginnt.

Auch unsere "Elite" hat versagt. Wir werden von Verbrechern manipuliert. Ich jedenfalls lasse mich nicht von jenen Ganoven täuschen, die die Macht haben, ihre Verbrechen per Einflußnahme auf die Gesetzgebung legalisieren zu lassen. In meinen Augen sind sie trotzdem nichts als Verbrecher.

Die Berlusconisierung unserer Gesellschaft muß gestoppt werden.

Jürgen Habermas schrieb ( http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=5&idart=1550 ):

Die weltwirtschaftlichen Bedingungen, die sich im Zuge der Globalisierung verändert haben, verwehren heute dem Nationalstaat einen Zugriff auf die Steuerressourcen, ohne die er die eingewöhnten sozialpolitischen Ansprüche, überhaupt die Nachfrage nach kollektiven Gütern und öffentlichen Dienstleistungen nicht mehr in gebotenem Umfang befriedigen kann. Andere Herausforderungen wie die demographische Entwicklung und eine verstärkte Immigration verschärfen die Situation, aus der es nur einen offensiven Ausweg gibt: die Zurückgewinnung der politischen Gestaltungskraft auf supranationaler Ebene. Ohne konvergente Steuersätze, ohne eine mittelfristige Harmonisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitiken überlassen wir das Schicksal des europäischen Gesellschaftsmodells fremden Händen.

Elektrojuergen [Mitglied]
03.04.06 @ 13:27

Die Politik wirtschaftet im Interesse des Kapitals den Staat zugrunde . Das mag ja das Gesetz des Kapitalismus sein , das funktioniert aber nur so lange wie sich niemand dagegen wehrt . Es scheint aber so das die Mehrheit der Bundesbürger noch zufrieden ist , jedenfalls nicht so unzufrieden das solche Massenaktionen wie sie jetzt in Frankreich laufen . Die letzten Landtagswahlen haben es wieder einmal gezeigt

Der Einzelkämpfer
von Hanjoheyer @ 2006-04-04 - 22:23:24
Was bewegt Peter Bofinger?

Er ist der Außenseiter im Sachverständigenrat der Regierung. Er plädiert für höhere Löhne und mehr Staatsausgaben...

... Mein Aha-Erlebnis war Stützels (Bofingers Professor während des Studiums) Vorlesung über die Rationalitätenfalle", sagt er. Keynes' These, daß etwas, das beim Einzelnen gut sein kann, nicht unbedingt gut sein muß, wenn alle es tun. "Wenn zum Beispiel ein einzelnes Unternehmen seine Löhne senkt, dann ist das zunächst gut für das Betriebsergebnis. Wenn das aber alle Unternehmen machten, dann bekämen wir eine fette Deflation."

Mein Kommentar: Leider haben die anderen Experten des Sachverständigenrates dieses Aha-Erlebnis nicht gehabt oder - schlimmer noch - sie verfolgen ganz andere Ziele als ein stabiles Wirtschaftssystem. Vielleicht wollen sie ja die "fette Deflation".

Schauen wir uns doch mal an, wer an einer Deflation verdient. Vielleicht wissen wir dann, was die andern Sachverständigen planen.

Nun, wenn alles den Bach runter geht, wird alles billiger, und wer dann genug Geld hat, kann sich alles zum Ramschpreis kaufen. Alles klar. Es geht um die Geschäfte der Superreichen.

Bofinger kämpft gegen Windmühlen. Die Mehrheit des Sachverständigenrates, Hans Werner Sinn (s. "Was ist gerecht?" v. 3.4.), Michael Hüther (s. "Mindestlohn in Deutschland?" v. 21.3.) - sie alle sind Anwälte derer, die den Staat ausplündern wollen, aufkaufen zum Spottpreis wie bei einer Zwangsversteigerung. Die millionen Opfer sind denen sicherlich völlig egal.

Kowalski [Besucher]

05.04.06 @ 10:22
Hi Jo,

es gibt noch andere Fallen als die der Rationalität. Es gibt da u.a. beispielsweise die sich selbsterfüllende Prophezeihung. Hinter allen diesen Fallen steckt das Phänomen der 'Reflexivität' und der Rückbezüglichkeit. Es ist wie an der Börse. Du erwartest sinkende Kurse, also verkaufst Du. Wenn das jetzt alle täten, hätten wir einen Crash. Wenn also mehr oder weniger alle dasselbe denken, sagen, tun, haben wir in einem übertragenen Sinne einen 'Crash' oder eine 'Panik', dessen Ursache allein darin beruht, dass zuviele Menschen dasselben denken, sagen, tun. Ist man blind für das Phänomen der Reflexivität, wird nach kausalen Ursachen geforscht, eine soziologische Studie nach der anderen verfasst, die wildesten Wirtschaftstheorien entwickelt, und dabei ist es doch alles ganz einfach: wenn zuviele Menschen dasselbe denken, sagen, tun, bewirkt das langfristig Probleme, die sich allein dadurch lösen lassen, dass die Menschen nicht mehr alle dasselbe denken, sagen, tun.

