Briefkasten
von Hans-Joachim Heyer
Brief vom 1.12.1999: "Sehr geehrter Herr Heyer, ... wieso bieten Sie eine Lebensberatung an, wenn sowieso alles in Ihren Aufsätzen im DEGUFORUM oder in Ihrer Homepage steht?"
Antwort vom 3.3.2000: Es ist richtig, daß im Prinzip alles, was Sie wissen sollten, irgendwo geschrieben steht. Aber: Wissen Sie, was von diesem Riesenangebot für Sie von Bedeutung sein sollte? Worauf Sie achten sollten? – Wenn Sie es wissen, haben Sie eine Lebensberatung nicht nötig, denn Sie haben alles Nötige bereits gefunden. Wenn ein Mensch sein 30. Lebensjahr erreicht oder überschritten und immer noch seelische Probleme hat, dann liegt das niemals daran, daß er ein hilfreiches Buch, einen helfenden Menschen oder meine Homepage noch nicht gefunden hat! Solche Hilfsangebote laufen jedem Menschen jeden Tag dutzendweise über den Weg! Das ist nicht das Problem! Das Problem ist, daß der Betreffende nicht in der Lage ist, die Hilfe als solche zu erkennen und anzunehmen. Ich brauche nicht zu befürchten, daß sich ein Hilfesuchender kostenlos an meiner Homepage bedient. Wer sich bedienen KANN, bediene sich! Mit meiner SCHULE FÜR LEBENSKUNST wende ich mich an diejenigen, die über 30 sind und immer noch uneins mit sich selber sind und damit 1000fach schon bewiesen haben, daß sie außerstande sind, sich selbst zu bedienen.
Antwort vom 1.12.1999: Dort (also in meinen bereits veröffentlichten Texten) steht nicht alles. Um sich geistig weiterentwickeln zu können, ist es wichtig, da sehen zu lernen, wo man bisher noch blind war. Wo man aber seinen blinden Fleck hat, überliest man die entscheidenden Informationen; man ist nicht in der Lage, ihre Relevanz für das eigene Leben zu erkennen. Hier ist es unbedingt nötig, daß ein anderer Mensch den Betreffenden ganz konkret auf das fehlende Wissen aufmerksam macht - und zwar mehrmals! Einmal reicht in der Regel nicht.
Außerdem gilt es zu lernen, die scheinbaren Zufälligkeiten im alltäglichen Leben als den Willen der Seele deuten zu lernen, denn die Seele wirkt durch den sogenannten "Zufall" auf die materielle, körperliche Welt ein. Der Mensch der heutigen Zeit ist kaum in der Lage, den Willen der Seele wahrzunehmen, da er den Willen mit seiner Vernunft zerlegt hat in Gesetz (Naturgesetz, juristisches Gesetz, logische Notwendigkeit, Vernünftigkeit) und Zufall. Ich wüßte nicht, wer außer mir noch in Frage käme, dem Kunden dabei helfen zu können, Ratio und Zufall wieder zum Willen zusammenzufügen. Kein rational ausgebildeter Psychologe weiß von diesen Dingen.
Es muß verstanden werden, daß die rationale Vernunft, der wir unsere Kultur, Fortschritt, Wissenschaft, Technik und so vieles andere verdanken, mit einem hohen Preis bezahlt worden ist, nämlich dem, die Sprache der Seele verloren zu haben.
Dies ist auch Ursache dafür, daß weit über 90 % aller Menschen ihre Träume nicht mehr richtig deuten können. Sie deuten sie bestenfalls psychologisch - aber damit kommt man der Seele, von der Psychologen nichts wissen, nicht auf die Spur.
