Evolutionstheorie - E-Brief-Diskussion mit einem Experten
von Hans-Joachim Heyer - Teil 4



30.7.2000: 07302015:

>> Nehmen wir eine Welt an, in der es beides gibt: magische Akte und ebenso Erscheinungen, die streng nach irgendwelchen "Naturgesetzen" ablaufen, also deterministischen Zusammenhängen zwischen Ereignissen der Erscheinungswelt. Der Archae Opteryx ist also das Ergebnis einer magischen Bemühung und das Herunterfallen eines Kugelschreibers - sagen wir mal - deterministisch durch soetwas wie "willenlose Gravitation" verursacht.
>
>Das sehe ich nicht so. Beides sind magische Akte und gleichzeitig mechanistische Notwendigkeiten. Auch das Herunterfallen des Bleistiftes ist kein Zufall (weil es den in einer höherdimensionalen Welt nicht gibt; es gibt ihn erst scheinbar in einer um 1 Dimension niedrigeren Welt, wo durch die Reduktion der wahre Kausalzusammenhang verlorengegangen ist und die "Dinge" zusammenhanglos (Korrelation = zufällig) erscheinen), sondern ein magischer Akt (hervorgerufen von einer Seele senkrecht zur Erscheinungsawelt).

Meine Schwierigkeit bei dieser Vorstellung ist folgende: Nach all dem was man in der Natur (oder im Haushalt beobachtet), scheint es ja Gesetzmäßigkeiten zu geben. So ist es meine Erfahrung, daß relativ schwere und kompakte Gegenstände (wie Bücher, Briefbeschwerer, Trinkgläser) immer ungefähr gleich schnell fallen.
Jetzt würdest Du wahrscheinlich sagen: "Trotzdem ist ihr Fall ein von einer Seele hervorgerufener magischer Akt". Jetzt könnte ich ja sagen: "Einverstanden. Aber nach meinen Erfahrungen geht diese Seele mit ihren magischen Akten recht ökonomisch um, sie läßt sich nicht für jeden der genannten Gegenstände ein stark unterschiedliches Fallgesetz einfallen, (also beim einen könnte der Weg ja etwa quadratisch mit der Zeit gehen, beim anderen linear, beim anderen ruckartig usw.). Das ist aber eben nicht das, was ich beobachte.

Könnte ich jetzt nicht folgendes sagen: Ich nehme all die Phänomene, wo die Seele ähnlich ökonomisch umgeht wie beim Fallen von Gegenständen und nenne diese Gesamtheit "Natur"; die Standard-Abläufe der Seele nenne ich "Naturgesetze".

>Trotzdem gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen dem Fallen eines Bleistiftes und der Erschaffung eines Archae Opteryx': Die meisten Menschen GLAUBEN ja an die Erscheinungswelt. D.h. sie richten ihre magische Tätigkeit UNBEWUSST an den empirischen "Gesetzen" aus und finden damit ihr Weltbild bestätigt, nämlich daß sich alle Dinge nach einer "willenlosen Gravitation" richten.

Ist also die Ähnlichkeit beim Ablauf von Fall-Ereignissen pure Illusion (oder Indoktrination)?

>Ein "hartgesottener" Physiker würde in einer Welt, wo ein Urvogel vom Schreibtisch gehüpft ist, jede Magie strikt ablehnen, denn er könnte beweisen, daß dieses Viech vorher woanders war usw. Er sieht die Wirklichkeit stets empirisch/kausal entwickelt bis zurück zum Urknall. Stell dir diese Zeitdimension aufgewickelt in einer lebendigen, brodelnden Allgegenwart vor. Das wäre in Etwa das, was ich ewige Seele nenne. Die Seele verändert sich in sich selbst - also spontan, aus sich selbst, unverursacht - und projiziert ihren neuen Zustand abgewickelt als Erscheinungswelt samt Urvogel und fallendem Bleistift.

Dieses Statement hat ein kleines Problem: Du sagst "die Zeitdimension ist aufgewickelt". Ok - dann haben wir die Zeitdimension in unserer Vorstellung in eine räumliche gepackt. Das machen Physiker auch gerne, wenn sie über Relativität und sowas nachdenken. Jetzt aber haben wir sozusagen ein geometrisches "Objekt" vor uns, das keine zeitliche Entwicklung mehr kennt (wir haben sie ja gerade glücklich eliminiert). Aber in welcher Dimension "brodelt" und "verändert sich" dann unser Objekt oder sein Umfeld. Die herkömmliche Zeit kann's nicht sein, die liegt aufgewickelt vor uns. Es könnte eine andere Art Zeit sein. Aber welchen Zugang haben wir denn zu dieser, wenn sie mit unserer "Erscheinungswelt-Zeit" nichts zu tun hat.

>(Dabei verhält es sich NICHTso, wie zB der australische Physiker Paul Davies mit seiner Viele-Welten-Theorie postuliert, nämlich daß alle Welten konkret vorhanden seien und sich ständig weiterspalten würden. So nicht! Jede Seele konkretisiert immer nur 1 Welt, aber jede Sekunde eine andere bis zurück zum Urknall (und kompletter Evolution).

Die "Many-Worlds-Theory" ist ein witziges Konstrukt und ist meines Wissens nach einfach als "Gegensatz" zur Kopenhagener Deutung konstruiert worden. Alle experimentelle Ergebnisse, die ich kenne, lassen keine Entscheidung zu, ob eine der beiden Theorien richtiger ist als die andere. Wenn man mich fragt, bringt aber diese Many Worlds Theory außer eben dieser Erkenntnis keine weiteren (und ich muß sagen, ich habe meine Probleme damit, mir vorzustellen, daß wenn ich meinen CD-Player betreibe, daß ich dann
abermillionen von Welten sozusagen erschaffe (bzw. die Halbleiter-Vorgänge darin)).

>Du siehst, daß ich oben beide extremen Sichten widerspruchsfrei zusammengefügt habe. Beide - Physiker und Magier - leben in ihren selbstbestätigenden Systemen.

Hierzu eine Frage: Gibt es für einen Magier Aussagen, die sich falsifizieren lassen, wo er also sagt: "Ich wette mein Leben darauf, daß es nicht passiert". Der Physiker wettet sein Leben darauf, daß die Physik des Drahtseils bei dem Aufzug, mit dem er fährt von der Sorte ist, daß es nicht abreißt. Er sagt nicht: "Es kann gar nicht passieren", er sagt nur: "ich schätze das Ereignis als so unwahrscheinlich ein, daß ich das Risiko in Kauf nehme, um die Treppe nicht laufen zu müssen". Dabei ist er ja kein Märtyrer (die riskieren ihr Leben auch für ihre Überzeugung, aber eben genau dafür), sondern einfach nur lauf-faul.

Wie schätzt aber nun der Magier Chancen und Risiken ab? Auf welche Dinge kann er sich "guten Gewissens verlassen" und auf welche nicht.

>Wir haben die Naturkonstanten "internalisiert" und damit aus unserer bewußten Kontrolle entlassen. Dadurch erscheinen sie wiederum (da unkontrolliert) als externe Größen. Wenn du etwas 1000 mal machst, wird es Gewohnheit, und das Gewohnte schwindet aus unsem Blick - und wird zur scheinbar unkontrollierten Außenwelt (Naturgesetz). Die Zukunft ist die Summe aller unserer "Erwartungen" und Wünsche.

Die Frage ist, wie man die Naturkonstanten (wieder?) unter Kontrolle bringen kann.

>> ... Und die Fähigkeit mancher Leute, in anderen Begeisterung Faszination oder andere starke Gefühle zu wecken (seien es nun z.B. Lehrerpersönlichkeiten oder Künstler oder auch "ganz normale Menschen"), hat doch tatsächlich etwas "magisches", und ich denke, daß auch viele Naturwissenschaftler das so sehen - und das viel weniger mit Verdruß als mit großer Genugtuung.

> Woher kommt es, daß bei manchen Kindern oder Jugendlichen eine einzige Begegnung ausreichte, in der ich kaum mehr sagte, als daß die sichtbare Welt um sie herum Konstruktion ihrer ewigen Seele sei, und daß ich Zauberer sei, um sie 10 Jahre später zur Äußerung zu bringen, durch mich hätten sie den Sinn ihres Lebens gefunden, ja, seien sie erst lebendig geworden? Viele bringen ihr Lebendiggewordensein auch gar nicht mit mir bewußt in Verbindung - aber ihre unbewußte Gestik und Verhalten spricht Bände. Woher kommt es, daß ich schon so manchen Prof. dermaßen in Verwirrung gestürzt habe, daß er krank wurde?