Beispiel: Wenn zuviele Frauen 'Karriere' machen, kommt es u.a. zu Geburtenrückgängen. Die Politik kann jetzt für Rahmenbedingungen sorgen, in denen nicht zuviele Frauen Karriere machen wollen, indem es beispielsweise finanzielle Anreize gibt, Mutter zu werden.

Finanzielle Anreize sind eine Lösung innerhalb des Systems, um Systemschwächen abzufedern. Allerdings ist es jetzt so, dass das eigentliche Problem stets in dem System selbst zu suchen ist. Wenn beispielsweise die eigentliche Ursache, dass zuviele Frauen Karriere machen wollen, darin zu suchen ist, dass sie gar nicht wollen, sondern müssen, weil ihre Männer nicht mehr genug Geld verdienen, um eine Familie versorgen zu können, weil die Globalisierung und neo-liberale Wirtschaftstheorien dafür gesorgt haben, dass die Reallöhne immer weiter gesunken sind, dann haben wir es mit einem systeminduziertes Problem zu tun. Das Perfide an dieser Situation kommt dann zum Tragen, wenn der politische Wille fehlt, die Systemschwächen abzufedern. Das passiert immer dann, wenn die Menschen blind für das Phänomen der Reflexivität werden. Eine andere Möglichkeit besteht natürlich darin, dass die Reichen und Mächtigen das so wollen.

Das Phänomen und die Problematik der Reflexivität, und die Lösung derselben, war den grossen Weisheitslehrern wohlbekannt und findet sich verewigt in den verschiedenen Versionen der Goldenen Regel:

"Tue andern, was Du willst, dass man es Dir auch tut." (Das ist die moralische Kernlehre des Christentums.)

"Tue andern nichts, was Du willst, dass man es Dir nicht tut." (Rabbi Hillel nannte diese Forderung 'Torah auf einem Fuss'.)

"Erlaube andern nicht, Dir zu tun, wie Du Dir selbst nicht erlaubst, andern zu tun; Wünsche für andere, was Du für Dich selbst wünscht." (Das ist die ethische Kernlehre im Sufi-Islam.)

Beste Grüsse,

Kowalski

Hallo Kowalski,
wir haben es also mit dem sog. Herdentrieb zu tun.

Die Majorität der Wirtschaftsweisen, sowie die in diesem Blog vorgestellten Hans Werner Sinn und Michael Hüther sind offensichtlich der Ansicht, daß in einer globalisierten Wirtschaft egoistisches Handeln ausreiche, daß also aus der Aufsummierung vieler egoistischer Handlungen so etwas wie soziales Handeln, das der Allgemeinheit nützt, entstünde.

Bofinger, Flassbeck, du und ich sind hingegen der Ansicht, daß aus der Anhäufung beschränkten egoistischen Handelns nie gemeinnütziges globales Handeln entsteht, gleichwie eine höhere Qualität nie aus einer Quantität niederer Qualität entstehen kann. Die globalisierte Welt hat mindestens eine Dimension mehr als, als die Welt der Egoisten. Man erhält keine Intelligenz, wenn man 10000 Dummköpfe in eine Arbeitsgemeinschaft steckt.

Wir sind der Ansicht, daß die globalisierte Wirtschaft globales Denken erfordert, also einen Intellekt, der sich Gedanken um das Ganze macht. Hans Werner Sinn & Co. sind der Ansicht, daß Globalität nichts anderes sei, als die Summe aller Handlungen, die das Ganze gar nicht zu kennen brauchen.

Daß sie gewaltig irren, liegt auf der Hand. Aber wie gesagt: Diese Herren sind gar nicht an einer stabilen Wirtschaft interessiert. Sie wollen offensichtlich die Deflation.

jo

Kowalski [Besucher]

05.04.06 @ 15:29
Der grundsätzliche Irrtum in der Idee, dass die Summe egoistischen Handels Gemeinwohl zur Folge hat, besteht in einem Missverständnis.

Wenn der Egoist *glaubt*, sein Eigennutzen maximiert sich dadurch, indem er Güter- und Dienstleistungen produziert, so wird er es tun.

Wenn der Egoist *glaubt*, sein Eigennutzen maximiert sich dadurch, indem er jeden Tag 8 Stunden lang meditiert, so wird er es tun.

Wenn der Egoist *glaubt*, sein Eigennutzen mximiert sich dadurch, indem er sich Sklaven hält, so wird er es tun.

Der Egoist wird das tun, was er *glaubt*, dass es seinen Eigennutzen maximiert.

Wir haben es wieder mit Reflexivität zu tun. Der Egoist tut nicht, was seinen Eigennutzen maximiert, sondern was er *glaubt*, dass es seinen Eigennutzen maximiert.

