Diskussion
über Willensfreiheit, Libetexperiment und Qualia
von Hans-Joachim
Heyer
ABC:
Was gibt's bei Dir?
HJH: Ich kämpfe gegen die Willensfreiheitverneiner;
habe einen Artikel gegen Libet geschrieben, dessen Experiment immer wieder die
Willensunfreiheit beweisen soll.
ABC: Oho, aber Libets Experiment stellt ja
nicht die Willensfreiheit in Frage, sondern nur den Einfluß des Bewußtseins
auf den Willen, gelle?
HJH: Es gibt da eine Entwicklung: Bis vor ein paar Wochen
wurde Libet als Beweis gegen Willensfreiheit interpretiert. Im neuen Aufsatz von
Roth steht allerdings, daß das Experiment bloß beweise, daß
unser Gefühl von Freiheit eine Illusion sei, die nichts auslösen könne.
ABC:
Ja genau! das *Gefühl* von Freiheit ist eine Illusion, aber daher ist noch
lange nicht auch die Freiheit eine Illusion.
HJH: Jetzt läuft die Diskussion
darauf hinaus: Es gibt ein Bereitschaftspotential etwa 1/2 sec vor einer Willensentscheidung.
Jetzt müßte ja ein Wille VOR diesem Bereitschaftspotential GEMESSEN
werden können, um Willensfreiheit zu beweisen. Aber leider sei dieses Potential
das Erste...
also kein freier Wille. Roth sagt also: Man müßte vor
der Messung messen können, um den Beweis anzutreten!!! Das ist natürlich
Quatsch.
ABC: Moment! Warum kann man nicht einfach sagen: Das Bereitschaftspotential
IST der Wille?
HJH: Das sagen viele aber dann ergänzen sie: Das B.-Potential
sei alles rein physikalisch determiniert,
ABC: Oh
HJH: bestimmt also von
Genen und Außenwelt. Das laufe wie eine Maschine. So ist nun mal die Physik
ABC:
trotz Heisenberg und Co?
HJH: Ja. Quantentheorie schließt Roth definitiv
aus. Ich hab Roth in allen Punkten recht gegeben. Hab dann ergänzt, daß
die phys. Methode Willen nicht beschreiben könne. Physik kenne nur Zufall
und Notwendigkeit.
ABC: Bin ich zu naiv, wenn ich sage: Physik schön
und gut, aber letztlich kommt die Physik aus den Tiefen der Quantenmechanik und
dort gibt es keine Determiniertheit?
HJH: Ja, du hast recht, aber Roth
& Co sehen das anders. Sie sagen, das Gehirn sei so groß, daß
Quanteneffekte keine Rolle spielen würden. Ich halte das für Humbug.
Eine Generalisierung, die zu Fehlschlüssen führt.
ABC: Ich denke
auch: Das Leben kommt gerade aus den Abgründen einer solch indeterminierten
Quantenwelt.
HJH: Passe mol uff: Es gibt m.E. drei Arten der Handlungs-
oder Aktionsverzweigungen in natürlichen Prozessen. Ein Prozeß entwickelt
sich
1. determiniert
- kausal: Aktion-Reaktion wie Billardkugeln
2. Zufall und ich sage:
3.
Intelligenz
ABC:
Wille
HJH: Ja. Da gibt es eine Instanz, die sagt, ich überlasse es nicht
dem Zufall, ob die Kugel nach links oder rechts weiterrollt. Ich will, daß
sie von 2 Möglichkeiten eine wählt und zwar nach links. Sowas gibt es
definitiv nicht in der Physik. Da ist nix zu finden in der Physik. Ein Wissenschaftler
schließt daraus: Ich kann keine Aussage über Willensfreiheit machen.
Bewußtsein ist nicht Gegenstand der Wissenschaft.
ABC: Das ist ja
das zentrale Thema: Ist Wille Einbildung oder ist Wille etwas Drittes zu Zufall
und Notwendigkeit? Oder ist Wille emergent oder was?
HJH: Dann gibt's die naiven
Wissenschaftler, Scientisten genannt, die die Grenzen nicht kennen und sagen:
Was nicht wissenschaftlich ist, GIBT es nicht.
ABC: Was ist Wille??
HJH:
ich sage, Wille ist etwas Höheres außerhalb des Physikmodells er weist
auf eine höhere Welt hin, die einen weiteren Freiheitsgrad aufweist. Wissenschaft
ist eh ein reduziertes Modell. Also gibt es was Höheres. Das weiß man
ja. Außer man ist Scientist. Die wiss. Methodik läßt Wille nicht
zu, aber es gibt ihn. Beweis: Was ist ein wiss. Experiment? Def: Man stellt der
Natur eine Frage: Was machst du in diesem Fall? Die Natur kann nur mit ja und
nein antworten. Sie kann nicht sagen: "Also passe mol uff, es ist so...!"
Das Experiment muß (!) eine Gabel enthalten, wo die Natur sagen kann: Ja
oder nein, etwas geht, etwas geht nicht. Mehr is nich!
ABC: Ja und?
HJH:
Wenn alles determiniert ist, ist keine Gabel da.
ABC: Die Gabel ist nur unser
Zweifel: Ja oder Nein??
HJH: Wenn keine Möglichkeit da ist, zu antworten,
ist die Antwort vorgegeben. Dann war es kein Experiment. Die Natur muß an
einer Stelle des Experiments antworten können mit ja oder nein. Wenn die
Welt determiniert ist, gibt es keine Antwortmöglichkeit.
ABC: warum?
HJH:
Dann steckt die Antwort im Experiment schon drin, aber nicht in der Natur.
ABC:
ja aber man weiß sie noch nicht.
