Webtagebuch 3

 

Zeit zum Ausnüchtern
Päpstlicher als der Papst
Kann man das Internet verbieten?
Nobelpreis für Harold Pinter
Rheinischer Kapitalismus
Dinkelsbühl greift an
Macht der Moral
Globalisierung
Jede Menge Gegenwind
Köhler für Grundsicherung
Ab
er Norbert, das ist doch Lyrik!
Hoffnungsträger Kombilohn
Kombilohn - Nachtrag
Kombilohn - Nachtrag 2

Zeit zum Ausnüchtern
von Hanjoheyer @ 2005-12-06 - 14:27:44
http://www.zeit.de/2005/47/Ern_9fchterung?page=all

Zeit zum Ausnüchtern

Mit Angela Merkel auf Entzug: Wie Deutschland lernt, ohne die Droge Ideologie zu leben

Von Jens Jessen

Das fängt ja gut an! Ich erinnere mich an mein Philosophiestudium, in dem es immer wieder aus den Mündern der Professores hieß, die Philosophie habe ihr Jugendstadium des Ideologischen überwunden; die moderne Philosophie sei ideologiefrei, und das heiße: nüchtern, illusionslos, rational, real, sachlich, logisch, kurz: näher an der objektiven Wahrheit! Als Begründer der neuen Denksauberkeit wurde Sir Carl Popper genannt, der behauptet hatte, diese Ideologiefreiheit würde vor allem für die Demokratie gelten. Demokratie komme ohne Ideologie aus; sie habe kein (ideales) Ziel, sie würde stets Schritt um Schritt mit kleinsten Reförmchen nur dort Verbesserungen des Systems vornehmen, wo der Schuh gerade drücken würde.

Ich hatte das sofort als krassen Unsinn enttarnt und mich höchst unbeliebt damit gemacht - bei den Profs, aber auch bei vielen Studenten, die lieber in Ruhe ihre Scheine machen wollten, und das hieß für sie, sich mit möglicher Kritik zurückzuhalten. Ich wurde von ihnen als der große Störer des Betriebs gesehen.

Meine Argumentation damals: Selbstverständlich ist unsere sogenannte Demokratie auch eine Ideologie. Auch die Behauptung, wir würden in ideologiefreien Zeiten leben oder ihnen entgegengehen, ist nichts als Ideologie. Mit einem einzigen Unterschied: Früher wußten die Leute noch, daß sie eine Ideologie hatten; heute wissen sie es nicht mehr. Sich in Ideologiefreiheit zu wähnen, sehe ich als Zeichen zunehmender organisierter Volksverdummung.

Die Ideologie der Ideologiefreiheit hat das Ideal einer sachlichen, objektivistischen, also materialistischen Weltsicht. Sie will den Blick auf das, was (angeblich!) ist und nicht den Blick auf das, was sein sollte, denn das, was sein sollte, gibt es (noch) nicht und ist deshalb Illusion. Der Ideologiefreie hat im wahrsten Sinne keine Zukunft. Was ist, bestimmen Messungen automatisch arbeitender technischer Sinne. Jede Interpretation der Messungen ist verpönt. (In Wahrheit behalten sich gewisse Weltsachverständige die Deutungshoheit vor - siehe www.hanjoheyer.de/BergerLuckmann2.html). Aber davon bekommt der Normalbürger selbstverständlich nichts mit; es steht darüber ja auch nichts in der BILD-Zeitung, dem für die Volksbildung maßgeblichen Blatt.

Aber auch die ZEIT ist sich nicht immer zu schade, zur Volksverdummung ihr Scharflein beizutragen. Der hier besprochene Artikel gehört zum Teil dazu.

Das Volk hat also die Nase voll von den großen Versprechungen der Politikerkaste; es habe begriffen, daß jede Regierung nur noch kleine bis kleinste Brötchen backen könne, weil sie kein Geld mehr zu verteilen habe. Die Politik sei ohnehin entmachtet und könne der Tatsache, daß die Kleinen Opfer bringen müssen, die den Großen dann frei zur Verfügung stehen, nichts entgegensetzen.

... die wohl verblüffendste Wahl, die der Bürger jemals für den Bundestag getroffen hat. Er hat die Parteien allesamt für ihr Reformgeschrei, für ihre programmatischen Ruckreden, ihre ideologische Propaganda, mit denen sie sich im Wahlkampf gegenseitig zu überbieten versuchten, bestraft und zu dem kleinsten gemeinsamen Nenner einer Großen Koalition gezwungen. Der Bürger hat den Parteien gesagt: Hört auf mit dem haltlosen Zukunftsgerede, und geht an die Arbeit – und zwar an eine Arbeit, die sich dem Bürger ganz augenscheinlich nur als seriös empfiehlt, wenn sie sich auf das Backen kleiner und kleinster Brötchen beschränkt. Dieser pragmatische – man könnte auch sagen, resignative – Realismus macht den dritten pathetischen Moment aus: den Abschied eines hysterischen Volkes von der Hysterie.

Dem Volk wird suggeriert, es handele sich um ein unumstößliches globales systemimmanentes Beinahe-Naturgesetz, daß die Reichen alles an sich reißen, abwandern und hier nur die Verarmten zurückbleiben werden. Es gebe keine Verantwortlichen, keine schuldigen Menschen, sondern alles sei Systemzwang, und das System des ungezügelten Kapitalismuses sei von keinem Menschen aufzuhalten.

Es gebe keine Macht mehr, nur noch die Machtinszenierung: die schweren Limousinen, Chauffeure, Bodygards, Glaspaläste, den Glitzer der Machtsymbole, aber nichts dahinter.

Denn der deutsche Übergang zur Nüchternheit vollzieht sich in keiner satten Zeit, er vollzieht sich inmitten der ersten echten Bewährungsprobe, vor der die Bundesrepublik jemals stand. Er vollzieht sich angesichts einer Arbeitslosigkeit, die mit politischen Mitteln nicht mehr gesenkt werden kann, angesichts einer Altersarmut, die mit Sicherheit droht, angesichts einer kulturellen Desintegration, die mit Parolen von einer nationalen Leitkultur nicht einmal ansatzweise beherrscht werden kann. Es ist eine Lage, die nicht einmal übertrieben werden muss, um empfunden zu werden. Jeder kann sie in seinem Alltag erleben. In früheren Zeiten hätte sie sich geradezu zwingend für Demagogen und Radikale jeder Couleur geeignet.

Nicht nur früher; auch heute wird der Boden bereitet für den Faschismus - allerdings in neuem Gewande, wie Robert Menasse in einem Interview sagte. Der neue Faschismus werde nicht mehr mit Stechschritt und wehenden Fahnen daherkommen, sondern so, wie wir es heute erleben und wie ich nicht müde werde, zu beschreiben.

Gelogen die Aussagen, die Arbeitslosigkeit könne nicht gesenkt werden und die Altersarmut sei unausweichlich. Immer wenn uns weisgemacht werden soll, es gebe keine andere Wahl, ist Vorsicht geboten, denn es handelt sich mit absoluter Sicherheit um eine Lüge. Es gibt nämlich IMMER eine Wahl! Würde man zB den Kreislauf des Geldes schließen (auch um den Kapitalismus zu retten!!) und folglich die immensen Reichtümer der Reichen wieder nach unten transferieren, hätten die ehemals Armen wieder eine Zukunft und würden wieder Kinder zur Welt bringen. Ja, so einfach kann es sein, aber Denken ist heute ja verboten, und fast alle halten sich dienstbeflissen daran.
Besonders die "Intellektuellen". Erlaubt ist ja nur noch das Nachdenken, was natürlich kein Denken, sondern Nachäffen ist. Wahres Denken ist immer vordenken.

Und in der Tat sind mit der Linkspartei einerseits und mit den wirtschaftsliberalen Agitatoren im Umfeld der FDP andererseits solche Demagogen auch schon aufgetreten. Aber nichts da! Das Volk hat sich nicht aufwiegeln lassen. Es hat sogar die CDU für den einzigen Ausflug, den diese skeptische Partei ins Reich der radikalen Lösungen unternommen hat, nämlich mit dem Steuerwunderprediger Kirchhof, streng bestraft und auf das Maß zurückgestutzt, das zu den Kompromissen einer Großen Koalition zwingt.

Das Volk hat sich sehr wohl aufwiegeln lassen. Es ist heute genau so, wie es sich die Bosse wünschen. Es hat resigniert, es ist geschwächt bis ins Mark. Bei den Bundestagswahlen sah es sich vor der Wahl zwischen großen und nicht ganz so rücksichtslosen Räubern. Eine Alternative zum Neoliberalismus kennt das Volk nicht, also versuchte es herauszufinden, wer die "Reformen" zum Neo-Raubrittertum am vorsichtigsten gestaltet. Die FDP will ja die Gewerkschaften sofort abschaffen. Das geht dem Volk zu schnell, aber die Gewerkschaften langsam aushungern - das ist das kleinere Übel. Das Volk sofort zu versklaven, das geht zu schnell, aber den Kündigungsschutz abbauen, die Leistungen der Krankenkassen kürzen, die Beiträge zu erhöhen, die Löhne zu verringern, die Renten zu kürzen, die Rentenkassen zu plündern, die Arbeitszeiten zu verlängern und die Renditen und Dividenden für die Reichen zu erhöhen, das ist das kleinere Übel. Damit kann man sich abfinden. Man muß dem Volk Zeit geben, sich an das Böse zu gewöhnen.

Angela Merkel mag vielleicht mit diesem Weg, der Vernunft nur ohne Glanz verspricht, nicht völlig einverstanden sein. Aber wunderbarerweise ist diese Bundeskanzlerin als Phänotyp – wie sie redet, wie sie denkt und wie sie dabei guckt – genau das, was der politischen Ausnüchterung entspricht. Sie ist eine Frau, die weiß, dass sie andere Bürger als die gegebenen nun einmal nicht hat, dass diese vielleicht quengelig, faul und unselbstständig sind, dass sie immer mit irgendeiner Schürfwunde nach Hause kommen und getröstet werden müssen, aber nach geduldiger Ermahnung dann doch brav ins Bettchen gehen.

Ja ja, das faule Volk. Da erarbeitet diese faule Volk die Rekordgewinne der Superreichen, aber denen ists immer noch zu wenig!! Faules nichtswürdiges Pack. Arbeiten ist das einzige, was es kann, und selbst das will es nicht mehr! Jetzt ist das Volk nur noch überflüssig.

Also schaffen wir es ab. Wir verunsichern es derart, daß es nicht mehr wagt, Kinder in die Welt zu setzen, und in in ein paar Generationen haben wir die Welt, die uns ohnehin schon gehört, ganz für uns. Ideolologiefrei natürlich, ganz pragmatisch.

Die Freiheit des Unternehmers ist das Risiko des Angestellten

Hat Angela Merkel vergessen, es zu erklären? Robert Menasse sagte in einem Interviw: Hätte man die Manchesterkapitalisten gefragt, was sie haben wollen, damit sie mit ihrem Vermögen nicht das Land verlassen, hätten sie geantwortet: Beibehaltung es Status quo: Beibehaltung der Kinderarbeit, Hungerlöhne, kein Kündigungsschutz, keine Kranken- und Rentenversorgung. Selbiges sagen die heutigen Bosse des Neokapitalismusses - noch hinter vorgehaltender Hand, aber immer vernehmbarer.

... Aber wie auch immer sich das im Wahlkampf gruppendynamisch verhielt – es hat jedenfalls zuverlässig den Ruin aller großen Worte, simplen Rezepte und ideologischen Welterlösungshoffnungen mit sich gebracht. Nur die Reichensteuer ist ein Tribut, den der Koalitionsvertrag noch an die Exzesse symbolischer Politik zahlt, die sich im Sommer austobte. Aber niemand glaubt mehr an die Parolen von »Innovation und Gerechtigkeit« oder »Freiheit und Risiko«, mit denen einst die sozialen Widersprüche jeder Modernisierungspolitik vernebelt werden sollten. Noch in der Endzeit der Regierung Schröder wurde dem Bürger klar, dass Innovation, wenn sie ernsthaft angestrebt wird, Ungerechtigkeiten schafft; und Gerechtigkeit, wenn sie um jeden Preis aufrechterhalten werden soll, Innovationen behindert.

Aha, Gerechtigkeit und Innovation schließen sich gegenseitig aus! Das ist ja nun wirklich neu. Also gut, schaffen wir die Gerechtigkeit kurzerhand ab, warum nicht? Wozu sich Mühe geben und eine Ideologie suchen, in er beides geht? Die Bosse wollen reich sein auf Kosten der Armen. Also bloß keine Ideologie öffentlich machen, in der beides vereinbar ist.

Erst recht aber entzauberte sich das Freiheitsversprechen, von dem die Neoliberalen behaupteten, es ließe sich durch Vermehrung von Risiken einlösen. Denn jeder sah, dass Freiheit und Risiko nur bei Angehörigen selbstständiger Berufe derart zusammentreffen, dass die Erhöhung der Risikobereitschaft einen Freiheitsgewinn für dieselbe Person verspricht. In allen übrigen Fällen verteilen sich Risiko und Freiheit höchst ungerecht auf die Marktteilnehmer. Das Risiko des Angestellten, den Arbeitsplatz zu verlieren, vermehrt nicht seine eigene Freiheit, sondern nur die Freiheit des Unternehmers, selbstständiger zu wirtschaften. Oder umgekehrt: Die Freiheit des Arbeitnehmers von Sorgen um den Arbeitsplatz belastet nicht ihn mit einem Risiko, sondern nur den Unternehmer – nämlich mit dem Risiko, durch überzähliges Personal Bankrott zu machen.

Richtig.

In jedem Fall aber besteht der leicht durchschaubare Schwindel darin, dass die Belohnung augenscheinlich nicht an den gezahlt werden soll, der das Opfer bringt. Und fataler noch für die neoliberale Rhetorik: Indem sie stets von einer unspezifischen Freiheit sprach, aber nur die Freiheit des Wirtschaftens meinte, verdichtete sich der Argwohn, hier solle materieller Verzicht mit bloß ideellen Süßigkeiten vergolten werden. Der Bürger erkannte mühelos, dass hinter dem Gerede von einer glänzenden Zukunft sich nichts als die Not der Gegenwart verbarg.

Nun haben freilich die Politiker sich ihre bald durchschauten Parolen nicht aus bloßer Torheit ausgedacht. Vielmehr dachten sie, der Not eine Perspektive abtrotzen zu müssen. Sparen sollte nicht nur als Zwang, sondern auch als Chance begriffen werden können. Dummerweise zeigte sich jedoch, dass der Bürger zwar bereit war, einzusehen, dass im Sparschwein kein Geld mehr ist, aber nicht, dass ein solches leeres Sparschwein auch schön gefunden werden könnte.