Entsprechend der gesellschaftlichen Utopie (Ideologie), die der Egoist teilt, d.h. an die er *glaubt* wird er vollkommen unterschiedliche Dinge tun: Güter- und Dienstleistungen produzieren, den ganzen Tag in der Sonne sitzen und meditieren, Sklaven halten oder Steuerflucht begehen etc.

Man muss also zunächst einmal definieren, was man unter Gemeinnutzen versteht und dann eine Ideologie propagieren, die den Egoisten *glauben* macht, dass Handlungen, deren Summe zur Schaffung dieses vordefinierten Gemeinnutzens führt, im Sinne ihres Eigennutzen ist. Nicht-Egoisten verstehen die Realität der Reflexivität von selbst und müssen daher nicht ideologisiert werden. Sie verhalten sich aus sich selbst heraus 'vernünftig' und nach der bekannten Kantschen Maxime.

Besonders perfide Manipulatoren wären in der Lage, einem Egoisten *glauben* zu machen, dass Handlungen, die sowohl für das Gemeinwohl aber auch für den Egoisten schädlich sind, nicht nur im Interesse des Egoisten sondern auch des Gemeinwohls sind.

Beste Grüsse,

Kowalski

Hallo Kowalski,
du hast recht. Ich hatte ganz vergessen, daß Egoisten ja genau jene sind, die sich selbst nicht kennen und daher gar nicht wissen, was ihnen wirklich nützt. Im Gedicht "ICH" schrieb ich:

Menschen mit Starkem Ich
Sind keine Egoisten!
Egoisten kennen sich nicht!
Sie leben, arbeiten und sterben selbstlos
In Diensten unbekannter Herrn!

Dein Ego
Ist das Hundehalsband,
Das dir von Fremden angelegt wurde,
Die Vernunft der Strick,
An dem man dich führt
Von der Wiege zum Grab,
Ohne daß du je lebtest
Dein Ich".

Wer die Egoisten derart in den Vordergrund stellt, wie die von uns kritisieren Herren, ist demnach an Manipulation und nicht am Gemeinwohl interessiert.

jo

Chris [Besucher]

05.04.06 @ 23:16
Der Fluch an diesem System, das den Egoismus des Einzelnen als gut anpreist, ist das Folgende: Ein Egoist (Kapitalist) muß immer das tun, was er als Nutzen für sich selbst sieht, egal wie moralisch verwerflich es ist, d.h. er fühlt sich dazu gezwungen. Wenn er es nämlich unterläßt, dann kommt ein anderer und tut es statt dessen. Er denkt sich dann: Wenn es sowieso jemand tun wird, dann tu's am besten gleich ich. Gleichzeitig redet er sich sein schlechtes Gewissen mit genau demselben Argument aus, nämlich, daß es ja in jedem Fall irgend jemand getan hätte. Wenn, nur mal als Beispiel, irgendwo im tropischen Regenwald Rohstoffe gefunden werden, die man nur dann ausbeuten kann, wenn man hektarweise Wald abholzt, werden sich Konzerne mit Sicherheit einen Wettstreit liefern, wer da ran darf, aber der Regenwald wird mit Sicherheit zerstört.

Der Egoist steht also vor dem Dilemma, entweder eine schädliche Handlung zu begehen, aus der er selbst kurzzeitig Nutzen ziehen kann, die aber auf lange Sicht das Gesamtsystem zerstört, oder auf die Handlung zu verzichten mit der Folge, auf der Seite der Beschädigten zu stehen, wenn die Handlung von jemand anderem ausgeführt wird. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, die anderen Menschen daran zu hindern, zur potentiellen Konkurrenz zu werden, indem man sie z.B. dumm hält (duch die Massenmedien), so daß sie gar nicht auf die Idee kommen, wie man den Großkapitaliten denn da ins Handwerk pfuschen könnte, oder indem man ihnen die Freiheit dazu einfach durch Einschüchterung und Angstmache nimmt. Beide Prinzipien werden angewandt.

Die einzige Möglichkeit, das zu stoppen, ist ein starker Staat, der Grenzen setzten kann und nicht von Egoisten, sondern ausschließlich von Menschen kontrolliert wird, die an moralischem Handeln Interesse haben.

Beste Grüße,

Chris

Kowalski [Besucher]

06.04.06 @ 10:28
Hi Chris,

Ich las kürzlich, dass der französische Psychologe Jacques Lacan (1901 - 1981) das 'Ich' als ein paranoides Konstrukt bezeichnete. Deine Ausführungen des egoistischen Zwangshandels basierend auf Zwangsgedanken ('Wenn ich es nicht tue, tut es ein anderer.') unterstreichend in treffender Weise die These Lacan's.

Die Handlungen des Ichs basieren also auf der paranoiden Zwangsvorstellung: 'Wenn nicht ich... dann ein anderer.'