HJH: Doch: Der Experimentator hat dann
die Antwort reingesteckt.
ABC: Ja aber er kennt sie nicht!
HJH: Das Libetexperiment
setzt voraus, daß es Willensfreiheit nicht gibt. Und das wurde dann auch
"gefunden".
ABC: Nein schau mal. Ein Experiment ist eine gewisse
Situation in der Natur. Und wenn die Natur eine Maschine ist, dann steckt die
Antwort natürlich schon drin im Experiment. Klar. Aber weil der Mensch zu
doof ist, kennt die Antwort nicht, und um die Maschine Natur besser zu verstehen,
fallen ihm immer wieder neue Experimente ein.
HJH: Ich habe in meinem Artikel
gefragt: Wie könnte die Natur mittels dieses Experimentes antworten, daß
es Willensfreiheit gebe? Man will doch Willensfreiheit messen oder aus Meßdaten
erschließen können! Was muß geschehen, damit wir sagen können:
Das beweist Willensfreiheit?
ABC: Ja selbst wenn die Impulse des Gehirns zeitgleich
mit der bewußten Entscheidung
kommen, beweist das keine Willensfreiheit
HJH:
Nein, das war ja der Fehlschluß! Man war ja auf Auskunft des Probanden angewiesen.
Dieser Auskunft geht selbstverständlich ein Nervenimpuls voraus.
ABC:
Du meinst also: Man kann gar kein Experiment erfinden, daß die Möglichkeit
zuläßt, daß Willensfreiheit existiert
HJH: Genau. Man kann
nicht einen Geist messen, der die erste Nervenaktion verursacht, denn wenn man
es könnte, wäre DAS die erste Aktion, und das würde wieder die
Unfreiheit beweisen.
ABC: Ja aber wo kommt denn die erste Messung her?
HJH:
Das erste, was man bisher messen konnte, war das sog. Bereitschaftspotential eine
halbe sec. vor der Wunschäußerung des Probanden.
ABC: Wie gesagt,
dann ist das halt der Wille, nicht die bewußte Äußerung, aber
das Problem ist ja...
HJH: Man sucht immer im mat. Gehirn.
ABC: ... daß
letztendlich alle sagen: Die Welt ist eine Maschine. Was willste da noch für
Experimente über Willensfreiheit machen? Albern!
HJH: ja. Man besteht
darauf, daß man den Willen im materiellen Gehirn findet, falls es ihn gibt
und da findet man ihn nicht, weil man ihn nicht finden kann. Man kann es nicht,
weil man ein materialistisches Bild vom Gehirn hat. Ein objektives Modell, das
Unfreiheit von vorneherein bedingt.
ABC: Jou
HJH: Wenn ich mit Seele oder
Geist komme, winken die sofort ab... das ist die scientistische Falle, in der
sie stecken. Die wollen (!) mit Gewalt den freien Willen, Bewußtsein usw.
"naturalisieren" - so heißt das.
ABC: Aber leugnen sie denn
auch, daß es etwas gibt, was die Wissenschaft nicht erfassen kann?
HJH:
Grundsätzlich darauf angesprochen, leugnen sie es nicht, ...
ABC: Was
ist mit der Qualia? Sie ist nun mal da aber nicht meßbar.
HJH: ... aber
beim konkreten Problem leugnen sie es dann doch! Schizophren! Qualia wird derzeit
geleugnet, gibt's nicht, null Problemo!
ABC: Ach so, mich gibt's nicht!
HJH:
Alles was an dir Qualia ist, bildest du dir nur ein, wo bei es dich nicht gibt.
Also "Illusion von niemand" wie Metzinger schreibt.
ABC: Ich bilde
mir ein, daß es mich gibt, aber mich gibt's gar nicht. logo
HJH: So isses!
ABC:
Und dieses "Illusion von niemand" ist seriöse Philosophie?
HJH:
Deine Nerven erzeugen ein epiphänomenales "Ich" so nebenbei - ohne
kausale Wirkung, nicht Teil der Natur, unwirksam, vernachlässigbar.
ABC:
Emergenz!
HJH: Ja, das nennt sich heute "seriös". ja, aber damit
kann man nix anfangen.
ABC: Das Ich ist sozusagen eine ungewollte Nebenwirkung
des Gehirns?
HJH: ja, eine Wirkung, ohne Wirkung zurück auf die Physik.
Es gibt Leute, die fragen, warum die Natur diesen Energieaufwand macht, eine subjektive
Innenwelt zu kreieren, wenn sie nicht gebraucht wird.
ABC: Man könnte
antworten, das liegt in der Natur: Emergenz entsteht, wenn das Netzwerk komplex
genug ist; das ist halt so; man braucht keine zusätzliche Energie.
HJH:
Könnte man unter diesen Umständen über diese Illusionen reden?
Über Ich usw? Wie erhalten wir Kunde von diesen Epiphänomenen, wenn
sie nichts bewirken? Wie können wir dann drüber reden?
ABC:
wieso reden? Da redet kein Ich. Alles läuft ab, wie am Schnürchen. Ob
mit oder ohne Qualia
HJH: Aber es gibt doch diesen Qualia-Begriff. Wo kommt
er her?
ABC: Ach so, du meinst, da man darüber redet, beeinflußt
die Qualia die Natur
HJH: Genau!
ABC: Nicht schlecht!!
HJH: Ein Roboter
sagt nicht: "Ich seh was!", weil er nix sieht. Er verarbeitet die Daten
der Kamera direkt weiter. Er schaut sie sich nicht noch einmal an. Ein Computer
sieht nix und erlebt nix hat kein Problem mit Qualia, weil sie in seinem "Universum"
nicht vorkommen.
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