Bienen und Imkerei 14

 

Projekt "Neue Landbiene"

Philosophische Grundlage

Das Projekt "Neue Landbiene" ist eine imkerliche Betriebsweise, die ein möglichst bienengerechtes bzw. bienenfreundliches Imkern anstrebt. "Betriebsweise" ist ein Begriff, der alle Tätigkeiten eines Imkers beinhaltet. Die Betriebsweise beeinflusst das natürliche Verhalten des Biens, also dessen "Lebensweise". Die Betriebsweise sollte nicht im Widerspruch zur Lebensweise des Biens stehen, sondern diese anerkennen und und nur sehr behutsam im Interesse des Imkers beeinflussen.

Das Interesse des Imkers ist die Honigernte. Das Interesse des Biens ist die Fortführung der eigenen Evolution, also das Überleben des Biens als Spezies. Die Vermittlung beider Interessen ist ein Geschäft: Der Imker hilft dem Bien beim Überleben, zB indem er ihm Bienenkästen zur Verfügung stellt und in Notzeiten füttert und der Bien liefert den vom Menschen begehrten Honig (und außerdem Wachs und Propolis).

Bei einer bienengerechten Betriebsweise verzichtet der Imker auf möglichst viele Tätigkeiten zu Gunsten des Biens, dem der Imker so viele Freiräume eigener Tätigkeiten wie möglich lässt. Da der Bien ein Teil der Natur ist, darf die Betriebsweise nicht unnatürlich sein. Sie muss ökologische und biologische Erkenntnisse berücksichtigen. Hieraus ergibt sich eine biologisch-ökologische Betriebsweise.

Da es bereits Betriebsweisen gibt, die "Bio" oder "Öko" in ihrem Label aufführen, aber keineswegs natur- und bienengerecht sind, geht mein Projekt Landbiene mit neuen Richtlinien einer wirklich ökologischen Betriebsweise einher.

Nach den bereits etablierten Bio- und Öko-Richtlinien (zB Demeter, Bioland) ist dem Imker die Verwendung von Medikamenten gegen die Varroose erlaubt. Da Medikamente (Ameisensäure, Milchsäure, Oxalsäure, Thymol und Anderes) den Bien schwächen und eine medikamentenresistente Varroamilbe "züchten" und somit die Evolution des Biens Richtung natürlicher Resistenz verhindern, sind sie für eine wirklich ökologische Betriebsweise abzulehnen.

Außerdem verhindern alle bestehenden Bio- und Öko- Richtlinien die Herausbildung ökologisch angepasster Unterarten des Biens, also von Ökotypen. Betriebsweisen, die die Biologie und die ökologische Anpassung des Biens an ihre Umwelten, also die Herausbildung vieler Unterarten (Ökotypen) , verhindern, dürften nicht länger "ökologisch" genannt werden. Sie sind nichts als "ökologisch" getarnte Geschäftsmodelle, die die Sehnsucht des Menschen nach Natürlichkeit ausbeuten.

Die Herausbildung von Ökotypen des Biens ist Bestandteil seines Immunsystems. Nur genetisch diverse Individuen - im Gegensatz zu Klonen - können allen erdenklichen Krankheiten widerstehen. Wer die Herausbildung von Unterarten verhindert und gleichzeitig eine varroaresistente Biene züchten will, befindet sich auf dem Holzweg. Die Bio- und Ökoverbände legen keinen Wert auf den Erhalt und die Herausbildung von Ökotypen. Dies erkennt man leicht daran, dass sie in ihren Richtlinien keine Aussagen über Bienentransporte (Handel mit Königinnen und Bienenvölkern, das Anwandern weit entfernter Trachtgebiete) machen. Auch die wissenschaftlich unterstützten Varroatoleranzzüchter - siehe das Wirken der AGT an der Belegstelle "Erbeskopf" - arbeiten nicht ökologisch, da sie die Entwicklung von Ökotypen unterbinden.

Das "Projekt Landbiene" ist die erste wirklich ökologische Betriebsweise, da bei ihrer Anwendung in dieser Region die Hunsrückbiene (wieder-) entstehen wird.