Wer ein gewisses Alter (ca. 30 J.) überschritten hat und auf seine existentiellen Fragen immer noch keine plausiblen Antworten gefunden hat, wird es ohne fremde Hilfe auch kaum mehr schaffen. Er braucht einen erfahrenen Mentor. Ausnahmen gibt es eigentlich nur bei schweren Schicksalsschlägen, die das Leben des Betroffenen auf eine neue Grundlage zu stellen vermögen. Auf solche "Unfälle" bzw. "Krankheiten" muß man es ja nicht ankommen lassen, aber man muß berücksichtigen, daß die Seele andere Maßstäbe hat, als die Vernunft: Um ein stagnierendes Leben weiterzubringen, ist sie zu allem bereit - wie ich selbst einmal am eigenem Leibe (siehe Autobiographie) erfahren mußte.
Außerdem habe ich einen Weg gefunden, wie man sein Ich mit der ewigen Seele verbinden und damit Unerahntes erreichen kann. (s. „Schule stellt sich vor“.)
15.12.: Aus einer Email: "...kann ich mir nicht vorstellen, daß Sie mit Ihrer Schule Erfolg haben werden. Sie sagen rücksichtslos die Wahrheit oder jedenfalls was Sie dafür halten. Aber ist nicht das ganze Leben der meisten Menschen ein Kampf GEGEN die Wahrheit? Ich meine, in Wahrheit ist unser Leben vollkommen ohne Halt: Alles, was uns Stütze ist, was dem Leben Sinn geben könnte, entpuppt sich dem Wahrheitssucher als Illusion. ..."
Antwort: Was Sie geschrieben haben, ist sicher wahr. Aber ich möchte Ihren Gedanken zu ergänzen versuchen. Ich stimme mit Ihnen überein, daß die allermeisten Menschen gegen die Wahrheit kämpfen. Aber wenn sie leiden, ist der Kampf nicht sonderlich erfolgreich. An mich wenden sich Leidende. Sie leiden daran, daß Wahrheit in ihre illusionäre Welt unkontrolliert einbricht und sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Ihr Kartenhaus droht zusammenzufallen. Ich helfe dabei, das Kartenhaus so umzubauen (zu vergrößern), bis es alle Wahrheitseinfälle übersteht. Ganz ohne illusionäre Stütze kann wohl kein Mensch leben, aber wenn existentielles Leiden, Lebensüberdruß oder Schicksalsschläge quasi gewaltsam die Stützen unseres Seins wegreißen, wird es Zeit, das Kartenhaus, in dem wir leben, zu erweitern. Und wenn das neue Haus sicher steht, zeige ich, daß es auch eine Türe hat, durch die man es verlassen kann.
Email vom 21.1.2000:
Sehr geehrter Herr Heyer!
Ich habe mit Begeisterung Ihre Beiträge auf Ihrer eigenen Homepage und für dieses Magazin (DEFUGO oder so ähnlich) gelesen. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich bin in keinem Falle ein dogmatischer Szientist, auch ich versuche aus den Bereichen, die gemeinhin als "paranormal" gehandelt werden, verwertbare, sprich richtige Dinge herauszufiltern, doch ich habe mit Ihren Thesen zum Teil ziemliche Probleme. Vor allem Ihr Aufsatz über den radikalen Konstruktivismus, bzw. Ihre eigenen Theorien und vor allem die Kritik an Roth ist ziemlich fragwürdig aus mehreren Gründen, die ich auch zu diskutieren bereit bin. In aller Kürze sei nur gesagt -und ich denke das ist Ihnen auch bewußt-, sie schlittern unvermeidlich in einen offenen Solipsismus, auch wenn sie dies zu dementieren versuchen. Dabei vergessen Sie viele Aspekte, wie den der Möglichkeit der Intersubjektivität, die personale Identität, oder die Sprachentwicklung, um nur einige zu nennen. An einer anderen Stelle kritisieren sie den Gestus des Philosophiestudiums mit der Anmerkung, daß die Professoren keine eigenen Ansätze böten: Ich weiß nicht an welcher Universität Sie studiert haben und ich weiß auch nicht, wie weit Sie auf der akademíschen