Mit dieser Wahnvorstellung lassen sich letztlich sogar Angriffskriege rechtfertigen: 'Hätte ich nicht angegriffen, wäre ich angegriffen worden.'

Letztlich projeziert das Ich seine eigene Schlechtheit nach aussen. Dazu passen Theorien wie die des Charles Darwin (Sutvival of the Fittest) oder die kapitalistische Grundidee, dass Konkurrenzkampf das Geschäft belebe. Mehr als einmal habe ich es erlebt, dass Menschen moral vortäuschen, um sich dadurch einen Vorteil zu verschaffen (Vertrauensmisbrauch durch bewusste Täuschung). Passend dazu sind Theorien, die den Opfern die Schuld zuschreiben (war zu naiv, dumm, gutgläubig). Absurditäten wie die Karma-Theorie (Du wirst in diesem Leben getötet, weil Du im letzten Leben ein Mörder warst.) ergänzen die paranoide Struktur des Ich auf das Vollkommenste. Und wozu das Ganze? Es scheint mir, als nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver, um hier und heute nicht moralisch sein zu und die hässliche Fratze der eigenen Schlechtigkeit nicht sehen zu müssen. Natürlich sind religiöse Exerzitien auch wieder nichts anderes als ein Ablenkunsgmanöver. Durch die massive Übertreibung der Schlechtigkeit des Menschen (Erbsünde, Teufel) ergibt sich nur wieder ein weiteres Ablenkungsmanöver, nicht moralisch zu sein, sondern sich in diversen morbiden Vorstellungen von Todsünden, Hölle, Pein und Ewiger Verdamnnis zu ergehen, wobei da auch noch eine sexuelle Komponente mit rein spielt (Lust).

Was mich generell wundert, ist die Tatsache, dass wir überhaupt mit diesem Problem des Egoismus zu tun haben. Dieses Problem widerspricht vollkommen dem heroischen Selbstanspruch des Menschen. Es passt nicht. Anstatt aber gleich mit den wildesten metaphysischen Theorien aufzuwarten, empfehle ich zunächst einmal, sich selbst zu beobachten und zu fragen, wann und wie der Egoismus in einem selbst triumphiert. In den meisten Fällen, so meine Beobachtung, ist das, was wir Egoismus nennen, ein Synonym für Dummheit und Unbewusstheit. In anderen Fällen ist Egoismus ein Synonym für Hinterlist und Tücke. Archetypisch kann man von der Masse und dem Demagogen sprechen. Egoismus und Intelligenz scheinen sich auszuschliessen, insofern nämlich als dass der intelligente Mensch, der sich meineserachtens u.a. durch die Bewusstheit seiner eigenen Sterblichkeit auszeichnet und sich deshalb mit dem transzendenten Prinzip identifiziert, nicht in der Lage ist, sich durch Trug einen weltlichen Vorteil zu verschaffen, weil ihm das nicht nur als vollkommen sinnlos erscheint, sondern darüber hinaus, weil er die egoistische Energie, die sich letztlich aus der Todesangst speist, transzendiert hat. Darin scheint mir auch das tiefere Geheimnis der initiatischen Formel - 'Stirb [geistig], bevor Du [körperlich] stirbst.' - begründet zu sein. Die Forderung ist keine intellektuelle Angelegenheit. Die Gefahr ist real, zum Märtyrer zu werden. Allemal wird das Leben ganz bestimmt nicht leichter dadurch. Um die Dummheit und Schlechtigkeit der Menschen auf kollektiver Ebene zu zügeln, bedarf es meineserachtens eines übernatürlichen Wunders, d.h. eines Propheten (Gesetzeslehrer). Kommt der Prophet aber nicht, bleibt die Hoffnung, dass kollektive Katastrophen die Menschen gelegentlich wachrütteln.

Beste Grüsse,

Kowalski

Hallo Chris und Kowalski,

meine Behauptung, daß das Ego ein Produkt der "Herren der Welt", ein Werkzeug zur Versklavung der Menschen, ist, bestätigt sich immer wieder. Besonders durch folgende Lektüre:

http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/USA/krysmanski.html , wobei mir folgendes Zitat besonders wichtig ist:

Die "Verschwörung der Superreichen"

Gibt es also eine Verschwörung der Superreichen gegen den Rest der Welt? Plutokratie ist in gewisser Weise nichts anderes als "Privatisierung der Politik" oder "Politik als Privatangelegenheit", und zwar als Privatangelegenheit einer kleinen Gruppe von Superreichen, denen es als einzigen noch gelingt, wirklich privat zu bleiben und aus dieser Privatheit heraus die öffentlichen Angelegenheiten nach eigenem Wunsch und Willen zu formen. Claus Leggewie hat in diesem Zusammenhang vor kurzem, bezogen auf die US-Gesellschaft, vom "verblassenden Mythos der Meritokratie" und vom "Superreichtum als Gefahr für die Demokratie" gesprochen.[

Allerdings möchte ich der Aussage der "wirklichen Privatheit" der Superreichen widersprechen. Falls sie so skrupellos sind wie beschrieben, müssen ihre Seelen zerbrochen worden und und aus den Splittern ein Ego gezüchtet worden sein, welches die wahren Bedürfnisse eines Menschen nicht mehr kennt, gemäß meiner Erkenntnis: "Entweder ist man moralisch oder man ist nicht". Als mechanische Schattenwesen haben die Superreichen keine "wirkliche Privatheit". Diese Superreichen, die ich "Herren der Welt" nenne, sind auch nur Werkzeuge.