Ökologische Grundsätze:

Unterstützung der Herausbildung natürlicher Unterarten des Biens!

Die Natur hatte für jedes Klima, für jeden Landschaftstyp, also für jedes ökologisches System, eine optimal angepasste eigene Bienenunterart herausgebildet. Allein in Deutschland gab es, bevor die Züchter ins Spiel kamen, Dutzende unterschiedlicher Ökotypen der Dunklen Biene "apis mellifera mellifera". Aufgrund züchterischer Tätigkeiten und des Bienenhandels verschwand ein Ökotyp nach dem anderen vom Angesicht der Erde. Schließlich gab es in Deutschland nur noch die Heidebiene in Norden, die Braunelle in der Mitte und im Süden und die Nigra im Gebiet in und um die Schweiz. Heute gibt es in Deutschland fast nur noch einen aus Ost-Österreich, Slowakei und Slowenien importierten fremden Ökotyp, die Kärntner- oder Carnica-Biene. Außerdem gibt es seit einigen Jahrzehnten eine Kunstrasse namens "Buckfastbiene", die der Mönch "Bruder Adam", bürgerlicher Name "Karl Kehrle" in England aus einem halben bis ganzen Dutzend diverser Ökotypen zusammengemixt hat. Da die "Bucky" derzeit der modisch letzte Schrei ist, lässt es sich die Imkerschaft nicht nehmen, nun auch die Carnicabiene zu vernichten. Selbst im Stammland der Carnica wollen immer mehr Imker die Buckfastbiene halten. Es ist modern, alles haben zu wollen, besonders das, was Andere haben und man selbst nicht (wirklich braucht).

Nur umweltangepasste Bienen - Ökotypen - sind gesund und robust und können sich in vollem Umfang den Krankheitserregern erwehren. Eine echte Öko-Imkerei transportiert, kauft und verkauft keine Bienen über eine Entfernung, die über die Distanz, die Drohnen oder Bienenschwärme zurücklegen können, das sind ungefähr 25 Kilometer, hinausgeht. Nur bei Einhaltung dieser Transportbeschränkung können sich Ökotypen des Biens herausbilden. Das gegenwärtige "Ökoimkerwesen" hält sich nicht an diese Regel; also ist sie nicht ökologisch.

Der echte Ökoimker wendet keine unnatürlichen Vermehrungsmethoden an. Das sind Umlarven, Künstliche Befruchtung und Positive Selektion. Positive Selektion führt zu Inzuchtschäden, denn sie bedeutet, dass man die vermeintlich beste Königin Dutzendfach vermehrt und die Jungköniginnen in andere Bienenvölker, deren Königinnen getötet wurden, einweiselt. Der Öko-Imker gönnt prinzipiell allen Völkern die Vermehrung und überlässt die Selektion dem Winter und den Krankheiten.

Der Öko-Imker vermehrt seine Völker über natürliche Schwärme und Feglinge**. Die jungen, unbegatteten Königinnen werden nicht zu Belegstellen* gebracht, wo sie wiederum einer unnatürlichen Begattung und der Inzuchtgefahr ausgesetzt werden und wodurch die Herausbildung von Ökotypen verhindert wird. Zur Öko-Imkerei gehört der freie, ungelenkte, Begattungsflug ("Hochzeitsflug") am Bienenstand.

Desweiteren verwendet der echte Ökoimker keine Medikamente (sog. organische Säuren, Thymol und diverse Zeckenmittel) gegen Krankheiten, insbesondere die neue Geißel des Biens, die Varroamilbe. Solange der Bien ohne imkerliche Hilfe nicht dauerhaft überleben kann, wendet der Öko-Imker ein bestimmtes biotechnisches Verfahren der Milbenverminderung an, das der natürlichen Reaktion des Biens auf diesen Schmarotzer nahekommt. Der varroageschädigte wild lebende Bien verlässt das Nest und sucht sich ein neues Zuhause. Da dies in Deutschland nicht möglich ist - es fehlt an Baumhöhlen - und da der Imker nicht völlig auf Honigernten verzichten möchte, hat er (u.a.) die recht bienengerechte Methode des "Doppelten Brutstopps" entwickelt.