Um das ganze psychologische Debakel zu ermessen, das die politische Chancenrhetorik angerichtet hat, müssen wir uns am besten die Bürger als Kinder vorstellen. Der Vater kommt nach Hause, hat aber nur ein Brot mitgebracht, von dem die Familie beim besten Willen nicht satt werden kann. Wenn der Vater jetzt sagen würde: Kinder, es tut mir leid, aber mehr gibt es nicht – dann würden die Kinder vielleicht weinen, aber nicht grollen. Aber was, wenn der Vater sagte: Das Hungern ist eine fabelhafte Chance für die ganze Familie? Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn die Kinder dann nicht protestierten. Und schlimmer noch: Das Gerede vom Hunger als Chance würde bei den Kindern den dunklen Verdacht nähren, dass der Vater ihnen auch dann nicht genug zu essen geben würde, wenn er später einmal wieder Geld für Brot haben würde.

Das ist just der Verdacht, den die Politiker mit ihren aus der Not geborenen Zukunftsverheißungen ausgelöst haben. Gerhard Schröder fing damit an, als er die Agenda 2010 nicht mit Haushaltszwängen, sondern einem Fitnessprogramm begründete. Diese Melodie kannten die Wähler aber schon von der FDP, die ohnehin unablässig die Schönheit des enger geschnallten Gürtels besingt, und selbst Angela Merkel versuchte im Wahlkampf, das Haushaltsloch zum Ideal einer Diät zu erheben. Den Bürgern (soweit sie keine natürlichen FDP-Anhänger waren) fiel es darum nicht schwer, aus allem nur das eine herauszuhören: Was ihnen in der Stunde der Not genommen werden soll, das wird man ihnen niemals wiedergeben. So beschlossen sie, auch den Politikern in der Stunde der Not etwas zu nehmen, was vielleicht niemals wiederkommt: die Mehrheit für eine Partei.

Die Minibar der ideologischen Exzesse wird jetzt gesperrt

Diese Botschaft kam an, und Angela Merkel hat sie in ein Koalitionsprogramm verwandelt, das auf jeden Euphemismus verzichtet. So bald werden die Politiker nicht mehr zum Likör der schöngeredeten Krise greifen. Das Volk hat ungern, aber schließlich begriffen, dass es nach Jahrzehnten rauschhaften Wohlstands wohl einige Zeit in der Ausnüchterungszelle verbringen muss. Es verlangt nun aber auch von den Politikern, sich dazuzusetzen. Mag sein, denkt das Volk, dass wir mit ein paar Promille zu viel und zu lange und zu schnell auf der Autobahn unterwegs waren. Jetzt ist die Pappe weg. Aber von dem staatlichen Bewährungshelfer kann der Delinquent verlangen, dass er ebenfalls enthaltsam bleibt. Die Minibar der ideologischen Exzesse muss auch für ihn die nächsten Jahre gesperrt werden. Den festen Willen dazu sieht man der neuen Dame an der Rezeption, unserer verehrten Kanzlerin Merkel, deutlich an. Sie lächelt dabei sogar fast. Denn inzwischen hat sie ihre Pappenheimer kennen gelernt.

Gute Analyse, bis auf jene Kleinigkeit von der Ausnüchterungszelle. Was versteht Jessen darunter? - Die Anerkennung und Hinnahme der Quasi-Naturgesetzlichkeit dieser menschenfeindlichen Prozesse. Das Übersehen der politischen Gewolltheit dieser Prozesse. Die Einsicht der Unumkehrbarkeit dieser Prozesse. Wir sollen nüchtern anerkennen und jeden Widerstand gegen die Tatsache aufgeben, daß es den Bossen gefällt, uns rücksichtslos auszuplündern und dann als überflüssigen Dreck wegzuschmeißen.

Nicht mit mir!

Kowalski [Besucher]

06.12.05 @ 17:01
Alles richtig auf den Punkt gebracht!

Gruss,

Kowalski


Hanjoheyer [Mitglied]
06.12.05 @ 17:45

Hallo Kowalski,

vielen Dank für den Kommentar. Ich habe meiner Kritik noch einen Absatz, beginnend mit "Gelogen", hinzugefügt. Das zur Information.

Ich fügte außerdem einen Link über einen deutschen Think-Tank, der "Initiative Soziale Marktwirtschaft, hinzu.

Herzlichst
jo

Erebos [Mitglied]
06.12.05 @ 18:52

Hi jo,
Wirklich sehr schöner Artikel. Auch ich war, derbe gesagt, kurz davor mich zu übergeben, als ich diesen Artikel las, ist man doch von der "Zeit", gerade im Feullieton, eine Recht hohe Qualität mit guten Visionen gewöhnt.
Sehr interessant ist auch die Tatsache, dass die einzige Partei, welche sich gegen das Konzept des "es-geht-nicht-anders" stellt, sowohl von Medien als auch von der Politik lächerlich oder, wie du sehr terffend sagtest, entzaubert wird. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass diese Partei an Stimmen gewinnen wird, und die "Großen" untergehen werden, wenn es so weiter geht. Falls die Massenverdummung allerdings weiterhin so glänzend funktioniert, ist das einizige, was uns aus dieser Lage befreien wird wohl ein krasser Einschnitt in das System. Und zwar von Außen, möglicherweise sogar in Form eines Zusammenbruchs. Spätestens dann müssen die wahren Fädenzieher ihre Masken abglegen, auch wenn ich nicht hoffe, dass es so weit kommt.
Die Geschichte verhält sich zyklisch, und so wird sie sich auch meiner Ansicht nach weiterhin verhalten.

Viele Grüße
Erebos

repuhan [Mitglied]
http://www.2page.de/remopuls
07.12.05 @ 12:40

Die Globalisierung ist kein Naturgesetz und die Politk könnte sehr wohl Richtlinien für die Wirtschaft aufstellen, innerhalb der sie sich bewegen kann. Dazu ist aber nötig, daß sich unsere Politiker wieder als Volksvertreter und nicht als Vertreter der Wirtschaft sehen. Wirtschaftswachstum bringt nicht gleich neue Arbeitsplätze.
Dem Bürger wird eingeredet, es gebe nur diesen einen Weg. Andere Möglichkeiten werden sofort, als nicht durchführbar, ausgeschlossen. So bleibt dem Bürger derzeit keine andere Wahl, als eine bittere Pille nach der anderen zu schlucken. Aber irgendwann hat das Volk keine Lust mehr nur noch gemolken zu werden, wenn auf der anderen Seite die Aktionäre Millionenbeträge einfahren. Die Politk wird dann auch keine andere Wahl mehr haben, als auf die Bürger einzugehen.
Ich finde es einfach schlimm, wenn Politiker nichts, aber auch gar nichts den Konzernen entgegensetzen und somit zum Spielball der Wirtschaft werden. Hier muß endlich ein Umdenken kommen.
Viele Grüße
Remo


Hanjoheyer [Mitglied]

07.12.05 @ 19:06

Hallo Remo,

in einem Interview des Schweizer Fernsehens "Sternstunde - Robert Menasse: Masken er Macht" sagte Menasse, das gleiche Politikergeschwätz von der Unbezahlbarkeit der sozialen Sicherungssysteme, Freisetzung von Arbeitskräften, Steuersenkung für Konzerne, damit diese Arbeitsplätze schaffen und dergleichen gab es schon einmal in 20er Jahren, und wir wissen, wohin das geführt habe, und wir wissen, daß die Abschaffung des sozialen Netzes dem Faschismus den Boden bereitete.
Und heute wird dem Faschismus wieder der Boden bereitet, als ob die Menschheit nichts aus der Geschichte gelernt hätte.

Außerdem sagte Menasse, die Faschisten (damit sind nicht die Neonazis gemeint, sondern die Neoliberalen) haben aus der Geschichte gelernt; der künftige Faschismus käme in neuem Gewande verhüllt daher. Aber das Volk habe nichts aus der Geschichte gelernt; es mache immer wider die gleichen Fehler.

Joachim

Bhodo [Besucher]

08.12.05 @ 10:44
Hallo Remo,

sehr klares Statement. Ich bin völlig deiner Meinung.

Leider "fürchte" ich, dass sich bei Politikern und dem Volk ein Gesinnungswandel nicht einstellen wird:
Erstens blicken die wenigsten Politiker durch;
zweitens ist ihr eigener Status quo den meisten Politikern recht lieb;
drittens fürchten sie den Widerstand;
und viertens schnallt das Volk lieber den Gürtel etwas enger als eine Revolution zu beginnen.
Da es uns gottseidank (oder leider?!?) relativ gut geht, kann noch eine ganze Zeitlang der Gürtel enger geschnallt werden.

Fazit: Für die allermeisten müsste es noch deutlich schlimmer werden, damit sie sich zu etwas Besserem aufraffen.

Päpstlicher als der Papst
von Hanjoheyer @ 2005-12-07 - 20:36:23
In der Kommentarspalte der ZEIT

http://apollo.zeit.de/kommentare/index.php?km_id=348

schrieb ich soeben folgenden Eintrag:

Die Evolutionstheorie ist Teil des naturwissenschaftlichen Weltmodells. Ein Modell zeichnet sich dadurch aus, daß es gegenüber der Realität eine Vereinfachung darstellt. Das Modell ist eine via Theorien generierte ERSCHEINUNG der Realität. Modell und Realität sind nicht deckungsgleich. Wer nun evolutionstheoretisch argumentiert, argumentiert aus dem Modell heraus; er spricht über das Modell, nicht über die Realität.

Aufgrund der modellbildenden empirischen Methodik der Naturwissenschaft fallen beim Übergang von der Realität zum Modell Qualitäten wie Leben, Bewußtsein, Willensfreiheit, kurz: sämtliche QUALIA, weg. Aus diesem Grund lehnen Scientisten diese Qualitäten ab. Sie haben fälschlicherweise Realität und Modell gleichgesetzt.

Selbigen Fehler machen die Evolutionsgläubigen. Sie lehnen die Existenz des Geistes ebenso ab, wie die modernen Hirnforscher die Existenz zB der Willensfreiheit und der Geistseele des Menschen ablehnen. Geist ist für Empiriker immer eine Illusion. Sie sind Wissenschaftler, die die Grenzen ihres Terrains nicht kennen: Scientisten.

Vermeidet man den Fehler der Scientisten, erkennt man schnell, daß Geist kein (Epi-)Phänomen der Materie (Gehirn) ist, sondern umgekehrt: daß Materie ein Phänomen des Geistes ist. Ergo ist die Evolution eine Erscheinung des Willens eines Geistes. Die Vergangenheit ist eine modellimmanente Rückrechnung des derzeitigen Erscheinungszustandes der Welt.

Das ist hier nun alles sehr knapp dargestellt. Wer meine Argumentation genauer verstehen will, lese bitte in www.hanjoheyer.de/Evolution.html nach. Auch in meinen Webtagebuch http://die-zeit.blog.de habe ich ausführlichere Kritiken veröffentlicht.

Herzlichst
Hans-Joachim Heyer

Ergänzung am 8.12.: Die Vertreter der Evolutionstheorie kritisieren lieber die blöden fundamentalreligiösen Kreationisten, als die Vertreter der intelligenten Intelligent-Designer-Theorie. Gestern Auch gestern abend machte es sich dieser ZDF-Bublath wieder mal sehr leicht, ekelhaft! Mit MIR würde er sich nicht anlegen, weil er genau weiß, daß ich ihm den Wind aus den Segeln nehmen würde!

Flashlink30: Ja, du hast deine Meinung sehr gut begründet. Wenn die Evolutionisten nicht so furchtbar primitive Gegnerverteufelung betreiben würden, käme man vielleicht mal etwas weiter. Dazu mein Kommentar.

Hanjoheyer 05.01.06 @ 11:55

Ich habe meinen obigen Artikel um die Information ergänzt, daß ich am 2.10.05 in "Darwins kluge Erben" Weiteres zur Evolutionstheorie verfaßt habe.

Deinen Kommentar habe ich mit Genuß gelesen! Vielen Dank!

Ohne Internet hätte die fundierte Kritik an der Ev.-Theorie kaum eine Chance, ins Massen-Bewußtsein Eingang zu finden. Die Scientisten hätten weiterhin freie Hand für ihre Manipulationen behalten, und auch die Wirtschaft hätte diese Theorie dauerhaft für ihre eigenen Zwecke mißbrauchen können.

Wir erleben derzeit einen spannenden und aufschlußreichen Krieg um das Meinungsmonopol. Wir dürfen miterleben, wie sich die Wissenschaft als Religion entlarvt. Auch die Fundamente der Wissenschaft sind geglaubte Annahmen oder Setzungen (Dogmen, Axiome), aus denen dann das entwächst, was wir "handfeste Realität" nennen. Verständlich wird nun, was es bedeutet, als Ethnologen des frühen 20. Jahrhunderts noch konstatierten, daß die Magie der vom Geist Europas noch unberührten Kulturen tatsächlich funktionierte. Magie - das war auch bei uns vor Jahrhunderten noch: handfeste Wissenschaft.

Wir sind Augenzeugen dafür, wie die (in der Öffentlichkeit) ihre eigene Existenz verleugnenden "Experten für Weltordnung" (siehe: www.hanjoheyer.de/BergerLuckmann2.html )mittels der Ev.-Theorie die Geschicke der Welt in ihrem Sinne steuern. Sie haben erkannt, daß sie zuerst das Internetz unter Kontrolle bringen müssen, damit Störern wie uns das Handwerk gelegt werden kann.

In alten magischen Zeiten nannte man uns "Seher" - und niemand ist den Manipulateuren, den Welterschaffern, gefährlicher als jene, die ihnen zuschauen, denn wer sehen kann, hat auch das Potential, selber schöpferisch tätig zu werden.

Mehr in www.hanjoheyer.de

Kann man das Internet verbieten?
von Hanjoheyer @ 2005-12-08 - 12:52:41
http://www.zeit.de/online/2005/49/frankreich_urheberrecht

Zu diesem Artikel erlaubte ich mir einen Leserbrief:

Den Mächtigen war das Internet von Anfang an ein Dorn im Auge. Am Beispiel Internet können wir nun life miterleben, wie sie es machen, die Gedanken der Menschen unter ihre Kontrolle zu bringen.

Ich erinnere mich noch an einen ZEIT-Artikel, aus dem hervorging, Medienmogul Rupert Murdoch sei angetreten, das Internet unter seine Kontrolle zu bringen. Er hatte dort ein Machtvakuum ausgemacht, das er nun auszufüllen gedenkt.
Er plant ein eigenes Internetportal mit eigener Suchmaschine zu gründen, mit dessen Hilfe er jene unendlichen Nichtigkeiten verbreiten will, die die Wahrheit zukleistern sollen.
Womöglich macht er es sich noch leichter und kauft gleich Google (wenn nicht bereits (über Strohmänner?) geschehen), um seinen Blödsinn stets auf Seite 1 bei Suchanfragen zu bringen.

Die Faschisten der Zukunft marschieren nicht mehr im Stechschritt und lassen keine Fahnenmeere wehen; sie kontrollieren ganz einfach die Suchmaschinen.