Leiter gekommen sind, doch kann ich Ihnen versichern, daß das Lehrpersonal auf den mir bekannten Universitäten hohen Kriterien entsprechen muß und natürlich mit eigenen Überlegungen dienen muß. Ich denke außerdem, daß Sie ein Bild von der Philosophie haben, das nicht im geringsten den heutigen wissenschaftlichen Anforderungen genügt: viele Menschen glauben, daß Philosophen möglichst schlaue Anleitungen zum glücklichen Leben geben und neuartige Gedankengebäude entwerfen, die mit der Welt nicht übereinstimmen. Verstehen Sie mich richtig, auch ich glaube daran, daß man vor allem als Philosoph Idealist sein muß und z.B. soziale Gegebenheiten kritisch hinterfragen soll, aber die Zeit der realitätsfremden Gedankenkonstrukte ist über der Epoche der Komplexität der Welt zerbrochen. Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, glaube ich, daß man die Philosophiegeschichte sehr wohl gelernt und vor allem verstanden haben muß, bevor man so leichtfertig wie Sie hochkomplexe Systeme wie den radikalen Konstruktivismus mit bloßen Vermutungen kritisiert. Vielleicht antworten Sie ja im Speziellen auf meine Beiträge im oben erwähnten Forum, denn dann hätte ich die Möglichkeit, die Positionen des Konstruktivismus vor einem vielleicht geneigten Auditorium ins rechte Licht zu rücken.
Antwort:
a) zum Solipsismusvorwurf (Stichworte: Intersubjektivität, personale Identität, Sprachentwicklung):
Dieser Vorwurf wurde mir schon oft gemacht. Was ist eigentlich am Solipsismus so schlecht? Ich lernte am 21.1. in einem Seminar über das "Dao De Jing" (von Lao tse), daß die "zehntausend Wesen" (also die Objekte) nur deshalb miteinander verglichen werden können, weil sie allesamt in die Einheit - das Dao, das Absolute, die Singularität - eingebunden sind. Entsprechend dieser Erkenntnis bin ich auch davon überzeugt, daß die Seelen der Menschen allesamt in eine "Überseele", ins Absolute, in Gott, eingebunden sind. Denn sonst könnten sie nicht kommunizieren. Und was meinen Solipsismus anlangt: ich bin der Überzeugung, daß Gott oder das Absolute solipsistisch existiert und unsere Seelen "in Gott" existieren. Im Übrigen lege ich Wert auf die Behauptung, daß auch die Naturwissenschaft solipsistisch ist, da die Natur entsprechend ihrer Theorie in einem Urknall aus einer Singularität ihren Anfang genommen haben soll und die Naturwissenschaft selbst heute noch nach einer singulären Weltformel sucht..
b) zu meiner Professorenkritik (siehe "wie ich wurde, wer ich bin"):
Sie ist schon sehr viel milder geworden, als in älteren Publikationen noch nachzulesen ist. Trotzdem gilt nach wie vor: Die Profs rücken nicht mit den Essenzen ihrer Lebenserfahrungen heraus. Wollen sie nicht als Menschen - als Philosophen - Vorbild sein, sondern ausschließlich als Philosophiegelehrte?
c) zur Behauptung, meine Philosophie genüge nicht wissenschaftlichen Anforderungen:
Das ist bei keiner Philosophie möglich! Nur die Wissenschaft genügt diesen Anforderungen. Aber sie verzichtet dafür auf die Wahrheit. Die Wissenschaft bewegt sich ausschließlich in der Erscheinungswelt; die Philosophie ist in der Lage, dies zu erkennen. Wissenschaft kann nur "wie?" - Fragen beantworten; die Philosophie beantwortet "warum?" - Fragen. Wissenschaft schafft Wissen; Philosophie löst es wieder auf mit dem Erkenntnisziel "Weisheit".
d) zur Behauptung, man müsse die Philosophiegeschichte kennen, bevor man hochkomplexe Systeme wie den Konstruktivismus mit bloßen Vermutungen kritisiert.