Ich glaube, am Versuch, die Realität der (Erscheinungs-)Welt zu beweisen, kann man tatsächlich verzweifeln (weshalb ich das nie versuchen werde). Das ist wie der Versuch, über den eigenen Schatten zu springen (wörtlich genommen). Ich habe Popper nicht gelesen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß man nicht-falsifizierbare Dinge überhaupt beweisen kann; das ist gerade der Grund, warum Mathematiker "Axiome" von "Sätzen" trennen.

Ebenso ist der Gedanke, daß man in einer uhrwerksmäßigen Welt lebt, in der alles entweder deterministisch (oder - genausogut: rein zufällig) abläuft, nicht gerade aufbauend und wenig sinngebend. Ich kann mir vorstellen, daß ein Ausbrechen aus einer solchen deprimierenden Vorstellung als sehr befreiend empfunden wird und Raum gibt, einen Sinn für das Leben zu finden und glücklich zu werden. Wir wollen ja, daß unser Denken und Handeln sinnvoll ist.

Die Befreiung kann dabei eine Theorie (oder Mythos oder Religion) sein, sie kann vielleicht auch in einem unbewußten oder bewußten Ignorieren bestimmter quälender Fragestellungen und Konzentration auf andere, pragmatischere begründet sein (ich glaube, u.a. tun dies viele Naturwissenschaftler). Von
John von Neumann hat sein Biograph, glaube ich, gesagt: "Er versuchte, die nächsten 5 Minuten zu den produktivsten seines Lebens zu machen".
Wichtig ist, meiner Meinung nach eines: Man muß mit der Lösung, die man gefunden hat, wirklich selbst einverstanden sein, sonst ist sie keine. Ich glaube nicht, daß es /eine/ "Patentlösung" gibt, sondern eine Menge von "Individuallösungen", die man vielleicht bestimmten Klassen grob zuordnen kann.
Nicht jeder ist für die Individuallösung jedes anderen empfänglich und ich denke, das muß auch gar nicht sein. Diskussionen dienen meines Erachtens auch nicht dazu, eine Individuallösung durch eine andere zu ersetzen sondern sie vielleicht um Elemente der anderen zu bereichern oder auch nur, die
eigene Lösung für sich selbst transparenter und klarer zu machen und so für einen selbst zu vervollkommnen.
Ich denke, ein wesentlicher Schritt besteht darin, für die Lösung des anderen als potentielle Quelle von Ideen offen zu sein, auch dann, wenn man ahnt, daß sie als Gesamtlösung wohl weitgehend nicht zur eigenen wird.

Wenn Menschen anderen Menschen helfen können, ihre Individuallösung zu finden, mit der sie leben können (z.B., indem sie ihnen ihre eigene Individuallösung vorstellen diskutieren oder einfach vorleben - viele Menschen verbalisieren ja ihre Lösung nicht; das macht die Lösung aber nicht schlechter), dann ist das etwas sehr positives und sehr häufig sogar Teil ihrer eigenen Individuallösung, ob nun bewußt oder unbewußt.

Jetzt habe ich für meine Verhältnisse schon ziemlich viel philosophiert.

In diesem Sinne ...

Herzliche Grüße - P

PS.: Ich habe nachgeschaut: die Geschichte von Lem in "Nacht und Schimmel, Suhrkamp Taschenbuch, ISBN 3-518-36856-7, 14.80 DM, heißt "Die Neue Kosmogonie". Mir geht es jedenfalls so, daß ich manchmal wirklich versucht bin, die (fiktiven) Artikel in dieser Geschichte in der Fachliteratur nachzuschlagen! - P.D.


07302339:

> >> Der Archae Opteryx ist also das Ergebnis einer magischen Bemühung und das Herunterfallen eines Kugelschreibers - sagen wir mal - deterministisch durch soetwas wie "willenlose Gravitation" verursacht.
> >
> >Das sehe ich nicht so. Beides sind magische Akte und gleichzeitig mechanistische Notwendigkeiten.
>
> Meine Schwierigkeit bei dieser Vorstellung ist folgende: ...
... Aber nach meinen Erfahrungen geht diese Seele mit ihren magischen Akten recht ökonomisch um...

Sie kann ja auf das "Programm" Einfluß nehmen, und da ist es tatsächlich ökonomischer, nicht den Fall eines jeden Gegenstandes zu steuern, sondern allein das Fallgesetz. Die "Projektionsgesetze" sind standardisiert. Ich stelle mir das genauso vor, wie ich es im PC programmieren würde.
>
> Könnte ich jetzt nicht folgendes sagen: Ich nehme all die Phänomene, wo die Seele ähnlich ökonomisch umgeht wie beim Fallen von Gegenständen und nenne diese Gesamtheit "Natur"; die Standard-Abläufe der Seele nenne ich "Naturgesetze".

Die materielle Außenwelt kann sehr gut als Spiegel der geistigen Struktur eines Menschen dienen. Der Geist ist ja nicht verrückt, er ist intelligent, hoch organisiert. Das äußert sich in der Erscheinungswelt ebenfalls als Ordnung (Naturgesetze).
>
> >Trotzdem gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen dem Fallen eines Bleistiftes und der Erschaffung eines Archae Opteryx': Die meisten Menschen GLAUBEN ja an die Erscheinungswelt. D.h. sie richten ihre magische Tätigkeit UNBEWUSST an den empirischen "Gesetzen" aus und finden damit ihr Weltbild bestätigt, nämlich daß sich alle Dinge nach einer "willenlosen Gravitation" richten.
>
> Ist also die Ähnlichkeit beim Ablauf von Fall-Ereignissen pure Illusion (oder Indoktrination)?

Der Wille setzt am Gravitationsgesetz an, nicht am Fall eines jeden einzelnen Körpers.
>
> >Ein "hartgesottener" Physiker würde in einer Welt, wo ein Urvogel vom Schreibtisch gehüpft ist, jede Magie strikt ablehnen, denn er könnte beweisen, daß dieses Viech vorher woanders war usw. Er sieht die Wirklichkeit stets empirisch/kausal entwickelt bis zurück zum Urknall. Stell dir diese Zeitdimension aufgewickelt in einer lebendigen, brodelnden Allgegenwart vor.
>
> Aber in welcher Dimension "brodelt" und "verändert sich" dann unser Objekt oder sein Umfeld. Die herkömmliche Zeit kann's nicht sein, die liegt aufgewickelt vor uns. Es könnte eine andere Art Zeit sein. Aber welchen Zugang haben wir denn zu dieser, wenn sie mit unserer "Erscheinungswelt-Zeit" nichts zu tun hat.

Unter dem Gebrodel verstehe ich, daß Prozesse in sich selbst zurücklaufen. "Dinge", die sich auf diese Weise verändern, tun dies nicht "in" einer linearen Zeit, sondern im Kantschen Sinne "spontan", also "aus sich selbst heraus", als "Ding an sich". Dieses Gebrodel kann man sich als Abwicklung "vorstellen" (Schopenhauer: Welt als Wille und Vorstellung). Die Achse dieser Abwicklung heißt dann "lineare Zeit". Sie ist eine aus der Ganzheit des Gebrodels herausgelöste (um diese reduzierte) Achse, an der der Rest
aufgereiht wird. Es ändert sdich hier nichts faltisch, sondern bloß an der Wahrnehmungsperspektive.
>
> (Dabei verhält es sich NICHTso, wie zB der australische Physiker Paul Davies mit seiner Viele-Welten-Theorie postuliert, nämlich daß alle Welten konkret vorhanden seien und sich ständig weiterspalten würden. So nicht! Jede Seele konkretisiert immer nur 1 Welt, aber jede Sekunde eine andere bis zurück zum Urknall (und kompletter Evolution).
>
> Wenn man mich fragt, bringt aber diese Many Worlds Theory außer eben dieser Erkenntnis keine weiteren (und ich muß sagen, ich habe meine Probleme damit, mir vorzustellen, daß wenn ich meinen CD-Player betreibe, daß ich dann abermillionen von Welten sozusagen erschaffe (bzw. die Halbleiter-Vorgänge darin)).