Nobelpreis für Harold Pinter
von Hanjoheyer @ 2005-12-09 -
11:44:57
http://www.zeit.de/online/2005/42/pinter?term=Pinter

"Was wir entfesselt haben, ist Gewalt und Chaos"

Der diesjährige Literaturnobelpreis geht an den britischen Dramatiker Harold Pinter - und ehrt damit einen Dichter, der bis heute seinen Kampf gegen Folter, Krieg und Unterdrückung führt

Von Peter Henning

In den USA jedenfalls dürfte man seiner Auszeichnung mit gemischten Gefühlen gegenüberstehen. Denn spätestens seit seiner am 10. September 2001 an der Universität von Florenz öffentlich gehaltenen Rede, in der er das politische Amerika mit "tiefem Abscheu" als "brutale und bösartige Weltmaschine" verteufelte, dürfte die Zahl seiner amerikanischen Freunde überschaubar sein. Gleichwohl trug Harold Pinters damalige Anklage durchaus prophetische Züge. Denn als nur wenige Stunden später der Anschlag auf das New Yorker World Trade Center verübt wurde, hatte sich auf unvorstellbar bestialische Weise bewahrheitet, was der zornige alte Mann des britischen Theaters meinte, als er seherisch formulierte: "Der Widerstand gegen die USA wird wachsen." ...

Und wer wissen möchte, warum es dieser Tage einem internationalen Gremium nicht gelingen wollte, den Begriff "Terrorismus" zu definieren, lese (zumindest) die hinteren 3/4 dieses Textes:

http://nobelprize.org/literature/laureates/2005/pinter-lecture-g.html

Mich erinnerte dieses Versagen der "Sprachhüter" an ähnliche Versagen bei Definitionsversuchen des Begriffpaares "Organisiertes Verbrechen" und "Kapitalismus" - siehe www.hanjoheyer.de/Kapitalismus.html

Leider mußte ich diesen Essay aus dem Internetz herausnehmen, da sich niemand bereit fand, mich für diese Arbeit zu bezahlen. Trotzdem hier der gemeinte Auszug aus dem Essay:

"Der Kapitalismus ist die moderne Form des Raubes und der Sklaverei. Kein Wunder, daß die Hong Kong - Finanzexperten den Kapitalismus nicht definieren ›konnten‹! Das erinnert mich an eine Textstelle in Dagobert Lindlaus Buch "Der Mob", wo Lindlau beschreibt, daß es den Kriminalexperten nicht gelingen wollte, das 'organisierte Verbrechen' zu definieren. Und warum gelang es ihnen nicht? Weil die Regierungen der Bundesrepublik und der USA Zweigstellen der Mafia sind!"

"Kapitalismus" konnte nicht definiert werden, weil dann klar würde, daß er in Weiterentwicklung individueller Sklaverei eine strukturelle Sklaverei darstellt.
"Terrorismus" konnte nocht definiert werden, weil dann klar würde, daß die USA Staatsterrorismus in großen Stil betreibt.

Daß ich von meinen Behauptungen kein Wort zurücknehmen muß, geht klar aus Pinters Nobelrede hervor. Es geht - heute wie schon seit Jahrhunderten - um einen großen Krieg einer Klicke gewissenloser Verbrecher gegen die Menschheit.

Das große Grauen überkommt mich jedoch erst, wenn ich bedenke, daß die Lehrpläne der Schulen und Universitäten von diesen Großverbrechern mitbestimmt werden. Kein Wunder, daß ich mit meiner Philosophie an der Uni Mainz keine Chance hatte. Aber ich bleibe dabei: Nicht die "Offiziellen" haben Recht, sondern ich, zB mit www.hanjoheyer.de/Konsequenzen.html

Bhodo 18.12.05 @ 21:02
Hallo Joachim,

vielen Dank für deine Informationen zum Nobelpreisträger Pinter. Ich muss gestehen, dass mir dieser gute Mann bislang nicht bekannt war. Aber da habe ich etwas versäumt!
Als Nobelpreisträger eine solche Rede zu halten, erfordert Mut. Bravo!

Ich habe den Zeit-Artikel und vor allen Dingen die Rede selbst an Freunde und Bekannte weitergeleitet, und bislang nur zustimmende Meinungen gehört. Vielleicht kommt ein kleiner Schneeballefekt zum Laufen.

Komisch: Alle (na ja, viele) wissen Bescheid, was gespielt wird, trotzdem horcht man auf, wenn es laut ausgesprochen wird.

Gruß - Bhodo

Rheinischer Kapitalismus
von Hanjoheyer @ 2005-12-09 - 12:43:07
http://blog.zeit.de/herdentrieb/?cat=2>

Eine Träne für den Rheinischen Kapitalismus

Lassen Sie uns gemeinsam Abschied nehmen vom Rheinischen Kapitalismus. So haben vorzugsweise die Franzosen das Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft genannt. Andere haben dafür den etwas schrägen Begriff „soziale Marktwirtschaft“ verwendet. Auf jeden Fall galt das deutsche Wirtschaftssystem lange Zeit als ungewöhnlich erfolgreich und als so etwas wie der „dritte Weg“ zwischen dem Kapitalismus angelsächsischer Prägung und dem Sozialismus. Aus und vorbei!

Irgendwann Mitte der 90er Jahre schlichen sich die Usancen des angelsächsischen Modells in das deutsche ein und haben den Kapitalmarkt und sein Denken hoffähig gemacht. Seither krachte es ganz schön im Gebälk – die Empörung über Massenentlassungen trotz Rekordgewinne ist beredtes Beispiel. Stimmt, so etwas hat es im Reihnischen Modell nicht gegeben. Doch ich bin optimistisch: Die Anpassungskrise ist überwunden. Die deutsche Wirtschaft tickt jetzt viel stärker wie der angelsächsische Kapitalismus und dürfte schon bald wieder erfolgreich sein – nur eben anders.

Mein Kommentar: Ich bin Philosoph, und meine Aufgabe ist es, immer das große Ganze im Auge zu behalten.

Was also geschah wirklich, als der Kapitalismus vom Deutschen Modell Abschied nahm und zum Angloamerikanischen Modell wechselte?

Es handelte sich um die Verabschiedung von einem dualistischen Modell und um Aneignung eines monistischen materialistischen Modells. Der Dualismus anerkannte die Notwendigkeit einer Wechselbeziehung zweier Pole: der Moral und dem Kapital. Kapitalismus bringt dem Menschen Erfolg, wenn dieser ethische Kontrolle erfährt. Ohne ethische Kontrolle verselbständigt sich der Kapitalismus und dient nicht mehr dem Menschen. Im Gegenteil: Ohne Kontrolle zerstört er den Menschen und dessen gesamte Welt einschließlich der Wirtschaft.

Die monistische Welt- und Wirtschaftstheorie ist definitiv falsch. Diese Tatsache kann offensichtlich von Wirtschaftswissenschaftlern mit ungenügender philosophischer Kapazität nicht erkannt werden. In www.hanjoheyer/Konsequenzen.html schrieb ich, daß beides - monistischer Spiritualismus oder - Subjektivismus (das Schmoren im eigenen Saft) ebenso zum Scheitern verurteilt ist, wie der "objektive", materialistische Monismus.

Der Rheinische Kapitalismus darf nicht zum Reinen Kapitalismus verkommen.

Ich zeigte das Scheitern an den Beispielen der Naturwissenschaft (samt Urknall- und Evolutionstheorie und "moderner", also falscher Bewußtseinsforschung), Politk und Wirtschaft.

Chris 09.12.05 @ 14:16
Hallo Jo,

danke für deine letzten Beiträge. Ein paar Gedanken zur monistischen Wirtschaftstheorie:

Eine dualistische Weltsicht unterscheidet ja immer zwischen einem Geist- und einem Materieaspekt. Dabei gilt der Materieaspekt als unvollkommen, und wenn man ihn sich selbst überläßt, wird er sich auflösen. Der Geistaspekt dagegen ist von der materiellen Ebene losgelöst und kann der materiellen Ebene eine Bedeutung geben. Die Existenz des materiellen ist also auf den Geist angewiesen, nicht umgekehrt.

Bezogen auf eine Wirtschaftstheorie ist der materielle Aspekt all das, was quantifizierbar ist, z.B. der als Zahlen angebbare Gewinn eines Unternehmens, einschließlich der "Regel", daß diese Zahl stets so groß wie möglich sein soll. Ethik dagegen ist eindeutig dem Geistaspekt zuzuordnen, denn Ethik fragt stets nach der Bedeutung einer Handlung, und das ist nicht quantifizierbar. Ich stimme also zu, daß jede monistische Theorie, die den Geistaspekt ausschließt, grundsätzlich ohne Ethik ist.

Alle Versuche, eine Ethik im Rahmen eines monistischen Weltbildes aufzustellen, lösen sich meiner Ansicht nach in bloße Handlungsvorschriften auf: Es kann nur gesagt werden, WAS getan werden muß, aber der Sinn der Handlung kann nicht begründet werden. Eine solche "Ethik" sind autoritär vorgegebene Anweisungen (besser: Androhungen), die meistens mit der Aussage gerechtfertigt werden, es gebe keine Alternative. Genau diese Art von "Ethik" wird heute offensichtich vom modernen Wirtschaftsliberalismus vertreten: Handle stets so, daß die mächtigen Konzerne immer noch höhere Gewinne erwirtschaften können. Warum wir das tun sollen, verheimlichen sie uns noch, aber wenn sie einmal so mächtig sind, daß sie keinen Widerstand mehr fürchten müssen, werden sie sich sicherlich bald zu erkennen geben. Anschließend wird sich ihre Welt dann von selbst auflösen, da sie keine geistige Grundlage mehr hat.

Viele Grüße,
Chris

Dinkelsbühl greift an
von Hanjoheyer @ 2005-12-10 - 11:41:09
http://www.zeit.de/2005/47/Dinkelsb_9fhl?page=all

Jeden Morgen um Fünf steht Oberbürgermeister Christoph Hammer auf, um sich bis Sieben bei Phoenix die Wiederholungen der Bundestagsdebatten reinzuziehen; schließlich wird im Bundestag die große Politik gemacht, und der Oberbürgermeister will nicht von gestern sein, sondern von heute, besser noch von morgen. Da kann es nicht schaden, zu wissen, was wirklich wichtig ist.

Und wirklich wichtig ist, was im Bundestag debattiert wird. Aus kompetenter Quelle will Hammer erfahren, was der Zeitgeist zu vermelden hat, und in vorauseilendem Gehorsam will er tun, was nötig ist.

Globalisierung ist angesagt. Die Fernsehredner führen stets dasselbe Dutzend Schlagwörter in ihren Mündern, die sie beliebig kombinieren: Globalisierung, Staatsverschuldung, Freisetzung von Arbeitskräften, Kapitalflucht, Einsparungen, Lohnkürzung, Lohnnebenkosten, China, Konkurrenzkampf.

Hammer läßt sich anstecken vom Phoenix-Geist des Niedergangs. Er ist bereit, alles zu tun, was die Politikerkaste von ihm verlangt. Er schlägt vor, die neue Straße des mittelalterlichen Juwels "Innovativring" zu taufen. Das klingt zwar nicht idyllisch und paßt gar nicht zum Stadtbild und lockt sicher keine zusätzlichen Touristen in den gewachsenen Fachwerk-Ortskern, aber Dinkelsbühl muß das Gewachsene abreißen, die Tradition abschneiden und sich fit für die Zukunft machen. Also "Innovativring"!

China rückt Dinkelsbühl immer näher. Die ortsansässigen Firmen streichen bereits das Weihnachsgeld, fordern brav wie die Politkaste in ihren Hypnosesendungen befiehlt, Arbeitszeitverlängerung und schrittweise Lohnkürzungen - es muß also Realität sein, was von Phoenix zu hören und zu sehen ist. Bevor Deutschland endgültig darniederliegt, macht sich der Oberbürgermeister mit einem Kollegen auf die Reise in jene Länder, die uns vormachen, wie unsere Zukunft ausschauen soll: nach Rumänien und nach China.

Rümänien wird ein erster kleiner Schock. Das soll unsere Zukunft sein? Hier herrschen Verkommenheit, Dreck und Korruption. Schnell wieder ins Flugzeug und ab nach China. Und dort kommt es noch schlimmer. Vor seiner Tür im Hotel steht von morgens bis abends eine Frau, die nichts anderes zu tun hat, als für die Gäste den Aufzugsknopf zu drücken. Hammer ist noch sehend genug, um mitzubekommen, daß hier Menschenleben verschwendet werden.

Dann die Stadtrundfahrt. Die Bosse prahlen mit den Hungerlöhnen der Arbeiterzombies. Der Glanz der neuen Kapitalistenpaläste ist durch die stickige, verdreckte Luft nicht zu sehen. Der Fluß ist eine braungrüne Kloake. Alles stinkt wie die Hölle. Der Oberbürgermeister hat genug Zukunft gesehen. Schockiert fliegt er wieder zurück nach Dinkelsbühl.

Ratlos steht er am nächsten Morgen vor dem Problem, daß die Schlange vor der Suppenküche, in der ALDI- und LIDL-Reste an Mittellose verschenkt werden, immer länger wird.

Soweit meine etwas eigenwillige Nacherzählung dieses ZEIT-Artikels.

Zu diesem hier nacherzählten Artikel paßt folgende Meldung, die ich heute in SPIEGELonlne fand:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,389430,00.html

WELTBANK-STUDIE

Freihandel kann ärmsten Staaten schaden

Wenige Tage vor dem Welthandelsgipfel in Hongkong rückt die Weltbank vom Dogma ab, dass freier Handel allen Staaten der Welt nützt. Vor allem einige der ärmsten Länder würden anfangs zu den Verlierern einer weiteren Liberalisierung gehören, heißt es in einer Studie.

Immerhin die halbe Wahrheit. Die ganze ist, daß die Globalisierung allen schaden wird. Der von jeder ethischen Kontrolle entfesselte Kapitalismus zerstört mit Notwendigkeit sich selbst. Siehe in diesem Weblog unter "Rheinischer Kapitalismus".

Ich hoffe, unser Oberbürgermeister muß jetzt nicht länger ratlos die Schlange vor der Armenküche seiner Stadt betrachten, sondern wissend, daß nur die Wiedereinführung strikter Handelszölle uns vor den Chinesen und die Chinesen vor uns retten kann.

2.2.06: Mir ist aufgefallen, daß ich mich beim Schreiben dieses Artikels nicht ausreichend meinen Grundsatz gefolgt bin, etwas nur dann zu kritisieren, wenn ich der Überzeugung bin, eine bessere Lösung des Problems anbieten zu können, als der Kritisierte. Mein Verweis auf den Blog-Beitrag über den Rheinischen Kapitalismus reicht nicht aus. Die Wiedereinführung der Sozialen Marktwirtschaft wäre zwar die Lösung für die zu erwartenden katastrophalen Probleme aufgrund der Globalisierung, aber diese Lösung würde leider nur im europäischen Rahmen funktionieren, auf den der Dinkelsbühler Oberbürgermeister keinen Einfluß hat. Es stellt sich also die Frage, was ich machen würde, wenn ich Oberbürgermeister von Dinkelsbühl wäre.

Ich als Oberbürgermeister würde mir zuerst einmal klarmachen, was in Dinkelsbühl wirklich passiert, und dann würde ich eine lokale Lösung für das globale Problem suchen. Was geschieht denn wirklich? Ich will es verraten. Die Wirtschaft hat aufgrund der globalen Vernetzung gegenüber der Politik zu viel Macht gewonnen, sodaß die Politik ihre Steuerungskompetenz eingebüßt hat zugunsten eines ungesteuerten Kapitalismusses. Sie ist im Begriff, die gesamte Menschheit in den rechtsfreien Raum des ungezügelten Freihandels hineinzuziehen, der bisher ausschließlich für die Staatenlenker reserviert war. Nach Thomas Hobbes, einem maßgeblichen politischen Philosophen, bewegt sich die Außenpolitik in einem rechtsfreien Raum. Diesen Raum haben nun die Megakonzrrne für sich erobert, und in diesen Raum wird nun die gesamte Menschheit hineingezwungen.