Richtig, aber wenn man sie sehr gut kennt, kann man keine hochkomplexen Systeme mehr bewältigen. Kennen Sie zB Nietzsches Schrift "Vom Nutzen und Nachteil der Historie"?
Datum: 24.01.00 14:50:23 (MEZ) Mitteleuropäische Zeit
Sehr geehrter Herr Heyer!
Ich denke, ich sollte zuerst einmal den Begriff Solipsismus genau definieren, da die Definition, die Sie hier jetzt bieten, schon eine völlig andere ist, als die, die ich unter DEGUFORUM Nr. 20 - Perspektiven, Punkt 5, letzter Absatz vorliegen habe. Sie betonen hier - konform mit der allgemeinen Lehrmeinung - die Postulation der Inexistenz EINER Außenwelt und fahren einen Satz später mit der Meinung fort, daß "alle Objekte der Welt in meinem Geist sind".
Nun, abgesehen von der überaus belustigenden Annahme, daß nicht ich Ihnen eine Nachricht schreibe, sondern Sie Sich selbst gerade Argumente gegen Ihre eigenen Thesen überlegen, frage ich Sie ganz einfach: Wieso können Sie davon sprechen, daß "alle Lebewesen [...] ursprünglich ihre Welten" träumten, wieso können Sie überhaupt von anderen Lebewesen sprechen. Mit der Annahme der Inexistenz der Außenwelt haben Sie den Anspruch auf JEDE Referenz verloren, Sie können nicht mehr von Intersubjektivität sprechen, Sie können rein gar nichts mehr annehmen, weil Sie nicht einmal mehr sagen können, daß ETWAS DER FALL ist, was nicht von Ihrem Geist konstruiert wurde. Sie werfen Roth z.B. vor, sich selbst zu widersprechen, weil er einerseits Zeit als keine erfahrbare Wirklichkeit, sondern als kognitive Idee des Gehirns bezeichnet, aber trotzdem von Stammesgeschichte spricht (ich sehe da übrigens nicht den kleinsten Widerspruch, weil Sie mir bestimmt recht geben werden, wenn ich Sie daran erinnere, daß, obwohl Roth ein Konstruktivist ist, er wohl nur sein Gehirn zum Denken hat, und damit verbunden wohl oder übel dessen kognitive Ideen. Ich wäre sehr gespannt, ob Sie sich über das allgemeine Zeitkonstrukt erfolgreich hinweggesetzt haben und wenn ja, ob sie es noch fertig bringen, mit irgendjemanden zu kommunizieren.), interessanterweise sprechen Sie am Anfang dieses Absatzes selbst von der Inexistenz der Außenwelt, am Ende des Absatzes jedoch von einer körperlichen Erscheinung, an anderer Stelle von neuronaler Verschaltung. Wie können Sie Bedeutungen, die solchen Worte innewohnen überhaupt annehmen? Konsequenterweise dürften Sie nicht einmal ein Ego annehmen, da Sie bei der Beschreibung und Abgrenzung des Ich ohne Körperlichkeit und somit ohne Bezug zur Dingwelt nicht weit kommen werden. Es sei denn, Sie transferieren alles, was ich als Außenwelt bezeichnen würde, in den Bereich des Geistigen, was entweder dazu führen würde, daß Sie dem Kinde lediglich einen anderen Namen gegeben hätten, oder aber Sie stürzen in die absolute Sprachlosigkeit. Sie nehmen an, daß den Individuen, die vollkommen unterschiedliche "Träume" hatten, die Sprache