Wie gesagt, habe auch ich meine Probleme mit dieser Perspektive. Ich glaube, daß nur jeweile eine Welt, nämlich die, die wir "anschauen", konkretisiert wird. Alle anderen Welten bleiben immateriell im "Möglichkeitsraum", diesem Gebrodel aus vernetzen, aufgewickelten Prozessen.
>
> >Du siehst, daß ich oben beide extremen Sichten widerspruchsfrei zusammengefügt habe. Beide - Physiker und Magier - leben in ihren selbstbestätigenden Systemen.
>
> Hierzu eine Frage: Gibt es für einen Magier Aussagen, die sich falsifizieren lassen, wo er also sagt: "Ich wette mein Leben darauf, daß es nicht passiert".

Nein. Es kann alles passieren. Er kann jedoch sagen: WENN ...., DANN gebe ich mein Leben darauf.....

> Wie schätzt aber nun der Magier Chancen und Risiken ab? Auf welche Dinge kann er sich "guten Gewissens verlassen" und auf welche nicht.

Er kann sich auf nichts verlassen. "Es geschieht" nicht mechanistisch zuverlässig, sondern wenn "es will". Er kann nur darauf vertrauen, daß seine Weisheit ausreicht, alle auftauchenden Überraschungen zu meistern. Das, übrigens, ist wahre Intelligenz!
>
> >Wir haben die Naturkonstanten "internalisiert" und damit aus unserer bewußten Kontrolle entlassen. Dadurch erscheinen sie wiederum (da unkontrolliert) als externe Größen. Wenn du etwas 1000 mal machst, wird es Gewohnheit, und das Gewohnte schwindet aus unsem Blick - und wird zur scheinbar unkontrollierten Außenwelt (Naturgesetz). Die Zukunft ist die Summe aller unserer "Erwartungen" und Wünsche.
>
> Die Frage ist, wie man die Naturkonstanten (wieder?) unter Kontrolle bringen kann.

Das ist das wahre Geheimnis meiner Philosophie. Er geht, indem man die komponenten "Notwendigkeit" und "Zufall" wieder zum Willen verschmilzt - indem man überall Wille und nicht Mechanismen sucht.
>
> Ich habe Popper nicht gelesen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß man nicht-falsifizierbare Dinge überhaupt beweisen kann; das ist gerade der Grund, warum Mathematiker "Axiome" von "Sätzen" trennen.

Genau! Man kann Magie nicht beweisen. Ich kann sie nur mir selbst "beweisen".
>
> Nicht jeder ist für die Individuallösung jedes anderen empfänglich und ich denke, das muß auch gar nicht sein. Diskussionen dienen meines Erachtens auch nicht dazu, eine Individuallösung durch eine andere zu ersetzen sondern sie vielleicht um Elemente der anderen zu bereichern oder auch nur, die eigene Lösung für sich selbst transparenter und klarer zu machen und so für einen selbst zu vervollkommnen. Ich denke, ein wesentlicher Schritt besteht darin, für die Lösung des anderen als potentielle Quelle von Ideen offen zu sein, auch dann, wenn man ahnt, daß sie als Gesamtlösung wohl weitgehend nicht zur eigenen wird.

volle Zustimmung!
>
> Wenn Menschen anderen Menschen helfen können, ihre Individuallösung zu finden, mit der sie leben können (z.B., indem sie ihnen ihre eigene Individuallösung vorstellen diskutieren oder einfach vorleben - viele Menschen verbalisieren ja ihre Lösung nicht; das macht die Lösung aber nicht schlechter), dann ist das etwas sehr positives und sehr häufig sogar Teil ihrer eigenen Individuallösung, ob nun bewußt oder unbewußt.

volle Zustimmung!
>
> PS.: Ich habe nachgeschaut: die Geschichte von Lem in "Nacht und Schimmel, Suhrkamp Taschenbuch, ISBN 3-518-36856-7, 14.80 DM, heißt "Die Neue Kosmogonie". Mir geht es jedenfalls so, daß ich manchmal wirklich versucht bin, die (fiktiven) Artikel in dieser Geschichte in der Fachliteratur
> nachzuschlagen! - P.D.

vielen Dank noch mal für den Tipp!

bis bald joachim



08041850: Hallo, Joachim,

Ich habe aus der Mail mal alle meine bisherigen Fragen, Anmerkungen und Kommentare rausgeworfen und nur Deine Aussagen der letzten Mail dringelassen, damit es wieder ein bißchen übersichtlicher wird.

>Sie [>>die Seele] kann ja auf das "Programm" Einfluß nehmen, und da ist es tatsächlich ökonomischer, nicht den Fall eines jeden Gegenstandes zu steuern, sondern allein das Fallgesetz. Die "Projektionsgesetze" sind standardisiert. Ich stelle mir das genauso vor, wie ich es im PC programmieren würde.

>>...
>Die materielle Außenwelt kann sehr gut als Spiegel der geistigen Struktur eines Menschen dienen. Der Geist ist ja nicht verrückt, er ist intelligent, hoch organisiert. Das äußert sich in der Erscheinungswelt ebenfalls als Ordnung (Naturgesetze).

>>...
>Der Wille setzt am Gravitationsgesetz an, nicht am Fall eines jeden einzelnen Körpers.

>...
Für wie sinnvoll hältst Du es, die Struktur solcher Gesetze zu untersuchen. Das hängt ja sehr von der Zeitskala ab, in der sich diese Gesetze durch den Willen ändern. Wenn das alle 5 Minuten passieren würde, dann wäre das "Forschungsergebnis" ja völlig irrelevant. Wenn das dagegen nur alle 5000 Jahre passiert, würde sich so ein bißchen Forschungsaufwand ja lohnen.

>Das ist das wahre Geheimnis meiner Philosophie. Er geht, indem man die komponenten "Notwendigkeit" und "Zufall" wieder zum Willen verschmilzt - indem man überall Wille und nicht Mechanismen sucht.

Ich kenne einige Methoden, um nach Mechanismen zu suchen. Aber wie sucht man nach einem Willen, der sich nicht "mechanismen-haft" äußert? Ich kann ja - egal wie - immer nur im Rahmen meiner Möglichkeiten etwas ändern (sei es an der Erscheinungswelt durch Experimente oder an meinem Geist durch mentale
Anstrengungen) und dann sozusagen auf eine "Antwort" warten. Aber das Verhältnis zwischen Änderung und "Antwort" wird doch im Zweifel immer soetwas wie ein "Mechanismus" sein, auch wenn er durch einen höheren Geist verursacht wird.

Das "Gravitationsgesetz" zum Beispiel wird ja bei seiner Untersuchung als ein Mechanismus /behandelt/, auch wenn sein Ursprung vielleicht bei einer Weltseele liegt. Und wenn wir sagen, daß die Weltseele durch ihren Willen "Gesetze" geschaffen (oder sagen wir: projiziert) hat, warum nicht auch "Mechanismen". Denn ob ich jetzt sage: "Der Kugelschreiber hat seinen Weg gemäß dem (gerade gültigen) Gravitationsgesetz von der Schreibtischoberfläche zum Teppich zurückgelegt" oder: "Ich habe einen
bestimmten Mechanismus in meiner Modellwelt konstruiert und der Kugelschreiber fällt (zur Zeit) genauso, als ob er diesem Mechanismus gehorchen würde" läuft ja schließlich auf das gleiche heraus. Ich schreibe hier extra: "so als ob".

Ich möchte es mal generell so formulieren: Die Naturwissenschaftler bauen sich ihre Theorien (oder Modelle) über Mechanismen so, daß die Phänomene der Erscheinungswelt, die sie untersuchen, nicht viel anders wären, /wenn sie denn/ diesen Mechanismen gehorchen /würden/.

Und so ist die Frage: Kann ich auf dieser Basis über Evolutionsmechanismen, über Mutation, Rekombination, Selektion reden. Kann ich zum Beispiel berechtigterweise fragen: "Wenn die Welt so aussähe, daß diese und nur diese Mechanismen am Wirken wären, würden dann die Phänomene, die ich betrachte, nämlich die Neubildung und die Anpassung von Arten oder Populationen an ihre Umwelt so entstanden sein können?"