Doppelter Brutstopp:

Der erste Brutstopp findet im Mai/Juni statt. Hat ein Volk Weiselzellen angesetzt und damit signalisiert, dass es schwärmen will, macht der Imker eine Schwarmvorwegnahme: Er fegt einen Teil der Bienen von den Waben ab in einen neuen Bienenkasten und setzt die alte Königin hinzu. Eine genauere Schilderung des Prozedere ist im Forum "Projekt Landbiene" erklärt. Der neue Bienenschwarm, der sog. Fegling, ist fast milbenfrei. Das nun weisellose "Muttervolk" muss nun einige Wochen warten, ehe die neue Königin geschlüpft, begattet und wieder legereif ist. Bis dahin haben die Milben keine Möglichkleit, sich ihrerseits zu vermehren. Sie verschwinden nach und nach mit abfliegenden und nicht wieder heimkehrenden Bienen aus dem Volk. Das Bienenvolk gewinnt die nötige Zeit, die es braucht, um jene Brut zu finden und aus dem Bienenkasten zu räumen, die von Milben parasitiert ist. Mitte bis Ende Juli (nach der 2. Honigernte) wird bei stark parasitierten Völkern auf ähnliche Weise ein zweiter Brutstopp erreicht, indem man einen Zwischenbodenableger macht.

Beim Zwischenbodenableger kann man nicht warten, bis die Bienen Weiselzellen ansetzen. Um Mitte bis Ende Juli machen die Bienen das nicht mehr. Man macht also wie oben geschildert einen Fegling, der auf denselben Standplatz wie das Muttervolk zu stehen kommt. Der Fegling bekommt ausreichend Futter für den Winter, Pollenwaben für die neue Brut und Leerwaben, auf denen die Königin die Winterbienen erzeugen kann. Auf die Zarge mit dem Fegling kommt eine Plastikfolie, die ihn gegen das Restvolk, das oben aufgesetzt wird, abtrennt. Auf die Folie kommen die beiden Zargen des Restvolkes mit sämtlicher Brut. Da der obere Volksteil keine Königin hat, herrscht Brutstopp. Die Bienen müssen sich eine neue Weisel heranziehen. In dieser Zeit verschwinden die meisten Milben aus dem Volk. Die neue Königin, eine Nachschaffungskönigin, kann meist noch gut begattet werden. Solange noch Drohnen gebraucht werden, gibt es auch Drohnen in den Völkern! Wer Ende Juli Zwischenbodenableger macht, hat auch noch 3 - 4 Wochen später, wenn die junge Königin auf ihren Hochzeitsflug geht, ausreichend viele Drohnen.

Der Imker, der die die Milbenbekämpfung auf diese Weise vornimmt, verdoppelt sozusagen die Zahl seiner Völker. Der Winter trifft nun die Auslese der varroaresistentesten. Der Winter generiert sozusagen die natürliche Varroa-Resistenzzucht. Völker, die im Winter durchbrüten oder die im Herbst (Mitte August, September) zu wenig gesunde Winterbienen erzeugen konnten, sterben im Winter ab. Es wird in diesen Anfangsjahren einer echten Ökoimkerei mit Verlusten zwischen 70 und 40 % zu rechnen sein. Die Zwischenbodenableger können diese Verluste leicht ausgleichen. Haben einmal zu viele Völker überlebt, sodass der Imker nicht genügend Bienenkästen zu Verfügung stellen kann, müssen einige Völker - es stehen ja immer jeweils deren zwei übereinander - wiedervereinigt werden.

Desweiteren gehört zu einer echten ökologischen Betriebsweise der Verzicht auf Absperrgitter und ganzer Mittelwände. Außerdem schneidet er nur bei jenen Völkern Drohnenwaben heraus, deren Vermehrung er wegen Krankheitsanfälligkeit verhindern will.