Man mache sich keine Illusionen, daß der Kapitalismus irgendwelchen kapitalistischen Gesetzen unterworfen wäre. Wer sich in der Wirtschaft auch nur ein bißchen auskennt, weiß, daß hier Anarche und Faustrecht herrschen, kurz: mafiöse Strukturen. Ich könnte das weiter ausführen, aber nicht an dieser Stelle.

Was also könnte ein Dinkelsbühler Oberbürgermeister angesichts dieser Situation tun? Nun, er sollte zuerst einmal die Industrie, die auf der Globalisierungsschiene fährt, vergessen. Diese Industrie sägt sich momentan den Ast, auf dem sie sitzt, ab. Sie verschwindet nach Rumänien und China und verkommt dort in den mafiösen Sümpfen. Auf sie ist kein Verlaß. Die aus dem kapitalistischen System herausgefallene Dinkelsbühler Bevölkerung muß jedoch hierbleiben. Für sie gibt es nur eine Rettung: Nicht auf die Gnade derer warten, die das sinkende Schiff verlassen, sondern selber etwas tun!

Die Bevölkerung muß sich angesichts flüchtender Wirtschaftsorganisationen nun schleunigst selbst neu organisieren. Sie muß sich eine eigene kleine Parallel-Wirtschaft, die nach lokalen Gesetzen nach dem Vorbild von Tauschringen funktioniert, aufbauen. Die Stadtverwaltung gibt ein eigenes Geld, zB D-Mark, aus, das ausschließlich an Dinkelsbühler Bürger gezahlt werden kann. Mit diesem Geld können diese ausschließlich in D. einkaufen gehen. Die D Geschäfte können das so verdiente Geld auch wiederum ausschließlich in D investieren. Sie (und die Stadtverwaltung) können zB Arbeitslose einstellen und mit D - Mark (die im Gegensatz zum Euro genügend vorhanden ist) bezahlen. Die Arbeitslosen werden von der Stadt in D-Mark bezahlt, und im Gegenzug können diese zu Arbeiten in der Gemeinde (in der Stadt, im Kreis) eingesetzt werden. Mit der Einführung der D- Mark in der lokalen Parallelwirtschaft begegnet die Stadt dem Problem des permanenten Geldmagels. Sie kann Leute einstellen und mit selbstgemachter D-Mark bezahlen, weil sie keine Euro hat. Und die so Bezahlten können wunderbar mit diesem Geld in D einkaufen gehen. Eine Firma, ein Krankenhaus, ein Unternehmen, das wegen Euro-Mangel kein Personal einstellen und bezahlen kann, kann es jedoch mit D- Mark tun! Das ist der Clou!

Sollte das Modell erfolgreich sein, kann sich die Stadt jederzeit entschließen, das im neuen wirtschaftlichen Aufschwung erwirtschaftete Geld begrenzt in Euro umzutauschen. Die Wirtschaft würde an ein Vermögen kommen, mit dem sie auch im Euro-Raum besser konkurrieren könnte.

Macht der Moral
von Hanjoheyer @ 2005-12-20 - 11:38:35
http://www.zeit.de/2005/48/Realismus?page=all

weltpolitik

Macht der Moral

Warum die Verbreitung der Demokratie die beste Realpolitik ist

Von Josef Joffe

Der Realismus in der Außenpolitik kennt nur eine Prämisse, alles andere ist Ableitung. Das logische Fundament ist das »Selbsthilfesystem«, in dem jeder Staat für seine Sicherheit selber sorgen muss, weil es über den Staaten keine Instanz gibt, die mächtiger wäre als alle anderen und so jeden gegen jeden schützen könnte. Es gibt kein Gericht, das Recht sprechen könnte, keine Büttel, die es durchsetzen könnten. Das einzig ewig gültige Gesetz ist der Selbstverlass.

Selbstverständlich schließt dieses System weder Bündnisse noch Verträge, weder Zusammenarbeit noch ein ius gentium aus, wie das Völkerrecht einst hieß. Es steht nur alles unter dem krassen Vorbehalt des rebus sic stantibus – dass die »Dinge so bleiben, wie sie sind« –, derweil ein binnenrechtlicher Vertrag genau das Gegenteil festschreibt: dass es gilt, obwohl sich die Dinge geändert haben. Wie es aber um die Dinge steht, entscheidet allein der Staat; ob er sich dem Recht unterwirft oder es bricht, liegt allein in seinem Ermessen.

Daraus folgt die erste Ableitung: Moral und Recht unter den Staaten haben einen völlig anderen Status als innerhalb der Staaten. Die Urväter des Realismus – Machiavelli und Hobbes – haben ihr gesamtes Gedankengebäude auf einem schlichten, aber unumstößlichen Fundament aufgebaut: Erst kommen Sicherheit, Macht und Fortbestand, dann Recht und Moral. Denn: Wer die Freiheit, gar die Existenz verloren hat, kann nicht moralisch handeln. Sittlichkeit ist das Kind der Sicherheit.

Grundsätzlich gilt zweierlei Moral, und wehe dem Staat, der die eine mit der anderen verwechselt. So zu tun, als gälten die üblichen Gebote des Guten auch zwischen den Staaten, wäre die allergrößte Sünde wider die Staatsräson, die das Wohl des eigenen Gemeinwesens über das aller anderen stellen muss.

Soweit das Zitat dieses lesenswerten Artikels. Zusammengefaßt besagt er, daß sich Staaten untereinander nicht moralisch im Sinne einer (christlich geprägten?) Ethik verhalten, sondern einem als unmoralisch geltenden Machtkalkül folgen. Ich habe in meiner Homepage mehrfach auf diese beiden divergierenden Ethiken ("zweierlei Moral") hingewiesen.

Ich unterscheide in meinem Kommentar diese beiden Ethiken als Moral 1 (geltend für die Bürger innerhalb eines Staates) und als Moral 2 (zwischen Staaten).

Mir diente dieser Artikel als Anlaß, meine zB in diesem Web-Tagebuch dargestellte Position hinsichtlich des neoliberalen Wirtschaftsystems und der Politik zu überprüfen. Habe ich Wirtschaft und Politik an der Meßlatte der falschen Moral (nämlich Moral 1) gemessen und verurteilt?

Meine Antwort lautet "Nein!" und ich will sie nun begründen:

Ich bin kein Materialist, sondern Idealist, das heißt, ich gehe vom Primat des Geistes über die Materie aus. Laut meiner Philosophie ist nicht die Physik Fundament des Geistigen (Erde als Ursache der intelligenten Spezies Mensch, Gehirn als Ursache von Gedanken), sondern umgekehrt, Physik ist ein Denkmodell der Geistseele des Menschen, und die materielle Welt ist die Manifestation dieses Denkmodells.

Aus dieser idealistischen Philosophie geht hervor, daß die Moral 1 Fundament der Moral 2 sei, denn Moral 1 ist begründet im Verhältnis von Erscheinungswelt und deren geistiger Ursache, und Moral 2 ist rein weltlicher, also praktischer Natur. Sie ist eine empirische, monistische, abgeleitete Moral.

Moral 1 entsteht, wenn Geist in die Materie strahlt. Wenn zB mein freier Wille in die Welt hineinwirkt und sich dort aufsplittet in Zufall + Notwendigkeit. Bin ich Körper und Geist, also ein "Duales System", habe ich Willensfreiheit als Seele und mein Leib setzt diesen Willen um, indem er Zufalle arrangiert und Kausalketten weiterstrickt. Der Empiriker, der diese von mir in Gang gesetzten Kausalketten zurückverfolgt, wird niemals mich als Initiator entdecken, sondern stets eine kausale Ursache finden: Stets war eine Erscheinung Ursache einer Folgeerscheinung. Menschen, die des freien Willens fähig sind - eine winzige Minderheit, die wahren Führer des Weltgeschehens - bleiben dem Empiriker, besonders jenem, der sauber mit wissenschaftlichen Methoden forscht, unsichtbar.

Mit Moral 1 im "Hinterkopf" kann der wahre Machtmensch (nicht diese Bühnenschauspieler wie wir sie aus dem Fernsehen kennen) sich der Moral 2 bedienen. Die Divergenz dieser beiden Moralen entsteht aus der Notwendigkeit der Schöpfer, daß die Schöpfung nach anderem Prinzip funktionieren muß, als der Schöpfer, da es sonst keine Schöpfung wäre. Wenn ich etwas schöpfe, muß ich es mir gegenüberstellen. Also darf es nicht so sein wie ich selbst bin. Weizsäcker sagte demenstprechend "Natur ist Geist, der nicht als Geist erscheint". Diese Position nenne ich Pseudodualismus. Sie ist die Position meiner Philosophie.

Wenn ich nun als Politiker Entscheidungen zu fällen habe, muß ich mir zuerst überlegen, was ich erreichen will, und dann folgt die Überlegung, welche Kausalität und welche Zufälle sich ergeben, wenn mein Wille in die Welt strahlt. Nur Eingeweihte wissen, was es bedeutet, eine "glückliche Hand" zu haben, - was es bedeutet, daß einem alles gelingt, ohne daß er etwas zum Gelingen getan hat. Er hat doch etwas getan, nur eben nicht in der Welt, in der die meisten Menschen Gefangene sind.

Globalisierung
von Hanjoheyer @ 2005-12-14 - 11:43:42
Ich beziehe mich in diesem Beitrag erstmals nicht unmittelbar auf einen konkreten ZEIT-Artikel, sondern ich möchte darlegen, wie meine letzten sechs oder sieben Kritiken zusammenhängen.

"Dinkelsbühl greift an", "Rheinischer Kapitalismus", "Nobelpreis für Harold Pinter", "Kann man das Internet verbieten?", "Päpstlicher als der Papst", "Zeit zum Ausnüchtern", "Sparsam geht das Land zugrunde" und viele weitere vorhergehende Kritiken lassen sich leicht zu einem konsistenten Gesamtszenario zusammenfügen, das eines zeigen soll: Daß die Philosophie, die die Mächtigen der Welt derzeit realisieren, nicht funktioniert, weil sie falsch ist.

Alle Mächtigen haben sich die Liberalisierung der Märkte auf ihre Fahnen geschrieben. Ich will in dieser Kritik nicht ein weiteres mal erklären, warum der Neoliberalismus falsch ist. Das habe ich zu Genüge getan. Heute will ich die fatalen Folgen der neoliberalen Globalisierung beschreiben.

Das Liberale am Neoliberalismus ist identisch mit dem Abbau aller Handelsschranken (Zölle, Subventionen) und des Staates (politische Verwaltung).

Folge 1: Da staatliche Strukturen, die das gesellschaftliche Zusammenleben (das Soziale) regeln, abgebaut werden und vom reinen Geschäftemachen ersetzt werden, ist der Sieg des Neoliberalismusses gleichbedeutend mit dem Untergang der Demokratie. Neoliberale "Politik" wird dann nichts als Willkür der Megareichen sein mit allen bekannten Konsequenzen: Polizei- und Überwachungsstaat, Definition des Begriffpaares "überflüssige Menschen" -> Gefängnisstaaten -> Neo-Sklaverei, Todesstrafe, Folter - eben alles, was den Reichtum der Reichen mehrt und sichert.

Folge 2: Monokultur und Massengüterverkehr: Wenn zB Brasilien Apfelsinen billiger produzieren kann, als der Rest der Welt, wird sich in Brasilien eine Apelsinenmonokultur ausbreiten, was dazu führt, daß dieses Land alle anderen Lebensmittel einführen muß. Außerdem werden alle anderen Apfelsinenproduzenten dicht machen und sich, wenn möglich, auf ihr eigenes Monopol beschränken müssen.
Vietnam wird dann vielleicht ausschließlich Kaffee anbauen, Spanien Tomaten, Griechenland nichts als Oliven, die USA Kinofilme, Frankreich Kochbücher, Deutschland wird reines Autoland, der Irak wird fabrikmäßig Terroristen und Grönland Eis produzieren.

Am Wegfall der Subventionen des deutschen Zuckerrübenanbaus und der Einfuhrschranken für Rohrzucker erleben wir derzeit ein Stück der angesprochenen Monokulturbildung. Bald wird es in Deutschland keine Zuckerrübenfelder mehr geben. Aber auch keine Weizenfelder, denn es gibt Gegenden, in denen Weizen konkurrenzlos billig produziert werden kann. Für die deutsche Landwirtschaft wird - wenn die Bauern Glück haben - eine einzige Nische übrigbleiben - und von diesem Gemüse werden wir dann endlose Felder haben.

Fatal für den Naturschutz! Der Verbrauch an Schädlingsbekämpfungsmitteln* wird drastisch steigen. Ebenso die Einfuhren anderer Lebensmittel. Die Autobahnen werden verstopft sein von LKW, die die Güter hin und her tranportieren müssen. Der Benzinverbrauch steigt, die Umwelt wird zusätzlich verpestet.
Ich plädiere für eine wesentliche Erhöhung der Benzinpreise, um diese "globalen Transporte" derart zu verteuern, daß der globale Freihandel davon eingeschränkt wird.

Folge 3: Kollaps der Weltwirtschaft: Der Sieg des Neoliberalismusses ist sein Untergang. Es wird ein Kreislauf des "Immer Billiger" in Gang gesetzt. Die Löhne sinken, die Preise müssen mitziehen. Trotzdem werden sich immer weniger Menschen die immer reibungsloser hergestellte Massenware leisten können. Das heißt: Die Wirtschaft schließt immer mehr Menschen aus ihrem System aus. Die Zahl der Überflüssigen wird astronomisch steigen. Der Konsum wird gegen Null gehen; die Menschheit hat sich selbst in den Abgrund befördert. Bill Gates wird in Geld schwimmen und verdursten wie ein Schiffbrüchiger im Ozean.

* Monokultur wird sich jedoch nicht nur in der Landwirtschaft durchsetzen, sondern auch in der Menschenkultur: Die Lebensentwürfe aller Menschen werden ähnlich sein. Auch Menschenkrankheiten werden sich rasant ausbreiten!

Die Natur arbeitet GEGEN JEDE Monokultur!

Repuhan: Ein wirklich schlimmes Szenario, aber Recht hast Du ! Es will scheinbar niemand begreifen. Hoffentlich ist es nicht schon bald zu spät.

Chris 14.12.05 @ 23:32
Ja, das wäre wirklich schlimm. Aber vielleicht ist es tatsächlich so, daß es zu diesem Szenario "keine Alternative" gibt (vorausgesetzt, die Leute halten am Neoliberalismus fest). Erst gestern habe ich mit einem Bekannten telephoniert, der sich ebenalls als Neoliberaldenkender entpuppt hat: Der Staat und seine lahmen Bürger seien Bremser, man könne sich nicht gegen die Zeit stemmen, die Menschen sollten mehr Eigenverantwortung tragen und all das. Ich kann nicht verstehen, was die Leute daran nur so toll finden; sie erkennen einfach nicht die Gewolltheit, die dahinter steckt, denn damit deutet alles nur auf diese Zukunftsvision hin.