Herzliche Grüße - P


08050027: Hallo lieber Peter,

nach 1 Woche bei meinen Eltern und Freunden bin ich wieder zurück und habe mich sehr über Deinen Brief gefreut: über Deine Ausdauer im Hinterfragen auf Stichhaltigkeit meiner Thesen. Andererseits besäße die Evolutionstheorie erhebliche Stichhaltigkeit, wenn es im Rahmen eines Computerprogramms gelänge, eine Evolution (Fortschritt) zu simulieren, ohne daß vom Programmierer in offener oder versteckter Form ein Ziel der Entwicklung vorgegeben wäre. Ich glaube, Herr Zecher hat diesen "Schwachpunkt" an allen
Evolutionsprogrammen moniert. Wie sieht es bei Deinem Programm aus?

Nun zum Briefwechsel:
>
> Ich habe aus der Mail mal alle meine bisherigen Fragen, Anmerkungen und Kommentare rausgeworfen und nur Deine Aussagen der letzten Mail dringelassen, damit es wieder ein bißchen übersichtlicher wird.
>
> >Sie [>>die Seele] kann ja auf das "Programm" Einfluß nehmen, und da ist es tatsächlich ökonomischer, nicht den Fall eines jeden Gegenstandes zu steuern, sondern allein das Fallgesetz. Die "Projektionsgesetze" sind standardisiert. Ich stelle mir das genauso vor, wie ich es im PC programmieren würde.
>
> >>...
> >Die materielle Außenwelt kann sehr gut als Spiegel der geistigen Struktur eines Menschen dienen. Der Geist ist ja nicht verrückt, er ist intelligent, hoch organisiert. Das äußert sich in der Erscheinungswelt ebenfalls als Ordnung (Naturgesetze).
>
> >>...
> >Der Wille setzt am Gravitationsgesetz an, nicht am Fall eines jeden einzelnen Körpers.
>
> >...
> Für wie sinnvoll hältst Du es, die Struktur solcher Gesetze zu untersuchen. Das hängt ja sehr von der Zeitskala ab, in der sich diese Gesetze durch den Willen ändern. Wenn das alle 5 Minuten passieren würde, dann wäre das "Forschungsergebnis" ja völlig irrelevant. Wenn das dagegen nur alle 5000 Jahre passiert, würde sich so ein bißchen Forschungsaufwand ja lohnen.

Thomas Kuhn erklärte seine Thesen über die sog. "Paradigmenwechsel", daß es zwischen zwei Paradigmensystemen keine rationale Verbindung gebe. Das gelte auch für die zeitliche Zuordnung: Das vergangene P.-Syst. wird vom neuen vollständig nach den Kriterien des neuen interpretiert. Kuhns Philosophie ist ahistorisch, geschichtsauflösend. Wie das alte Paradigmensystem sich selbst gesehen hatte - könne niemand, der im neuen System lebt, mehr wissen. Wir können nicht einmal wissen, wie lange das "vergangene" System gedauert hat, denn wir wissen nicht, welche Zeit in ihm existierte. Der Philosoph Wolfgang Stegmüller verwässerte Kuhns Thesen, indem er schrieb, es gebe einen durchgehenden "mathematischen Strukturkern" bei all diesen Systemen, der sich von System zu System weiterentwickele, sodaß man durchaus von Fortschritt reden könne. GENAU das stritt Kuhn ab. Der Interpret Kuhns behauptete das Gegenteil von dem, was Kuhn sagen wollte. Mehr in meinem Aufsatz "Die Philosophie Thomas Kuhns".

Je nachdem, wie sehr wir die Zeit linearisiert haben, ist die projizierte Vergangenheit mehr oder weniger lang. Im Falle, daß wir ganz klare empirische Naturwissenschaft betreiben, liegt der "Anfang" sehr, sehr weit zurück- und der empirische Forschungsaufwand lohnt extrem! Im Falle wir die Zeit in engen Zyklen sehen, leben wir in einer magischen Welt und ein empirischer Forschungsaudwand würde nicht lohnen, da nichts von Dauer wäre.
>
> >Das ist das wahre Geheimnis meiner Philosophie. Er geht, indem man die komponenten "Notwendigkeit" und "Zufall" wieder zum Willen verschmilzt - indem man überall Wille und nicht Mechanismen sucht.
>
> Ich kenne einige Methoden, um nach Mechanismen zu suchen. Aber wie sucht man nach einem Willen, der sich nicht "mechanismen-haft" äußert? Ich kann ja - egal wie - immer nur im Rahmen meiner Möglichkeiten etwas ändern (sei es an der Erscheinungswelt durch Experimente oder an meinem Geist durch mentale
> Anstrengungen) und dann sozusagen auf eine "Antwort" warten. Aber das Verhältnis zwischen Änderung und "Antwort" wird doch im Zweifel immer soetwas wie ein "Mechanismus" sein, auch wenn er durch einen höheren Geist verursacht wird.

Karl Jaspers unterschied zwischen "erklären" und "verstehen", wobei Mechanismen stets erklärt werden und Wille verstanden wird. Wille ist unberechenbar, unerforschbar. Aber jedes wollende Wesen entwickelt
Gewohnheiten, Routinen: Mechanismen. Aus ihnen "entsteht" die mechanische Dingwelt. Siehe in meiner HP: Wissenschaft im Bannkreis ökonomischer Interessen (WissenschaftImBann.html). Hier wird gezeigt, daß die Verdinglichung (Mechanisierung) in der Tat sehr weit getrieben werden kann. Wir leben momentan in einem sehr starken mechanistischen Paradigmensystem und können uns Anderes kaum noch vorstellen.

> Das "Gravitationsgesetz" zum Beispiel wird ja bei seiner Untersuchung als ein Mechanismus /behandelt/, auch wenn sein Ursprung vielleicht bei einer Weltseele liegt. Und wenn wir sagen, daß die Weltseele durch ihren Willen "Gesetze" geschaffen (oder sagen wir: projiziert) hat, warum nicht auch "Mechanismen". Denn ob ich jetzt sage: "Der Kugelschreiber hat seinen Weg gemäß dem (gerade gültigen) Gravitationsgesetz von der Schreibtischoberfläche zum Teppich zurückgelegt" oder: "Ich habe einen bestimmten Mechanismus in meiner Modellwelt konstruiert und der Kugelschreiber fällt (zur Zeit) genauso, als ob er diesem Mechanismus gehorchen würde" läuft ja schließlich auf das gleiche heraus. Ich schreibe hier extra: "so als ob".

Zustimmung. Erst bei der Frage, ob wir in einer objektiven, vorgegebenen Welt leben, an die wir uns dann nur anpassen können, oder ob die Welt nicht vorgegeben ist, weil wir als Subjekte Einfluß auf sie haben, ist meine Interpretation von Belang. Auch in der Wissenschaftstheorie kursiert die Frage, ob wir eine gegebene Welt erforschen oder ob wir die Welt beim "Erforschen" erst schaffen.

Es ist eben doch ein Unterschied, ob wir die Welt als Mechanismus betrachten, oder als ein "als-ob-Mechanismus"! Im ersten Fall sehen wir methodebedingt keine Eingriffsmöglichkeit unseres Willens; im 2. Fall haben wir Bewußtsein über diese Sache gebildet und können demzufolge eingreifen.
>
> Ich möchte es mal generell so formulieren: Die Naturwissenschaftler bauen sich ihre Theorien (oder Modelle) über Mechanismen so, daß die Phänomene der Erscheinungswelt, die sie untersuchen, nicht viel anders wären, /wenn sie denn/ diesen Mechanismen gehorchen /würden/.

Aber wie gesagt: Bei einem von Menschen hervorgerufenen Paradigmenwechsel wird plötzlich ALLES anders.
>
> Und so ist die Frage: Kann ich auf dieser Basis über Evolutionsmechanismen, über Mutation, Rekombination, Selektion reden. Kann ich zum Beispiel berechtigterweise fragen: "Wenn die Welt so aussähe, daß diese und nur diese Mechanismen am Wirken wären, würden dann die Phänomene, die ich betrachte, nämlich die Neubildung und die Anpassung von Arten oder Populationen an ihre Umwelt so entstanden sein können?"