(vielen Dank an den Übermittler dieses Links)

Und warum ich bei den letzten Wahlen Lafontaine (WASG) gewählt habe:

http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=81 und

http://www.stoppgats.at/0300/0301.php?kategorie_id=40&artikel_id=109

jo

Märchen [Besucher]

06.04.06 @ 20:44
Hallo Kowalski,

ich finde, dass Lacan die Thematik des Ego sehr schön zusammengefaßt hat, nämlich, dass das Unbewußte wie eine Sprache strukturiert ist - und von ihr hervorgebracht wird.

Das heißt, das Ego entsteht durch Sprache - und somit in Konstruktion.

Ohne Sprache und Konstruktion bist du Altruist und lebst dein ICH.

Das Unbewußte entsteht durch einen Einschnitt, das als symbolisch-kulturelle Ordnung in unser System eingefügt wird, dieses konstruiert wieder unser Subjekt, damit das Ego, und wird durch das Außen (Medien, gesellschaftliche Bedingungen, Friede, Krieg, Literatur, Wirtschaft, Konzerne, Darwinismus, Börse, Chemie, etc.) beinflußt.

Von daher leben wir nur in einem *Glauben* - und unsere Handlungen werden von den äußeren Bedingungen in Abhängigkeit gesetzt.

Genau hier liegt das Problem zum Kapitalismus. Der Kapitalismus hat keine Feinde, aus dem Grund konnte er sich - entgegen - des Kommunismus, ausbreiten.

Er sitzt in Überzahl. Quantität macht keine Qualität.

Du mußt - du sollst - es geht nicht anders in diesem System - ansonsten passiert .... ! Dieser Irrglaube - ist unser Steuermechanismus mit all seinen Lehren.

Ich finde deinen Text zu Schade, als ihn mit meinen Zwischensätzen zu blockieren.

Lacan ist in Deutschland nicht sehr häufig verbreitet - im Gegensatz zu Frankreich.

Wie kommst du gerade auf diese Literatur? Hast du deine Ansätze aus;
"Das ICH in der Theorie Freuds und in der Technik der
Psychoanalyse"?

Gruß Märchen

Kowalski [Besucher]

07.04.06 @ 13:38
Hi Märchen,

von Lacan habe ich zum ersten Mal gehört, als ich das Buch "The Trickster and the Paranormal" las.

http://www.tricksterbook.com/

Ich kann also nicht behaupten, dass ich Lacan kenne.

Ich teile die Auffassung, dass das Ich ein paranoides Konstrukt ist, allerdings denke ich nicht, dass das Ego aus Sprache entsteht. Ich kann dazu aber nichts Genaueres sagen, weil ich das erst noch am erforschen bin.

Nur soviel:

Wenn das Ich ein paranoides Konstrukt ist, dann muss man die Ursache desselben in der 'Angst' suchen. Ist also Angst ganz eigentlich die Grundlage des Ichs? [Mit 'Ich' oder 'Ego' meine ich übrigens nicht, das was denkt, sondern das, was fühlt. Das Ego hat meineserachtens nichts mit Denken, deshalb auch nicht mit Sprache, sondern mit Fühlen zu tun. Es sind die Gefühle und Instinkte, die Sprache 'missbrauchen', wodurch dann paranoide Imaginationen, Phantasien, Vorstellungen und Phantasmagorien entstehen. Das Paranoide entsteht nicht aus Denk- sondern Gefühlssubstanz. Eine Bedrohung (begründet oder unbegründet) wird primär gefühlt. Es sind also die Instinkte und Gefühle und die daraus resultierenden Vorstellungen (Bilder, imaginationen), die paranoiden Zwangsgedanken zugrundeliegen.]