Grüße, Chris

Hanjoheyer 15.12.05 @ 10:26

Hallo Chris,

90 % all derer, die sich zum Thema zu Wort melden, hatten sich vorher noch nie Gedanken darüber gemacht. Trotzdem meinen sie, ihr Wort würde genauso zählen, wie das der Experten, die sich jahrelang mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Das ist ein Irrtum aufgrund der demokratischen Erziehung, wonach jede Wählerstimme gleichviel zählt. Die meisten Menschen haben ja noch gar nicht gemerkt, daß genau deshalb der Wählerstimme jeglicher Einfluß auf die Politik entzogen wird.

Beispiel Globalisierung. Wurde ich oder wurde auch nur einer der Leser dieses Web-Tagebuchs bei irgendeiner Wahl gefragt, ob wir den Neoliberalismus haben wollen? Selbstverständlich nicht. Diese neue globale Entwicklung wurde jahrzehntelang wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Selbstverständlich wurden die Völker nicht gefragt. Das ist auch gut so, denn ich will auch gar nicht, daß ein Volk, das derart manipuliert ist, Entscheidungen treffen soll, für die es über keinerlei Kompetenz verfügt. Damit es wieder entscheidungsfähig wird, müßte man ihm zuerst die Wahrheit sagen, aber die will ja kaum einer hören. Sie wäre für die meisten auch allzu schrecklich. Wer nicht von selbst die Wahrheit sucht, ist meist auch nicht reif für sie. Er müßte behutsam an sie herangeführt werden.

Man will keine Diskussion der Globlisierung. Deshalb wird sie als Naturgesetz hingestellt.

Eben las ich in der ZEIT vom 24.11. (ich hinke beim Lesen ein paar Wochen hinterher) in einem Interview Sigmar Gabriels: "Man kann zwar aus der Atomenergie aussteigen, aber nicht aus den Regeln der globalen Wirtschaft!" Das ist natürlich totaler Unsinn, aber geglaubt wird dieser Quatsch trotzdem - besonders von den sogenannten Meinungsführern in Presse und Fernsehen. Selbstverständlich wird derzeit (heute!) exakt an diesen Regeln gebastelt - beispielsweise in der WTO-Konferenz in Hong Kong.

Kowalski 15.12.05 @ 19:14
Hi Jo,

ich kann Deiner Analyse nicht folgen. Globalisierung und Neoliberalismus bedeuten nicht automatisch Monokultur und Umweltzerstörung sondern vielmehr die Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche. Mit anderen Worten: Wenn Du Geld hast, dann kannst Du Dir die kompliziertesten und rafiniertesten Kulturgüter kaufen; darüber hinaus kannst Du Dich in den feinsten und schönsten Resorts aufhalten. Du hast zudem Zugriff auf die neueste Technik a la James Bond. Ich würde sogar behaupten, es gab noch nie soviel Kultur auf dieser Welt wie heute - vorausgesetzt man hat Geld. Das war jedoch zu keiner historischen Epoche wirklich anders. Früher waren es die Adeligen und die Könige, welche sich die Kultur kauften, während die Bauern praktisch verhungerten.

Man kann natürlich die Dinge sehen wie man will, aber generell gebe ich zu bedenken, dass bestimmte Phänomene die Tendenz haben zu erscheinen und wieder zu verschwinden und sich mit anderen Phänomenen und Tendenzen überlagern. Deshalb ist es praktisch unmöglich "Prognosen" zu wagen, wie die Welt in 20 Jahren aussehen wird. In der Regel bestehen diese Prognosen aus einer linearen Fortschreibung von Entwicklungen (Trend-Expolation") und sind bisher noch immer in die Hose gegangen. Was wissen wir über Indien und China? Dort können sich die unglaublichsten Entwicklung manifestieren, von denen wir heute noch nicht einmal etwas ahnen. Bernie Ecclestone meine vor einem Jahr in einem Interview, dass Europa in 10 Jahren im vergleich zu Asien ein 3. Welt Land sein wird und ein Freund von mir war letzte Woche in Shanghai und meint, so einen Reichtum und eine solche Dynamik hätte er noch nie gesehen. Wir müssten uns hier alle sehr warm anziehen. Ich würde daher jedem raten, erst einmal die Welt zu bereisen, bevor er sich dran macht, globale Entwicklungen zu beschreiben. Wenn man sich lediglich mit der deutschen Presse beschäftigt, so bleibt man auf einer "deutschen" Sicht der Dinge festgenagelt, oder im besten Falle auf einer europäisch-abendländischen. Da gibt es aber noch viel viel mehr...

Beste Grüsse, Kowalksi

Hanjoheyer 16.12.05 @ 09:56

Hallo Kowalski,

ich glaube, es liegt ein Mißverständnis vor.

Auch ich habe geschrieben, daß die Vorteile der Globalisierung im wachsenden Maß die Reichen genießen werden, und daß die globalisierte Wirtschaft immer mehr Menschen arm machen und von ihrem "Segen" ausschließen wird.

Zudem habe ich bewußt die neoliberalen Entwicklungen hochgerechnet, um zu zeigen, wo wir landen werden, wenn wenn man sie ausweitet.

Selbstverständlich gehe ich davon aus, daß die Gegenbewegung erstarken und die schädlichen Auswirkungen des Neoliberalismusses mildern wird. Schließlich sehe ich meine Aufklärungsarbeit nicht als sinnloses "Vergnügen" an.

Es ist immer gut, die Welt mit eigenen Augen gesehen zu haben und nicht von Presse und Fernsehen abhängig zu sein. Ich habe jedoch meine Prognosen nur begrenzt vom Augenschein abgeleitet, sondern hauptsächlich von meiner Philosophie. Schließlich weiß ich, daß jeder nur sieht, was seine Philosophie - sei sie bewußt oder unbewußt - zuläßt. Ich kenne jede Menge Vielreisende, die vom globalen Geschehen überhaupt nichts sehen, sondern eher von den allzuvielen konkreten Eindrücken "erschlagen" werden. Reisen allein genügt nicht.

Bedenke auch, daß ich in diesem Artikel nicht die Gegenwart beschrieb, sondern eine mögliche (nach Möglichkeit zu verhindernde) Zukunft. Und die ist für die meisten Menschen sehr schwer zu sehen.

Ich erinnere mich noch, als ich um 1989 beim Zusammenbruch der Sowietunion prophezeite, es sei nun auch bald vorbei mit unserer kapitalistischen Glitzerwelt und Wohlfahrtsgesellschaft, weil der Kapitalismus nun seine soziale Maske ablegen und zum Raubtier, das er in Wahrheit sei, zurückmutieren würde, erntete ich ungläubiges Kopfschütteln.

Ich liege mit meinen Prognosen häufiger richtig, weil ich weniger glaube, was ich sehe, als andere. Ich lege mehr Wert auf die Erforschung meiner Philosophie und der Philosophien der Herren der Welt.

Ich suche stets den Willen hinter den formenden Kräften zu erkennen, bin viel weniger Empiriker als die meisten und lasse mich vom Denken in Kausalketten nicht verwirren.

Herzlichst
jo

Kowalski 16.12.05 @ 12:57
Hi Jo,

ok, alles klar. Danke für Deine ausführliche Antwort!

Ich sehe immer wieder - ich weiss nicht, ob es nur mir so geht - wie das geschriebene Wort im Internet einfach nicht das rüberbringt, wie man es meint. Ich habe mich weitgehend aus Diskussionen über das Internet zurückgezogen, weil ich am Ende 90% der Zeit darauf verwenden musste, Missverständnisse aufzuklären und gleichzeitig selbst Missverständnissen aufzusitzen.

Ich schlage daher vor, ein jährliches Philosophie-Treffen abzuhalten, bei denen man sich an einem schönen Ort für ein Wochenende trifft und sich miteinander austauscht.

Was hältst Du davon?

Beste Grüsse, Kowalski

Hanjoheyer 16.12.05 @ 15:42

Hallo Kowalski,

die Idee mit dem Treffen ist gut. Wir könnten für das kommende Jahr eins organisieren.

Deine Beobachtung, daß sich bei Diskussionen in Foren immer wieder Mißverständnisse ergeben, die sich in diesem Ausmaß in persönlichen unmittelbaren Gesprächen nie einstellen würden, teile ich.

Meine Theorie dazu lautet, daß viele Diskutanten zu wenig Sorgfalt walten lassen, besonders, wenn die geposteten Texte lang sind. Dasselbe Phänomen beobachtete ich allerdings auch bei Philosophieseminaren an der Uni und in Talkshows im Fernsehen. Die Kultur der gemeinsamen Wahrheitssuche ist m.E. im Verschwinden begriffen. Es wird immer mehr gelabert; immer weniger wirklich diskutiert.

Das soll jetzt keine Spitze gegen dich sein; wir beide haben in der Vergangenheit sehr fruchtbar diskutiert.

Vielleicht sollte man wieder zur Methode des mittelalterlichen theologischen Disputs zurückkehren, nach welcher man zuerst in eigenen Worten die Position des jeweils Andern wiederholt, und erst, wenn dieser bestätigt, daß man ihn richtig verstanden hat, beginnt man, seine Gegenrede zu artikulieren.

jo

zwinkerle 16.12.05 @ 18:31

Hallo Hanjoheyer,

erst einmal ein großes Lob von mir. Ich lese immer gern wieder Deine Ausführungen. Selten findet man so einen interessanten und inhaltlich anspruchsvollen Blog.
Nun aber zu Deinem Beitrag.
Ich sehe die Gefahren der Globalisierung ähnlich. Aber wenn eins die Geschichte bewiesen hat, dass das Rad meistens nicht zurückzudrehen ist. Also ist eigentlich nur zur überlegen, wie man diese Globalisierung menschlich erträglich gestaltet. Ich denke nicht, dass dies z. Bsp. durch die Verteuerung der Energie auf nationaler Ebene abgewendet werden kann. Damit erreicht man eher wieder, dass die Entwicklungsländer von der wirtschaftlichen Entwicklung außen vor gelassen werden. Aber dies ist ein anderes Thema.
Die Gefahr der Monokultur entsteht doch nur dadurch, dass es keine internationalen Rahmenbedingungen für die Produktion, wie Entlohnung, Arbeitszeit, Produktionsbedingungen (besonders im Umweltschutz) gibt. Einer Globalisierung der Wirtschaftskräfte müssten wir eine internationale (Gewerkschafts)Bewegung entgegensetzen.Oder bin ich da zu naiv ?.

Hanjoheyer 17.12.05 @ 12:17

Hallo Zwinkerle,

dein Einwand, daß man mit Hilfe der Verteurung der Energie die negativen Folgen der Globalisierung abmildern könnten, ist berechtigt. Ich glaube, daß Zölle das bessere Mittel sind, lokale Märkte zu fördern und den übertriebenen Frachtverkehr zu senken.

Die Gewerkschaften sind bisher m.E. bloß durch Tarifverhandlungen in Erscheiunung getreten, kaum durch Einsatz für bessere Spielregeln des Kapitalismusses. Ich hielt die Gewerkschaften zudem von der Arbeitgeberseite unterwandert.

Ich stimme deiner Erkenntnis, daß neben der Globalisierung der Wirtschaft unbedingt auch die Politik globalisiert werden muß. Anders ist die Steuerflucht nicht zu unterbinden.

jo

zwinkerle 17.12.05 @ 19:34

Auch in dieser Hinsicht, durch die Erhebung von Zöllen oder Einfuhrbegrenzungen, würde das Problem auf Dauer nicht lösbar sein. Schauen wir nur auf die Entwicklung in der Europäischen Union als Brennglas für die Globalisierung weltweit.
So ist doch die Ursache für die Verlagerung von Investitionen in die neu aufgenommenen Mitgliedsstaaten das Lohnniveau, kaum funktionierende Arbeitnehmervertretungen, die weniger strengen Auflagen in den Produktionsbedingungen, geringere Umweltstandards und und und ...
Eine Anpassung dieser Bedingungen würde die "Standortvorteile" aufheben und nur noch die Qualität der entscheidende Faktor sein. Und da ist eben die Politik und starke Arbeitnehmervertretungen, die nicht nur landesweit sondern europaweit agieren, gefragt, denke ich.
Womit wir uns abfinden müssten, ist die Abkehr von der „Geiz ist geil“ Mentalität, die uns die Unternehmen suggerieren, denn damit graben wir uns selbst das Wasser ab.

Hanjoheyer 18.12.05 @ 11:53

Hallo Zwinkerle,

wir "Westler" sollten nicht versuchen, unsere verschwendungsfreudige materialistische pseudodemokratische Lebensweise der Welt überzustülpen.

Was bedeutet es, das Lohnniveau der armen Länder zu erhöhen (, um zu erreichen, daß die Abwanderung der Konzerne aufhört)? Diese Vorstellung impliziert doch, daß die als arm geltenden Gesellschaften ihre Lebensqualität wie wir an der zur Verfügung stehenden Geldmenge orientieren (sollen) und nicht an echten kulturellen Errungnschaten.
Wir haben nicht das Recht, die Landwirtschaft Afrikas zu zerstören, um die "freigewordenen" Bauern für 1 Dollar am Tag an die Fließbänder der Fabriken zu zwingen, die Milliardären aus dem Westen gehören und deren Abwanderung in die so geschaffenen Billiglohnländer vom westlichen Arbeitnehmer subventioniert werden. Wir haben nicht das Recht, die auf diese Weise billigst produzierte Ware zu kaufen und damit den Armen wegzunehmen, und unsere eigene Produktion aufzugeben und uns als Arbeitnehmer (wie die afrikanischen Bauern) ebenfalls "freizustellen".

Die Zölle sollen verhindern, daß die armen Länder ihre Ware hier verramschen mit der Folge, daß die armen Länder und die ärmeren Schichen des Westens ausbluten zugunsten einiger weniger Milliardäre, die sich dann politische Macht erkaufen und sich einen Dreck um unsere Menschheitskultur scheren.

Diese kulturlosen Neureichen haben sich dem "dunklen" Prinzip verschrieben, herrschen durch künstliche Verarmung und Verdummung der Massen und machen das große Werk der Aufklärung zunichte.

Der Neoliberalismus macht nur diese Milliardäre frei. Alle anderen Menschen werden wie Abfall behandelt und als Überflüssige auf dem Müll entsorgt.

Warum soll es in Afrika nicht geldarme, maschinenarme Bauern geben, die mit dem Holzpflug ihre Äcker für den Eigenbedarf bearbeiten und im Übrigen ihre Kultur selbstbestimmt weiterentwickeln? Warum sollen wir sie auf unser Lohnniveau bringen, bloß damit unsere verantwortungslosen Bosse noch mehr Knete machen können? Das wäre ein Sieg der Kapitalismusses, den ich ihm nicht gönne.