Ich verstehe diese Frage so: Könnte die (mechanistische) Evolutionstheorie die Welt hervorbringen, wie wir sie heute haben - selbst dann, wenn in Wahrheit die Welt ein Gesellschaftstraum wäre (wie ich postuliere)? Antwort: "Ja", denn man geht beim (reduktionistischen) Zurückrechnen der Welt vom gegenwärtigen Zustand aus und endet beim Urknall. Folglich entsteht aus dem Urknall mechanistisch der gegenwärtige Zustand der Welt. So sieht die Welt halt aus. aber so ist sie nicht! Es fehlen der Welt dann Qualitäten wie Leben, Bewußtsein, Wille, Freiheit, Ethik, Pläne und dergleichen Unbeweisbares.

herzlichst Hans-Joachim


08051750: Hallo, Joachim,

>Andererseits besäße die Evolutionstheorie erhebliche Stichhaltigkeit, wenn es im Rahmen eines Computerprogramms gelänge, eine Evolution (Fortschritt) zu simulieren, ohne daß vom Programmierer in offener oder versteckter Form ein Ziel der Entwicklung vorgegeben wäre. Ich glaube, Herr Z. hat diesen "Schwachpunkt" an allen Evolutionsprogrammen moniert. Wie sieht es bei Deinem Programm aus?

Für viele Evolutionsprogramme stimmt das, auch bei denen, die ich zur Zeit am Entwickeln bin. Für viele Fragen der Forschung ist es zweckdienlich, eine begrenzte Menge von möglichen Individuen und eine vorher definierte "Fitness-Funktion" zu betrachten. Das hat den Vorteil, daß man theoretisch das Fitness-Maximum kennen kann (bei kleinen Mengen z.B. durch brutales "Durchprobieren" aller Lösungen oder geschickte Wahl der Fitness-Funktion). Dann kann man sich leicht anschauen, ob überhaupt und wenn ja wie schnell dieses Fitness-Maximum auch durch die künstliche Evolution erreicht wird. Das Maximum wird häufig gar nicht, oder nur sehr langsam erreicht; es wird wohl einen großen Teil meiner Dissertation einnehmen, zu fragen, wo das genau herkommt. Dabei bin ich beileibe nicht der erste, der sich mit dem Problem auseinandersetzt; es gibt viele verschiedene Ansätze, die für meinen
Geschmack aber noch zuwenig zusammenpassen.

Aber - und da muß ich Herrn Zecher ein bißchen widersprechen - gibt es auch Ansätze, die wirklich ziemlich wenige Vorgaben machen und die zum Teil sehr überraschende Ergebnisse gebracht haben, z.B. "Tierra". Hierbei vermehren sich Programme in einem speziellen, (simulierten) Computer (ähnlich wie Computerviren), dabei modifizieren sie sich selbst durch Mutationen. Genaueres kann man z.B. bei einem Herrn Thomas S. Ray, dem "Schöpfer" von Tierra, nachlesen (auf dessen Homepage). In diesen Rechner wurden einige "Ur-Individuen", also selbstreproduzierende Programme, eingesetzt und sich dann selbst überlassen. Man konnte nach einiger Zeit sehen, daß die Programme (also genaugenommen, ihre Nachkommen)
deutlich effizienter wurden und noch mehr: Der Simulator ließ es zu, daß Programme Teile anderer Programme auf deren Kosten nutzen konnten. Diese Lücke führte dann zur Bildung von "Parasiten", sehr kleine Programme, die andere ausnutzten, um sich selbst zu replizieren. Das führte zu einer richtigen kleinen "Ökologie" mit schwankenden Wirts- und Parasiten-Populationsgrößen. Dann bildeten sich durch die Mutationen sogar "Hyperparasiten", also Parasiten, die die Parasiten, aber nicht die ursprünglichen Wirte befielen. Eine Erweiterung von "Tierra" ist "Avida", ein Programm, was ich allerdings nicht so gut kenne. Beide Programme (also Simulatoren) sind frei auf dem Internet verfügbar, jeder darf sie sich runterladen und mit ihnen Experimente machen.

>Nun zum Briefwechsel:
>>
>> Ich habe aus der Mail mal alle meine bisherigen Fragen, Anmerkungen und Kommentare rausgeworfen und nur Deine Aussagen der letzten Mail dringelassen, damit es wieder ein bißchen übersichtlicher wird.
>>
>> >Sie [>>die Seele] kann ja auf das "Programm" Einfluß nehmen, und da ist es tatsächlich ökonomischer, nicht den Fall eines jeden Gegenstandes zu steuern, sondern allein das Fallgesetz. Die "Projektionsgesetze" sind standardisiert. Ich stelle mir das genauso vor, wie ich es im PC programmieren würde.
>>
>> >>...
>> >Die materielle Außenwelt kann sehr gut als Spiegel der geistigen Struktur eines Menschen dienen. Der Geist ist ja nicht verrückt, er ist intelligent, hoch organisiert. Das äußert sich in der Erscheinungswelt ebenfalls als Ordnung (Naturgesetze).
>>
>> >>...
>> >Der Wille setzt am Gravitationsgesetz an, nicht am Fall eines jeden einzelnen Körpers.
>> >...
>>
>> Für wie sinnvoll hältst Du es, die Struktur solcher Gesetze zu >untersuchen. Das hängt ja sehr von der Zeitskala ab, in der sich diese Gesetze durch den Willen ändern. Wenn das alle 5 Minuten passieren würde, dann wäre das "Forschungsergebnis" ja völlig irrelevant. Wenn das dagegen nur alle 5000 Jahre passiert, würde sich so ein bißchen Forschungsaufwand ja lohnen.
>
>Thomas Kuhn erklärte seine Thesen über die sog. "Paradigmenwechsel", daß es zwischen zwei Paradigmensystemen keine rationale Verbindung gebe.
>...
>Der Interpret Kuhns behauptete das Gegenteil von dem, was Kuhn sagen wollte. Mehr in meinem Aufsatz "Die Philosophie Thomas Kuhns" in meiner HP "Philosophische Essays".

Ich werde mir Deinen Aufsatz mal vom Netz holen, allerdings werde ich mir vorher mal zum besseren Verständnis den Kuhn selbst durchlesen (kann also ein bißchen dauern); irgendwo sollte ich den sogar noch auf einer Diskette haben; vielleicht bestelle ich mir das Ding aber auch mal bei Amazon.de;
irgendwie ist das ja schon Standardliteratur :-).

>Je nachdem, wie sehr wir die Zeit linearisiert haben, ist die projizierte Vergangenheit mehr oder weniger lang. Im Falle, daß wir ganz klare empirische Naturwissenschaft betreiben, liegt der "Anfang" sehr, sehr weit zurück- und der empirische Forschungsaufwand lohnt extrem! Im Falle wir die Zeit in engen Zyklen sehen, leben wir in einer magischen Welt und ein empirischer Forschungsaudwand würde nicht lohnen, da nichts von Dauer wäre.

"von Dauer" heißt in diesem Fall ja "für die Ewigkeit". Aber wie ist es denn zum Beispiel mit "Jahrhunderten". Macht es Deiner Auffassung nach Sinn, davon auszugehen, daß "wahrscheinlich" sich das Gravitationsgesetz in den nächsten hundert Jahren mal ändern wird (wissen können wir natürlich gar
nix, aber vielleicht begründet vermuten). Ich meine, das ist ja wichtig, wenn es darum geht, zum Beispiel Experimente zum Vermessen von "Gravitationswellen" für teures Geld aufzubauen.

>Karl Jaspers unterschied zwischen "erklären" und "verstehen", wobei Mechanismen stets erklärt werden und Wille verstanden. Wille ist unberechenbar, unerforschbar. Aber jedes wollende Wesen entwickelt Gewohnheiten, Routinen: Mechanismen. Aus ihnen "entsteht" die mechanische Dingwelt. Siehe in meiner HP "Wissenschaft im Bannkreis ökonomischer Interessen". Hier wird gezeigt, daß die Verdinglichung (Mechanisierung) in der Tat sehr weit getrieben werden kann. Wir leben momentan in einem sehr starken mechanistischen Paradigmensystem und können uns Anderes kaum noch vorstellen.