Beste Grüsse,

Kowalski

Märchen [Besucher]

08.04.06 @ 23:07
Hallo Jo,

ich habe mir gerade einen Link von dir durchgelesen,

http://www.saar-echo.de/de/art.php?a=81

Zitat daraus;

Megakonzerne: Patente auf Nahrungsmittel Noch merkwürdiger mutet es an, daß Megakonzerne dazu übergehen, sich Nahrungspflanzen wie Reis oder Weizen patentieren zu lassen. Das globale Patentabkommen, in Fachkreisen Trips genannt, schützt die Patente der multinationalen Konzerne. Die Inderin Vandana Shiva wehrt sich gegen die Patentierung von Basmati-Reis durch die amerikanische Firma RiceTec. Sie weist darauf hin, daß diese Reissorte von alters her in Indien angebaut wurde und sie nennt die Vorgehensweise des Konzerns zu Recht Biopiraterie. Patente auf Pflanzen, Tiere und Lebewesen darf es nicht geben. Verbittert schreibt die Times of India: „Das Verhalten der Westmächte hat uns die Kehrseite der westlichen Zivilisation gezeigt. Ihre ungezügelte Gier nach Herrschaft, ihre morbide Anbetung hochtechnologischer Rüstung, ihren Mangel an Verständnis für fremde Kulturen, ihren abstoßenden Chauvinismus.“
Ende

Selbst in unserer Europäischen Verfasssung, wenn sie denn, Ende des Jahres überhaupt inkraft treten kann -

Artikel I 63

- Das allgemeine Verbot vom -REproduktiven- klonen von Menschen

Da stellt sich mir nebenbei die Frage, wann ein Mensch produktiv geklont ist?

Wer sollte sich von daher noch über Patentrechte -bezüglich einer Reissorte unterhalten?

Eine Ironie, die selbst eine Verfassung trägt, falls sie richtig interpretiert wurde.

Gruß Märchen

Den Link finde ich sehr aufschlußreich.

Märchen [Besucher]

08.04.06 @ 23:31
Hallo Kowalski,

das Thema der Paranoia, in dem Fall von dir weiter ausgeweitet - das paranoide Ich - hatte ich oberflächlich in einem anderen Aritkel von Jo angesprochen.

Mich hatte es nur verwundert, dass du auf Lacan angesprochen hast, weil ich auch erst kürzlich auf ihn gestoßen bin, seltsame Synchronizität, gerade weil er nicht häufig gelesen wird.

Ich stimme mit dir in allen Punkten überein.

Einen lieben
Gruß Märchen

Kein Wort sie wollen lassen stahn
von Hanjoheyer @ 2006-04-07 - 13:34:39
http://www.zeit.de/2006/15/Bibel?page=all

Schluss mit Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit der Propheten und Apostel – jetzt wird die Bibel gesäubert! Die Eiferer der Political Correctness wollen eine Übersetzung in »gerechter Sprache« vorlegen Von Robert Leicht

Martin Luther, der große Bibelübersetzer, hat mit seinem Lied von der festen Burg, jener protestantischen Marseillaise, dafür gesorgt, dass seine Anhänger noch heute am Reformationstag singen: »Das Wort sie sollen lassen stahn!« An diesem Reformationstag 2006 kann es den Protestanten allerdings passieren, dass sie Texte aus einer Bibelübersetzung vernehmen, die das Wort keineswegs stehen gelassen hat. Diese neue Übersetzung wurde – ganz ohne amtskirchliche Indossierung – von TheologInnen aus dem Umkreis der feministischen Theologie und des christlich-jüdischen Dialogs erarbeitet. Sie soll Ende Oktober vollständig vorgelegt werden. In ihr liest man dann nicht mehr bei Lukas 8, 22, »dass er in ein Boot stieg mit seinen Jüngern«, sondern: »stieg er mit seinen Jüngern und Jüngerinnen in ein Schiff« – als ob sich der eindeutig männlich konnotierte Jünger (von Junge) ebenso »verweiblichen« ließe wie der Schuft zur Schuftin. Und in der Bergpredigt heißt es nach der Erinnerung an das Tötungsverbot nicht mehr verschärfend: »Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig«, sondern nur noch: »Ich lege euch das heute so aus…« – als habe Jesus von Nazareth die jüdische Schriftweisheit nicht überbieten, sondern nur sagen wollen: »Man kann das auch so sehen…«

So jedenfalls soll man es lesen, wenn man die neue Bibel in gerechter Sprache zur Hand nimmt, und man wird sehen, wie die Protestanten dabei mit ihrem Urprinzip sola scriptura umgehen: Allein die Schrift! – Ausgangspunkt der Neuübersetzung ist freilich ein Gedanke, dem man sich schlechterdings nicht entziehen kann. Das Christentum hat über Jahrhunderte Frauen und Juden schlecht behandelt. Diese Zurücksetzung hatte Wurzeln im Denken gehabt und hat Spuren in der Sprache hinterlassen. ...

Die eigentliche Gefahr dieser neuen Übersetzung – und wie oft sie ihr erliegt, wird man erst sehen können, wenn der volle Text zu lesen ist – besteht in einer Kategorienverwechslung. Die Aufgabe der Übersetzung ist nämlich streng zu unterscheiden von der Übertragung, der Text von seiner Auslegung, die Schrift von ihrer Predigt, die feststellende Philologie also von der deutenden Hermeneutik. Was man heute für die richtige Deutung hält, darf man nicht rückwärts in die Übersetzung der zu deutenden alten Texte tragen. Vielmehr muss der Deuter seine Deutung im Kontext wie im Kontrast zum Urtext stets für den (Bibel-)Leser und (Predigt-)Hörer offen legen und verantworten.