einfach so gegeben war? Natürlich objektiviert und konventionalisiert die Sprache die Welt, aber woher kommt denn diese Sprache? Der Sprache muß eine Gemeinsamkeit derer, die sich ihr bedienen, zur Grundlage haben. Gemeinhin wird diese erste Gemeinsamkeit auf eine neuronale Grobverschaltung des Gehirns zurückgeführt (Urlauttheorie von Georg Knepler), was natürlich in Ihrer Konzeption nicht möglich ist, weil Sie eine Grobverschaltung gar nicht annehmen können. Das ist das ursächliche Moment, das Ihr ganzes Gedankengebäude zum Einsturz bringt: Sie haben absolut keine Referenz zu irgend einer Sache, weshalb Sie nie von einem anderen als von sich und sogar nicht einmal von sich als Ego sprechen können. (Nicht umsonst nannte Schopenhauer den Solipsismus eine "Philosophie für Tollhäusler") Sie "unterstellen" zwar anderen Lebewesen eine eigene "Traumwelt", versagen dem geneigten Leser jedoch jeden noch so kleinen Ansatzpunkt, warum dies so sein sollte (ich will damit ausdrücken, daß ich nicht einmal einen Beweis im positiv-szientistischen Sinne meine, sondern nur einen guten Grund, dies annehmen zu sollen), was Ihre gesamte These fürs erste vollkommen wertlos macht. Um ein kleines Beispiel zu nennen: Information in telematischen Netzwerken ist per definitionem auch alokal, weshalb ich aber trotzdem nicht darauf kommen würde, die Existenz des Netzwerkes zu dementieren, nur weil sich darauf eine Metaebene aufbaut. Der grundsätzliche Fehler, den Sie meiner Meinung nach begehen, ist der, daß sie folgenden Sachverhalt scheinbar vergessen haben: man kann vielleicht nicht die genaue Beschaffenheit eines transzendenten Phänomens erklären, auch nicht den Grund für sein eventuell prozessuales Verhalten, aber man kann sagen, DAß ETWAS IST. Sie handeln dieses Problem in atemberaubender Geschwindigkeit ab, indem sie ein Beispiel nennen, das keine große Überlebenschance hat: schließt man die Augen, so sieht man abstandslose Schwärze. Könnte es denn nicht auch sein, daß die Sinnesrezeptoren des Auges nicht gereizt werden, wenn kein Licht auf sie trifft? Wenn Sie dem nicht zustimmen, dann wäre ich sehr gespannt, wie Sie diese Theorie auf die Logik des Auditorischen übertragen.
Fassen wir zusammen: Sie können natürlich weiterhin Ihren Solipsismus vertreten, doch dann verlieren Sie jegliche Referenz zu allem möglichen Dinghaften, was in weiterer Folge Sprachlosigkeit zur Folge hat. Das können Sie natürlich tun, doch bezeichnen Sie es dann bitte nicht als Theorie im weitesten Sinne. Schwächen Sie diese Annahme ab, so wird es schwer für Sie, mir zu erklären, wie, um ein paar Beispiele zu nennen, Sprache entstanden ist oder wie die Wissenschaft zutreffende Prognosen abgeben kann. Doch um gleich einem vorauszuwirken: ich würde "Gott" nicht als allumfassende Ausfluchtmöglichkeit für alles, was Sie argumentativ nicht belegen können, akzeptieren.