Das werde ich mir dann auch mal vom Netz laden. Irgendwo hatte ich übrigens letztens mal etwas in der Art gehört, Ziel vieler Bestrebungen wäre die "Ökonomisierung" des gesellschaftlichen Lebens (wohlgemerkt: "Ziel" - nicht etwa nur "Trend"). Da wurde mir denn doch etwas mulmig zumute und ich habe mich gefragt, ob man das wirklich wollen soll, oder nicht vielmehr genau das Gegenteil.

>> Denn ob ich jetzt sage: "Der Kugelschreiber hat seinen Weg gemäß dem (gerade gültigen) Gravitationsgesetz von der Schreibtischoberfläche zum Teppich zurückgelegt" oder: "Ich habe einen bestimmten Mechanismus in meiner Modellwelt konstruiert und der Kugelschreiber fällt (zur Zeit) genauso, als ob er diesem Mechanismus gehorchen würde" läuft ja schließlich auf das gleiche heraus. Ich schreibe hier extra: "so als ob".
>
>Zustimmung. Erst bei der Frage, ob wir in einer objektiven, vorgegebenen Welt leben, an die wir uns dann nur anpassen können, oder ob die Welt nicht vorgegeben ist, weil wir als Subjekte Einfluß auf sie haben, ist meine Interpretation von Belang.

In der Tat ist die Frage, ob wir uns in der Welt als handelnde Subjekte wahrnehmen oder allenfalls als adaptive Objekte, wohl sehr wichtig. Es ist wahrscheinlich sogar wichtiger, wie wir es wahrnehmen, als die Frage, was wir denn sind. Denn selbst, wenn wir nur adaptive Objekte wären, dann würden unsere Anpassungshandlungen doch sehr vom Modell unserer selbst abhängen, und vor allem auch unser Wohlbefinden.

>Auch in der Wissenschaftstheorie kursiert die Frage, ob wir eine gegebene Welt erforschen oder ob wir die Welt beim "Erforschen" erst schaffen

Selbst wenn die "Welt" wirklich objektiv existiert (was das auch immer sei), so werden wir sie durch den Filter unserer Modellbildung wahrnehmen. Und die Modelle sind, so würde ich das sehen, eindeutig Menschenwerk (nicht zu verwechseln mit purer Willkür. Wenn sich ein Steinzeitmensch eine Hütte aus
Holz gebaut hat, ist das ja auch Menschenwerk mit vielen verschiedenen Möglichkeiten, trotzdem mit ein paar entscheidenden Randbedingungen, zum Beispiel, daß es nicht so arg reinregnet).

Mich hat nach einem Seminarvortrag über Quarks (den Vortrag habe ich nicht selbst gehalten, ich kenne mich mit Elementarteilchen kaum aus) mal ein Mitstudent gefragt: "Jetzt weiß ich immer noch nicht: Gibt es die Dinger jetzt wirklich oder nicht?" Hinter uns hat zufällig ein roter Feuerlöscher an der Wand gehangen. Ich habe ihn daraufhin gefragt, was denn das für ein Ding hinter uns wäre. Und er meinte: "Ein Feuerlöscher." Dann habe ich ihn gefragt, woher er denn das wisse, schließlich hätte er ja wohl mit dem Ding noch kein Feuer gelöscht; er hätte nur ein Modell davon, daß es sich bei dem Ding um einen Feuerlöscher handelt, und genauso wäre es auch mit den Quarks: man postuliert sie, weil man sich das, was man sieht (oder mißt), ganz gut erklären kann.

Ich habe selten jemanden so verwundert dreinschauen sehen!

>> ... Kann ich zum Beispiel berechtigterweise fragen: "Wenn die Welt so aussähe, daß diese und nur diese Mechanismen am Wirken wären, würden dann die Phänomene, die ich betrachte, nämlich die Neubildung und die Anpassung von Arten oder Populationen an ihre Umwelt so entstanden sein können?"

>Ich verstehe diese Frage so: Könnte die (mechanistische) Evolutionstheorie die Welt hervorbringen, wie wir sie heute haben - selbst dann, wenn in Wahrheit die Welt ein Gesellschaftstraum wäre (wie ich postuliere)?

So war die Frage gemeint.

>Antwort: "Ja", denn man geht beim (reduktionistischen) Zurückrechnen der Welt vom gegenwärtigen Zustand aus und endet beim Urknall. Folglich entsteht aus dem Urknall mechanistisch der gegenwärtige Zustand der Welt. Allerdings fehlen in der Welt dann Qualitäten wie Leben, Bewußtsein, Wille, Freiheit, Ethik, Pläne und dergleichen Unbeweisbares.

Heute ist es ja en vogue, zu versuchen, die Qualitäten als "emergente Phänomene" zu deuten, also Qualitäten, die (irgendwie) aus dem Zusammenspiel bestimmter Mechanismen erwachsen, ohne, daß man das den Mechanismen irgendwie ansähe. Aber da ist das letzte Wort mit Sicherheit noch nicht gesprochen - über Emergenz wird meiner Meinung nach deutlich mehr geredet als gewußt. Ein Zugang ist zum Beispiel der von Herrn Prof. Beckmann in seinem Vortrag erwähnte Artikel "The Calculi of Emergence" von J. P. Crutchfield. Der dürfte Dich interessieren; zumindest der erste Teil (das Ding hat zusammen mehr als 40 Seiten, die ich selbst noch nicht alle gelesen habe).

Ich freue mich auf eine Antwort.

Bis demnächst auf diesem Netz - P


08061130: Hallo P,

vielen Dank für die Auskunft zu den Evolutionsprogrammen. Ich werde mir eins davon demnächst mal runterzuladen versuchen.

> >Nun zum Briefwechsel:
>
> Ich werde mir Deinen Aufsatz mal vom Netz holen, allerdings werde ich mir vorher mal zum besseren Verständnis den Kuhn selbst

Mein Aufsatz ist soooo kurz, daß du ihn in 5 min lesen kannst.
>
> >Je nachdem, wie sehr wir die Zeit linearisiert haben, ist die projizierte Vergangenheit mehr oder weniger lang. Im Falle, daß wir ganz klare empirische Naturwissenschaft betreiben, liegt der "Anfang" sehr, sehr weit zurück- und der empirische Forschungsaufwand lohnt extrem! Im Falle wir die Zeit in engen Zyklen sehen, leben wir in einer magischen Welt und ein empirischer Forschungsaudwand würde nicht lohnen, da nichts von Dauer wäre.
>
> "von Dauer" heißt in diesem Fall ja "für die Ewigkeit". Aber wie ist es denn zum Beispiel mit "Jahrhunderten". Macht es Deiner Auffassung nach Sinn, davon auszugehen, daß "wahrscheinlich" sich das Gravitationsgesetz in den nächsten hundert Jahren mal ändern wird (wissen können wir natürlich gar nix, aber vielleicht begründet vermuten). Ich meine, das ist ja wichtig, wenn es darum geht, zum Beispiel Experimente zum Vermessen von "Gravitationswellen" für teures Geld aufzubauen.

Solange unsere Seelen sich selbst und ihre vermutete Umwelt so abbilden, wie sie es gegenwärtig tun, werden auch die Naturgesetze bestehen bleiben. Das kann sich jedoch "jederzeit" grundlegend ändern. Ich halte die Naturgesetze (einschl. des Gravitationsgesetzes) für Erscheinung und deshalb als abhängig
vom herrschenden Paradigmensystem. Ich erachte die Naturgesetze als Konsequenzen des wissenschaftlichen Methodenparadigmas.
>
> >...wird gezeigt, daß die Verdinglichung (Mechanisierung) in der Tat sehr weit getrieben werden kann. Wir leben momentan in einem sehr starken mechanistischen Paradigmensystem und können uns Anderes kaum noch vorstellen.
>
> Das werde ich mir dann auch mal vom Netz laden. Irgendwo hatte ich übrigens letztens mal etwas in der Art gehört, Ziel vieler Bestrebungen wäre die "Ökonomisierung" des gesellschaftlichen Lebens (wohlgemerkt: "Ziel" - nicht etwa nur "Trend"). Da wurde mir denn doch etwas mulmig zumute und ich habe mich gefragt, ob man das wirklich wollen soll, oder nicht vielmehr genau das Gegenteil.