Ich bin dafür, daß die Zölle derart hoch sind, da´die Bauern in Afrika gar nicht erst auf die Ide kommen, ihre Ernte an uns zu verkaufen. Und unsere Bauern werden glücklich sein, uns ernähren zu können und gut für ihre Arbeit entlohnt zu werden.

jo

zwinkerle 18.12.05 @ 14:21

Hallo Jo,

ich würde Dir selbst dann nicht zustimmen Jo, wenn afrikanische Bauern in der Lage wären, die Eigenversorgung zu gewährleisten. Aber genau das Gegenteil ist der Fall.
"Die FAO erwartet, dass die Entwicklungsländer in den kommenden Jahrzehnten immer mehr Getreide, Fleisch und Milchprodukte einführen müssen. Schätzungen zufolge werden sich die Netto-Getreideimporte der Entwicklungsländer bis zum Jahr 2030 auf rund 265 Millionen Tonnen fast verdreifachen."
Und diese müssen bezahlt werden. Fragt sich nur von was ? Wir (die Industriestaaten) sichern unsere Pfründe und „hungern“ mit Zöllen systematisch die armen Länder aus, in dem wir unsere Märkte verschließen.
Ich gebe Dir recht, dass die jetzt praktizierte Politik nicht den armen Ländern zu gute kommt. Im Gegenteil, sie treibt unvorstellbare Blüten. Ein Beispiel.
"Die westlichen Regierungen und internationale Finanzorganisationen hatten darauf bestanden, dass die äthiopische Lebensmittelversorgung durch den privaten Sektor kontrolliert wird. Dadurch wurde verhindert, dass die Regierung Getreidespeicher bauen und Nahrungsmitteldepots anlegen konnte, um darin das Getreide von einem Jahr für das nächste aufzuheben. Das Ergebnis war, dass Äthiopien, das in den letzten drei Jahren Rekordernten zu verzeichnen hatte, erneut vor einer Hungersnot steht." [Quelle : Dr. Tewolde Egziabher – äthiopische Umweltbehörde]. Das nenne ich Sieg des Kapitalismus.
Und hier muß sich die Politik ändern, damit auch die Arbeit in diesen Ländern gerecht entlohnt wird und nicht nur in unserem Land.
Heutzutage sind die Politiker doch nur noch Handlanger der Wirtschaftsunternehmen.

Hanjoheyer 19.12.05 @ 11:15

Hallo Zwinkerle,

der Westen hat inzwischen seine ehemaligen Kolonien derart heruntergewirtschaftet, daß "Hilfslieferungen", die das Elend stabilisieren, "notwendig" bleiben.

In meinen Politikseiten meiner HP habe ich weitere Eingriffe der Europäer in das Leben fremder Völker geschildert. Ich erinnere mich an einen Fall, wo in Indien die gesamte Bevölkerung eines riesigen Gebietes umgesiedelt wurde, damit mit kanadischem Geld dort Weizen angebaut werden konnte, den die Kanadier dann verhökerten (Inder essen keinen Weizen). Die umgesiedelte Bevölkerung indes versank in bitterste Armut. Ich erinnere mich an einen Artikel in der ZEIT, wonach die Belgier ihre Kolonien rücksichtslos ausplünderten. Ihre "Entwicklungshilfe" - der Eisenbahnbau - diente ausschließlich der Plünderung der Bodenschätze.

Entwicklungshilfe heute ist kaum anders. Krankenhäuser, Schulen, Straßenbau usw. Hört sich alles gut an. Aber das dient bloß der Vorbereitung auf den Kapitalismus. Und ist er erst mal etabliert, kann man die Länder nach Belieben, also maximal, ausplündern.

Merke: Wer im kapitalistischen System arm ist, wird noch ärmer. Die Reichen haben den Profit. Dieses Ungleichgewicht definiert man übrigens nach neuem Sprachgebrauch als Gerechtigkeit.

Deinem letzten Satz kann ich nur voll zustimmen.

jo

Jede Menge Gegenwind
von Hanjoheyer @ 2005-12-23 - 12:14:13
http://www.zeit.de/2005/49/Demokraten

Jede Menge Gegenwind

Von Peter Schneider

... Das Land, ja die amerikanische Demokratie, so schien es, war von einer genial geführten Putschistentruppe aus Neokonservativen, »wiedergeborenen Christen«, gewieften Mehrheitsbeschaffern und Sponsoren aus dem Big Business (von den Republikanern liebevoll the base genannt) entführt worden, deren Ziel kein geringeres war, als die Republikanische Partei zur ewigen Regierungspartei zu machen. Soziale und politische Fortschritte, die seit Jahrzehnten unumstößlich schienen – die staatliche Rentenversicherung, das Recht auf Abtreibung, das Folterverbot, die Trennung von Staat und Religion –, wurden von den republikanischen Revolutionären infrage gestellt. In der New York Times las ich düstere Artikel, die vom Ende des Zeitalters der Aufklärung sprachen.

... In seinem weitläufigen Apartment in der Fifth Avenue begrüßt mich Guido Goldman, Mitbegründer des Center for European Studies in Harvard und Investmentbanker in New York, der sich keineswegs als Linker, sondern als »radikal in der Mitte« einordnet. »Wenn eine Bande mein oder ein anderes Apartment in diesem Haus verwüstet«, sagt Goldman in Anspielung auf das Attentat vom 11. September und den Irak-Krieg, »und der Polizeipräsident in Reaktion auf meine Anzeige dann das Nachbarhaus bombardieren lässt, werde ich ihn nicht wegen seiner politischen Anschauungen oder wegen religiösen Fanatismus anklagen, sondern wegen Unfähigkeit: ›Sorry, Sir, Sie haben sich in der Adresse geirrt!‹«

Immer mehr Amerikanern kommt zudem der Verdacht, dass der regular guy aus Texas, dieser ehrliche, geradeaus sprechende Bush, gar nicht so ehrlich ist. Wie kam es zum Beispiel, dass die ersten Aufträge für den Wiederaufbau in New Orleans ohne Ausschreibung an die großen Sponsoren von Bushs Wahlkampf ergingen, die Firma Haliburton vorneweg? ...

»Wir haben immer gedacht, schlimmer als mit Ronald Reagan kann es nicht kommen«, sagt der Schriftsteller Paul Auster in seinem Haus in Brooklyn, während wir eine Pizza Margherita verzehren. »Es ist viel schlimmer gekommen. Denn den Bush-Leuten geht es nicht nur um den Kampf gegen big government. Es geht ihnen um den Kampf gegen good government.«

... Anders als in Europa schert sich die öffentliche Meinung in den USA nicht um Stellungnahmen der Intellektuellen. Angesichts der neuen Wut gegen Bush schöpft Auster vorsichtig Hoffnung: Plötzlich – eher Katrina als einer eigenständigen Offensive geschuldet – sieht er wieder eine Chance. Auch für die Demokraten. Doch selbst wenn sie die Wahlen im Jahr 2008 gewinnen sollten, meint Auster, werde es eine ganze Generation dauern, den gesellschaftlichen Schaden, den die Bush-Administration jetzt schon angerichtet habe, zu reparieren.

... Als Europäer fragt man sich: Wenn Präsident Bill Clinton wegen einer Lüge über einen Seitensprung angeklagt wurde, sollte dann nicht auch ein anderer Präsident, der die Nation mit falschen und getürkten Gründen in einen verfehlten Krieg geführt hat, angeklagt werden?

.. Bekanntlich ist Richard Nixon nicht wegen der Bombardierung Kambodschas, sondern wegen Watergate gestürzt worden. Falls Bushs Berater Karl Rove nun gehen muss, so geht der Spruch, bleibt dem Präsidenten nur noch der Allmächtige als Berater.Über die Reichweite der Affäre macht sich Clinton-Berater Blumenthal nicht allzu viele Illusionen. Im Frühjahr 2006, prophezeit er, werden Zehntausende von amerikanischen Soldaten aus dem Irak abgezogen werden – aus keinem anderen Grund als dem, die Chancen der Republikaner bei den Zwischenwahlen zu verbessern....

... In Wahrheit schlage die Bush-Regierung den klassischen konservativen Grundsätzen Amerikas, für die er durchaus gewisse Sympathien habe, ins Gesicht. »Konservativ ist es, den Regierungsapparat zu verkleinern – die Bush-Leute haben ihn gigantisch aufgebläht. Konservativ ist es, die Staatsschulden zu verkleinern – die Bush-Leute haben von den Demokraten ein Haushaltsplus von 300 Milliarden Dollar übernommen und in fünf Jahren den höchsten Schuldenberg in der amerikanischen Geschichte angehäuft. Konservativ ist es, sich nur im Verteidigungsfall auf einen Krieg einzulassen – die Bush-Leute haben die Nation mit falschen Informationen in einen Angriffskrieg mit dem Irak geführt, aus dem sie keinen Ausweg wissen.«

... Eine solche Erklärung würde jener Mehrheit der Amerikaner aus dem Herzen sprechen, die den Krieg ihrerseits zunächst befürwortet haben und ihn inzwischen ablehnen. Aber zu viele hochrangige Demokraten, darunter auch Hillary Clinton, bringen es nicht über sich, ihren Irrtum zuzugeben, denn immer noch hat ein Gebot Vorrang, das schon die Zustimmung zum Krieg erzwungen hat: das Gebot des Patriotismus. Es wäre nicht länger zu rechtfertigen, dass amerikanische Soldaten für einen Irrtum ihr Leben lassen. Und die Demokraten müssten eine Antwort auf die Frage finden, um die sich auch die Europäer herumdrücken: Wie soll man einen Krieg beenden, der aus falschen, teils sogar erlogenen Gründen begonnen wurde, aber der geschundenen irakischen Bevölkerung immerhin die Hoffnung auf ein besseres Leben nach der Tyrannei beschert hat?

Soll man die Truppen einfach zurückziehen und die vielen Iraker, die bei den Wahlen zur Übergangsregierung und zur Verfassung ihr Leben riskierten, dem Chaos eines Bürgerkriegs überlassen? Also wird, so denke ich am Ende meiner Reise, einstweilen alles so weitergehen wie bisher. Der mächtigste Grund für die Weiterführung des Krieges im Irak ist eine fürchterliche Tautologie: Zweitausend amerikanische Soldaten dürfen nicht ohne guten Grund gefallen sein. Also müssen noch mehr von ihnen sterben.

Kommentar: Beim Lesen dieses (hier stark gekürzten) Artikels stellte sich mir die Frage, wie ein derartiger offener Wahnsinn einer Regierung, die immerhin Weltmacht ist, möglich ist.

Meine Erklärung ist, daß wir strikt zwischen der wahren Politik und öffentlicher Bühnen-Inszenierung unterscheiden müssen. Der Wahnsinn betrifft ausschließlich die Inszenierung. Für wen sie gedacht ist, geht klar aus dem Niveau dieser Aufführung hervor: für die unterste Unterschicht der Halb- und Voll-Analphabeten!

Die öffentliche Politik - in den USA wie in Deutschland - ist auf demselben Niveau wie die BILD-Zeitung. Sie wird für Leute inszeniert, die in ihrem Denken und Fühlen vollständig verwirrt sind. Es handelt sich um eine Politik, die die sogenannten Überflüssigen in Schach halten soll, indem man sie mit widersprüchlichen "Tatsachen" konfrontiert und somit im wahrsten Sinne des Wortes um den Verstand bringt.

Schröder sagte einmal, ihn interessieren nur BILD, BamS und Glotze. Einem ZEIT-Journalisten sagte er zu dessen Schreibe: "Zum Glück liest das keiner!" Womit bewiesen wäre, auf welchem Niveau veröffentlichte Politik in Deutschland stattfindet. (Kann mir jemand die Quellenangaben mitteilen?)

Das Wichtige ist in den Massenmedien tabu oder wird nur am Rande kurz erwähnt; alles Nebensächliche wird maßlos aufgebauscht und hat zudem konkrete Folgen, sodaß der Pöbel nicht umhin kann, zu glauben, diese Vorkommnisse seien für die Weltpolitik ausschlaggebend wichtig.

Clintons Praktikantin hat erreicht, was die demokratische Opposition der Republikaner nicht fertiggebracht hatte: den Sturz Clintons. Ein Sexskandal ist wichtiger als ein Regierungsprogramm der Opposition. Clinton mußte wegen dieses lächerlichen Sexskandals zurücktreten, obwohl seine Politik außerordentlich erfolgreich war; Bush bleibt trotz seines verbrecherischen Irakkrieges und der faktischen Abschaffung der Demokratie unbehelligt. Nixon mußte der lächerlichen Watergateaffäre wegen zurücktreten, nicht des verbrecherischen Bombardements Kambodschas wegen. Busch predigt sendungsbewußt Demokratie für den Irak und schafft die Demokratie im eigenen Lande ab. Er macht dem Tyrannen Saddam Hussein den Prozeß wegen dessen Unmenschlichkeit und führt im eigenen Lande Folter und Gefangenschaft ohne Anklage wieder ein. Wer das alles für real hält und ernst nimmt, muß ja den Verstand verlieren.

Konsequenz: Gleichwie ich mich seit Jahrzehnten weigere, das Dreckblatt BILD in die Hände zu nehmen, werde ich mich künfig auch dieser öffentlichen Politikinszenierung, die ausschließlich für vollständig Verblödete aufgeführt wird, verweigern. Es wird keine kritische Analysen dieser Verblödungsmaschinerie mehr geben, weil es falsch ist, sich im Dreck zu suhlen. Ich werde mich künftig mehr mit dem beschäftigen, was den Geist erbaut und nicht mehr mit dem, was ihn zerstört.

Kowalski: 23.12.05 @ 12:42
Hi Jo,

Du schreibst:

Es wird keine kritische Analysen dieser Verblödungsmaschinerie mehr geben, weil es falsch ist, sich im Dreck zu suhlen. Ich werde mich künftig mehr mit dem beschäftigen, was den Geist erbaut und nicht mehr mit dem, was ihn zerstört.

# Gratuliere! Ich denke, es ist unbedingt notwendig sich der Sogwirkung des Wahnsinns zu entziehen. Das erreicht man nicht durch kritische Analyse, sondern durch "Rückzug der Fragestellung".

Auf die Frage, warum er sich nicht im französischen Widerstand engagierte, sondern während des 2. Weltkrieges in die USA emigrierte, antwortete Marcel Duchamp, dass er immer davon ausgegangen war, dass es zwischen Gut und Böse, zwischen Freund und Feind, zwischen einem Dafür und einem Dagegen, noch ein Drittes geben müsse - den Rückzug der Fragestellung!

Duchamps einziartige Einstellung führte denn auch dazu, dass er als Künstler berühmt wurde, gerade weil er keine Kunstwerke schaffte. Er nahm lediglich vorgefundene Objekte aus dem Alltag, die er "ready mades" nannte, wie Farradräder, Duschköpfe oder Klobrillen, und setze diese mit bemerkenswerten Humor in einen neuen Kontext.