Dieser Text ist als kurzer Einstieg in eine weitere Diskussion zu betrachten und bildet somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Antwort: Was ich mache, ist nichts anderes, als den Versuch, meine Erfahrungen und mein Denken in Übereinstimmung zu bringen. Ich weiß, daß das, was ich sehe, höre, rieche, schmecke und taste, nicht Objekte sind, sondern Interpretationen meines Gehirns, welches aus Informationen eine möglichst plausible Rekonstruktion ihrer vermeintlichen Herkunft ausführt. Ich weiß, daß die materielle Welt vor meinen Augen einschließlich meines Körpers das vorläufige Endprodukt dieser Abbildungsversuche ist. Ich weiß, daß mein materielles Gehirn nicht der Geist selber ist, der diese Plausibilitätsberechnungen durchführt, sondern ein Selbstportrait dieses Geistes. Außerdem weiß ich, daß mein Ich nicht Urheber dieser Interpretationen ist, sondern Folge, also selbst ein Produkt "meines Geistes". Mein Geist sieht sich als Urheber seiner Erscheinungswelt und schuf sich deshalb ein EGO, welches nun ebenfalls Urheberschaft von Taten simuliert. Soweit mein Solipsismus. Nun muß ich jedoch anerkennen (ich halte es für plausibel), daß es andere Wesen gibt, die wie ich sind, denn ich stelle fest, daß ich auf Kommunikation angewiesen bin. Aber nur solange ich ein EGO habe. Ohne Ego bin "ich" eins mit dem Absoluten; das Leben fließt durch mich hindurch, ohne daß ich als Abgesondertes existiere. Meine Identifikation mit meiner Erscheinung (Körper) erzeugt mein EGO und eine Außenwelt.. Die Folge "EGO" wurde zur Ursache der Abspaltung eines Teilgeistes vom Absoluten. Es bleibt jedoch ins Absolute eingebetet als "holographischer Teil" - holographisch, weil die Abtrennung nicht räumlich ist, sondern "kybernetisch", denn Raum ist ein Konstrukt des Geistes, in welchen das Abgetrennte (Geistteil) die Informationen einordnet. Raum und Zeit sind Aprioris für materielle Sinneseingebungen. Eine Außenwelt im bekannten Sinne gibt es also (in meinem Szenario) nicht; nur Seelen, die "in sich" plausible Erscheinungswelten kreieren. Und dies tun sie nicht ohne Anleitung. Da die Seelen kommunizieren, bilden sie allesamt ähnliche Erscheinungswelten (Gesellschaftstraum) aus, in welchen sie die Intersubjektivität aufgrund ihrer Identifikationen mit ihren Körpern zur Objektivität erklären und somit scheinbar in einer gemeinsamen objektiven Welt leben.
Fortsetzung meiner Antwort auf Ihre Mail vom 24.1.2000:
Als ich letztens Jemandem meine Theorie vom "Gesellschaftstraum" erzählte, fragte er, wie ich es mir erklären würde, daß in der "scheinbaren" Außenwelt Dinge geschähen, von denen niemand wisse, die jedoch trotzdem jeder nachprüfen könne, zB ein verstopftes Abflußrohr einer Kanalisation, in welches für Jahrzehnte niemand hat hineingucken können: Wie konnten ALLE Menschen gemeinsam dieses verstopfte Rohr träumen? Eine für mich schwierige Frage, da ich sie nicht nur wissenschaftlich, sondern zugleich erkenntnistheoretisch (ohne Widerspruch zur Wissenschaft) beantworten will.
Ich gehe von folgender Erkenntnis aus: Die geistige Welt des WILLENS spaltete sich auf in die empirisch/ wissenschaftliche Welt der NOTWENDIGKEIT + des ZUFALLs. Aus den Teilen meines Geistes, von denen ich meine willentliche Kontrolle zurückziehe, läuft das Geschehen determiniert + Zufall ab. Dies soll nicht bloß Spekulation sein, sondern ich glaube, hier aus Erfahrung sprechen zu können. (Auch der Philosoph Artur Schopenhauer soll Entsprechendes gesagt haben). In meinen Artikeln über die Wiederverzauberung der Welt und Magie habe ich geschildert, wie meine Entdeckung, daß es keinen Zufall gibt, meinen Willen stärkte, bis dieser die determinierte Welt willentlich steuerte. Da diese Steuerung mein EGO nicht direkt und bewußt verursachen konnte, sondern nur indirekt und unbewußt, nannte ich dieses Tun meines Höheren Selbst das "Es geschieht". Es geschieht jedoch irgendwie in meinem Sinne.
(30.1.2001) Ist in meiner Seele der Wille in Notwendigkeit + Zufall gespalten, habe ich die Kontrolle an einen Mechanismus verloren. Einer Krankheit gleich verbindet sich dieser Mechanismus mit den Mechanismen anderer Seelen, die ebenfalls unter Kontrollverlust leiden und es entsteht eine kollektive mechanische Welt, die materielle Welt mit dem Abflußrohr.