Ich erachte die Ökonomisierung der Wissenschaft, der Medizin usw (siehe WissenschaftImBann.html)und des menschlichen Denkens für eine verschleierte Art des Selbstmordes.
>
> >Erst bei der Frage, ob wir in einer objektiven, vorgegebenen Welt leben, an die wir uns dann nur anpassen können, oder ob die Welt nicht vorgegeben ist, weil wir als Subjekte Einfluß auf sie haben, ist meine Interpretation von Belang.
>
> In der Tat ist die Frage, ob wir uns in der Welt als handelnde Subjekte wahrnehmen oder allenfalls als adaptive Objekte, wohl sehr wichtig. Es ist wahrscheinlich sogar wichtiger, wie wir es wahrnehmen, als die Frage, was wir denn sind. Denn selbst, wenn wir nur adaptive Objekte wären, dann würden unsere Anpassungshandlungen doch sehr vom Modell unserer selbst abhängen, und vor allem auch unser Wohlbefinden.

Und dieses Modell ist wandlungsfähig. Ich habe mir ein besseres Menschenmodell (mein Mythos) gebastelt, als es die Wissenschaft zu bieten vermag. Und da ich wirklich an dieses Modell glaube, funktioniere ich auch entsprechend - und fühle mich wohl dabei. Dadurch, daß ich mich nicht mehr mit meinem Körper identifiziere, sondern mit meiner Seele, habe ich eine Dimension hinzugewonnen: für mich gibt es die Kausalität vom Geist zum Körper (neben der Kausalität zwischen den Körpern). Aus diesem Grund darf ich davon ausgehen, daß mein Ich ewig währt. Ist doch toll was? Ich habe EWIG Zeit zum Lernen und wachsen....
>
> >Auch in der Wissenschaftstheorie kursiert die Frage, ob wir eine gegebene Welt erforschen oder ob wir die Welt beim "Erforschen" erst schaffen
>
> Mich hat nach einem Seminarvortrag über Quarks (den Vortrag habe ich nicht selbst gehalten, ich kenne mich mit Elementarteilchen kaum aus) mal ein Mitstudent gefragt: "Jetzt weiß ich immer noch nicht: Gibt es die Dinger jetzt wirklich oder nicht?" Hinter uns hat zufällig ein roter Feuerlöscher an der Wand gehangen. Ich habe ihn daraufhin gefragt, was denn das für ein Ding hinter uns wäre. Und er meinte: "Ein Feuerlöscher." Dann habe ich ihn gefragt, woher er denn das wisse, schließlich hätte er ja wohl mit dem Ding noch kein Feuer gelöscht; er hätte nur ein Modell davon, daß es sich bei dem Ding um einen Feuerlöscher handelt, und genauso wäre es auch mit den Quarks: man postuliert sie, weil man sich das, was man sieht (oder mißt), ganz gut erklären kann.
>
> Ich habe selten jemanden so verwundert dreinschauen sehen!

In den Händen eines Steinzeitjägers oder in den Flossen eines Pottwales wäre das Ding kein Feuerlöscher! Wenn wir Meßgeräte konstruiert haben, die etwas messen, das wir "Quarks" nennen, dann gibt es diese Dinger, denn wir haben unsere Wahrnehmung festgelegt - und nehmen wahr! Wenn ich Wasser wahrnehmen will und ich es nur durch einen Schlauch von 1 cm Durchmesser bekomme, dann gibt es Wassersäulen von 1 cm Durchmesser. Dann habe ich bewiesen: Hinter dem Schlauch in der großen Wirklichkeit des Wasseruniversums gibt es eine unendlich lange Wassersäule. Meine Sehnerven nehmen alles, was eine bestimmte Energiemenge besitzt, als Photon wahr und das mit nur mit einer einzigen Geschwindigkeit. Daraus schließe ich (genauso falsch wie oben), daß es jenseits meiner Augen Licht
gibt, daß dem Gesetz der Konstanz der LG gehorcht, selbst wenn ich nicht hingucke. Absurd!
>
> >Allerdings fehlen in der Welt dann Qualitäten wie Leben, Bewußtsein, Wille, Freiheit, Ethik, Pläne und dergleichen Unbeweisbares.
>
> Heute ist es ja en vogue, zu versuchen, die Qualitäten als "emergente Phänomene" zu deuten, also Qualitäten, die (irgendwie) aus dem Zusammenspiel bestimmter Mechanismen erwachsen, ohne, daß man das den Mechanismen irgendwie ansähe. Aber da ist das letzte Wort mit Sicherheit noch nicht gesprochen - über Emergenz wird meiner Meinung nach deutlich mehr geredet als gewußt.

Man lügt das Subjekt zum Objekt! Man lügt das Bedingte zum Unbedingten! Sprechen wirs doch mal deutlich aus! Man will eine Wissenschaft ohne Wissenschaftler. Welcher Schwindler ist dieser "Man"? Man behauptet, die Erscheinungen (für uns Subjekte) seien die Dinge selbst. Dann gibt es keine Erscheinungen, nichts zu hinterfragen, sondern nur noch die faktische Welt, die genau so ist, wie es uns die "Großvorbilder" (also die Typen mit dem den dicken Geldbeuteln) erzählen. Folge: "Wir glauben
nicht, wir wissen! Wir brauchen keine Religion mehr!" Da es Geist gibt, muß dieser von den Objekten hervorgerufen werden und kann, falls er nicht irrt, nur materialistisch sein, muß also den Gesetzen der
Ökonomie gehorchen, denn schließlich sind auch alle Naturgesetze letztendlich ökonomisch! Folge: Die ganz dicken Geldsäcke sind unsere wahren Götter! So hätten es die Politiker (die Machthaber, die ihre Politiker-Kasper auf die öffentliche Bühne schicken, weil sie selber allzu häßlich sind) gern, denn auf diese Weise verdummt, kommt ihnen das Fußvolk niemals auf die Schliche (siehe meinen Essay: "Herren der Welt.html")!

bis bald
Dein Joachim


08081255: Hallo, Joachim,

> Mein Aufsatz ist soooo kurz, daß du ihn in 5 min lesen kannst.

Habe ich jetzt gemacht. Zentral scheint mir der folgende Satz:
"Theorien werden stets durch gedankliche Spekulationen gewonnen. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Naturwissenschaften nicht von der Metaphysik (1/110)."

Ich denke jedoch, hier muß man aufpassen. Ich habe den Eindruck, daß hier zwei Sachen leicht miteinander verwechselt werden können:

1. das Kommen auf einen Einfall für eine Theorie
2. das "Validieren" einer Theorie (was immer das ist).

Ich glaube auch, daß die Art, wie man auf eine naturwissenschaftliche Idee kommt, nicht unbedingt kausal/rational erklären kann. Was aber die naturwissenschaftliche Methode doch von vielen metaphysischen oder religiösen Vorstellungen unterscheidet ist folgendes: Eine Theorie welcher Art auch immer wird von vielen Forschern untersucht und auch in Frage gestellt, egal, von wem sie auch kommt.
Denn es gibt das Experiment als äußere Referenz: Wenn eine Theorie sagt, daß ich 5 Volt messe, und es kommen 220 V raus, dann ist es eben nicht einfach so, daß die Scientific Community einfach nur, weil der Urheber der Theorie z.B. Nobelpreisträger ist, sagt, die Skala sei falsch. Hier hinkt das Beispiel mit dem Schwan etwas. Es mag auf manche Effekte zutreffen, aber auf vieles trifft es nicht zu, vor allem da nicht, wo Begriffe schon ein festes Gefüge haben und nicht einfach A B und B A definiert.

Es ist eben nicht so, daß es sich die Wissenschaft besonders leicht macht: im Falle der Quantenmechanik hat sie es sich wirklich schwer gemacht und eine Theorie vom Sockel geholt, die vom "physikalischen Halbgott" Newton ins Leben gerufen worden war und bis dahin für den Inbegriff für Physik gehalten worden war.

Es ist eben nicht so einfach, daß alles, was nicht in die Theorie paßt, als Meßfehler deklariert wird. Es wird von mehreren Forschergruppen nachgeprüft, an verschiedensten Orten in der Welt. Und wenn die dann der Meinung sind, sie hätten das auch so gemessen, dann wird dieser Effekt beschrieben. Und wenn sich viele Effekte häufen, die nicht zur Theorie passen, dann fängt diese an, unglaubwürdig zu werden, und Theoretiker fangen an, sich nach Alternativen umzuschauen. Natürlich ist das auch ein sozialdynamischer Prozeß, aber eben nicht /nur/ sozialdynamisch.