Wer seine Auslegung (also seine zeitbedingte, vielleicht auch irrige Meinung) im Urtext (und in dessen Übersetzung) versteckt, entzieht beides der Kritik – seine Predigt ebenso wie den Bibeltext.

Mein Kommentar: Eine solche Bibelübersetzung kann nur von Leuten vorgenommen worden sein, die keinerlei Beziehung zum Religiösen haben. Es war ihnen sein Dorn im Auge, daß Göttliches über dem Menschlichen stehen sollte. Ihnen ist das Menschliche das Maß aller Dinge, also wird die Heilige Schrift entheiligt und vermenschelt (und der Mensch ohne Anschluß an das Geistige verkommt zum bewußtlosen Bioroboter).

Ein weiterer Schritt zur Entzauberung der Welt. Schon die evangelische "Gute Nachricht"-Übersetzung war ein Anschlag auf die Religion; sie tilgte Begriffe wie "Wahrheit" und ersetzte sie durch "Treue". Ich hatte vor ca. 20 Jahren in einem Vergleich von Lutherbibel und "die gute Nachricht" eine lange Liste solcher Fälschungen zusammengestellt. Sämtliche Fälschungen, so ist mir noch in Erinnerung, zielten auf eine Relativierung des Absoluten ab, von dem sich der "moderne Mensch" keine Vorstellung mehr machen kann. Aus Wahrheit- und Gottsuchern wurde der Gutmensch gemacht; Primärtugenden in Sekundärtugenden umgelogen. Es sollte nicht mehr um die moralischen Motive der Taten gehen, sondern ausschließlich um "gute Taten". In einer materialistischen Welt, in der es ein Absolutes nicht geben kann, kann es Wahrheit und Moral nicht geben. Also kann es keine guten Werke, die von einem höheren, überweltlichen, geistigen Standpunkt aus gut sind, geben. Was gut ist, soll Verhandlungssache sein, gesellschaftlicher Konsens. Der Mensch will selbst bestimmen, was gut und was böse sei. Ein Gott hat in der "Guten Nachricht" keinen Platz. Er verkommt zum leeren Symbol.

Dieser Fälschung wurde mit der neuen "Übersetzung" nun die Krone aufgesetzt. Mit ihr soll offenbar erreicht werden, daß der Mensch, soweit er sich noch - wenigstens oberflächlich - mit Religion beschäftigt, der Kritikfähigkeit beraubt wird.

Völlig richtig schreibt Robert Leicht,

Wer seine Auslegung (also seine zeitbedingte, vielleicht auch irrige Meinung) im Urtext (und in dessen Übersetzung) versteckt, entzieht beides der Kritik – seine Predigt ebenso wie den Bibeltext.

Der Teufel wird sich eins ins Fäustchen lachen!

Kowalski [Besucher]

07.04.06 @ 22:08
Mir ist der 'ehrliche' Materialist wesentlich lieber, der sagt, ihn interessiere nur das Geld, als diese 'Christen ohne Gott', welche sich das Absolute auf ihr lächerliches Idol des Gutmenschen (Ethik ohne Ethik) zurechtstutzen und das alles auf der Basis eines flachen, relativen und subjektiven Sentimentalismus (was sich gut anfühlt, ist gut). Sind solche Bibelfälschungen das Werk von Dummheit oder Bosheit? Schwierig zu sagen, denn beides geht Hand in Hand.

Beste Grüsse,

Kowalski

Fluten bitte anderswo
von Hanjoheyer @ 2006-04-08 - 11:08:48
In diesem ZEIT-Artikel (ZEIT vom 6.4. "Wissen") mit dem Untertitel

Nach jedem Hochwasser ertönt der Ruf nach besserem Schutz. Die Erfahrung der vergangenen Jahre aber zeigt: Die hehren Pläne gehen im Strudel der Intertessen unter

geht es um die derzeitigen Überschwemmungen der Ufer von Elbe, Mulde, Donau und anderen Flüssen, die kürzlich wieder große Schäden angerichtet haben. Als Ursache der Wiederholung dieser Überschwemmungen - die letzte war 2002 - wurde angegeben, Zitat:

Doch den Tegernseeanrainern ist ihr Hemd näher als die Hose der Nachbarn flußabwärts. Es formiert sich Widerstand (gegen die Nutzung des Tegernsees als Hochwasserrückhaltung): "Wir befürchten, daß dem Freistaat im Katastrophenfall die Unterlieger wichtiger sind, als die Oberlieger", protestierte der Tegernseer Bürgermeister Peter Janssen."