Lieber Herr Heyer,
(Sie schreiben:) ..."Mein Geist sieht sich als Urheber seiner Erscheinungswelt".
Ich gehe bisher eher von der gegenteiligen Annahme aus, in etwa: Die Erscheinungswelt hat - im Verlauf der Evolution- meinen Geist geprägt. Das sind vielleicht "Konstruktionen", aber diese Konstruktionen "halten" ganz gut den "Widerstand der Sachen" aus, und müssen daher schon irgendwie mit der Welt im Einklang sein.
Das Problem ist aber, ob man da auch ein Stück heraus kommt, um die evolutionär entstandenen Limitationen in der Sicht der Dinge zurückzudrängen. Da gibt dann die Beschäftigung mit der Wissenschaft eventuell Hinweise, wo man suchen kann.
Ich möchte mich vorerst Ihrer Erklärung nicht anschließen, weil mir Folgendes Ihrer Argumentation nicht einleuchtet: Da entstehen in einem Urknall Raum, Zeit, Materie, dann eine Evolution der Materie in Raum und Zeit bis hin zum Menschen, der ein materielles mit Geist und Bewußtsein ausgestattetes Gehirn entwickelt. Und jetzt kommt"s: In diesem Geist entstehen kognitiv - und jetzt setzen Sie bitte Obiges wieder ein: Raum, Zeit ... Evolution ....usw." Dieses Szenario könnte noch stimmen, wenn ich meine Kaffeetasse in meinem Hinterkopf (im Sehzentrum meines Gehirns) sehen könnte, aber ich sehe sie draußen. Die Tasse vor mir IST bereits dieses Bild. Es ist nicht so, daß vor mir eine Tasse steht und in meinem Kopf befindet sich die neuronale Repräsentation davon! Sondern: Die Tasse vor mir ist bereits die neuronale (Re)präsentation. Wenn man das begriffen hat, wird klar, daß NICHT zuerst eine materielle Evolution stattgefunden hat, die danach im Gehirn ein zweites mal "wiederholt" wird, sondern: Urknall, Evolution usw sind bereits neuronale Präsentation; sind Natur und Erscheinung in einem. Dieses "Doppeltgemoppelte" des obigen Szenarios stimmt nicht. Einmal reicht. Meine Theorie kommt mit weniger zusätzlichen Annahmen aus, als die "objektivistische". Zusammengefaßt möchte ich sagen: Die herkömmliche Wissenschaft siedelt den Geist am Ende einer langen Kette an; ich an deren Beginn! Ich glaube, daß unser Geist nicht im Gehirn zu finden ist (dort ist nur dessen Erscheinung), sondern in jenem Gebrodel, aus dem die Materie hervorgegangen ist, aus dem, das dann "irgendwann und irgendwie" im Urknall "explodiert" sein soll.