Viele metaphysische Vorstellungen hingegen beziehen (meiner Meinung nach) ihre Grundlage aus der Authorität von bestimmten Leuten. Häufig fehlt hier halt auch die experimentelle Nachprüfbarkeit; und so tendieren diese Theorien dann doch auch häufig zu einer gewissen Beliebigkeit. Voltaire hat das in seinem "Candide" anhand eines Optimisten und eines Pessimisten ja wunderbar satirisch beschrieben.

> ... Ich erachte die Naturgesetze als Konsequenzen des wissenschaftlichen Methodenparadigmas.

Mit Sicherheit auch, aber eben nicht nur. Wenn ein anderes Methodenparadigma sagt, daß grundsätzlich bergauf fließt (und dabei irgendwie "bergauf" genauso versteht, wie der Normalbürger das tut), dann kann ich es einfach abschreiben. Gerade Physik kann ich ja haufenweise auch im Alltag wiederfinden -
nicht die Begriffe, aber die Effekte.

> Und dieses Modell ist wandlungsfähig. Ich habe mir ein besseres Menschenmodell (mein Mythos) gebastelt, als es die Wissenschaft zu bieten vermag. Und da ich wirklich an dieses Modell glaube, funktioniere ich auch entsprechend - und fühle mich wohl dabei. Dadurch, daß ich mich nicht mehr mit meinem körper identifiziere, sondern mit meiner Seele, habe ich eine Dimension hinzugewonnen: für mich gibt es die Kausalität vom Geist zum Körper (neben der Kausalität zwischen den Körpern). Aus diesem Grund darf ich davon ausgehen, daß mein Ich ewig währt. Ist doch toll was? Ich habe EWIG Zeit zum Lernen und wachsen....

Ist schon toll. Aber irgendwo auch gefährlich. Denn zumindest mir geht es so, daß ich einen gewissen (wenn auch nicht zu starken) Druck brauche, um produktiv zu sein.

> In den Händen eines Steinzeitjägers oder in den Flossen eines Pottwales wäre das Ding kein Feuerlöscher! Wenn wir Meßgeräte konstruiert haben, die etwas messen, das wir "Quarks" nennen, dann gibt es diese Dinger, denn wir haben unsere Wahrnehmung festgelegt - und nehmen wahr! Wenn ich Wasser wahrnehmen will und ich es nur durch einen Schlauch von 1 cm Durchmesser bekomme, dann gibt es Wassersäulen von 1 cm Durchmesser. Dann habe ich bewiesen: Hinter dem Schlauch in der großen Wirklichkeit des Wasseruniversums gibt es eine unendlich lange Wassersäule. Meine Sehnerven nehmen alles, was eine bestimmte Energiemenge besitzt, als Photon wahr und das mit nur mit einer einzigen Geschwindigkeit. Daraus schließe ich (genauso falsch wie oben), daß es jenseits meiner Augen Licht gibt, daß dem Gesetz der Konstanz der LG gehorcht, selbst wenn ich nicht hingucke. Absurd!

Man muß natürlich hier sehr vorsichtig sein. Gerade bei den Quarks war das so, daß die Experimente irgendwie zu zeigen schienen, daß die Kernteilchen wiederum aus anderen Teilchen zu bestehen schienen.
Feynman deutete die Ergebnisse und nannte diese (postulierten) Teilchen - nein: nicht etwa "Quarks", sondern "Partonen". Und das, obwohl, wenn ich mich recht entsinne, Gell-Mann die Quark-Theorie schon entwickelt hatte (aufgrund ganz anderer Überlegungen). Erst viel später wurden dann die Partonen mit den Quarks identifiziert.

> Man lügt das Subjekt zum Objekt! Man lügt das Bedingte zum Unbedingten! Sprechen wirs doch mal deutlich aus! Man will eine Wissenschaft ohne Wissenschaftler. Welcher Schwindler ist dieser "Man"?

Hier ist, glaube ich, Vorsicht geboten: Man will "Theorien" ohne Wissenschaftler, d.h. die Wissenschaftler sollen nicht in den Theorien vorkommen. Im Prinzip ist das wie bei Filmen oder Romanen: Nicht in jedem Buch kommen Schriftsteller vor und nicht in jedem Film Regisseure. Das heißt aber nicht, daß man eine Literatur-Szene ohne Literaten oder eine Film-Industrie ohne Regisseure will. (wie jedes Beispiel hinkt natürlich auch das); und so will man, glaube ich, auch keine Wissenschaft ohne Wissenschaftler.

> Man behauptet, die Erscheinungen (für uns Subjekte) seien die Dinge selbst. Dann gibt es keine Erscheinungen, nichts zu hinterfragen ...

die Naturwissenschaft hinterfragt z.B. die (scheinbaren) Zusammenhänge, und deren gibt es reichlich.

> sondern nur noch die faktische Welt, die genau so ist, wie es uns die "Großvorbilder" (also die Typen mit dem den dicken Geldbeuteln) erzählen. Folge: "Wir glauben nicht, wir wissen! Wir brauchen keine Religion mehr!"

Ich kenne z.B. einige Wissenschaftler, die ziemlich katholisch sind.

> Da es Geist gibt, muß dieser von den Objekten hervorgerufen werden und kann, falls er nicht irrt, nur materialistisch sein, muß also den Gesetzen der Ökonomie gehorchen, denn schließlich sind auch alle Naturgesetze letztendlich ökonomisch! Folge: Die ganz dicken Geldsäcke sind unsere wahren Götter!

Hier muß man glaube ich, schwer aufpassen, daß man nicht der Begriffswelt zum Opfer fällt:
Das Wort "Materialismus" kann ja in zweierlei Hinsicht aufgefaßt werden:
1.) Jemand glaubt, daß Grundlage aller Erscheinungen eine (wie auch immer geartete) aber an sich geistlose Materie ist.
2.) Für jemanden kommt nur darauf an, was (bzw. wieviel) einer hat und wie er seinen persönlichen Profit maximiert.

Das sind ganz unterschiedliche Standpunkte und ich denke, man tut vielen Leuten von Typ (1) ganz übel unrecht, wenn man sie mit Typ (2) gleichsetzt.

> So hätten es die Politiker (die Machthaber, die ihre Politiker-Kasper auf die öffentliche Bühne schicken, weil sie selber allzu häßlich sind) gern, denn auf diese Weise verdummt, kommt ihnen das Fußvolk niemals auf die Schliche (siehe meinen Essay: "Herren der Welt")!

Habe ich überflogen. Ich möchte diese Theorie gar nicht mal abstreiten, aber sie hat ein Problem, das Curt Goetz in seinem Gerichts-Theaterstück "Hokuspokus" gut beschrieben hat. Darin geht es um einen vermeintlich stattgefundenen Mord, bei dem eine Frau ihren Mann auf einem See ertränkt haben soll. Und der Verteidiger weist darauf den Staatsanwalt (angesichts mangelnder Zeugen) darauf hin: "Sie stellen die Theorie auf, daß es niemand gesehen hat, weil es niemand sehen sollte". Und dieses Problem haben fast alle Verschwörungstheorien - richtig oder falsch.

Ich könnte auch sagen: "Die Welt wird von den Hypnotiseuren beherrscht. Damit wir es nicht bemerken, haben sie uns hypnotisiert, daß wir denken, wir oder die Politiker seien am Ruder. In Wirklichkeit aber
hypnotisieren sie uns alle (auch und gerade die Politiker) und lenken so die Geschicke der Welt". Wenn jetzt jemand sagt: "Ich habe noch keinen Hypnotiseur getroffen", dann sage ich ihm: "Du siehst ja dem Hypnotiseur das nicht an, und selbst wenn, dann hat er dich so hypnotisiert, daß Du es nicht mehr
weißt oder verdrängt hast." Die Schwierigkeit ist: solche Theorien sind auch dann nicht widerlegbar,
wenn sie falsch sind, denn sie schließen ihre nicht-Widerlegbarkeit sogar explizit mit ein.

Soweit meine Überlegungen

Herzliche Grüße und bis demnächst - P.

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