Das Problem für die Verhinderer eines effizienten Hochwasserschutzes durch das Anlegen von Poldern ist, daß die Gemeinde, die einen Polder anlegt, nicht selbst in den Genuß der Schutzwirkung kommt, sondern daß ausschließlich die Unterlieger davon profitieren. Der Ausbau der Dämme im eigenen Gebiet hingegen kommt dem Egoismus entgegen: Der eigene Schutz wird verbessert, aber leider auf Kosten der Unterlieger, da unterhalb der Dämme das Hochwasser noch mehr steigt als sonst.

Der Egoismus führt zu mehr Dämmen und weniger Poldern, was im Ganzen zu immer gefährlicheren Überschwemmungen und Schäden führt.

Das erinnert mich an eine schöne Geschichte, auf die mich ein Freund aufmerksam machte (vielen Dank für den Link http://www.get5.net/german/i/i3.htm ):

Ein Mann besichtigte einst die Hölle und das Paradies. Als er die Hölle besuchte, sah er gegen seinen Erwartungen, viele köstliche Gerichte auf dem Tisch. Doch die Bewohner der Hölle, die vor dem Tisch saßen, waren dürr und hungerten. Der Mann fragte sich:,, Warum müssen sie so hungern, wenn es soviel zu essen gibt ?'' Als er sie genauer betrachtete, sah er, dass sie 2 bis 3 Meter lange Stäbchen in der Hand hatten. Sie versuchten mit diesen Stäbchen das Essen zu fassen und in ihren Mund zu transportieren. Deshalb mussten sie hungern. Der Mann dachte:,, Sie haben einen Haufen voller köstlicher Gerichte vor sich und können sie nicht essen. Was ist die Hölle für ein gefährlicher Ort!'' und besuchte als nächstes das Paradies.

Im Paradies sah er viele köstliche Gerichte auf dem Tisch. Der Mann dachte: ,, Im Paradies ist es schön. ''und betrachtete die Bewohner im Paradies. Da merkte er, dass die Leute im Paradies ebenfalls 2 bis 3 Meter lange Stäbchen in der Hand hatten. In der Hölle und im Paradies herrschten die selben Bedingungen. Der Mann fragte sich:,, Warum sehen die Leute im Paradies glücklich aus?'' und sah genauer hin. Die Bewohner des Paradieses versuchten das Essen, das sie mit dem Stäbchen gefasst haben, nicht selber zu essen sondern schoben es einem anderen Bewohner in den Mund. ,, Hier, bitte schön es schmeckt sehr gut. '' sagte der eine und schob das Essen seinem Nachbar in dem Mund. So antwortete der Nachbar :,,Ihnen auch. Bitte schön!'' und bot ihm ebenfalls etwas zu Essen an. Sie fütterten sich gegenseitig. Als der Mann dies erkannte, dachte er gerührt:,, Aha! Die Menschen, die in der Hölle schmorren unddie, die im Paradies landen, unterscheiden sich also in dieser Einstellung!'' und kehrte zurück.

Die Moral dieser Geschichte ist, dass Garigari-Totenseelen in die Hölle kommen,und Menschen, die auch an andere denken, im Paradies landen. D.h. Menschen, die nur an sich denken, müssen leiden. Doch Menschen, die versuchen auch andere glücklich zu machen, werden selber glücklich. Dies ist ein wahres Gesetz und trifft auf alles zu.

Und als Gegensatz zu dieser "Moral der Geschichte" ein Zitat aus meinem Blog-Eintrag vom 4.3. "Die fünfte Gewalt":

"Der Gründervater des Kapitalismus Adam Smith log, aus dem kapitalistischen Handeln der Egoisten würde sowas wie Gemeinwohl resultieren."

Oder wie der "klügste Wirtschaftsprofessor" ( http://www.artfond.de/sinn.htm ) Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut in einem Interview ( http://www.chrismon.de/cframe-archiv.html )sagte:

SINN: Und wissen Sie: Das ist der Vorteil der Marktwirtschaft. Die funktioniert mit Sünde. ...

SINN: Die Marktwirtschaft ist ein System, das keine guten Menschen braucht. Marktwirtschaft funktioniert mit dem Menschen so, wie er ist: ein egoistisches profitsüchtiges Individuum, das seinen Konsum maximieren will. ...

SINN: ... Auch mir gefällt die Maßlosigkeit nicht, aber ich halte sie für ungefährlich.

Von wegen! Das Beispiel mit dem Hochwasserschutz beweist das Gegenteil. Trotzdem gehen "Wirtschaftsexperten" wie Hans-Werner Sinn mit solchem Blödsinn hausieren, um ihren eigenen menschenverachtenden Egoismus zu rechtfertigen.

Der Egoismus ist eine KRANKHEIT und sonst gar nichts. Er taugt in keinster Weise zur Begründung einer Wirtschaftstheorie (oder der Evolutionstheorie, mit der man den Raubtierkapitalismus rechtfertigt).

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