17.3.2000: Eine Diskussion über meinen "Solipsismus" mit einem andern Gesprächspartner. Wir hatten uns bis zu der Gemeinsamkeit durchgerungen, daß die materielle Welt vor unsern Augen einschließlich unserer Körper und Augen samt Gehirnen, eine Vorstellungswelt, eine Erscheinungswelt, bzw. eine fiktive Welt sei, entstanden im Konsens interkulturellen Austauschs von Theorien und Wahrnehmungsweisen. Der Schreiber sieht sich berechtigt, diese Fiktion für wahr zu nehmen und die erkenntnistheoretischen Erwägungen zu ignorieren, da seine "als ob" - Welt durch und durch stimmig sei. Ich versuchte den Nachweis, daß er irre, denn Geburt und Tod eines Menschen können keine Fiktion eines materiellen Menschen sein, sondern ausschließlich einer ewigen Seele! Womit die Existenz der Seele bewiesen wäre! Hier der Briefwechsel:
"Da ich mich entschieden habe, so zu denken und zu handeln, als ob meine Fiktion wahr sei, kann ich diese Frage natürlich nur auf Grundlage meiner "Als-ob-Wahrheit" beantworten. Da die überwiegende Mehrheit der Menschen der Sterblichkeit des menschlichen Körpers zustimmt, betrachte ich den Tod meines Körpers als Realität. Meine Grundsatzentscheidung schließt also aus, daß der Tod meines Körpers eine erklärungsbedürftige Fiktion sei. Der Aussage "Meine Seele ist unsterblich" stimmt eine wachsende Zahl von Menschen nicht zu. Es ist also fraglich, ob diese Aussage eine passende Beschreibung der ökologischen Nische der menschlichen Gattung darstellt. Und so ist es auch im Sinne meiner Grundsatzentscheidung keineswegs sicher, daß der Tod der Seele infolge des körperlichen Ablebens eine Fiktion sei. Hier halte ich es mit Epikur: Solange Ich ist, ist der Tod nicht. Wenn der Tod ist, ist Ich nicht. Solange ich also lebe, gibt es keinen Anlaß, die angebliche Fiktion des Verlöschens meiner Seele zu erklären. Nach dem Tod des Körpers aber gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hat sich auch meine Seele aufgelöst, dann bin ich selbstredend nicht mehr in Erklärungsnöten - oder meine Seele existiert weiter, dann aber würde sie nicht mehr die menschliche ökologische Nische bewohnen, sondern die ökologische Nische der Seelen. Damit wäre eine neue Grundsatzentscheidung erforderlich, welcher nützlichen Fiktion sich meine Seele in Zukunft verschreiben will, um über die Runden zu kommen."
Antwort: Den Körper, dessen Funktionen und Handlungen erkennst du also
als Fiktion ("als-ob-Wahrheit") an. Ich meine, nun mußt du konsequent
sein und auch den Tod des Körpers als Fiktion anerkennen. Aber dann MUSS doch
etwas über den Körper hinausreichen, das den Tod inszeniert? - Etwas Unsterbliches
oder? Du hat das im letzten Brief akzeptiert: "Das leuchtet ein."
Wo du es mit Epikur hältst, gibt du meiner Meinung nach zu, die Fiktion nicht
hinterfragen zu wollen: du gibst dich mit dem sog. "naiven Realismus"
zufrieden!?
7.3.2000: „...doch nun am Schluß möchte ich noch etwas Kritik an Ihrer Homepage üben: Wenn Sie mit ihr Kunden für Ihre „Schule“ werben wollen, müssen Sie unbedingt verständlicher schreiben. Sie benutzen zu viele Fremdwörter. Wenn Ihre Beratungsbriefe in demselben Stil wie Ihre Homepage geschrieben sind, dann gute Nacht! Außerdem empfehle ich, die Texte kürzer zu machen. WER soll das alles lesen? ...“
Antwort: Nicht alle meine Homepageseiten sind mit "Schule für Lebenskunst" überschrieben. Nicht alles ist auf die Schule hin konzipiert. Ich schreibe was und wie es mir gefällt, ganz spontan aus dem Bauch heraus. Das manchmal zu hohe Niveau ist auch ein Schutz. Meine Texte sind zum Teil gefährlich für manche Leser. Besonders die Texte über Magie können nicht schwer genug geschrieben sein. Ich habe sogar Bedenken, daß sie zu leicht zu verstehen sind. Auf keinen Fall kann ich in meiner HP Rücksicht auf Lese- und Denkfaule nehmen. Solche Leute sind nicht geschaffen für das, was ich hier mache. Wer allerdings meine Hilfe im Rahmen der Schule von mir haben will, braucht meine HP nicht gelesen zu haben, und er kann auch sicher sein, daß ich für ihn verständlich schreiben werde. Ich hatte schon ausgedehnte Briefwechsel mit neun und zehnjährigen Kindern.