Ich verwende derzeit Rähmchen mit 2 cm breiten Anfangsstreifen und experimentiere mit Bienenbeuten, auf deren oberen Ränder ausschließlich Rähmchenoberträger befestigt werden. In den Bruträumen legen die Bienen ihren sog. "Wirrbau" an, den der Imker nicht weiter beeinflusst. Da der Brutraum auf zwei Zargen verteilt wird, kann jedes Frühjahr zum Zwecke der Bauerneuerung der untere Brutraum mit den alten Waben entfernt und eingeschmolzen werden. Der Honigraum wird witerhin mit Rähmchen (mit MW oder Anfangsstreifen) bestückt. Die einzelnen Zargen können mit Hilfe eines Drahtes, der zwischen die Zargen durchgezogen werden kann, voneinander getrennt werden.

Der Nachteil dieser besonders ökologischen Betriebsweise ist der, dass man keine Feglinge mehr machen kann. Vielleicht mit viel Rauch. Wie gesagt: Hier muss ich noch experimentieren. Vielleicht sind meine Bienen in wenigen Jahren bereits so varroaresistent, dass ich auch auf die Erstellung von Zwischenbodenablegern verzichten kann.

Landbiene

Diese ökologische Betriebsweise ermöglicht die Wiedererlangung eines an den Hunsrück angepassten Ökotypes, der der ursprünglich hier heimischen leider ausgerotteten "Braunellen" sehr ähnlich sein wird. Ich nenne diesen noch nicht existierenden Ökotyp "Hunsrückbiene".


* Belegstellen sind eine spezielle Art Zuchtstationen, die einst im 3. Reich angegelegt wurden, um die heimische Biene auszurotten und durch die österreichische Biene zu ersetzen, deren Verkauf bereits zu einem einträglichen Wirtschaftszweig entwickelt werden konnte. Bis 2010 wurde die Belegstelle "Erbeskopf" bei Thranenweiher mit sog. reinrassigen Vatervölkern der österreichischen "Carnica-Biene" bestückt. Die Imker brachten ihre Mini-Völker mit unbegatteten Jungköniginnen zur Begattung auf die Belegstellen. Auf diese Weise wurde die Landbiene systematisch verdrängt und durch eine inzuchtgeschädigte Reinzuchtbiene aus einem fremden Ökosystem ersetzt. Im Jahre 2010 wurde die Belegstelle "Erbeskopf" zu einer Art Zuchtstation für die Zucht einer varroaresistenten Biene. Leider wird bei dieser Methode kein Wert auf die Herausbildung von Ökotypen gelegt. Man ignoriert das bessere Wissen um die genetische Diversizität als Teil des Immunsystems einer Spezies.

** Fegling: Das natürliche Schwärmen eines Volkes geschieht oft in Abwesenheit des Imkers, und es ist oft mit Gefahren für den Imker verbunden, einen Schwarm von einem hohen Baum zu pflücken. Deshalb macht der Imker bei einem Volk, das das Schwärmen vorbereitet, eine Schwarmvorwegnahme. Er bereitet einen neuen Bienenkasten, der unmittelbar neben dem "alten" aufgestellt wird, vor, indem er ein paar Honigwaben und leere Waben hineinhängt. Hinzu kommt die Königin in einem kleinen Drahtkäfig. Dann kommt der Deckel drauf und vom schwarmwilligen Volk werden Wabe für Wabe die Bienen unmittelbar vor das Flugloch des neuen Bienenkastens gefegt. Daher der Name "Fegling". Die schwarmwilligen Bienen ziehen in den neuen Kasten ein; die Brutpflegebienen und alle anderen, die nicht schwärmen wollen, kehren in das Muttervolk zurück. Die Königin wird nach dem Einzug ihrer Gefolgschaft wieder freigelassen. Es geschieht derselbe Vorgang wie beim natürlichen Schwärmen eines Bienenvolkes: Die Königin zieht mit ihrer Gefolgschaft aus. Der Unterschiede ist allein der, dass der Imker den Zeitpunkt des Schwärmens etwas vorverlegt.

 

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