Beste Grüsse,

Kowalski


24.12.05 @ 12:20 Hallo Kowalski,

mich beschäftigt die Frage, was nach meinem Politikverständnis, welches ich weiter ausdifferenzieren möchte, nun real und was Täuschung, bzw. Bühneninszenierung (s. www.hanjoheyer.de/PolKulturHaus.html) ist. Das Politiker-Fernsehgeschwätz ist ganz sicher Inszenierung, die große Koalition gehört ebenfalls ganz sicher nicht zur realen Politik, sondern zur Bühne. Täuschung sind ebenfalls das Parteiensystem und die politischen Ämter; es ist völlig schnurz, wer Kanzler und wer Außenminister ist; entschieden wird an anderer Stelle. Auch die Bundestagswahlen spielen keine reale Rolle; sie täuschen dem Bürger eine Macht vor, die er de facto nicht hat.
Ich bin mir auch vollkommen sicher, daß über alles, was der Realität nahe kommt, in der Öffentlichkeit geschwiegen wird. Was also ist das Eigentliche? Was ist die reale Politik und wo findet sie statt?

Was ich bisher fand, ist, daß es nur einen winzigen Prozentsatz an wahrhaftig kreativen Menschen gibt. In der FAZ las ich einmal, es gebe unter 10 Millionen nur einen wahrhaft Kreativen, also einen, der in der Lage ist, die Begrenzungen des kollektiven Bewußtseins zu sprengen und bewußt zu verändern. Nur diese Leute würden - obwohl öffentlich völlig unbekannt - die Welt wirklich verändern. (Ich zitiere die FAZ, weil meine Philosophie keine Zahlen enthält.)

Was die Welt verändert, sind Ideen und eine Art Energie, mit deren Hilfe sich die Ideen ausbreiten. Ich bezeichne dieses Paar aus Idee und Energie "Überzeugungskraft". Alle Menschen, die im Empirischen steckengeblieben sind ("Ich glaube nur, was ich sehe!") können diese geistige Macht nicht wahrnehmen.

Ich nehme diese Macht deutlich wahr in Wirtschaft und Wissenschaft, die in Übereinstimmung mit den Hirnforschern die Existenz der Freiheit, des Bewußtseins, des Willens, ja genaugenommen des Lebens an sich, leugnen und stattdessen von einer Selbstorganisation toter Materie schwadronieren. Alle Menschen, die sich diesem tödlichen Virus unterwerfen, verlieren buchstäblich ihre "unsterblichen" Seelen.

Diese "Sache" ist so sehr tabu, daß sie wirklich nirgendwo (außer in meiner HP und diesem Web-Tagebuch) angesprochen wird, nicht einmal in der ZEIT. Dieses tabuisierte Thema wollen die realen Politiker - die Mächtigen - ausschließlich für ihre eigenen Interessen nutzen. Mit Hilfe wissenschaftlicher Theorien (Urknall- und Evolutionstheorie, sowie Relativitätstheorie) sollen wir unserer Seelen beraubt werden; wir sollen uns als Teil der Außenwelt betrachten, als materielles Ding. Die Wirtschaftstheorien sollen uns zum Sklaven äußerer Sachzwänge machen, damit wir nicht mehr aus eigener Initiative denken und handeln. Die Wirtschaftstheorien sollen den Reichtum der Reichen garantieren und die Armen in ihrer Armut halten. Wir sollen tun, was uns diese Theorien als Vernünftig vorgaukeln.

Was wir nicht tun sollen, ist, uns unsere eigene Realität zu kreieren. Wir sollen uns keine eigene Matrix "programmieren", keine neuen Welten erschaffen wie zB Tolkien mit seiner Mittelerde. Mittelerde soll Fantasie bleiben, soll nicht Realität werden.

Gestern sah ich die 1. Hälfe von Harry Potter. Was mir auffiel, war, daß sich dieser Mythos unmöglich realisieren läßt. Er stellt einen unfruchtbaren Traum dar. Jetzt interessiert mich natürlich, wie es "die da oben" geschafft haben, Harry Potter derart hoch zu puschen, wohl um möglichst viele an Magie Interessierte auf den falschen Weg zu lenken. Was solls! Ich gönne den Kindern ihren Harry...

Kowalski: 27.12.05 @ 10:21
Hi Jo,

Du schreibst:

[M]ich beschäftigt die Frage, was (...) real und was Täuschung (...) ist. (...) Was ist die reale Politik und wo findet sie statt?

Mit Hilfe wissenschaftlicher Theorien (...) sollen wir unserer Seelen beraubt werden; wir sollen uns als Teil der Außenwelt betrachten, als materielles Ding. Die Wirtschaftstheorien sollen uns zum Sklaven äußerer Sachzwänge machen, damit wir nicht mehr aus eigener Initiative denken und handeln.

#
Zur Frage 1: Sicherlich gibt es ökonomische Interessen, die sich einen politischen Einfluss sichern möchten: Lobbyismus! Man kann den Lobbyismus dann als die reale Politik ansehen. Aber ganz gleich, wo man die reale Politik sucht, man verlässt bei all diesen Erklärungsversuchen nicht die Ebene der Erscheinung. Da gibt es dann noch diejenigen – und das meinen die ganz ernst - , dass Ausserirdische die Welt kontrollieren und dass Bush und andere prominente Akteure auf der Weltbühne Ausseridische (aus der Rasse der „Reptilien“) seien. So phantastisch diese Erklärungsversuche auch sein mögen; sie verlassen genau so wenig die Ebene der Erscheinung, wie all die anderen Erklärungsversuche. Letztlich gibt es keine Erklärung; die Unterscheidung zwischen real und Täuschung liegt im Auge des Beschauers. Das sind keine objektiv gegebenen Kategorien, sondern „Interpretationen“. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass Menschen oft etwas anderes sagen, als sie denken und tun. Man könnte dann also sagen, real ist, was die Menschen denken; Täuschung ist, was sie sagen und tun. Jetzt ist es aber so, dass die Menschen selbst oft nicht wissen, was sie „wirklich“ denken; mit anderen Worten: was real und Täuschung ist, ist bereits im Denken nicht ohne weiteres unterscheidbar. Ich kann mich über mich selbst täuschen. Was ich wirklich denke, das kann vor mir verborgen bleiben. Die Psychologen sprechen daher von einem Gegenwillen (dem Unbewussten), welches den bewussten Willen durchkreuzt. Man könnte also dann sagen, dass das Unbewusste real ist und der bewusste Wille eine Täuschung. Man kann das auch biologisch sehen: Was ist real und was ist Täuschung am Spinnennetz? Auf einer höheren Ebene von real und Täuschung, gibt es diese metaphysischen Ansätze, dass das materielle Leben eine Illusion sei; auf der sozialen Ebene ist die (bewusste) Lüge der Unterschied zwischen real und Täuschung; und schliesslich auf der biologischen Ebene ist der Unterschied zwischen real und Täuschung ein Ausfluss des Überlebenskampfes.

Zur Frage 2: Die wissenschaftlichen Theorien haben nicht die Beschwerlichkeit des Lebens erfunden. Wenn ein Mensch ein paar Tage kein Wasser trinkt, dann stirbt er. Das ist ein physiologischer Zwang. Unser Körper ist Teil der Aussenwelt. Unser Körper ist Sklave äusserer Sachzwänge. Wir müssen nur die Natur anschauen und wir werden überall Sachzwänge entdecken. Im Winter fliegen die Vögel nach Süden. Die Kälte ist ein äusserer Sachzwang. Was die wissenschaftlichen Theorien tun – sie tauschen lediglich die natürlich vorgefundenen Sachzwänge gegen „kultivierte“ Sachzwänge aus. Beispiel: Ohne Dach über den Kopf und Kleidung am Körper müssten wir im Winter erfrieren. Die Kälte ist der natürlich vorgefundene Sachzwang. Kein Wissenschaftler und kein Ökonom hat sich den ausgedacht. Wenn wir uns vor der Kälte schützen wollen, dann müssen wir Häuser bauen und Kleidung produzieren. Wie wir das machen, das obliegt wiederum Sachzwängen. Diese sind dann plötzlich ökonomisch-politischer Natur. Plötzlich geht es um die Allokation von Resourcen, Kontrolle von Produktionsmitteln, Verteilungsgerechtigkeit, Liberalisierung von Märkten, Umweltzerstörung. Diese Sachzwänge ergene sich aus dem sozialen Zusammenleben der Menschen in Gruppen. Die Gestaltung der Zwänge ist dann „Politik“ usw. Aber was liegt diesen Zwängen zugrunde? Die Kälte! Die biologische Notwendigkeit! Die Art des Zwanges verschiebt sich mit zunehmender Sozialisierung. Nach der Bildung von sozialen Gruppen ist es plötzlich die körperliche Stärke. Später dann in der Diplomatie die Verschlagenheit (List und Täuschung). Und jetzt ist es die Vorteilsverschaffung mit Hilfe von wissenschaftlichen Theorien.

Beste Grüsse,

Kowalski

Hanjoheyer 27.12.05 @ 11:52

Hallo Kowalski,

ich glaube, wir haben uns wieder einmal mißverstanden. Wahrscheinlich hatte ich mich unklar ausgedrückt. Mit der Suche nach der Wahrheit in Politik/Wirtschaft suchte ich weniger den Geist hinter den Erscheinungen, sondern höhere Grade der Erscheinung.

Beispiel: Gestern las ich, daß wie Wirtschaft von der Politik den Abbau der Bürokratie fordert. Hier ein Zitat aus FAZnet.

"22. Dezember 2005 Der Weihnachtsmann staunte nicht schlecht, erhielte er den Wunschzettel der deutschen Unternehmer. Denn dringlicher noch als eine bessere Auftragslage wünschen diese sich die Rodung des Bürokratie-Dschungels, wie eine Umfrage der bayerischen Deregulierungskommission ergeben hat. Und erst gestern wieder erging diesbezüglich ein nachhaltiger Appell der Handelskammern an die Politik. Dieser ist auch schon ziemlich weit oben angekommen: Die neue Bundesregierung nimmt größeren Anlauf, die Bürokratie abzubauen. Im Koalitionsvertrag heißt es, daß "die Neuentlastung von Bürgern, Wirtschaft und Behörden von einem Übermaß an Vorschriften und der damit einhergehenden Belastung durch bürokratische Pflichten und Kosten ein wichtiges Anliegen der Koalition ist". Um die Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, soll gar das Amt eines Bundesbeauftragten für den Bürokratieabbau eingerichtet werden."

Hier wird die "Realitätsebene" des tumben Pöbels beschrieben, der immer noch glaubt, die Bürokratie sei ein Hemmnis für die Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Sie müsse beseitigt werden, gleichwie man einen Fluß ausbaggern müsse, damit er schneller fließen und noch mehr Stromgeneratoren antreiben kann.

Eine Realitätsstufe höher sieht dasselbe so aus:

Da die Konzerne ein Heer von Rechtsanwälten beschäftigen, Gesetzeslücken ausfindig zu machen, um mit "legalen" Tricks Vorteile zu erzielen, die dem gemeinten Geist der Gesetze widersprechen. Den Bossen ist bewußt, daß ein Staat (eine Gesellschaft) nur dann funktionieren kann, wenn seine Mitglieder auf seinen Geist eingeschworen sind. Solange die Bürger und Konzerne nach dem Geist der Gesetze handeln, ist ein Staat funktionsfähig.
Die heutigen Bosse wollen jedoch den Staat zerstören. Sie versuchen mit allen Mitteln den Geist seiner in wesentlichen Teilen ungeschriebenen Ordnung auszuhebeln. Also handeln sie nicht nach dem Geist oder nach dem Sinn von Gesetzen, sondern nach dem geschriebenen Buchstaben der Gesetze, wohl wissend, daß der Buchstabe den Geist nie ganz treffen kann. Es gibt immer Lücken, die man nutzen kann, um das Gegenteil zu erreichen, was die Schöpfer der Gesetze beabsichtigt hatten. Sie suchen den legalen Betrug.

Die gesetzgeberischen Institutionen des Staates versuchen nun den Mißbrauch des Geistes der Gesellschaftsordnung zu unterbinden, indem sie neue Gesetze machen, die die Gesetzslücken schließen sollen. Selbstverständlich findet dieses Heer der hochbezahlen Lückensucher immer wieder neue Lücken, und schon wird der Geist der Gesetze wieder ausgehebelt.

Es entsteht ein Teufelskreis: Die von den Bossen in Mißbrauchsabsicht bezahlen Rechtsanwälte sorgen indirekt für die Zunahme der Bürokratie. Wenn die Bosse nun den Abbau der Bürokratie fordern, bedeutet dies - auf höherer Realitätsebene - die Forderung nach dem Ende der Bekämpfung ihres permantenten Mißbrauchs. In dieser Realität des Kampes der Bosse gegen den Staat lebt die Elite unseres Landes.

Es gibt aber noch höhere Realitätsebenen. Was bedeutet der Geist hinter einem Gesetzeswerk? In einer höheren Welt, die wohlweislich immer noch Erscheinung ist, ist der Staat von einer Idee getragen, ja von einem lebendigen Geist. Deutschland gibt es nur solange seine Bürger diesem Geist untertan sind und ihm freiwillig dienen.
Die Rechtsanwälte der Bosse, die Gesetzeslücken zwecks Mißbrauch des Gesetzes sichen, sind wie Heuschrecken, die über einen Acker herfallen und die Frucht zerstören, wonach dann eine große Hungersnot über das Land kommt.

Auf einer höheren Realitätsebene ist Deutschland - unsere Heimat - ein Gruppengeist, der vom mehr oder weniger bewußten Geist der Bürger gespeist wird, und der seinerseits die vielen individuellen Bewußtseine der Bürger formt. Auf diese Weise ist jeder Bürger Gestalter und Gestalteter des Kollektivgeistes namens "Deutschland".

Es gibt eine noch höhere Realitätsstufe. Es gibt im Kollektivgeist "Deutschland" einige wenige individuelle Bewußtseine, die eine bewußte Kommunikation mit diesem Kollektivgeist ("Egregor") aufnehmen können. Es gibt bewußte Bürger, die bewußt dem Egregor Deutschland dienen und solche, die ihm bewußt schaden wollen. Hier findet wahre Magie statt. Dieser Bereich der Realtät ist in Schule, Universität, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft usf tabu.

Ich erkenne jene, die Bürokratie abbauen wollen, als Schädlinge. Mal sehen, ob Merkel ihrem Land wirklich dienen will oder ob sie diesen Schädlingen dient. Möglicherweise ist sie nur zum Schein auf Seiten der Bosse, um im Verborgenen ihnen und ihren Rechtsverdrehern das Handwerk zu legen.

Die höchste mir bekannte Realitätsebene ist jene, in der unmittelbar auf die Volksseele eingewirkt wird. Wenn ich es schaffe, bewußter als diese Schädlinge zu werden, kann ich ihre Bemühungen zunichte machen.

Das ist die höhere Realität, die ich anstrebe.

Kowalski 27.12.05 @ 13:57
Hi Jo,

Ja dieser Darstellung (oben) kann ich vollkommen zustimmen. Real wäre dann die jeweils höhere Ebene der Erscheinung und Täuschung die jeweils niedrigere, wobei - wenn wir alle Erscheinungen auf ihren ihnen gemeinsamen Ursprung zurückführten - die Erscheinungen selbst Täuschung in Bezug auf die ihnen vorgelagerte höhere Ebene (des Geistes) wären.

Man könnte sich dann die Frage stellen, ob es nicht ganz grundsätzlich müssig ist, sich mit den verschiedenen Ebenen der Erscheinungen zu beschäftigen, da diese stets "Täuschung" im Hinblick auf die ihnen zugrundeliegende Realität (des Geistes) sein müssten. Andererseits kann man aber auch wiederum davon ausgehen, dass die Erscheinungen im unterschiedlichen Masse (mehr oder weniger verzerrt) die ihnen zugrundeliegende Realität spiegeln. In diesem Falle ginge es dann darum, "bessere" Erscheinungen zu schaffen, d.h. Erscheinungen, die dem Geist in einem hohen Masse enstprechen.

Wenn ich es recht verstehe, dann wäre Magie die Rückwirkung von der höchsten Ebene (des Geistes) auf die verschiedenen Grade der Erscheinungsebene, die der Geist immer alle gleichzeitig beeinflusst, da er "immer" und "überall" ist. Um das zu erreichen, muss sich der Magier auf den Standpunkt des Geistes stellen, d.h. vom Standpunkt der Ewigkeit aus wirken.

Beste Grüsse,

Kowalski


Michael_Schroepfer 28.12.05 @ 22:57

Oder auf den Standpunkt Kant's hinsichtlich einer Vernunftfähigkeit a priori. Herzlichst Michael Schroepfer

Hanjoheyer 29.12.05 @ 11:12

Mir bereitet das Wort "Schädlinge" Unbehagen. Jene, die ich so bezeichnete, sind m.E. jedoch im Kampf des Lichtes gegen die Finsternis - wie die Gnostiker es formulierten - als Vertreter der Finsternis notwendige "Partner" im großen Spiel der Schöpfung. Die eine Fraktion kontrolliert die jeweils andere. In diesem Sinne müßte das Wort "Schädling" durch "Gegenspieler" oder "Widersacher" ersetzt werden. Der Geist braucht diese Gegenspieler, um sich selbst in höhere Vernunftebenen zu transformieren.

Köhler für Grundsicherung
von Hanjoheyer @ 2005-12-28 - 12:34:50
Köhler für Grundsicherung und Gewinnbeteiligung für Arbeitnehmer

http://www.zeit.de/dpa/generatedSite/iptc-hfk-20051228-51-dpa_10574234.xml

Offensichtlich sind meine "Gebete" (in diesem Web-Tagebuch) erhört worden. Siehe auch:

http://www.stern.de/politik/deutschland/:Bundespräsident-Horst-Köhler-Kluft-Arm-Reich/552133.html

"Irgendwie" scheinen die Bosse nun doch eingesehen haben, daß der Neoliberalismus kein funktionierendes Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell ist. Und jeder vernünftig denkende Mensch weiß, daß diese neue Einsicht rein gar nichts mit meinem Web-Tagebuch oder gar mit folgender Seite aus meiner HP zu tun hat.

Siehe meine Forderungen in Sachen Wirtschaftspolitik in www.hanjoheyer.de/Steuermodell.html

Siehe auch http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&parent=5&idcat=38&idart=587

Ergänzung: Im Deutschlandfunk hörte ich letzte Nacht einen Kommentar, der besagte, daß Köhlers Forderung kaum ernst genommen werden könne, zumal schon zu Kohls Zeiten immer dann, wenn das Volk unzufrieden wurde, diesem der Wind aus den Segeln genommen wurde, indem von Spitzenpolitikern sinnvolle Reformen wie die von der Beteiligung der Arbeitnehmer am Gewinn der Konzerne und die Einführung von Bürgergeld gefordert wurden. Die Bürger sollen glauben, man kümmere sich um ihre Bedürfnisse nach Gerechtigkeit und dergleichen. Geschehen sei dann aber nichts.

Ich denke, es ist trotzdem als Erfolg zu werten, wenn der Bürgerwille es schafft, die Politiker zu vernünftigen verbalen Äußerungen zu nötigen. Das könnte eine Vorstufe zur Abpressung vernünftiger (wirtschafts-)politischer Handlungen sein.

Beobachten wir also die Politiker und die Wirtschaftsbosse. Schauen wir ihnen bei ihrer Arbeit auf die Finger und verbreiten wir im Internetz, was wir sehen. Es wird Folgen haben - jedenfalls solange es Medienmogule wie Rupert Murdoch, Elfriede Springer usw. nicht geschafft haben, das Internetz unter ihre Kontrolle zu bringen.

Aber Norbert, das ist doch Lyrik!
von Hanjoheyer @ 2005-12-29 - 12:18:52
http://www.zeit.de/2006/01/Streitgespr_8ach

Aus diesem Interview kopierte (und kommentierte) ich einen Absatz in meinen Eintrag vom 9.12.05 (im Kalender rechts auf dieses Datum klicken) "Nobelpreis für Harold Pinter"

... und auf jener Seite bitte etwas herunterscrollen.

Hoffnungsträger Kombilohn
von Hanjoheyer @ 2006-01-03 - 12:29:54
http://www.zeit.de/online/2006/01/Kombilohn

Die Union verspricht sich von einem Kombilohnmodell mehr als drei Millionen neue Arbeitsplätze. Die SPD ist skeptisch.

Auch ich bin skeptisch, ja mehr noch, verärgert über die anmaßende Frechheit der von den Bossen gekauften CDU-Politiker. Kombilohn und 1-Euro-Jobs sind eine indirekte Subvention der Arbeitgeber vom Staat, also dem Steuerzahler. Die Bosse werden diese Geschenke nutzen, um sämtliche Löhne auf Kombilohnbasis umzustellen. Die Differenz zu den Reallöhnen können sie dann als zusätzliche Gewinne einstreichen, mit denen sie dann die teuren Abwanderungen ins billige Ausland finanzieren können. Der Steuerzahler subventioniert mit dem Kombilohn seine eigene Reallohnsenkung.

Besser wäre es, nicht die noch/wieder beschäftigten Arbeiter zu subventionieren, sondern jene, die die Bosse bereits rausgeschmissen haben. Ein Traumtänzer, wer glaubt, die staatlichen Lohnzuschüsse werden von den Bossen nicht sofort wieder abgefischt! Mit 100%iger Sicherheit landen die Subventionen in den Geldsäcken der ohnehin Reichen und nicht bei den Lohnempfängern! Die von mir geforderte Einführung des Bürgergeldes ist unabdingbar, auch wenn die Bosse es noch nicht einzusehen imstande sind.

Repuhan: Du sprichst mir aus der Seele !

Trygvasson: Och, Jungs, pfui - wie seid Ihr wieder mißtrauisch... Ihr wollt doch nicht etwa wirklich und wahrhaftig andeuten, dass Unternehmen auf die abstruse und komplett widersinnige Idee kommen könnten, "echte" Jobs in geförderte Niedriglohnjobs umzuwandeln? Wie kommt Ihr immer nur auf solche extremen und nachgeradezu gemeinen Gedanken? Nehmt Euch doch ein Beispiel an Meyer und Konsorten - die glauben noch an das absolut Gute und Wahre im Unternehmen - das Gewinnmöglichkeiten achtlos und selbstverständlich links liegen lässt, weil es ein ganz kleines bißchen unsozial wäre, sie in Anspruch zu nehmen...

Heyer: Hallo Trygvason,

ja, Mißtrauen ist eine Krankheit, zu der ich mich bekenne. Wir sollten der Obrigkeit vertrauen, denn sie weiß bessser, als wir selbst, was uns gut tut. Sie denkt langfristig und vor allem intelligent, während das Volk grundsätzlich nichts zu lernen imstande ist. Es fällt immer wieder auf dieselben Lügen herein.

Selbstverständlich ist mir bekannt, wozu die Konzerne ihre Riesengewinne, wozu auch Steuergeschenke und Subventionen wie Kombilöhne zählen, braucht: zum Kauf konkurrierender Konzerne: zur Machtkonzentration. Aus diesem Grund wurde ja auch der Erwerb fremder Konzernanteile von der Steuer befreit.

Die Zeit der Nationalstaaten mit ihren Demokratien und Menschenrechten ist vorbei. Die Zukunft gehört den Megakonzernen. Die Bosse teilen die Welt unter sich auf, selbstverständlich ungefragt.

Und da ihnen von Evolutionsbiologen sowie Gehirnforschern und anderen gekauften Experten gesagt wurde, daß es Moral, Gewissen, Freiheit und dergleichen nicht gebe, fällt es ihnen zunehmend leicht, die Volksmassen wie tote Manövriermasse zu behandeln. Unsere Zukunft ist microsoft, also hart. Nehmen wir das zur Kenntnis.

Bis vor wenigen Jahren noch verbargen sie schamvoll ihre bösen Absichten, aber heute fühlen sie sich bereits mächtig genug, ihre Wünsche beinahe ungeschminkt zu artikulieren. Sie verbergen ihre Pläne kaum noch hinter immer leichter zu durchschauenden Fassaden. Kaum ein Bürger glaubt ihnen noch, daß zB Wirtschaftswachstum Arbeitsplätze schaffe, aber sie sind bereits derart siegessicher, daß sie sich kaum noch Mühe geben, gescheitere Märchen zu erfinden.

In der Utopie der Bosse gibt es keine Menschen....

Kombilohn - Nachtrag
von Hanjoheyer @ 2006-01-04 - 12:25:30
Im STERN las ich heute eine Ergänzung zum gestrigen Blog-Eintrag:

http://www.stern.de/wirtschaft/arbeit-karriere/:Arbeitsmarkt-Geplante-Kombil%F6hne-Milliarden/552357.html

"CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla rechnet bei einer Einführung von Kombilöhnen nicht mit zusätzlichen Kosten. "Wir gehen davon aus, dass es aufkommensneutral finanziert werden kann", sagte Pofalla am Montag im ZDF. Der "Kombiteil" auf die Löhne werde geringer sein "als das, was wir bisher an Arbeitslosengeld II gezahlt haben". Der Arbeitsmarktexperte sagte, dass der "Kombiteil" des Lohnes an die Arbeitslosen direkt gehen werde und nicht an die Unternehmen, "damit wir Mitnahmeeffekte versuchen zu minimalisieren".

Verdi strikt gegen Kombilöhne
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lehnt Kombilöhne strikt ab. "Es hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass Kombilöhne jedweder Art von den Arbeitgebern genutzt werden, die Tariflöhne zu drücken", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der "Berliner Zeitung". Die Arbeitgeber könnten damit rechnen, dass der Staat und damit der Steuerzahler die Lohnsenkung auffange und einen Rest drauflege. "Das bedeutet, flächendeckende Kombilöhne kosten viele Milliarden, ohne dass es am Arbeitsmarkt zu einer Verbesserung kommt." Es komme nur zu einer Umfinanzierung von Lohnbestandteilen auf Kosten der Allgemeinheit."

Unglaublich wie naiv CDU-Wirtschaftsexperten sein können! Natürlich hat der VERDI-Sprecher recht. Sobald einkommensschwache, aber in Arbeit stehende Arbeiter vom Staat finanziell unterstützt werden, wird der Arbeitgeber diesen Umstand zu seinen Gunsten ausnutzen und seine gezahlten Löhne entsprechend senken. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Aus diesem Grund gibt es nur die eine Alternative, nämlich ausschließlich jene zu unterstützen, auf die die Arbeitgeber keinen Einfluß und damit keine Erpressungsmöglichkeit mehr haben: die Arbeitslosen. Wenn man diese Menschen nicht als Überflüssige abstempeln will, muß man ihnen ein Bürgergeld, das logischerweise jedem, der nicht arbeitert, zustehen muß, geben.

Und daß das locker finanziert werden kann, habe ich in anderen Blog-Beiträgen gezeigt.

Kombilohn - Nachtrag 2
von Hanjoheyer @ 2006-01-06 - 11:35:55
http://www.nachdenkseiten.de/cms/front_content.php?client=1&lang=1&idcat=7&idart=1311

Wer wissen will, aus welcher Ecke die Idee vom Kombilohn kommt, lese obigen Link. Die Idee wurde geboren im Rahmen der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschsft - INSM", einer Organisation, die die Welt nach ihrer verqueren neoliberalen Wirtschafts-Philosophie umkrempeln will. Hier die fürs Thema relevanten Absätze des lesenswerten Artikels:

"Auf einem Schülerarbeitsblatt der INSM werden suggestiv die Thesen zur Diskussion gestellt: „Wenn die Sozialhilfe ausreicht, um gut leben zu können, geht doch niemand freiwillig arbeiten“. „Das Soziale Netz ist scheinbar eng geknüpft, es verleitet vielleicht deshalb zu gewisser Inaktivität“.
Die Tatsache, dass sich die Höhe der Sozialhilfe am Existenzminimum orientiert, kommt natürlich nicht zur Sprache. Ehrliche Zahlen würden belegen, dass das Arbeitslosengeld nur eine leidliche Existenzabsicherung ist. Die INSM konstruiert in ihrem Material das Beispiel eines Ehepaares mit zwei Kindern, dem Sozialhilfe in Höhe von 1.447,- Euro zusteht; im Vergleich zu einem ungelernten Installateur, der brutto 1.550,- an Monatslohn erhält. Das soll den mangelnden Arbeitsanreiz verdeutlichen.

Im Begleitmaterial werden die Lehrer darauf vorbereitet, dass Schüler an dieser Stelle auf den Gedanken kommen könnten, dem mit einer Erhöhung der Löhne für Geringverdiener abzuhelfen. Ein echtes Argument kann dagegen offenbar auch die INSM nicht aufbieten, sie warnt nur kurz vor "einseitigen Belastungen der Unternehmen" und empfiehlt den Lehrern dann, auf das Thema „Kombilohn“ auszuweichen ("Eine einseitige Belastung der Unternehmen kann es aber nicht sein. Vielleicht bringen Sie das Stichwort 'Kombilohn' ..." Lehrerblatt zur Unterrichtssequenz Soziale Sicherung) Denn dieses Modell stellt für die INSM die Alternative zum vermeintlich aufgeblähten Sozialstaat dar (Heft 5, S. 9):

Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger nehmen für einen niedrigen Lohn eine Arbeit auf. Da sie davon weder ihren Lebensunterhalt bestreiten, noch in die Sozialversicherung einzahlen können, soll der Staat einspringen: Er zahlt den anderen Teil des Kombilohns. Wie dies mit dem Ruf der INSM nach einem schlanken Staat zusammenpasst und wo der Staat – also die Solidargemeinschaft - das Geld dafür hernehmen soll, bleibt das Geheimnis der Arbeitgeber."

Es geht der INSM also darum, den Leuten (Faulenzern) zu verklickern, daß das, was für die Reichen selbstverständlich ist - ohne materielle Not trotzdem hart zu arbeiten - nicht für Arme gelte, denn diese seien von Natur aus Faulenzer. Man müsse also die Armen zur Arbeit zwingen. Daß die Reichen bereits alle einträglichen Geschäfte unter sich ausmachen, sämtliche Nischen ausfüllen und eifersüchtig darüber wachen, daß keine neuen Konkurrenten heranwachsen, steht auf einem anderen Blatt. Zu welcher Arbeit - Unternehmertum in eigener Sache, "Ich-AG" - sollen denn die Armen gezwungen werden? Ich ahne es: Sie sollen sich selbst für einen Hungerlohn als rechtlose Sklaven den Reichen anbieten.

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